Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2014, Az. 4 StR 82/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5816

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 82/14

vom
7.
Mai 2014
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7.
Mai 2014
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3.
Dezember 2013
mit den Feststellun-gen
aufgehoben
a) soweit der
Angeklagte wegen versuchter gefährlicher Kör-perverletzung verurteilt worden ist (Fall
B.VII
der Urteils-gründe),
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe,
c) im Maßregelausspruch.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurück-verwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, wegen Diebstahls in drei Fällen, wegen Bedrohung, wegen [X.] Körperverletzung in zwei Fällen, wegen versuchter gefährlicher [X.]
-
3
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perverletzung und wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung unter [X.] im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung ma-teriellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] vom 25.
Februar 2014 unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Die Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung im Fall
B.VII
der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1.
a) Nach den Feststellungen war der Angeklagte auf D.

S.

, das Tatopfer, wütend, weil dieser sich seiner Ansicht nach bei den voraus-gegangenen Verhandlungen über den Verkauf einer Briefmarkensammlung
ge-genüber dem Kaufinteressenten
ungeschickt verhalten hatte. In der Wohnung des Geschädigten beschimpfte der Angeklagte diesen zunächst in Anwesenheit eines Mitbewohners. Danach nahm der Angeklagte ein auf einem Tisch
neben einem kleineren und leichteren [X.] liegendes silbernes Ganzme-tallmesser
und schleuderte es in Richtung des in der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers stehenden Geschädigten. Dabei wusste er, dass dieser verletzt werden würde, wenn das Messer ihn träfe; ihm war bewusst, dass das Messer seiner Art und Beschaffenheit nach dazu in der Lage war, erhebliche Verletzun-gen hervorzurufen. Dem Geschädigten gelang es, sich rechtzeitig zur Seite zu drehen, so dass das Messer auf Höhe seines Oberkörpers an ihm vorbeiflog und unmittelbar neben ihm gegen die Wand schlug, von der es
abprallte und 2
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herunterfiel. Der Geschädigte trat das Messer mit seinem Fuß so unter das Bett seines Mitbewohners, dass der Angeklagte es nur hätte wieder holen können, indem er hinuntergekrochen wäre und nach dem Messer gesucht hätte.
b) Das [X.]
hat die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts des Angeklagten vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung im Sinne von §
24 Abs.
1 StGB verneint, da der Versuch fehlgeschlagen sei. Dem Angeklagten sei es nach dem [X.] nicht ohne Weiteres möglich gewe-sen, sich wieder in den Besitz des silberfarbenen Messers zu bringen, da die-ses so unter dem Bett gelegen habe, dass er sich hätte bücken und hinunter-kriechen müssen. In diesem Fall wäre es dem Geschädigten ein Leichtes ge-wesen, [X.] zu verlassen. Zwar habe mit dem Brot-zeitmesser noch ein weiteres mögliches Tatmittel zur Verfügung gestanden, dieses
sei allerdings leichter und kleiner gewesen und damit auch weniger [X.], erhebliche Verletzungen bei dem Geschädigten
hervorzurufen. [X.] hätte der Angeklagte erst einige Schritte zu dem Messer hingehen müs-sen, was dem Geschädigten
ebenfalls
die Möglichkeit eröffnet hätte, sich in [X.] zu bringen.
2.
Die vom [X.] getroffenen Feststellungen tragen die Vernei-nung
eines strafbefreienden Rücktritts wegen Fehlschlags
des Versuchs nicht. Der [X.] hat dazu in seiner Antragsschrift vom 25.
Februar 2014 zutreffend u.a. ausgeführt:

u-nächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder ande-ren nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des [X.] nach Ab-4
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-
5
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schluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbre-chung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor (st.
Rspr. vgl. nur [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2012 -
4
StR
346/12 mit n-gen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revi-sionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand ([X.], Urteil vom 19.
März 2013 -
1
StR
647/12).
Das Urteil enthält keine Feststellungen zum subjektiven Vorstellungsbild des Angeklagten nach dem fehlgegangenen Wurf mit dem silbernen Messer, sondern beschränkt sich auf die objektive Feststellung, das noch vorhandene [X.] sei leichter und kleiner und damit weniger geeignet, erhebliche Verletzungen beim Geschädigten hervorzurufen; zudem hätte der Angeklagte erst einige Schritte zu dem Messer hinge-hen müssen (UA S.
40). Diese objektiven Feststellungen lassen keinen sicheren Rückschluss darauf zu, ob der Angeklagte es nach seiner Vor-stellung als unmöglich ansah, seinen Angriff mit dem [X.] er-folgversprechend fortzusetzen. Insbesondere belegen sie schon keine objektive Unmöglichkeit der weiteren Tatbestandsverwirklichung. Allein die Tatsache, dass der Geschädigte einige Schritte zum Tisch hin hätte machen müssen, um das Messer zu ergreifen, begründet keine Zäsur in dem oben beschriebenen Sinne, zumal auch das zunächst verwandte Messer auf demselben Tisch lag (UA S.
17). Auch die Begründung, das [X.] sei als weiteres Tatmittel nicht geeignet, erscheint nicht schlüssig, denn auch ein leichteres und kleineres Messer ist geeignet, den tatbestandlichen Erfolg des §
224 Abs.
1 Nr.
2 StGB herbeizuführen. Dass die Folgen dabei unter Umständen nicht so gravierend sind, wie bei einem Angriff mit dem zunächst verwandten schwereren Messer, hindert eine weitere Tatbestandsverwirklichung mit der Möglichkeit eines strafbe-freienden Rücktritts nicht.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Zeuge [X.]

, dessen Aussage die Kammer maßgeblich folgte, das [X.] nach dem Geschädigten geworfen (UA S.
30). [X.] zweiten Wurf blieb jedoch nicht deswegen der Erfolg versagt, weil das Messer kein taugliches Werkzeug im Sinne des §
224 Abs.
1 Nr.
2 -
6
-
StGB gewesen wäre, sondern weil der Angeklagte den Geschädigten

Dem tritt der Senat bei.
II.
Die Aufhebung der Einsatzstrafe entzieht dem [X.] die Grundlage. Auch die Maßregel kann nicht bestehen bleiben, da das Land-gericht sie maßgeblich auf die Tat zum Nachteil des Geschädigten S.

als Anlasstat gestützt hat.
Sost-Scheible

Cierniak Franke

Mutzbauer Bender
6
7

Meta

4 StR 82/14

07.05.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2014, Az. 4 StR 82/14 (REWIS RS 2014, 5816)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5816

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