Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2011, Az. X ZR 71/10

X. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10410

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 18. Januar 2011 Beıirovi Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] § 21, § 29 Abs. 1; [X.] Art. 5 Nr. 1 Buchst. b a) Im Gerichtsstand der Niederlassung können nur Ansprüche aus Rechtsge-schäften geltend gemacht werden, die zumindest mit Rücksicht auf die Geschäftstätigkeit der Niederlassung abgeschlossen wurden oder als de-ren Folge erscheinen. b) Soll ein Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung der [X.] gegen das Luftverkehrsunternehmen geltend gemacht werden, mit dem der Fluggast den Beförderungsvertrag geschlossen hat, ist unabhängig vom [X.] im Sinne des § 29 ZPO sowohl der Ort des vertragsgemäßen Abflugs als auch der Ort der ver-tragsgemäßen Ankunft des Flugzeugs. [X.], Urteil vom 18. Januar 2011 - [X.] - [X.] - 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 18. Januar 2011 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] und die Richterin Schuster für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das am 22. April 2010 [X.] Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] im Umfang der nachfolgenden Änderung des erstinstanzlichen Urteils aufgehoben. Auf die Berufung der Kläger wird das am 22. April 2009 verkün-dete Urteil des [X.] abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 600 • nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.], jedoch nicht mehr als sieben Prozent, seit dem 16. August 2008 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Kläger beanspruchen von dem beklagten Luftfahrtunternehmen, das seinen Hauptsitz in [X.], [X.] ([X.]) hat, u.a. auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 600 • nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 der Verordnung ([X.]) 261/2004 des [X.] und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und [X.] für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullie-rung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 295/91 vom 11. Februar 2004 ([X.]. [X.] Nr. L 46, [X.]); im [X.]: Verordnung). Die Kläger buchten bei der [X.] für den 19. Januar 2008 einen Flug von [X.] in die [X.]. Das Flugzeug sollte um 9.45 Uhr starten. Wegen eines Defekts an der Treibstoffleitung und des Ausfalls des Funkbetriebs des Flugzeugs wurde der Flug jedoch annulliert, was den [X.] mitgeteilt wurde, als sie am geplanten Abflugtag um 7.00 Uhr am [X.] der [X.] im Flughafengebäude eintrafen. Die Kläger konnten erst am nächsten Tag um 9.45 Uhr in die [X.] fliegen. 2 Das Amtsgericht hat die auf Ausgleichszahlung nebst Zinsen und Er-satz vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte zur Ausgleichszahlung nebst Zahlung von Zinsen verurteilt. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, der die Kläger entgegentreten, verfolgt die Beklagte ihr auf die Rüge fehlender internationaler Zuständigkeit [X.] weiter. 3 - 4 - Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision bleibt in der Hauptsache ohne Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die internationale Zustän-digkeit der [X.] Gerichte ergebe sich aus § 21 ZPO. Die Beklagte ver-füge über eine [X.] Niederlassung, die unter einer über das [X.] be-worbenen [X.]
Telefonnummer erreichbar sei und unter dieser [X.] auch die Buchung von Flügen anbiete. Damit erwecke die Beklagte [X.] den Anschein einer selbständigen inländischen Geschäftstätigkeit, die auch den Abschluss von Flugbeförderungsverträgen umfasse. Wenn das der Klage zugrunde liegende Rechtsgeschäft mit Rücksicht auf den [X.] dieser Niederlassung abgeschlossen sei oder als dessen Fol-ge erscheine, begründe dies die Zuständigkeit nach § 21 ZPO. In diesem Sinne erweise sich auch der Abschluss des streitgegenständlichen [X.] als Folge des werbenden Auftretens und Handelns der [X.] im Inland, selbst wenn die Kläger ihren Flug nicht unmittelbar bei dieser oder über diese Niederlassung gebucht hätten. Die technischen Defekte des Flugzeugs stünden dem Anspruch der Kläger nicht gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung entgegen, da sich aus dem Vorbringen der [X.] kein An-haltspunkt dafür ergebe, dass sie auf außergewöhnlichen, von der [X.] nicht zu beherrschenden Umständen beruht hätten. Damit stehe den Klägern die beanspruchte Ausgleichszahlung zu, die gemäß §§ 291, 288 BGB auch zu verzinsen sei. 5 II. Die Entscheidung in der Hauptsache hält den Angriffen der [X.] im Ergebnis stand. Lediglich die zuerkannten Zinsen stehen den Klägern nicht in der vom Berufungsgericht angenommenen Höhe zu. 6 7 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht nicht nur den Kläger zu 1, [X.] auch die Klägerin zu 2 als [X.] des Berufungsverfahrens betrachtet - 5 - und durfte daher auch ihr gegenüber eine Sachentscheidung treffen. Entge-gen der von der Revision erhobenen Rüge wird aus der Berufungsschrift [X.] deutlich, dass auch die Klägerin zu 2 gegen das Urteil des Amtsge-richts Berufung eingelegt hat. a) Zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO gehört neben den weiteren, gesetzlich normierten Voraussetzungen die Angabe, für welche [X.] das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungs-schrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer [X.] bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger sein soll ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2010 - [X.] Rn. 10). An die eindeutige Bezeichnung des [X.] sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Nach ständiger Rechtspre-chung des [X.] muss bei verständiger Würdigung des gesam-ten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein. Dabei sind, wie allgemein bei der Auslegung von [X.], alle Umstände des jeweiligen Einzelfal-les zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2010 - [X.] Rn. 11). 8 b) Danach lässt die vorliegende Berufungsschrift eindeutig erkennen, dass auch die Klägerin zu 2 das Urteil des Amtsgerichts mit der Berufung [X.] hat. 9 Die an das [X.] gerichtete Berufungsschrift enthält in ih-rem Rubrum zwar die grammatikalisch nur für eine Person stehende Ein-gangsformel "In dem Rechtsstreit des". Hierbei handelt es sich aber [X.] um eine sprachliche Unrichtigkeit, da in der Berufungsschrift zugleich nicht nur der Kläger zu 1, sondern ausdrücklich auch die Klägerin zu 2 als "Kläger und Berufungskläger" benannt sind. Dies lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass auch die durch das Urteil des Amtsgerichts beschwerte Klägerin zu 2 Rechtsmittelführerin sein soll. Entgegen der Ansicht der [X.] - 6 - on steht diesem Verständnis nicht entgegen, dass in der Berufungsschrift durch den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger erklärt worden ist, dass die Berufung "namens des [X.] und [X.]" eingelegt werde. Mit dieser Formulierung ist ersichtlich an die in der Einzahl formulierte Eingangsbezeichnung der [X.]en angeknüpft worden, was aber auch die Klägerin zu 2 umfasst. 2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch die internati-onale Zuständigkeit der [X.] Gerichte angenommen. 11 12 a) Der [X.] hat als Revisionsgericht die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte zu prüfen. Die Vorschrift des § 545 Abs. 2 ZPO steht dem nicht entgegen. Diese Regelung bezieht sich ungeach-tet ihres weit gefassten Wortlauts nicht auf die internationale Zuständigkeit ([X.], Urteil vom 28. November 2002 - [X.], [X.] 153, 82, 84 ff.; vom 9. Juli 2009 - [X.], [X.] 182, 24 Rn. 9). b) Zu Recht hat das Berufungsgericht zur Bestimmung der [X.] Zuständigkeit auf die Regeln der örtlichen Zuständigkeit nach §§ 12 ff. ZPO zurückgegriffen, da eine hiernach gegebene örtliche Zuständigkeit die internationale regelmäßig indiziert ([X.], ZPO, 22. Aufl., vor § 12 Rn. 32). Anzuwenden sind die Regeln des autonomen [X.] Rechts zwar nur, wenn die internationale Zuständigkeit nicht durch vorrangige [X.] in internationalen Vereinbarungen oder im Unionsrecht geregelt wird ([X.], [X.]O, vor § 12 Rn. 26). Wie auch das Berufungsge-richt angenommen hat, ist dies hier jedoch nicht der Fall: 13 [X.]) Zur Bestimmung des zuständigen Gerichts ist Art. 33 des [X.] zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, BGBl. [X.] (im [X.]: [X.]) nicht heranzuziehen. 14 - 7 - Art. 7 der Verordnung auf eine pauschale und einheitliche Ausgleichs-zahlung infolge der Annullierung ihres Flugs ist unabhängig von den [X.], die in Art. 17 ff. [X.] geregelt sind. Die Annullierung eines Flugs wird hiervon nicht erfasst und stellt insbesondere keine Verspä-tung im Sinne des Art. 19 [X.] dar. Für Ansprüche, die auf die Verordnung gestützt sind, und solche, die auf dem Übereinkommen von Montreal beru-hen, gelten damit unterschiedliche Regelungsrahmen, was der übergreifen-den Anwendung des [X.] auf Ansprüche nach der Verordnung entgegen steht ([X.], Urteil vom 10. Dezember 2009 - [X.], [X.], 90 Rn. 10; [X.], Urteil vom 22. Dezember 2008 - [X.]/07, [X.], 35 Rn. 31 f. - Wallentin-Herrmann/[X.] und Urteil vom 9. Juli 2009 - [X.]/08, [X.], 234 Rn. 27 - [X.]/Air Baltic). 15 [X.]) Die internationale Zuständigkeit folgt im Streitfall - jedenfalls unmit-telbar - auch nicht aus der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent-scheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 ([X.]. [X.] 2001, [X.], [X.]; nachfolgend: [X.]). 16 Deren räumlicher Anwendungsbereich ist gemäß Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 [X.] nicht eröffnet, da die Beklagte weder ihren sat-zungsmäßigen Sitz noch ihre Hauptverwaltung oder -niederlassung im Ho-heitsgebiet eines Mitgliedst[X.]tes im Sinne des Art. 1 Abs. 3 [X.] hat. Die internationale Zuständigkeit lässt sich daher unmittelbar auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b, zweiter Spiegelstrich [X.] herleiten. 17 cc) Gemäß Art. 4 Abs. 1 [X.] bestimmt sich die internationale [X.] mithin nach autonomem nationalem Recht. Das gebietet die [X.] der örtlichen Zuständigkeit regelnden §§ 12 ff. ZPO auch für die internationale Zuständigkeit. 18 - 8 - c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen allerdings nicht dessen Annahme, die [X.] Gerichte seien in Anwendung von § 21 ZPO deshalb international zuständig, weil die Beklagte eine Niederlassung in [X.] unterhält. 19 [X.]) Nach dem Zweck von § 21 ZPO muss sich derjenige, der von ei-nem [X.] Stützpunkt aus planmäßig Geschäftstätigkeiten entfaltet, für die damit in Zusammenhang stehenden Klagen auch in [X.] verant-worten ([X.], [X.]O, § 21 Rn. 1). Dabei genügt allein der Anschein einer Niederlassung, wenn also im Rechtsverkehr von der beklagten [X.] zurechenbar der Rechtsschein erweckt wird, das "Stammhaus" unterhalte eine auf Dauer angelegte, selbständige Außenstelle, die aus eigener Ent-scheidung Geschäfte abzuschließen berechtigt sei. Wird einem [X.] ein derartiger Eindruck vermittelt, so kann sich die beklagte [X.] nicht darauf berufen, es fehle der betreffenden Stelle tatsächlich die Selb-ständigkeit ([X.], [X.]O Rn. 11). 20 [X.]) Daneben ist für den Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung nach § 21 ZPO erforderlich, dass die Klage auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug hat ([X.], Urteil vom 22. November 1994 - [X.], NJW 1995, 1225, 1226 unter [X.]). Dies ist etwa der Fall, wenn der Klage ein Vertrag zugrunde liegt, der im Geschäftsbetrieb der [X.] geschlossen worden ist ([X.], [X.]O Rn. 20). 21 Dass der Beförderungsvertrag zwischen den Klägern und der [X.] unter Inanspruchnahme der [X.] Niederlassung der [X.] zu- stande gekommen ist, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Nach dem Vorbringen der [X.] hat sie auch die Abwicklung des von den Klägern geltend gemachten Ausgleichsanspruchs nicht von ihrer [X.]

Niederlassung aus betrieben, sondern von einer Niederlassung in [X.] aus. Dem entgegen stehende Feststellungen hat das Berufungsgericht 22 - 9 - nicht getroffen, so dass hiervon auch für das Revisionsverfahren auszugehen ist. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ergibt sich der erforder-liche Bezug auf die Tätigkeit der Niederlassung der [X.] auch nicht aus deren werbendem Auftreten. Der Bezug zur gewerblichen Niederlassung ist zwar, wie auch das Berufungsgericht erkannt hat, überdies bei allen Rechts-geschäften gegeben, die zumindest mit Rücksicht auf die Geschäftstätigkeit der Niederlassung abgeschlossen wurden oder als deren Folge erscheinen ([X.]/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 21 Rn. 12 mwN). Ob dieses Erforder-nis schon dann erfüllt ist, wenn sich der Vertragsschluss als Folge eines wer-benden Auftretens und Handelns der beklagten [X.] durch ihre [X.] darstellt, bedarf indes keiner Entscheidung. Die Annahme, dass das werbende Auftreten Einfluss auf den Vertragsschluss genommen hatte, ist nämlich von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen, da es nur festgestellt hat, dass die Niederlassung der [X.] im Inland werbend tätig geworden ist, weil sie über eine Un[X.]auskunft im [X.] ihre Erreichbarkeit mittels einer [X.] Telefonnummer angezeigt hat. Dies allein reicht aber für die Annahme nicht aus, dass sich der von den [X.]en geschlossene Vertrag als Folge dieses werbenden Auftretens darstellt. Da ein Vertragsschluss auf einer mit Handlungswillen erfolgten Willensentscheidung der Vertragsschließenden beruht, gehört es zu den Voraussetzungen für ei-nen Ursachenzusammenhang zwischen dem werbenden Auftreten der Nie-derlassung und dem Vertragsschluss, dass der Vertragspartner auch [X.] von der werbenden Tätigkeit der Niederlassung erlangt hat. Denn der Handlungswille eines Vertragspartners kann nur dann durch werbende [X.] (mit-)veranlasst sein, wenn er die Werbung erkannt hat und sie in sein Bewusstsein gelangt ist. Ohne Kenntnisnahme steht der Vertragsschluss nur zufällig neben einem werbenden Auftritt. Dies genügt nicht, um den erfor-derlichen Bezug der Klage zum Geschäftsbetrieb der Niederlassung zu [X.] (vgl. [X.], [X.]O). 23 - 10 - d) Im Ergebnis erweist sich die Annahme eines inländischen [X.] gleichwohl als richtig, da im Streitfall der besondere Gerichts-stand des [X.] gemäß § 29 Abs. 1 ZPO begründet ist. 24 [X.]) Der von den Klägern geltend gemachte Ausgleichsanspruch nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 der Verordnung ist aus einem Vertragsverhält-nis im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO entstanden. 25 Das Erfordernis "aus einem Vertragsverhältnis" ist weit auszulegen ([X.], [X.]O, § 29 Rn. 5) und schon dann erfüllt, wenn die Streitig-keit im Zusammenhang mit einem Vertrag steht und aus dem Vertragsver-hältnis herrührt ([X.]/[X.], [X.]O, § 29 Rn. 11). Bei den von den Klägern geltend gemachten Mindestrechten im Falle der Annullierung eines Flugs handelt es sich zwar um gesetzliche Ansprüche, die nicht aus dem [X.] folgen, den der Fluggast etwa mit dem Luftfahrtunterneh-men abgeschlossen hat. Vielmehr richten sich die dem Fluggast eingeräum-ten Ansprüche gegen das ausführende Flugunternehmen, mit dem vertragli-che Beziehungen nicht notwendigerweise bestehen müssen ([X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 18; Urteil vom 28. Mai 2009 - [X.], [X.], 242 Rn. 9; Urteil vom 30. April 2009 - [X.], [X.], 239 Rn. 13). Dennoch handelt es sich um einen Anspruch auf vertraglicher Grundlage, denn Voraussetzung für die Anwen-dung der Verordnung ist gemäß deren Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, dass die Flug-gäste über eine bestätigte Buchung verfügen, was regelmäßig das Bestehen eines Beförderungsvertrags voraussetzt - sei es mit dem ausführenden Luft-fahrtunternehmen, sei es mit einem anderen Unternehmen, für das jenes die Beförderungsleistung erbringt ([X.], Urteil vom 10. Dezember 2009 - [X.], [X.], 90 Rn. 22; Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 18). 26 27 Die vertragliche Grundlage des Ausgleichsanspruchs nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 der Verordnung ist demzufolge zu bejahen. - 11 - Dies steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.], der - im persönlichen Anwendungsbereich der [X.] - die auf den Beförderungsvertrag und die Verordnung gestützte Klage auf Ausgleichszahlungen der Zuständigkeitsregel von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich [X.] unterworfen hat, die ausschließlich für vertragliche Streitigkeiten zur Anwendung gelangt (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juli 2009 - [X.]/08, [X.], 234 Rn. 47 - [X.]/Air Baltic). [X.]) Der Erfüllungsort für die streitige Verpflichtung liegt (auch) in [X.]. 28 (1) Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist gemäß § 29 Abs. 1 ZPO grundsätzlich die streitige Verpflichtung, die nicht identisch sein muss mit der klageweise geltend gemachten Verpflichtung. Ausschlaggebend ist vielmehr die zugrunde liegende verletzte Vertragspflicht ([X.], [X.]O Rn. 19; [X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 29 Rn. 23). Deren Erfül-lungsort wird dabei nach dem materiellen Recht bestimmt, das den Vertrag regiert, was sich nach [X.]m Kollisionsrecht bestimmt. Der Erfüllungsort wird daher lege [X.] qualifiziert, indem er grundsätzlich dem [X.] entnommen wird ([X.], Urteil vom 20. Mai 1981 - [X.], NJW 1981, 2642, 2643 unter [X.]; [X.], [X.]O Rn. 52). 29 (2) Im Streitfall richtet sich der Beförderungsvertrag zwischen den [X.] und der [X.] zwar nach dem Recht des St[X.]tes [X.], in dem die Beklagte ihren Sitz hat. 30 Nach Art. 28 Abs. 1, Art. 31 Abs. 1 [X.]BGB, die auf den vor dem 17. Dezember 2009 geschlossenen streitgegenständlichen Vertrag noch an-zuwenden sind (vgl. Art. 28 der Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 des Europäi-schen [X.] und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnis-se anzuwendende Recht - Rom I [[X.]. Nr. L 177, S. 6]) unterliegt der Vertrag mangels abweichender Rechtswahl dem Sitzrecht des beklagten [X.] - 12 - [X.]. Dass die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsge-richts ihre Leistungen in [X.] bewirbt und dass der annullierte Flug von [X.] aus erfolgen sollte, genügt dagegen nicht, um eine engere Verbindung im Sinne des Art. 28 Abs. 5 [X.]BGB zu begründen (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juli 2009 - [X.], [X.] 182, 24 Rn. 33 ff.; Urteil vom 25. März 2010 - [X.], [X.], 221 Rn. 24 und Urteil vom 12. No-vember 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 19). (3) Ungeachtet dessen bestimmt den Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO für die mit der Klage geltend gemachte Verpflichtung aber nicht das Recht des St[X.]tes [X.], sondern der Rechtsgedanke des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b [X.] mit der darin zum Ausdruck gebrachten Wertentschei-dung des Unionsrechts. 32 Denn der geltend gemachte Anspruch findet seine Grundlage nicht unmittelbar in den im Beförderungsvertrag getroffenen vertraglichen Abreden, sondern ist Teil der von der Verordnung zuerkannten gesetzlichen Mindest-rechte. Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Fluggast und dem Luft-beförderungsunternehmen oder einem anderen Unternehmen sind nur [X.] dafür, dass der Fluggast überhaupt die Mindestrechte nach der Verordnung beanspruchen kann ([X.], Urteil vom 10. Dezember 2009 - [X.], [X.], 90 Rn. 22; Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 18). Diese Mindestrechte werden vom [X.] unabhängig vom [X.] einheitlich ausgestaltet. Teil dieser Ausgestaltung ist auch die vom nationalen Recht unabhängige Bestimmung des [X.] für die Beförderungsverpflichtung in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich [X.], die nach der Rechtsprechung des Gerichts-hofs der [X.] jedenfalls bei vertraglicher Beziehung zwischen den [X.]en auch für Ausgleichsansprüche nach der Verordnung gilt. 33 Ob eine Übernahme der für den [X.] Rechtsraum nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich [X.] maßgebenden Wertungen [X.] - 13 - über hinaus bereits wegen eines generell erforderlichen Konzeptionswandels im Prozessrecht geboten erscheint, wie dies von Teilen der Literatur vorge-schlagen wird (vgl. [X.], [X.], S. 773, 780; [X.]. in [X.], [X.]O Rn. 54), und demzufolge auch dann veranlasst wäre, wenn es sich nicht - wie hier - um eine durch das Unionsrecht geprägte Verpflichtung han-delt, bedarf hingegen keiner Entscheidung. Jedenfalls für die vorliegend gel-tend gemachten, vom Unionsrecht einheitlich ausgestalteten Mindestrechte ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes der im Unionsrecht angelegte Rechtsgedanke maßgebend. Eine derartige Anknüpfung führt zugleich zu der von Erwägungsgrund 4 der Verordnung bezweckten Harmonisierung auch hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit, da die Bestimmung unabhängig davon ist, ob der Kunde ein Luftfahrtunternehmen der [X.] oder aus einem Drittst[X.]t in Anspruch nimmt (vgl. [X.], [X.], 154, 155). Zugleich sichert sie dem Kunden das in Erwägungsgrund 1 der Verordnung angestrebte hohe Schutzniveau auch bei der gerichtlichen Durchsetzung sei-ner Ansprüche zu und schafft Rechtssicherheit. 35 (4) Danach ist der im Streitfall vereinbarte [X.] in [X.] auch als der Ort der Erfüllung im Sinne von § 29 ZPO zu betrachten und begründet den dortigen Gerichtsstand für die Klage auf pauschalierten Aus-gleich nach der Verordnung. Denn im Fall einer Beförderung von Personen im Luftverkehr sind sowohl der Ort des vertragsgemäßen [X.] als auch der Ort der vertragsgemäßen Ankunft des Flugzeugs gleichermaßen als die Orte anzusehen, an denen die Leistungen, die Gegenstand des [X.] im Luftverkehr sind, hauptsächlich erbracht werden ([X.], Urteil vom 9. Juli 2009 - [X.]/08, [X.], 234 Rn. 43 - [X.]/Air Baltic). 36 3. In der Sache steht den Klägern der geltend gemachte Ausgleichs-anspruch nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 Buchst. [X.] zu. Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu lassen keinen Rechtsfeh-ler erkennen und werden auch von der Revision nicht angegriffen. - 14 - a) Der Anwendungsbereich der Verordnung ist eröffnet, da die Kläger ihren annullierten Flug auf einem Flughafen in [X.] antreten wollten. Darauf, dass die Beklagte kein Luftfahrtunternehmen der [X.] im Sinne von Art. 2 Buchst. [X.] ist, kommt es nicht an. 37 b) Der von den Klägern gebuchte und von der [X.] auszufüh-rende Flug von mehr als 3500 km in die Vereinigten St[X.]ten von Amerika ist annulliert worden, worüber die Kläger weniger als sieben Tage vor der plan-mäßigen Abflugzeit informiert worden sind, ohne dass ihnen ein Angebot zur anderweitigen Beförderung gemacht worden ist, das es ihnen ermöglichte, ihr Endziel nicht mehr als zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen. 38 c) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, beruht die Annullierung wegen technischer Defekte des Flugzeugs nicht auf außerge-wöhnlichen Umständen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung. 39 [X.]) Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gele-gentlich auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnli-chen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien können, bei einer aufgrund des Defekts erforderlichen Annullierung des [X.] die nach Art. 7 der Verordnung vorgesehene Ausgleichszahlung zu leis-ten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebe-nen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen [X.] frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat ([X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 13). Als außergewöhn-licher Umstand kann ein technisches Problem nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] nur dann angesehen werden, wenn es seine Ursache in einem der in Erwägungsgrund 14 der Verordnung [X.] hat, beispielsweise auf versteckten Fabrikationsfehlern, Sabo-tageakten oder terroristischen Angriffen beruht ([X.], Urteil vom 22. Dezember 2008 - [X.]/07, [X.], 35 - Wallentin-Hermann/[X.] 40 - 15 - Rn. 26; [X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 14). [X.]) Aus den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellun-gen des Berufungsgerichts ergibt sich kein Anhalt dafür, dass der Defekt an der Treibstoffleitung und der Ausfall des Funkbetriebs des für den geplanten Flug vorgesehenen Flugzeugs, der im Streitfall dazu geführt hat, dass der Flug nicht ausgeführt worden ist, auf einem außergewöhnlichen Umstand im vorstehend genannten Sinne beruhten. Damit greift der Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung hier nicht, unabhängig davon, ob die [X.] alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Annullierung zu vermeiden. 41 d) Da die Kläger ihr Endziel erst mit einer Verspätung von einem Tag erreicht haben, haben sie Anspruch auf eine ungekürzte Ausgleichszahlung. Gegenüber dem Berufungsurteil, das den Klägern gemeinsam 1.200 • zuer-kannt hat, hat der [X.] in der Urteilsformel klargestellt, dass jeder der Kläger einen Betrag von 600 • beanspruchen kann. 42 4. Hingegen können die Kläger die begehrten Verzugszinsen, die als Nebenforderung ebenfalls am Gerichtsstand der Hauptsache geltend ge-macht werden können (vgl. [X.], [X.]O, § 29 Rn. 23), nicht in dem vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang beanspruchen. 43 a) Der Anspruch auf Verzugszinsen für den pauschalen Ausgleichs-anspruch nach der Verordnung richtet sich gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 [X.]BGB nach dem auf den Beförderungsvertrag anwendbaren Recht ([X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 34 Rn. 17). An[X.] als das Berufungsgericht angenommen hat, unterliegt er damit nicht [X.] Recht und bestimmt sich nicht nach §§ 291, 288 BGB, sondern regelt sich nach dem Recht des St[X.]tes [X.] als dem für den [X.] maßgeblichen Sachrecht. 44 - 16 - b) Der [X.] kann das Recht des St[X.]tes [X.] selbst auslegen. Dem [X.] ist die im [X.] veröffentliche Kodifizierung (Official Code of [X.] Annotated ([X.]), [X.]) in [X.] zugänglich. Soweit es um die hier relevanten Vorschrif-ten geht, hat der [X.] auch keine Zweifel an deren inhaltlichen Richtigkeit. Nach [X.] § 13-6-13 sind bei Vertragsverletzungen, worunter auch fällt, wenn eine [X.] ihrer Leistungsverpflichtung nicht nachkommt (vgl. [X.], [X.] Recht, 4. Aufl. Rn. 335), Zinsen in gesetzlicher Höhe zu [X.]. Der gesetzliche Zinssatz beträgt gemäß [X.] § 7-4-2 sieben Prozent im Jahr, so dass dem Klagebegehren nur bis zu dieser Höhe stattgegeben werden kann. 45 III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. 46 Meier-Beck [X.][X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom [X.] - 29 C 2033/08-73 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 16 U 84/09 -

Meta

X ZR 71/10

18.01.2011

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2011, Az. X ZR 71/10 (REWIS RS 2011, 10410)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10410

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