Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.12.2011, Az. 1 StR 400/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 162

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Gegenstand

Abgrenzung zwischen Tötungsdelikt und gefährlicher Körperverletzung: Vorliegen des Willenselements des bedingten Tötungsvorsatzes; Rücktritt vom unbeendeten Tötungsversuch


Tenor

1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 1. März 2011 werden verworfen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft trägt die Staatskasse. Die Kosten des Rechtsmittels des [X.] trägt dieser selbst. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger je zur Hälfte. Die dem Angeklagten durch die Revisionen entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (mittels eines gefährlichen Werkzeugs und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung) in Tateinheit mit Beleidigung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass der Angeklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, den materiellen und immateriellen Schaden des [X.], der diesem aus der vorliegend abgeurteilten Tat erwachsen ist und noch erwächst, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergegangen sind. Die St[X.]tsanwaltschaft und der Nebenkläger beanstanden mit ihrem Rechtsmittel die Verletzung materiellen Rechts, der Nebenkläger erhebt zudem eine Formalrüge. Beide erstreben letztlich die Verurteilung wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Den Revisionen bleibt der Erfolg versagt.

I.

2

Seiner Entscheidung hat das [X.] Folgendes zugrunde gelegt:

3

1. Zur Person des Angeklagten:

4

Der zur Tatzeit 24-jährige Angeklagte gehört der neonationalsozialistisch orientierten rechtsradikalen Szene an. Er bezeichnet sich selbst als Neonazi. Von 2004 bis 2008 war er aktives Mitglied der [X.]. Dann schloss er sich dem „[X.]“ an.

5

Seit 2004 beobachtete die Polizei den Angeklagten, der „durchaus dem Führungsbereich zuzuordnen sei“, in mindestens 40 Fällen als Aktivisten der rechten Szene. Er wird von der Polizei als sehr gewaltbereit eingestuft.

6

[X.] ist begeisterter Kampfsportanhänger. Im Alter von 16 oder 17 Jahren hatte er mit dem Boxtraining begonnen. Besonders begeistert ihn das Kickboxen, das er seit 2007 in und außerhalb eines „[X.]“ betreibt. [X.] trainiert nicht nur aus sportlichen Gründen. Als Zuhörer in der Hauptverhandlung in einem Strafverfahren gegen zwei andere Rechtsextremisten im Mai 2009 war er mit einem schwarzen Langarmshirt mit der weißen Aufschrift „Spezialist für Körperverletzungen“ bekleidet aufgefallen.

7

Wegen (gefährlicher) Körperverletzung ist der Angeklagte auch vorbestraft. Im Februar 2008 griffen er und ein Mittäter eine 18-jährige Teilnehmerin und einen 19-jährigen Teilnehmer einer Demonstration gegen eine Mahnwache der [X.] zur Erinnerung an die Zerstörung [X.] auf deren Rückweg zum Bahnhof unvermittelt mit Faustschlägen gegen den Kopf und mit Fußtritten an. Dies führte neben Prellungen zu Kopfschmerzen und Schwindel, die mehrere Tage anhielten, und bei der geschädigten Frau zudem zu einem dreiwöchigen Tinnitus an einem Ohr. [X.] wurde deshalb zu der Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung bis zum 19. März 2012 zur Bewährung ausgesetzt wurde.

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2. Zum Tatgeschehen und dessen Folgen:

9

a) [X.], seine Freundin [X.]      und deren Arbeitskollegin bestiegen am 28. April 2010 am [X.] in [X.] gegen 13.45 Uhr die [X.] [X.]      trug eine Bauchtasche der Marke „[X.]“, deren Kleidung von der rechtsextremen Szene getragen wird. Etwa 1 ½ Minuten danach stieg an der nächsten Haltestelle ([X.]) der 17-jährige [X.]      zu, der spätere Verletzte. Er war seit ca. zwei Jahren in der „[X.]“ politisch aktiv. Sein Blick fiel auf die Bauchtasche der Freundin des Angeklagten. Er stellte sich breitbeinig vor [X.]       auf, beugte sich mit dem Oberkörper nach vorne und warf dieser abfällig die Worte „[X.]“ entgegen. Dies hörte der Angeklagte und erkannte in [X.]       einen politischen Gegner. Verärgert über dessen abfällige Bemerkung schlug der Angeklagte mit der Faust gegen dessen Kopf. Als sich [X.] daraufhin dem Angeklagten zuwandte, trat dieser ihm wuchtig mit dem gestreckten Bein gegen den Oberkörper, um ihn zu verletzen. [X.]      stürzte zu Boden und riss den Angeklagten mit sich. Es kam etwa fünf Sekunden lang zu einem Gerangel mit wechselseitigen Schlägen. Dann wurden sie von einer zusteigenden Reinigungskraft der Verkehrsbetriebe getrennt. [X.] stand auf und trat beim Weggehen einmal wuchtig mit seinem Fuß, an dem er straßentaugliche Turnschuhe trug, von der Seite gegen das Gesicht des noch am Boden liegenden [X.]      . Dieser erlitt dadurch eine blutende Verletzung an der Nase.

[X.] verließ die U-Bahn. Beim Aussteigen beschimpfte er [X.]      , der ebenfalls aufgestanden und im Aussteigen begriffen war, noch mit dem Wort Fotze. [X.] fuhr die Rolltreppe nach oben. Dort traf er seine Begleiterinnen, die auf seine Aufforderung „Los raus hier“ ebenfalls den Zug verlassen hatten.

Wenige Sekunden nach dem Aussteigen erlitt [X.]      einen Herzstillstand und brach auf dem Bahnsteig zusammen. Die Ursache dafür war entweder der Tritt des Angeklagten gegen den Oberkörper, bei dem der [X.] getroffen wurde, oder eine durch die Angriffe des Angeklagten hervorgerufene affektive Erregung.

Ein zufällig anwesender Krankenpfleger leitete sofort Wiederbelebungsversuche ein. Nach wenigen Minuten übernahmen dies über die Dauer von 45 Minuten der Notarzt und mit ihm eingetroffene Sanitäter. Der Notarzt defibrillierte währenddessen neunmal und setzte die maximale Dosis an herzanregenden Mitteln ein. Als die Sanitäter [X.]     bereits aufgegeben hatten, führte der Notarzt die Herzdruckmassage noch zehn Minuten lang durch. Unmittelbar bevor auch er abbrechen wollte, begann das Herz von [X.]       wieder zu schlagen. [X.]      wurde bewusstlos in ein Krankenhaus eingeliefert und für fünf Tage in ein künstliches Koma versetzt. Er musste sich zweier Herzkatheteruntersuchungen unterziehen. Er erlitt zudem ein [X.] im Bereich des rechten Unterschenkels. Deshalb musste er achtmal operiert werden. Die [X.] konnte nicht feststellen, ob das [X.] unmittelbare Folge eines Angriffs des Angeklagten gegen das rechte Bein des Opfers oder die Folge eines Anstoßes bei der Pflege des Komapatienten war. [X.]       leidet noch immer unter Schmerzen und an den psychischen Folgen der Tat. Er ist zu 40 % schwerbehindert.

[X.] hatte den Zusammenbruch seines Opfers nicht mehr gesehen. Als er von dem Fahndungsaufruf erfuhr, stellte er sich am 29. April 2011 (ein Tag nach dem Geschehen) der Polizei. Von den gravierenden Folgen seiner Tat war er sichtlich überrascht.

In der Hauptverhandlung entschuldigte sich der Angeklagte bei [X.]      . Allerdings hatte er in den Tagen nach seiner Verhaftung noch versucht, seine Freundin und deren Arbeitskollegin dazu zu bewegen, bei der Polizei anzugeben, [X.]      habe sie angegriffen und beleidigt. Am 27. Juli 2010 schrieb er aus der Untersuchungshaft an einen Bekannten: „……. Frau futsch, Wohnung futsch, alles futsch. Warum? Weil ich getan habe, was [X.] tun muss. Weil ich [X.] gerade gemacht habe …..“.

b) Die [X.] hat festgestellt, dass der Angeklagte mit Verletzungsvorsatz, aber nicht mit - auch nicht mit bedingtem - Tötungsvorsatz gehandelt hat.

[X.] hat es weit von sich gewiesen, dass er [X.]      habe töten wollen. Er wisse zwar aufgrund seiner Kickboxerfahrung, dass bei einem Tritt gegen den Oberkörper immer was passieren könne, aber er habe nie damit gerechnet, dass sein Angriff tödliche Folgen haben könnte. Motiv seiner Tat sei gewesen, dass das spätere Opfer seine Freundin „dumm angeredet“ habe. Er habe sich über dessen politische Einstellung keine Gedanken gemacht; er habe nicht erkannt, dass [X.]      links orientiert sei.

Letzteres ist nach den Feststellungen der [X.] widerlegt, zumal der Angeklagte sein Opfer unmittelbar nach der Tat als „Zecke“ bezeichnete. Die [X.] hat dazu ausgeführt: „Allein die Tatsache, dass der Angeklagte die politische Motivation seines Handelns bestreitet und er in der Vergangenheit bereit war, politischen Gegnern gewaltbereit entgegenzutreten, rechtfertigt es jedoch nicht, bei jeglichem körperlichem Angriff gegen einen Linken davon auszugehen, dass der Angeklagte einen möglichen Todeseintritt billigend in Kauf genommen hat. Hier müssen sämtliche tatrelevanten Gesichtspunkte in eine Gesamtwürdigung einbezogen werden.“

Die medizinisch-sachverständig beratene [X.] hat bei ihrer umfassenden Würdigung insbesondere auf folgende Punkte abgestellt:

- Der Tritt gegen den Oberkörper, bei dem der [X.] getroffen wurde, war objektiv geeignet, den Tod von [X.]     herbeizuführen. Allerdings tritt diese Folge bei einem einmaligen Tritt extrem selten ein.

- Ein wuchtiger Tritt mit dem beschuhten Fuß gegen den Kopf, stellt eine Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung dar. [X.] führte den Tritt jedoch seitlich gegen das Gesicht aus, sodass der Kopf des Opfers nach hinten bewegt wurde. Zu einer „Widerlagerverletzung“ konnte es so nicht kommen. Der Tritt hat deshalb auch außer einer Beschädigung der Nasenschleimhaut keine Verletzungen hervorgerufen. Als Ursache für den Herzstillstand scheidet er aus.

- Bei der Auseinandersetzung handelte es sich um ein spontanes Geschehen. Es dauerte lediglich 14 Sekunden und wurde nicht von Drohungen des Angeklagten begleitet, die einen Rückschluss auf seine Motivation zugelassen hätten.

- [X.] war von der Mitteilung der Folgen seiner Tat vollkommen überrascht und darüber erschrocken, wie nicht nur sein Umfeld, sondern auch der Polizeibeamte bestätigte, dem sich der Angeklagte stellte.

„[X.] ist daher überzeugt, dass der Angeklagte zwar um die besondere Gefährlichkeit eines Trittes gegen den Oberkörper und den Kopf wusste, den Tod des [X.]     jedoch für völlig fernliegend erachtet und darauf vertraut hat, dass ein solcher auch nicht eintritt.“

II.

1. Die vom Nebenkläger erhobene Formalrüge - fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags als bedeutungslos aus tatsächlichen Gründen - ist, wie vom [X.] schon in seiner Antragsschrift vom 10. August 2011 zutreffend dargelegt, unbegründet.

2. Die sachlich-rechtliche Überprüfung aufgrund der von beiden Revisionsführern erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts gefährdet den Bestand des Urteils im Ergebnis nicht.

a) Ob das [X.] den Tötungsvorsatz rechtsfehlerfrei verneint hat (dazu unten [X.]), kann letztlich dahinstehen, da der Angeklagte von einem [X.] jedenfalls freiwillig zurückgetreten ist (unten bb).

[X.]) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 14. Dezember 2011 - 1 [X.]11 mwN).

Die [X.] kam nach Würdigung der von ihr getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis, der Angeklagte habe [X.]     verletzen, aber nicht - auch nicht bedingt vorsätzlich - töten wollen.

[X.] ist bei Tötungsdelikten dann gegeben, wenn der Täter den von ihm als möglich erkannten Eintritt des Todes billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen damit abfindet. Dabei genügt für eine vorsätzliche Tatbegehung, dass der Täter den konkreten Erfolgseintritt akzeptiert und er sich innerlich mit ihm abgefunden hat, mag er auch seinen Wünschen nicht entsprochen haben. Hatte der Täter dagegen begründeten Anlass darauf zu vertrauen und vertraute er darauf, es werde nicht zum Erfolgseintritt kommen, kann bedingter Vorsatz nicht angenommen werden ([X.], Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10 Rn. 34 mwN).

Bei der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, muss sowohl das Wissens- als auch das Willenselement im Rahmen einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Dabei liegt zwar die Annahme einer Billigung des Todes des Opfers nahe, wenn der Täter sein Vorhaben trotz erkannter Lebensgefährlichkeit durchführt. Allein aus dem Wissen um den möglichen Erfolgseintritt oder die Gefährlichkeit des Verhaltens kann aber nicht ohne Berücksichtigung etwaiger sich aus der Tat und der Persönlichkeit des [X.] ergebender Besonderheiten geschlossen werden, dass auch das Willenselement des Vorsatzes gegeben ist (vgl. [X.] [X.]O Rn. 35).

Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil zwar weitgehend gerecht. Die [X.] hat bei ihrer Gesamtbetrachtung insbesondere erwogen, dass dem Angeklagten - einem Kampfsportler (Kickboxer) - die Gefährlichkeit seiner Tritte gegen die Brust ([X.]) und gegen den Kopf des Geschädigten bewusst war. Das [X.] hat zutreffend darauf verwiesen, dass allein aus der objektiven Gefährlichkeit nicht zwingend auf den - bedingten - Tötungsvorsatz geschlossen werden kann. Die [X.] gelangte dann - auch aufgrund des [X.] - zu der Überzeugung, dass der Angeklagte bei seiner Spontantat den Tod des [X.]     für völlig fernliegend erachtet und darauf vertraut hat, dass ein solcher auch nicht eintritt.

Die [X.] hat allerdings bei der Bewertung der Tathandlungen im Hinblick auf das Willenselement eine etwas verkürzte Betrachtung angestellt. Sie bewertet die beiden Tritte insoweit jeweils für sich: „Auch der wuchtig geführte einmalige Tritt in das Gesicht des am Boden liegenden Opfers reicht für sich allein nicht aus von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen.“ Das [X.] hebt dann im Weiteren vor allem darauf ab, dass dieser Tritt - ex post betrachtet - zu keinen gravierenden Verletzungen führte und nicht die Ursache für den späteren Zusammenbruch [X.]     s war. Damit kommt der maßgebliche Umstand etwas kurz, dass der Angeklagte in einer Angriffsfolge zwei - vom ersten Faustschlag ganz abgesehen - höchst lebensgefährliche Angriffe gegen sein Opfer führte. Deshalb spricht auch die Tatsache, dass die Auseinandersetzung insgesamt nur 14 Sekunden dauerte, nicht gegen einen - bedingten - Tötungsvorsatz.

Die fehlende - jedenfalls fehlende ausdrückliche - Bewertung der rasch aufeinanderfolgenden Verletzungshandlungen im Zusammenhang könnte eine Lücke und damit einen Rechtsfehler in der Beweiswürdigung darstellen. Ob dieser durchgreifend wäre, ob also auszuschließen ist, dass die [X.] bei deutlicher Gewichtung auch dieses Aspekts in der Beweiswürdigung zur Feststellung eines bedingten Tötungsvorsatzes gekommen wäre, kann jedoch dahinstehen.

bb) Denn hätte der Angeklagte bedingt vorsätzlich versucht, [X.]     zu töten, so wäre er nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der [X.] von diesem [X.] - freiwillig - strafbefreiend zurückgetreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB).

Von einem unbeendeten Versuch kann der Täter durch bloßes Nicht-weiterhandeln zurücktreten ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1993 - [X.], [X.]St 39, 221, 228). [X.] ist der Versuch, wenn der Täter nach der letzten Ausführungshandlung nach seinem Kenntnisstand nicht mit dem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs rechnet, und sei es auch nur in Verkennung der durch seine Handlung verursachten Gefährdung des Opfers, und die Vollendung aus seiner Sicht noch möglich ist ([X.] [X.]O, 227).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar wurden die am Boden liegenden Kämpfenden, der Angeklagte und [X.]     , von einer Reinigungskraft der Verkehrsbetriebe zunächst getrennt. Nach dem Aufstehen war der Angeklagte jedoch in der Lage, seinen Angriff sofort fortzusetzen und er tat dies auch mit einem wuchtigen Tritt in das Gesicht seines noch am Boden liegenden Opfers. An weiteren Fußtritten - in schneller Folge - war er nicht gehindert. Er entfernte sich jedoch. Davon, dass er [X.]     bereits in extreme Lebensgefahr gebracht und damit im Grunde schon alles getan hatte, um ihn zu töten, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

b) Die [X.] enthalten keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil (§ 301 StPO) des Angeklagten.

Zwar darf der Vollzug der Untersuchungshaft an sich nicht mildernd berücksichtigt werden ([X.], Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 [X.] Rn. 9). Die [X.] erwähnt dies aber allein in dem Zusammenhang, dass der Angeklagte „sich am Tag nach der Tat selbst bei der Polizei gestellt hat und sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft befindet“. Das [X.] hält ihm somit nur zugute, dass er sich freiwillig der Strafverfolgung stellte, mit vorhersehbar für ihn sofort einschneidenden Folgen (Untersuchungshaft). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Wahl                             [X.]                                 [X.]

                 [X.]

Meta

1 StR 400/11

21.12.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 1. März 2011, Az: 5 Ks 403 Js 41045/10

§ 22 StGB, § 24 Abs 1 StGB, § 211 StGB, § 212 StGB, § 224 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.12.2011, Az. 1 StR 400/11 (REWIS RS 2011, 162)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 162

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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