Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 1 StR 458/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9403

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200617B1STR458.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 458/16

vom
20. Juni
2017

[X.]St:
ja
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja
________________________

[X.] § 353 Abs. 2

1. Für die Frage, wann Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander ver-knüpft sind, dass ein die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand eine doppelrelevante Tatsache darstellt, kommt es neben der besonderen Lage des Einzelfalls auf die [X.] von den bindenden Feststellungen an.

2. Ob es sich dabei um einen Umstand handelt, der der Tatausführung das entscheidende Gepräge gibt, von ihm also nicht trennbar ist, wird von dem Grundsatz der Einheitlichkeit und Wi[X.]pruchsfreiheit der Urteilsgründe be-stimmt.

3. [X.]ie [X.] als Handlungsmotivation im Rahmen der [X.] eines Regelbeispiels ist

an[X.] als die von der Bindungswirkung er-fassten subjektiven Elemente der Tatbegehung

in der Regel vom [X.] abtrennbar, ohne die innere Einheit der Urteilsgründe zu gefährden.
-
2
-

[X.], Beschluss vom 20. Juni 2017

1 StR 458/16

LG München I

in der Strafsache
gegen

wegen
vorsätzlichen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu [X.]opingzwecken

-
3
-
[X.]er 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des Generalbundesanwalts
am 20. Juni
2017
gemäß §
349 Abs.
4 [X.] beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten S.

wird das Urteil des
[X.] vom 22. Juni 2016, soweit es ihn betrifft, aufgehoben.
[X.]ie Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
In einem ersten Rechtsgang wurde der Angeklagte S.

wegen vorsätz-
lichen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu [X.]opingzwecken im Sport in 35 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Handeltreiben mit verschrei-bungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken, in einem Fall auch in Tateinheit mit Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln zu der Gesamt-freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat durch Beschluss vom 25. November 2015 das Urteil wegen eines Verfahrensfehlers im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhand-lung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
1
-
4
-
Nach Rechtskraft des Schuldspruchs ist der Angeklagte S.

nunmehr
zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt [X.]. Hiergegen wendet er sich mit der Sachrüge.
[X.]as Rechtsmittel hat Erfolg; der Strafausspruch, über den allein noch zu entscheiden war, weist durchgreifende Rechtsfehler auf; denn das [X.] hat den Umfang der innerprozessualen Bindung an die Feststellungen des [X.] in dieser Sache ergangenen Urteils verkannt.
1. Es hat Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Ange-klagten S.

getroffen, welche aber fast wortgleich mit denen des ersten Ur-
teils sind. [X.]es Weiteren hat es

freilich unnötigerweise (vgl. hierzu [X.], [X.] vom 9. April 2015

4 StR 585/14, [X.], 600
und vom 4. [X.]ezember 1984

1 [X.], NJW 1985, 638)

über mehrere Seiten wörtlich [X.], welche Feststellungen im ersten Rechtsgang getroffen worden [X.]. Ungeachtet des [X.] hat es dieses Urteil soweit zitiert, als wiederholten Verkauf der Präparate eine Einnahme von einiger [X.]auer und eini-dabei bereits damals in der [X.], sich durch den wiederholten Verkauf der Präparate eine Einnahme von hat das [X.] nur ausgeführt, dass sich der Strafrahmen aus § 95 Abs. 3 [X.] ergebe, die Regelwirkung nicht entfalle und diesen erhöhten Strafrahmen sodann zugrunde gelegt. In der Liste der angewendeten Vorschriften

gegen-über dem Urteil im ersten Rechtsgang unverändert

findet sich § 95 Abs.
3 Satz 2 Nr. [X.]. b [X.]. [X.]iese Vorschrift erfasste u.a. das gewerbsmäßige Han-deln als Regelbeispiel eines beson[X.] schweren Falles des vorsätzlichen [X.] von Arzneimitteln zu [X.]opingzwecken im Sport. Eigene, mit ei-2
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ner eigenständigen Beweiswürdigung belegte Feststellungen zur gewerbsmä-ßigen Handlungsweise des Angeklagten oder eine Bewertung [X.]elben hat es nicht getroffen.
2. Allein ausweislich der Liste der angewendeten Vorschriften ergibt sich, dass das [X.] § 95 Abs. 3 Nr. [X.]. b [X.] zugrunde gelegt hat. [X.]ie Anwendung dieser Strafzumessungsregel ist für sich genommen im Ergebnis nicht zu beanstanden, auch wenn die Vorschrift seit dem 18. [X.]ezember 2015, mithin zur Zeit des Urteils

vom [X.] nicht ersichtlich in den Blick [X.]

nicht mehr galt.
a) Gemäß § 2 Abs. 1 StGB findet das sogenannte Tatzeitprinzip Anwen-dung, wonach sich die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, welches zur [X.] galt. Im Tatzeitraum galt § 95 Abs. 3 Nr. [X.]. b [X.]. Abweichend von [X.] kann sich die Strafbarkeit gemäß § 2 Abs.
3 StGB nach dem Meistbegünstigungsprinzip bestimmen. [X.]anach ist das mildeste Gesetz [X.] (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 25. November 2014

5 StR 527/14, [X.], 99 [X.]), wenn sich die Gesetzeslage seit der Beendigung der
Tat geändert hat. [X.]em entspricht es, dass der Schutzzweck des Art. 103 Abs. 2 GG insoweit auf die rückwirkende Anwendung neuen materiellen Rechts zuun-gunsten des [X.] beschränkt ist, wobei sowohl die rückwirkende Strafbe-gründung als auch die rückwirkende Strafverschärfung hiervon erfasst wird ([X.], Urteil vom 20. März 2002

2 BvR 794/95, [X.]E 105, 135 Rn.
67
ff.; [X.] vom 22. August 1994

2 BvR 1884/93, [X.], 315; Beschluss vom 26. Februar 1969

2 BvL 15/68 Rn. 72, [X.]E 25, 269, 284 ff.).

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b) Im vorliegenden Fall hat sich das Gesetz seit der Tatbegehung geän-dert. §
95 Abs. 3 Nr. [X.]. [X.]. § 95 Abs. 1 Nr. [X.]. a [X.] ist zum 17. [X.]e-zember 2015
außer Kraft getreten. [X.]as dort geregelte Unrecht

Inverkehrbrin-gen von Arzneimitteln zu [X.]opingzwecken

ist jedoch seitdem in § 4 Abs. 1 Nr.
1 des Gesetzes gegen [X.]oping im Sport ([X.]) erfasst.
c) [X.]ieses neue Recht erweist sich aber für den Angeklagten im konkre-ten Einzelfall nicht als günstiger. [X.]enn eine Betrachtung des alten und neuen Gesetzes als jeweils Ganzes ergibt keine Begünstigung des Angeklagten durch das neue Recht. So hat zwar § 95 Abs. 3 Nr. [X.]. b [X.] für die Fälle der ge-werbsmäßigen Begehung einen beson[X.] schweren Fall vorgesehen, der ei-nen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren eröffnete. Bei Entfallen der [X.] sah der Normalstrafrahmen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Im neuen Gesetz ist für die gewerbsmäßige Begehung [X.] ein Qualifikationstatbestand vorgesehen, der den Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren enthält

4 IV Nr. [X.]. b [X.]), für den Fall der Annahme eines minder schweren Falls
steht ein abgesenkter Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren zur Verfügung
(§ 4 V [X.]).
[X.]amit verbleibt es bei der Anwendbarkeit des zur Tatzeit geltenden Rechts.
3. Jedoch hat das [X.] diese Strafzumessungsregel auf [X.] im ersten Rechtsgang gestützt, die

weil hier allein den Strafausspruch betreffend

durch den Beschluss des Senats im ersten Revisi-onsverfahren mit aufgehoben waren (vgl. jeweils zur gewerbsmäßigen Bege-hung [X.], Beschlüsse vom 29. Mai 2012

3 [X.], [X.], 356; vom 22.
April 2008

3 [X.]; allgemein zu beson[X.] schweren Fällen und
vom 16. Februar 2000

3 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 Teil-7
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rechtskraft 18; a.[X.]/[X.], [X.],
60. Aufl.,
§ 353 Rn.
20 unter Bezugnahme auf die oben zitierten Entscheidungen, die diese Ansicht jedoch nicht tragen; abw. noch bis zur 57.
Aufl.). [X.]en [X.] fehlt insoweit die tatsachengestützte Grundlage und eine eigene Bewertung dieser Tatsachen.
a) Hebt das Revisionsgericht ein Urteil in Anwendung des § 353 Abs. 2 [X.] im Strafausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen auf, so bezieht sich diese Aufhebung auf solche Umstände tatrichterlicher Sachverhaltsfest-stellung, die ausschließlich die Straffrage betreffen. Hinsichtlich des nicht [X.] Schuldspruchs tritt [X.] ein. Tatrichterliche [X.], die ausschließlich die Schuldfrage betreffen, und solche, die als doppelre-levante Umstände zugleich für Schuld-
und Straffrage von Bedeutung sind, bleiben aufrechterhalten und sind für das weitere Verfahren bindend ([X.], [X.]
vom 27.
Oktober 2015

3 [X.], [X.], 520; vom 10. Juni 2015

1 [X.] und
vom 29.
September 2009

3 StR 301/09,
NStZ-RR 2010, 74; Urteil vom 14. Januar 1982

4 [X.], [X.]St 30, 340; kritisch [X.] 1980, 303, 305; [X.]. [X.] 1966, 106, 109; [X.], Horizontale [X.] des Schuldspruchs, 1993).
Eine Bindung des neuen Tatgerichts an das insoweit teilweise aufgeho-bene Urteil besteht in der Regel hinsichtlich festgestellter Sachverhaltsumstän-de, in denen die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last geleg-ten Straftat gefunden worden sind und an solche Bestandteile der Sachver-haltsschilderung, aus denen das frühere Tatgericht im Rahmen der Beweiswür-digung seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten abgeleitet hat. Hierunter sollen solche Umstände fallen, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben, zum Beispiel die Umstände 11
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schildern, die der Tatausführung das entscheidende Gepräge gegeben haben ([X.], Beschluss vom 27. Oktober
2015

3 [X.], [X.], 520; Urteil vom 12. Juni 2014

3 [X.], [X.], 182; Beschluss vom 29. Sep-tember 2009

3 StR 301/09,
NStZ-RR 2010, 74; Urteil vom 30. November 2005

5 [X.], [X.], 317; Beschlüsse
vom 17. November 1998

4 [X.], [X.], 417 und
vom 11. [X.]ezember 1986

1 StR 574/86, [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 1; Urteil vom 14. Januar 1982

4 [X.], [X.]St 30, 340; Beschluss vom 17. [X.]ezember 1971

2 StR 522/71, [X.]St 24, 274; enger [X.], Urteil vom 6. Mai 1981

2 StR 105/81: Umstand bezieht sich auch auf den Schuldspruch; [X.], Urteil vom 24. März 1981

1 [X.], NStZ 1981, 448: untrennbar mit dem Schuldspruch [X.]; vgl. auch LR/[X.], [X.], 26.
Aufl., § 353 Rn. 29 ff.). Es kann von den
Schuldspruch lediglich illustrierenden, ihn aber nicht beeinflussenden [X.] gesprochen werden (vgl. [X.], [X.] und innerprozessuale Bindungswirkung des Strafurteils, 1961, S.
58, 81 ff. [X.] und mit einer kriti-schen [X.]arstellung der die Bindungswirkung ausweitenden Entwicklung der Rechtsprechung).
Insoweit darf der neue Tatrichter keine neuen, den bisherigen wi[X.]pre-chende Feststellungen treffen und seiner Entscheidung zugrunde legen ([X.], Beschlüsse
vom 31. Oktober 1995

1 [X.], [X.], 203; vom 21. Oktober 1987

2 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 4
und vom 21. Mai 1987

2 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 Teilrechts-kraft 2). [X.]ies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit und damit notwendi-gen Wi[X.]pruchsfreiheit der Entscheidung, der unabhängig davon Gültigkeit beansprucht, ob ein Urteil über die Schuld-
und Straffrage gleichzeitig ent-scheidet, oder ob nach rechtskräftigem Schuldspruch die Strafe aufgrund einer zum Strafausspruch erfolgreichen Revision neu festgesetzt wird ([X.], Urteil 13
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vom 9. April 2015

4 StR 585/14; Beschlüsse
vom 21. Oktober 1980

1 [X.], [X.]St 29, 359
und
vom 19. [X.]ezember 1956

4 StR 524/56, [X.]St 10, 71, 74; diff. [X.] aaO S. 322, 329). [X.]er neue Tatrichter muss die [X.] gebliebenen Feststellungen deswegen weder wiederholen noch hierauf Bezug nehmen ([X.], Urteil vom 9. April 2015

4 StR 585/14, [X.], 600; Beschluss vom 13. Mai 2003

1 [X.], [X.], 384; Urteil vom 24.
September 1987

4 StR 413/87, [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 3).
b) [X.]as Merkmal der gewerbsmäßigen Begehung nach § 95 Abs. 3 Satz
2 Nr. [X.]. b [X.] ist

an[X.] als bei der Ausgestaltung der Gewerbsmä-ßigkeit als Qualifikationstatbestandsmerkmal, wie z.B. in § 152a Abs. 3 StGB oder § 4 Abs. 4 Nr. [X.]. b [X.]

kein tatbestandsbegründendes und mithin den Schuldspruch unmittelbar tragendes Element. Es handelt sich nach der Gesetzestechnik um ein Regelbeispiel für einen Straferschwerungs-grund (Raum in [X.]/[X.][X.], [X.], 2. Aufl.,
§ 95 Rn. 47 [X.]). Zwar charakterisieren solche Regelbeispiele ähnlich wie selbständige Qualifikations-tatbestände einen erhöhten, in der Regel zur Strafrahmenverschiebung führen-den Unrechts-
und Schuldgehalt. [X.]ennoch sind die Merkmale der Regelbei-spiele keine Tatbestandsmerkmale, da ihre Indizwirkung durch das Hinzutreten von besonderen strafmildernden Umstände entkräftet werden kann (grundsätz-lich hierzu [X.], Urteil vom 31. März 2004

2 [X.], NJW 2004, 2394). [X.]amit handelt es
sich auch nicht um den Schuldspruch tragende [X.]. Infolgedessen muss für sie gelten, was für andere Umstände gilt, welche die Strafbarkeit erhöhen (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 21.
Oktober 1980

1 [X.], [X.]St 29, 359
und
vom 16. Februar 2000

3 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 18).
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c) [X.]ie gewerbsmäßige Begehung nach § 95 Abs. 3 Satz
2 Nr. [X.]. b [X.] stellt jedenfalls im hier vorliegenden Fall auch keinen doppelrelevanten Umstand in dem beschriebenen Sinne dar.
aa) Für die Frage, wann Schuldspruch und Strafzumessung so mitei-nander verknüpft sind, dass ein die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand eine doppelrelevante Tatsache darstellt,
kommt es neben der beson-deren Lage des Einzelfalls (vgl. [X.], Urteil vom
24. März 1981

1 [X.], NStZ 1981, 448; Beschluss vom 21. Oktober 1980

1 [X.], [X.]St 29, 359 mit der [X.]arstellung der Entwicklung der Rechtsprechung; Beschluss vom 24. Juli 1963

4 [X.], [X.]St 19, 46, 48; [X.] in Festschrift für [X.], [X.], 622) auf die [X.] von den bindenden [X.] ([X.], Urteil vom 24. März 1981

1 [X.], NStZ 1981, 448: untrennbar mit dem Schuldspruch verbunden; Beschluss vom 21.
Oktober 1980

1 [X.], [X.]St 29, 359; gegen die Annahme einer [X.]

und einem umfassenden Beweiserhebungsgebot zum Strafzumessungssach-verhalt ausgeht). [X.]ie Bestimmung, ob es sich um einen Umstand handelt, der der Tatausführung das entscheidende Gepräge gibt, es mithin im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreibt, wird dabei von dem Grundsatz der Einheitlichkeit und Wi[X.]pruchsfreiheit der Urteilsgründe überwölbt und daran ausgerichtet. Hierin liegt der Unterschied zum prozessualen Tatbegriff nach §
264 [X.], der der Bestimmung der Reichweite der Kognitionspflicht des [X.] und des bei Aburteilung eintretenden Strafklageverbrauchs dient (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Oktober 2016

3 [X.], [X.], 26 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 264 Rn. 6 ff.). Geschichtlicher Vorgang in einem von der inneren Einheit der Urteilsgründe

und nicht wie beim pro-zessualen Tatbegriff von der Vermeidung einer unnatürlichen Aufspaltung ei-15
16
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nes einheitlichen [X.]

geprägten Sinne sind danach die den Schuldspruch näher beschreibenden Feststellungen über die einzelnen, auch außertatbestandlichen Tatmodalitäten, die Handlungsabläufe und die Identität der Handelnden, die über das Mindestmaß an Tatsachen hinausgehen, ohne das der Schuldspruch überhaupt keinen Bestand hätte ([X.], Urteil vom 14.
Januar 1982

4 [X.], [X.]St 30, 340; enger noch [X.], Urteil
vom 29.
Januar 1935

4 [X.] 981/34, [X.]St 69, 110, 114). Ist es danach möglich, ei-nen Umstand herauszulösen und insoweit abweichende Feststellungen zu tref-fen, ohne die innere Einheit der Urteilsgründe in Frage zu stellen, wird es sich in der Regel nicht um eine doppelrelevante Tatsache handeln.
bb) [X.]em entspricht es, dass eine Beurteilung, ob der [X.] des gewerbsmäßigen Handelns gegeben ist, in der Regel möglich ist, ohne dass die bestandskräftigen Feststellungen hierdurch berührt werden. [X.]enn die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen sind nach der er Entscheidung einzuhalten hat, abtrennbar (vgl. zur gleichgelagerten Frage der Beschränkbarkeit des Rechtsmittels, [X.], Beschluss vom 24. Juli 1963

4 [X.], [X.]St 19, 46, 48). [X.]ie gewerbs-mäßige Begehung hat auf das eigentliche Tatbild keinen Einfluss, ist für die Tatausführung nicht entscheidend prägend, so dass die innere Einheit der Ur-teilsgründe ohne eine Bindungswirkung grundsätzlich nicht gefährdet ist. [X.]as unterscheidet dieses Regelbeispiel auch von den Regelbeispielen des §
243 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 4 StGB, die Umstände des äußeren [X.]s als strafschärfendes Merkmal erfassen (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Oktober 1980

1 [X.], [X.]St 29, 359: [X.]oppelrelevanz in der Regel gegeben [zur Beschränkbarkeit des Rechtsmittels]; vgl. aber auch [X.], [X.] vom 16. Februar 2000

3 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.]
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rechtskraft 18: [X.]oppelrelevanz für Voraussetzungen und Anwendbarkeit be-son[X.] schwere Fälle pauschal abgelehnt).
[X.]) Eine solche, eben nicht durch die Tat im Sinne von § 264 [X.] ge-prägte Auslegung des Begriffs der doppelrelevanten Tatsachen wird belegt durch die diesbezügliche Handhabung der Voraussetzungen und der Anwend-barkeit des §
21 StGB durch die Rechtsprechung. [X.]anach sind die [X.] zur erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit ausschließlich dem Rechtsfolgenausspruch zugehörig ([X.], Beschlüsse
vom 27. Oktober 2015

3 [X.], [X.], 520; vom 16. Februar 2000

3 [X.], [X.]R [X.] § 353 II [X.] 18 und vom 10.
Mai 1995

2 [X.], [X.]R [X.] § 353 II [X.] 16; kritisch hierzu [X.] in Festschrift für [X.], [X.], 622). Zwar handelt es sich bei den Voraussetzungen des § 21 StGB um Umstände, die im Rahmen des konkreten geschichtlichen Vorkommnisses nach § 264 [X.] im Sinne eines zeitlich abgeschlossenen Vorgangs verwirklicht sind. Sie sind aber

jedenfalls solange das [X.] bei der vorhergehenden Entscheidung eine Beeinflussung des Schuld-spruchs durch Annahme von nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit aus-schließen konnte

vom Schuldspruch in der Regel wi[X.]pruchsfrei trennbar und für das Gepräge der Tatausführung nicht entscheidend. Eine vom ersten Urteil abweichende Beurteilung der Voraussetzungen des § 21 StGB würde das Tatgeschehen
nicht im Sinne eines anderen geschichtlichen Vorgangs um-schreiben (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 30. November 2005

5 [X.], [X.], 3794; Beschlüsse
vom 17. November 1998

4 [X.], [X.], 417 und
vom 31.
Oktober 1995

1 [X.], [X.], 203). Es mag zwar im Einzelfall denkbar sein, dass die neu festgestellten Anknüpfungs-punkte für die Voraussetzungen des § 21 StGB den bindenden Feststellungen zum Tathergang (vgl. [X.] aaO; Beschlüsse
vom 17. November 1998

4 StR 18
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528/98, [X.],
149
und
vom 3.
November 1998

4 StR 523/98, [X.], 154; Urteil vom 14. Januar 1982

4 [X.], [X.]St 30, 340) hierzu wi[X.]prechen, an solchen Feststellungen wäre das Tatgericht allerdings schon nach den allgemeinen Regeln im Hinblick auf die innere Einheit der Urteils-gründe gehindert (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Februar 2000

3 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 18).
d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass sub-jektive Elemente der Tatbegehung wie Beweggründe bzw. das tatauslösende Moment ([X.], Urteil vom 12. Juni 2014

3 [X.], [X.], 182; [X.] vom 16.
Mai 2002

3 [X.], [X.], 101
und
vom
11. [X.]ezember 1987

2 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 5; Urteile
vom 14.
Januar 1982

4 [X.], [X.]St 30, 340
und
vom 6. Mai 1981

2 StR 105/81; zum Motiv [X.], Urteil vom 24.
März 1981

1 [X.], NStZ 1981, 448; Beschluss vom 23.
Februar 1978

2 StR 728/78 hat-te die Frage der [X.]oppelrelevanz des Tatmotivs noch offengelassen) als doppel-relevante Tatsachen anzusehen sind, die trotz Aufhebung des Strafausspruchs das neu zuständige Tatgericht binden. [X.]afür, dass die [X.] nach der bisherigen Rechtsprechung hiervon nicht erfasst sein soll, spricht schon, dass die diese betreffenden und eine Bindungswirkung insoweit eindeutig ver-neinenden Entscheidungen ([X.], Beschlüsse vom 29. Mai 2012

3 [X.], [X.], 356 und
vom 22.
April 2008

3 [X.];
vgl. allgemein zu beson[X.] schweren Fällen [X.], Beschluss vom 16. Februar 2000

3 [X.], [X.]R [X.] § 353 Abs. 2 [X.] 18) zu keinem Zeitpunkt auf-gegeben oder relativiert worden sind (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 12.
Juni 2014

3 [X.], [X.], 182: weitgehende Formulierung hinsichtlich der Bindungswirkung: nur insoweit keine Bindung als nicht zum Tatgeschehen
gehörend; Beschluss vom 27. Oktober 2015

3 [X.], [X.], 520

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[sog. Rückläufer zu 3 [X.]]: Feststellungen zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehören nur zum Rechtsfolgenausspruch).
Zwar handelt es sich bei der [X.] auch um eine Hand-lungsmotivation. [X.]enn gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte [X.] eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger [X.]auer verschaffen will. Liegt diese Absicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ur-sprünglichen Intentionen des [X.] zu weiteren Taten nicht kommt. Ob die Angeklagten gewerbsmäßig gehandelt haben, beurteilt sich nach ihren ur-sprünglichen Planungen sowie ihrem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihnen jeweils anzulastenden Tatzeitraum (st. Rspr.;
siehe nur [X.], Urteil vom 17.
Juni 2004

3 [X.], [X.]St 49, 177, 181). [X.]emnach hebt sich die [X.] als Handlungsmotivation aber von den von der Bindungswirkung erfassten subjektiven Elementen der Tatbegehung ab. Während letztere das Tatgeschehen maßgeblich prägen, von ihm als geschichtlichen Vorgang nicht loslösbar sind, ohne denselben umzu-schreiben, gilt dies für die [X.] in der Regel nicht. [X.]as liegt [X.], dass der maßgebliche Bezugspunkt für die zugrunde liegende besondere subjektive Einstellung des [X.]

an[X.] als das Merkmal des Eigennutzes
(vgl. [X.], Urteil vom 24. März 1981

1 [X.], NStZ 1981, 448) oder die Gewinnabsicht ([X.], Beschluss vom 11. [X.]ezember 1987

2 [X.], [X.]R [X.] §
353 Abs. 2 [X.] 5)

nicht die konkrete Tat ist, son-dern darüber hinausreicht. [X.]er besondere Unrechtsgehalt liegt gerade in der auf die Begehung weiterer Taten gerichteten Planung. [X.]ie die Gewerbsmäßig-keit begründenden Umstände können deswegen in der Regel hinzugedacht oder hinweggedacht werden, ohne dass der den Schuldspruch tragende Ge-schehensablauf hiervon berührt würde.
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Solchen Feststellungen freilich, die darauf hinausliefen, der Angeklagte habe bei den Taten nicht mit der Absicht gehandelt, Einkünfte zu erzielen, [X.] die Bindungswirkung entgegenstehen. [X.]enn der Tatbestand des Inverkehr-bringens ist ausweislich der Feststellungen des ersten Urteils durch Verkauf der Substanzen verwirklicht worden. [X.]ieser Umstand gehört damit zu den den Schuldspruch tragenden, das Tatgeschehen prägenden und mithin bindenden Feststellungen. Ob aber dieser Verkauf von der Absicht getragen war, zukünftig weitere solche Taten zu begehen, um sich hieraus eine nicht unerhebliche [X.] zu verschaffen, kann das neu zuständige Tatgericht regelmäßig und auch im vorliegenden Fall prüfen und bewerten, ohne
sich mit dem
bin-dend gewordenen Teil der Feststellungen in Konflikt zu setzen.
[X.] Cirener

[X.]

Bär
21

Meta

1 StR 458/16

20.06.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 1 StR 458/16 (REWIS RS 2017, 9403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9403

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