15. Zivilsenat | REWIS RS 1999, 539
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Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 3) hat den Beteiligten zu 1) und 4) die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 985.000,00 DM festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der hier in Rede stehende Grundbesitz war für Frau T geborene B (fortan: Erblasserin) gebucht. Diese hatte zwei Töchter, die Beteiligte zu 1) sowie Frau Q geborene T. Die Erblasserin verstarb am 14. November 1977. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die Kinder von Frau Q, die am 11. Januar 1997 verstarb. Nach dem von der Erblasserin am 26. Juli 1966 errichteten privatschriftlichen Testament, ergänzt durch Testament vom 5. April 1975, erbten ihre beiden Töchter je zur Hälfte. Nach ihrem Tode sollten die lebenden leiblichen Enkelkinder zu gleichen Teilen erben. Ohne beiderseitiges Einverständnis konnte so das Testament nichts verkauft werden. Die Verwaltung des Nachlasses wurde Frau Q übertragen.
Unter dem 20. Juli 1978/5. September 1978 erteilte das Nachlaßgericht den Töchtern der Erblasserin einen gemeinschaftlichen Erbschein, der sie als Vorerbinnen auswies und als Nacherben die Enkelkinder der Erblasserin bestimmte, die beim Tode der längstlebenden Vorerbin leben. Aufgrund des Erbscheins wurden die Beteiligten zu 1) sowie Frau Q am 10. Oktober 1978 als Eigentümer des Grundstücks in Erbengemeinschaft eingetragen. Gleichzeitig wurde folgender Nacherbenvermerk eingetragen:
"Die Frauen T2 geborene T in N und Q geborene T in H sind befreite Vorerbinnen. Nacherben der verstorbenen M C T geborenen B sind die Enkelkinder der Erblasserin, die beim Tode der längstlebenden Vorerbin leben. Die Auseinandersetzung unter den Vorerbinnen hinsichtlich des Grundbesitzes ist ausgeschlossen, solange nicht beide einverstanden sind. Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet."
Nach dem Tode von Frau Q am 11. Januar 1997 zog das Amtsgericht den Erbschein ein und erteilte nach Einziehung eines am 28. April 1997 fehlerhaft erteilten Erbscheins der Beteiligten zu 1) unter dem 5. November 1997 einen Erbschein, der sie als alleinige befreite Vorerbin auswies.
Am 25. November 1997 trug das Grundbuchamt die Beteiligte zu 1) aufgrund dieses Erbscheins als alleinige befreite Vorerbin im Grundbuch ein und änderte den Nacherbenvermerk wie folgt:
"Nach dem Tod der Frau Q, geborene T, ist nunmehr alleinige befreite Vorerbin Frau T2, geborene T, wohnhaft in H. Der Auseinandersetzungsausschluß ist mit dem Tode der Frau Q, verstorben am 11.01.1997, gegenstandslos. Die Testamentsvollstreckung ist erloschen."
Von dieser Eintragung erhielten u.a. die Beteiligten zu 2) und 3) noch im November 1997 Eintragungsnachricht. Sie erhoben keine Einwände.
Durch notariellen Kaufvertrag nebst Auflassungsverhandlung vom 19. März 1998 (URNr. 34/98 Notar M in H2) veräußerte die Beteiligte zu 1) das Grundstück für 985.000,00 DM an die Beteiligte zu 4). Die Belastungen wurden nicht übernommen. Am 27. März 1998 wurde für die Beteiligte zu 4) eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Diese bestellte zugunsten der Sparkasse H2 unter dem 3. April 1998 eine Sicherungsgrundschuld über 1.120.000,00 DM.
Mit Begleitschreiben vom 13. Mai 1998, welches am 14. Mai 1998 beim Grundbuchamt eingegangen ist, hat der Urkundsnotar seine Urkunde vom 19. März 1998 eingereicht und u.a. die Eigentumsumschreibung sowie die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 2. Juni 1998 hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamts den Beteiligten zu 1) und 4) aufgegeben, Löschungsbewilligungen der Nacherben einzureichen, weil Bedenken gegen die Entgeltlichkeit der Veräußerung im Blick darauf bestünden, daß der Grundbesitz über den Betrag des Kaufpreises hinaus belastet werden solle. Der Urkundsnotar hat daraufhin unter dem 30. Juni 1998 mitgeteilt, daß die Finanzierung auch die dringend notwendige Dachsanierung mit einschließe und durch die Stellung von Ersatzsicherheiten sowie die Übernahme von persönlichen Bürgschaften möglich gemacht werden konnte. Im übrigen entspreche der Kaufpreis einer ca. 14fachen Jahresnettomiete. Die Rechtspflegerin, die auf der Grundlage des Notarschreibens das Eintragungshindernis als behoben angesehen hat, hat die Beteiligten zu 2) und 3) zu der beabsichtigten Löschung des Nacherbenvermerks gehört. Die Beteiligte zu 3) ist dem Löschungsantrag mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 7. August 1998 entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, daß der Erbschein vom 5. November 1997, dessen Einziehung parallel betrieben werde, unrichtig sei und im übrigen eine gemischte Schenkung vorliege. Im Hinblick auf die nunmehr im Grundbuch fehlerhaft verlautbarte Nacherbenstellung hat die Beteiligte zu 3) die Eintragung eines Amtswiderspruches beantragt.
Durch Beschluß vom 1. Oktober 1998 hat das Landgericht Essen 7 T 631/98 die Einziehung des am 5. November 1997 erteilten Erbscheins als unrichtig verfügt. In den Gründen der Entscheidung hat das Landgericht im Kern ausgeführt, daß die Vorerbinstellung der Frau Q mit deren Tod auf ihre Erben übergegangen sei, weil die Erblasserin keine mehrstufige Nacherbschaft angeordnet habe.
Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4. November 1998 hat die Beteiligte zu 3) mitgeteilt, daß sie den Verkehrswert des Hausgrundstücks auf wenigstens 1.100.000,00 DM schätze, jedenfalls unter der Voraussetzung, daß das Objekt in selbständig zu veräußernde Eigentumswohnungen aufgeteilt werden könne.
Durch Beschluß vom 13. November 1998 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Antrag der Beteiligten zu 3) auf Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Korrektur des Nacherbenvermerks zurückgewiesen. Am 16. November 1998 ist der Nacherbenvermerk im Grundbuch gelöscht und die Beteiligte zu 4) als Eigentümerin eingetragen worden.
Mit Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 24. November 1998 und vom 29. November 1998 hat die Beteiligte zu 3) gegen die Zurückweisung des Antrages auf Eintragung eines Amtswiderspruches bezüglich der Änderung des Nacherbenvermerks sowie gegen die Löschung des Nacherbenvermerks und die sich daran anschließende Eigentumsumschreibung Beschwerde eingelegt, der die Rechtspflegerin des Grundbuchamts am 2. Dezember 1998 nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat die Beschwerden durch Beschluß vom 19. Januar 1999 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4. Februar 1999 bei dem Oberlandesgericht eingelegt und mit weiterem Schriftsatz vom 11. März 1999 begründet hat.
II.
1.
a)
Das Landgericht war zuvörderst mit einer ersten Beschwerde der Beteiligten zu 3) befaßt, mit der diese verlangt hat, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 GBO einen Widerspruch gegen die Eintragung der Beteiligten zu 4) als Eigentümerin sowie die gleichzeitige Löschung des Nacherbenvermerks einzutragen. Das Landgericht ist hinsichtlich dieses Antrages mit Recht von einer zulässigen ersten Beschwerde der Beteiligten zu 3) nach § 71 Abs. 2 GBO ausgegangen.
Soweit die Beschwerde lediglich mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruches gegeben ist, ist nach allgemeiner Auffassung beschwerdeberechtigt nur derjenige, der einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend machen kann, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müßte (BGHZ 106, 253, 255 = NJW 1989, 1609; Senat FGPrax 1996, 210 = NJWRR 1997, 593, ständig). Erforderlich ist in diesen Fällen daher eine unmittelbare Beeinträchtigung eines Rechts des Beschwerdeführers. Sein Sachvortrag muß bei rechtlicher Bewertung ergeben, daß ihm selbst ein Grundbuchberichtigungsanspruch zusteht (vgl. Bauer/Budde a.a.O., § 71 Rdn. 82). Beschwerdeberechtigt ist danach u.a. jeder Miterbe, wenn der Widerspruch zugunsten einer Erbengemeinschaft zu buchen wäre (§ 2039 BGB; vgl. Bauer/Budde a.a.O., § 71 Rdn. 83).
Im vorliegenden Fall muß der Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Beteiligten zu 4) als Eigentümerin und die Löschung des Nacherbenvermerks zugunsten der Erbengemeinschaft, der u.a. die Beteiligte zu 3) angehört, gebucht werden. Denn diese macht geltend, daß sie mit dem Tode von Frau Q, ihrer Mutter, in die Erbengemeinschaft mit der Beteiligten zu 1) eingerückt sei. Diese Rechtsauffassung ist nicht etwa "gegriffen", um eine Beschwerdeberechtigung zu konstruieren, sondern ist von dem Landgericht Essen in dem das Erbscheinsverfahren betreffenden Beschluß vom 1. Oktober 1998 7 T 631/98 bestätigt worden. Da die Feststellung der Zulässigkeit des Rechtsmittels die Überprüfung der angefochtenen Sachentscheidung nicht in Teilen vorwegnehmen kann, muß unter dem Gesichtspunkt der Doppelrelevanz bereits die ernsthafte Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung ausreichen (vgl. Bauer/Budde a.a.O., § 71 Rdn. 75 und 82). Diese ist hier durch die angegriffenen Eintragungen vom 16. November 1998 gegeben.
b)
Auch in der Sache selbst hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung stand.
aa)
Die Annahme des Landgerichts, die Eintragung eines Amtswiderspruchs bezüglich der Eigentümerstellung der Beteiligten zu 4) scheide schon deshalb aus, weil das Grundbuch die Eigentumslage richtig verlautbare (vgl. § 53 Abs. 1 S. 1, § 71 Abs. 2 S. 2 GBO), ist frei von Rechtsfehlern. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit dem Grundbuchinhalt davon ausgegangen, daß die Beteiligte zu 1) durch das Grundbuch aufgrund der Eintragung vom 25. November 1997 als allein verfügungsberechtigte, befreite Vorerbin ausgewiesen war, als sie mit der Beteiligten zu 4) am 19. März 1998 gemäß § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 BGB die Auflassung erklärte und am 14. Mai 1998 den Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt stellte. Ein Widerspruch gegen die am 25. November 1997 eingetragene Berichtigung des Nacherbenvermerks (vgl. § 892 Abs. 1 S. 1 a.E. BGB) war zu keinem Zeitpunkt eingetragen. Dies wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht geltend gemacht.
Das Landgericht hat des weiteren richtig erkannt, daß es für den Zeitpunkt des guten Glaubens vorbehaltlich der Wirkungen einer eingetragenen Auflassungsvormerkung gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 BGB auf die Zeit der Stellung des Antrages auf Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch ankommt, wenn das Grundbuch schon zu diesem Zeitpunkt unrichtig ist und der Antrag wie hier zur Eintragung geführt hat (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 58. Aufl., § 892 Rdn. 27). Zu diesem Zeitpunkt (14. Mai 1998) war die Beteiligte zu 4) nach den rechtlich unangreifbaren Feststellungen des Landgerichts gutgläubig, weil die Beteiligte zu 3) erst mit Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 7. August 1998 Bedenken gegen die Richtigkeit des Grundbuchs verlautbart hat. Auch das wird von der Rechtsbeschwerde letztlich nicht beanstandet.
bb)
Die Löschung des Nacherbenvermerks hat ebenfalls nicht zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO geführt.
Das Landgericht ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Löschung des Nacherbenvermerks von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Ein Nacherbenvermerk kann nur dann gelöscht werden, wenn entweder die eingetragenen Nacherben die Löschung bewilligt haben oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist (§§ 19, 22 Abs. 1 GBO). Da hier keine Löschungsbewilligungen eingeholt werden sollten, setzt die Löschung des Nacherbenvermerks den Nachweis der Unrichtigkeit voraus, der grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen ist. Unrichtig ist das Grundbuch in Bezug auf den Nacherbenvermerk dann, wenn das Grundstück mit Wirkung gegenüber den Nacherben aus dem Nachlaß ausgeschieden ist. Diese Folge tritt ein, wenn der Vorerbe das Grundstück entweder mit Zustimmung aller Nacherben die hier nicht vorliegt oder aber als befreiter Vorerbe entgeltlich an eine andere Rechtspersönlichkeit veräußert hat (§§ 2112, 2113 Abs. 1 und 2, § 2136 BGB; vgl. Senat FGPrax 1995, 14, 15 f.; NJWRR 1996, 1230, 1231). Die Entgeltlichkeit der Verfügung des Vorerben kann regelmäßig nicht in der Form des § 29 GBO, also durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. Im Hinblick darauf hat die Rechtsprechung die Möglichkeit eröffnet, daß das Grundbuchamt unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten die gesamten Umstände des Falles unter dem Gesichtspunkt zu prüfen hat, ob die Entgeltlichkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO offenkundig ist. Dabei darf das Grundbuchamt auch Wahrscheinlichkeitserwägungen anstellen, die sich auf allgemeine Erfahrungssätze stützen. Der Offenkundigkeit sind solche Fälle gleichzustellen, in denen die Unentgeltlichkeit durch die Natur der Sache oder die Sachlage ausgeschlossen wird (vgl. Senat OLGZ 1969, 403, 405; NJWRR 1996, 1230, 1231).
Hierzu hat das Landgericht ausgeführt: Der vereinbarte Kaufpreis von 985.000,00 DM liege zwar unterhalb der durch die Erwerberin veranlaßte Belastung des Grundstücks mit einer Sicherungsgrundschuld in Höhe von 1.120.000,00 DM. Dies begründe indes keine Zweifel an der Entgeltlichkeit, weil die Beteiligte zu 4) weitere Sicherheiten gestellt habe. Im übrigen könne dahinstehen, ob das übertragene Grundstück objektiv einen Wert von 1,4 bis 1,5 Mio. DM habe. Denn jedenfalls bestände kein Anhalt, daß die Beteiligte zu 1) die mögliche Ungleichgewichtigkeit zwischen Kaufpreis und Grundstückswert erkannt habe oder bei ordnungsgemäßer Verwaltung hätte erkennen können. Der Verkauf des Grundstücks sei durch die Immobilienabteilung der Sparkasse H2 vorbereitet worden und auf der Grundlage des von der Sparkasse in ihrem Angebot ausgewiesenen Kaufpreis erfolgt. Die Beteiligte zu 1) habe sich darauf verlassen dürfen, daß der Kaufpreis durch die Immobilienabteilung auf der Grundlage des objektiven Grundstückswertes festgelegt worden sei. Ein für die Beteiligte zu 1) augenscheinliches Mißverhältnis zwischen Kaufpreis und Grundstückswert habe schon deshalb nicht bestanden, weil die Sparkasse in ihrem Angebot auf einen umfangreichen Renovierungsbedarf hingewiesen habe.
Diese Begründung trägt die angefochtene Entscheidung.
Eine Verfügung ist unentgeltlich im Sinne von § 2113 Abs. 2 BGB, wenn der Vorerbe objektiv betrachtet ohne gleichwertige Gegenleistung ein Opfer aus der Erbmasse bringt und subjektiv betrachtet weiß, daß für dieses Opfer der Erbmasse keine gleichwertige Gegenleistung zufließt, oder er die Unzulänglichkeit der Gegenleistung zumindest hätte erkennen müssen. Die Entgeltlichkeit der Verfügung, für das es auf das wirtschaftliche Ergebnis ankommt, ist nach dem Zeitpunkt ihrer Vornahme zu beurteilen (Senat FGPrax 1995, 14, 16). Die Rechtsbeschwerde meint, hier liege teilweise Unentgeltlichkeit vor, weil das Hausgrundstück ersichtlich unter Wert veräußert worden sei. Die hierzu erhobenen Rügen sind unbegründet.
Es wird zunächst als Verstoß gegen § 29 Abs. 1 S. 2 GBO beanstandet, daß die Kammer auf die persönlichen Fähigkeiten der Beteiligten zu 1) und nicht entsprechend den in der zitierten Rechtsprechung des Senats entfalteten Grundsätzen (vgl. auch FGPrax 1995, 14, 17) auf einen objektivierenden Maßstab abgestellt habe. Dieser Rüge ist zuzugeben, daß die landgerichtliche Entscheidung mit Hinweis darauf, daß die Beteiligte zu 1) nicht über spezielle Kenntnisse im Immobilienbereich verfüge, zumindest unklar formuliert hat. Auf diesem Mangel beruht die angefochtene Entscheidung indes nicht. Auch aus der Sicht eines Vorerben bei ordnungsgemäßer Verwaltung der unter Nacherbschaft stehenden Nachlaßmasse und unter gebührender Rücksichtnahme auf seine künftige Herausgabepflicht gegenüber dem Nacherben und dessen Interessen lag keine gemischte Schenkung vor. Das Landgericht hätte hierfür in den Gründen seiner Entscheidung noch anführen können, daß es sich nicht um ein Veräußerungsgeschäft innerhalb der Familie, sondern um eine Veräußerung an einen Außenstehenden handelt und nicht ansatzweise erkennbar ist, aus welchen Motiven die Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 4) etwas schenken wollte. Die Ausführungen in der Rechtsbeschwerdeschrift, die in der Vermutung gipfeln, die Beteiligten zu 1) und 4) hätten möglicherweise zu Lasten der Beteiligten zu 3) kollusiv zusammengewirkt, sind spekulativer Natur und entbehren in tatsächlicher Hinsicht jeder Grundlage. Im übrigen hat die anwaltlich beratene Beteiligte zu 3) den Mindestwert des Hausgrundstücks zunächst selbst mit 1.100.000,00 DM beziffert. Sonach liegt der erzielte Verkaufserlös innerhalb der Bandbreite dessen, was die Beteiligte zu 3) zeitnah zu der Veräußerung je nach Verhandlungsgeschick der Verkäuferseite selbst als erzielbar angesehen hat. Entgegen der Rechtsbeschwerde bestand für das Grundbuchamt sonach keinerlei Anlaß, die Löschung des Nacherbenvermerks wegen einer angeblichen Kollusion zwischen den Beteiligten zu 1) und 4) zu Lasten der Nacherben abzulehnen.
Die weitere Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe den Umfang der Ermittlungspflichten des Grundbuchamtes verkannt, geht ebenfalls fehl. Das Verfahren über einen Grundbuchberichtigungsantrag nach § 22 Abs. 1 GBO ist ein Antragsverfahren. Die für die Feststellung der Unrichtigkeit des Grundbuchs erforderlichen Tatsachen müssen deshalb von dem Antragsteller nachgewiesen werden. Soweit dem Grundbuchamt bei der Prüfung der Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben eine erweiterte tatsächliche Prüfungsmöglichkeit zusteht, so beschränkt sich diese Prüfung gleichwohl auf die dem Grundbuchamt vorgelegten Eintragungsunterlagen und sonstige offenkundige Tatsachen. Reichen diese für den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht aus, kann die begehrte Grundbuchberichtigung auf dieser Grundlage nicht vorgenommen werden. Hingegen ist es den Tatsacheninstanzen auch im Verfahren auf Löschung eines Nacherbenvermerks verwehrt, eigene Ermittlungen und Beweiserhebungen vorzunehmen (Senat OLGZ 1991, 137, 141; FGPrax 1995, 14, 17; NJWRR 1996, 1230, 1232). Gerade darauf läuft das Vorbringen der weiteren Beschwerde hinaus, mit dem von dem Grundbuchamt und dem an seine Stelle tretenden Gericht der ersten Beschwerde verlangt wird, daß der von der Beteiligten zu 4) gebotene Kaufpreis sachverständig hätte überprüft werden müssen.
Schließlich beruhen die Entscheidungen der Vorinstanzen zu der Löschung des Nacherbenvermerks nicht auf einer Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs der Beteiligten zu 3) gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, die Beteiligte zu 3) sei im Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht beteiligt oder angehört worden, ist aktenwidrig. Die Beteiligte zu 3) ist von der Rechtspflegerin des Grundbuchamts unter dem 29. Juli 1998 und nochmals unter dem 3. September 1998 zur Löschung des Nacherbenvermerks unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit der Verfügung angehört worden; in der zweiten Verfügung ist sie ausdrücklich um die Darlegung der bislang nicht näher begründeten Zweifel an der Entgeltlichkeit der Verfügung gebeten worden, was schließlich zu dem Schriftsatz der damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) vom 4. November 1998 geführt hat, in dem der Mindestwert des Hausgrundstücks ohne nähere Begründung auf 1.100.000,00 DM beziffert wird.
Ob die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) im Verfahren vor dem Landgericht ausreichend rechtliches Gehör, insbesondere zu dem von dem Landgericht verwerteten Immobilienangebot der Sparkasse über 985.000,00 DM erhalten haben und ob deren Schriftsatz vom 21. Januar 1999, eingegangen beim Landgericht am 22. Januar 1999, noch Berücksichtigung gefunden hat, kann auf sich beruhen. Jedenfalls beruht die Entscheidung des Landgerichts nicht auf diesen Verfahrensmängeln. Das Vorbringen des Beteiligten zu 3) im Verfahren der ersten Beschwerde, insbesondere in den Schriftsätzen vom 28. Dezember 1998 und 21. Januar 1999, läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Beteiligte zu 1) sich von dem Kaufpreis, der an die Millionengrenze herangereicht habe, habe blenden lassen und auf das ihr unterbreitete Angebot ohne nähere Überprüfung eingegangen sei (Seite 4 des Schriftsatzes vom 28. Dezember 1998) bzw. durch die Beteiligten zu 4) und die Sparkasse übervorteilt worden sei (Seite 2 des Schriftsatzes vom 21. Januar 1999). Diese in den genannten Schriftsätzen näher ausgeführte Annahme begründet indes gerade nicht die Unentgeltlichkeit der in Rede stehenden Verfügung, weil es nicht darauf ankommt, ob eine andere Person mit mehr Verhandlungsgeschick und/oder größerer zeitlicher Ausdauer einen höheren Verkaufserlös erzielt hätte.
2.
Mit der weiteren Beschwerde wird schließlich der Antrag der Beteiligten zu 3) vom 7. August 1998 wieder aufgegriffen, gegen die Änderung des Nacherbenvermerks einen Widerspruch einzutragen. Dieser Antrag hat, wie das Landgericht richtig erkannt hat, keine eigenständige Bedeutung mehr, nachdem die Beteiligte zu 4) jedenfalls gutgläubig Eigentum an dem Grundstück erworben hat und der Nacherbenvermerk insgesamt gelöscht ist. Die damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) haben diesen Antrag mit Schriftsatz vom 1. Dezember 1998 auch nicht mehr gestellt.
Die weitere Beschwerde geht deshalb insoweit ins Leere.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO. Dabei ist der Senat der landgerichtlichen Wertfestsetzung gefolgt, gegen die Einwendungen nicht erhoben worden sind.
Meta
29.03.1999
Oberlandesgericht Hamm 15. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: W
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 29.03.1999, Az. 15 W 39/99 (REWIS RS 1999, 539)
Papierfundstellen: REWIS RS 1999, 539
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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