Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.12.2017, Az. B 9 SB 61/17 B

9. Senat | REWIS RS 2017, 158

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - barrierefreier Zugang zum Gericht - kein Anspruch auf fernschriftliches Online-Chat-Verfahren anstelle der mündlichen Verhandlung - UN-Behindertenrechtskonvention


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des [X.] vom 6. Juni 2017 einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Sache begehrt der 1976 geborene Kläger bisher die Zuerkennung eines höheren [X.]rades der [X.]ehinderung ([X.]d[X.]) ab [X.]eburt sowie die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "[X.]", "[X.]", "[X.]" und "[X.]" wegen Autismus. Die Klage vor dem S[X.] ist ebenso erfolglos geblieben (Urteil vom 28.7.2011) wie das anschließende [X.]erufungsverfahren vor dem LS[X.] (Urteil vom 19.12.2012). Auf die [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LS[X.] vom 19.12.2012 hat das [X.]S[X.] die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LS[X.] zurückverwiesen, weil das angegriffene Urteil auf unzureichender Amtsermittlung beruhte. Das LS[X.] habe sich ausweislich der [X.]eweisanordnung vom [X.] selbst gedrängt gesehen, weiteren [X.]eweis zu erheben. Insbesondere sei eine auf das Krankheitsbild des [X.] abgestimmte persönliche Untersuchung verbunden mit einer entsprechenden Exploration und Testung durchzuführen ([X.]eschluss vom 14.11.2013 - [X.] 9 S[X.] 5/13 [X.]).

2

Nach Zurückverweisung hat das LS[X.] Dr. K., Institut für neurologisch psychiatrische [X.]egutachtung in [X.]., mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen [X.]utachtens nach ambulanter Untersuchung des [X.] beauftragt. Dieser hat mit [X.]utachten vom 18.9.2015 und ergänzender Stellungnahme vom 26.9.2016 ua bei dem Kläger die Diagnose einer schweren seelischen Erkrankung in Form einer Autismusspektrumsstörung festgestellt. Die Integrationsfähigkeit in die [X.]esellschaft sei hochgradig beeinträchtigt, dies gelte auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt und das öffentliche Leben. An der Diagnose einer mittelschweren [X.] Anpassungsschwierigkeit bestehe kein Zweifel. Daraufhin hat sich der [X.]eklagte mit Schriftsatz vom 24.11.2015 im Rahmen eines [X.] verpflichtet, bei dem Kläger ab dem 15.8.2012 einen [X.]d[X.] von 70 festzustellen und die Anerkennung von Merkzeichen weiterhin abgelehnt. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis des [X.]eklagten nicht angenommen und nach Niederlegung des Mandats durch seinen Prozessbevollmächtigten eine [X.]arrierefreiheit der mündlichen Verhandlung in Form einer fernschriftlichen Verhandlung im [X.], die sich über einige Wochen ähnlich den Abläufen in einem [X.] erstrecke, gefordert. Eine Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 S[X.][X.] hat der Kläger nicht abgegeben und nicht von der Möglichkeit [X.]ebrauch gemacht, eine mit der Vertretung beauftragte Person zu entsenden oder in [X.]egleitung zu erscheinen.

3

In Abwesenheit des [X.] hat das LS[X.] dann aufgrund mündlicher Verhandlung den [X.]eklagten entsprechend seines [X.] verurteilt, bei dem Kläger ab dem 15.8.2012 einen [X.]d[X.] von 70 festzustellen und im Übrigen die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen. Die vom Kläger geforderte Durchführung eines online-chats werde vom S[X.][X.] nicht für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgesehen. In der Sache habe der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung eines [X.]d[X.] ab [X.]eburt, eines höheren [X.]d[X.] als 70 ab 15.8.2012 und auch keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen der Merkzeichen "[X.]", "[X.]", "[X.]" und "[X.]". Der Kläger verfüge über einen normalen Intellekt ohne anhaltende und gehäuft wiederkehrend auftretende Orientierungsstörungen. Trotz der gelegentlich als vom Kläger schwerwiegend empfundenen Reizüberflutung im Straßenverkehr, gehe er oft ohne [X.]egleitung spazieren und fahre mit seinem Dreirad für Erwachsene bzw benutze öffentliche Verkehrsmittel selbstständig. Ein Verlaufen oder [X.]erumirren sei nicht dokumentiert. Darüber hinaus sei er auch im Stande, einen eigenen [X.]aushalt zu führen und bedürfe keiner ständigen und umfassenden [X.]eratung, Überwachung oder Anleitung. Er wohne nicht in einem Wohnheim für chronisch psychisch kranke Menschen und habe keinen gesetzlichen [X.]etreuer. Der Kläger verfüge über das Abitur und habe ab Antragstellung im Jahr 2006 bis zum Verfahren beim [X.]S[X.] im Januar 2013 den Rechtsstreit selbstständig geführt. Er sei in der Lage in angemessenen Zeiträumen mit [X.]ilfe der neuen Medien seine rechtlichen Angelegenheiten sachgerecht zu begründen.

4

[X.]egen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.]S[X.] "Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LS[X.]" eingelegt und die [X.]eiordnung eines Notanwalts beantragt. Das LS[X.] habe ihm den barrierefreien Zugang zur mündlichen Verhandlung in seiner Sache verwehrt und ihm dadurch die Möglichkeit abgeschnitten, im Rahmen der Verhandlung sich zu Wort zu melden und ggf darin neue [X.]eweisanträge zu stellen. Ob hierdurch eine Verletzung seines rechtlichen [X.]ehörs vorliege, sei im Rahmen einer zuzulassenden Revision zu klären. [X.]ieraus ergebe sich eine grundsätzliche [X.]edeutung der Sache, die auch klärungsbedürftig sei. Zudem widerspreche das Urteil des LS[X.] der Rechtsprechung des [X.]S[X.] oder wenigstens anderer LS[X.]. Schließlich habe das LS[X.] die in den Akten vorliegenden Tatsachen nicht korrekt gewürdigt, da es die ihm zuzuerkennenden Merkzeichen weiterhin abgelehnt habe. Insoweit habe das LS[X.] auch seine weitergehende Amtsermittlungspflicht verletzt.

5

II. 1. Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des LS[X.] einen Notanwalt beizuordnen, ist abzulehnen.

6

Nach § 202 S 1 S[X.][X.] iVm § 78b Abs 1 ZPO hat das Prozessgericht, insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag durch [X.]eschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Daran fehlt es hier.

7

Der Senat lässt dahingestellt, ob im Fall des [X.] die von der Rechtsprechung zum Merkmal des "[X.]" entwickelten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl [X.]S[X.] [X.]eschluss vom 18.3.2008 - [X.] 11a [X.] 30/07 [X.][X.] - Rd[X.] 7 mwN - Juris). Eine Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] gegen das Urteil des LS[X.] vom 6.6.2017 erscheint bei der gebotenen summarischen Prüfung ähnlich dem Verfahren der Prozesskostenhilfe (PK[X.], vgl § 73a [X.] S[X.][X.], § 114 ZPO) jedenfalls aussichtslos. Im Unterschied zur PK[X.] ist der Entscheidungsmaßstab allerdings keine hinreichende Erfolgsaussicht, sondern "Aussichtslosigkeit" als solche. Aussichtslosigkeit besteht, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher [X.]eratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen [X.]eiordnung eines Notanwalts soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von vornherein aussichtslosen Sachen bewahren. [X.]ei einer [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des LS[X.] liegt eine solche Aussichtslosigkeit vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen der in § 160 Abs 2 S[X.][X.] enumerativ aufgeführten [X.]ründe für die Zulassung der Revision - grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - offenbar nicht vorliegen. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LS[X.] in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussichten begründen ([X.]S[X.] [X.] 4-1750 § 78b [X.] Rd[X.] 6 mwN).

8

2. Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 S[X.][X.] genannten [X.]ründe für die Zulassung der Revision ist nach summarischer Prüfung des [X.] vorliegend nicht gegeben. Der Kläger wendet sich vor allem gegen die Durchführung der mündlichen Verhandlung in seiner Abwesenheit ohne die Möglichkeit eines Online-Chats-Verfahrens über mehrere Wochen hinweg. Ferner rügt der Kläger die Wertung des LS[X.] hinsichtlich der Ablehnung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "[X.]", "[X.]", "[X.]" und "[X.]" sowie eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht diesbezüglich. Insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, welche grundsätzlichen, fallübergreifenden Rechtsfragen der Fall des [X.] aufwerfen oder warum das LS[X.] von der Rechtsprechung des [X.]S[X.], des [X.]mSO[X.][X.] oder des [X.]Verf[X.] abgewichen sein sollte.

9

a) [X.]rundsätzliche [X.]edeutung im Sinne der Vorschrift des § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.] hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung besitzt ([X.]S[X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1; [X.]S[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]) und die Anwendung mindestens einer Vorschrift des [X.]undesrechts betrifft (s § 162 S[X.][X.]). Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht (vgl [X.]S[X.]E 40, 40 = [X.] 1500 § 160a [X.]) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl [X.]S[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]3, 65). Vorliegend könnte das Vorbringen des [X.] sinngemäß die Rechtsfrage aufwerfen, ob Art 13 UN-[X.]RK Autisten einen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung in Form eines online-chats einräumt.

[X.]ierzu hat der Kläger ausweislich des [X.] vom 14.11.2013 ([X.] 9 S[X.] 5/13 [X.] - Rd[X.]4) bereits mit Schreiben vom 17.11.2012 auf das "[X.] 10" verwiesen, welches sich mit der "Notwendigkeit barrierefreier Kommunikation" befasst. Insoweit wird jedoch ein Klärungsbedarf nicht ersichtlich. Die UN-[X.]RK ist als [X.] lediglich zur Auslegung des [X.]esetzesrechts heranzuziehen und geht hinsichtlich des unmittelbar zu berücksichtigenden Diskriminierungsverbots in Art 5 Abs 2 UN-[X.]RK nicht über das in Art 3 Abs 3 S 2 [X.][X.] enthaltene [X.]enachteiligungsverbot hinaus ([X.]S[X.] Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.]S[X.]E 110, 194 = [X.] 4-1100 Art 3 [X.]; s auch [X.] in JM 2015, 190, 191 f mwN). Daraus folgt zum Einen, dass die UN-[X.]RK keinen Anwendungsvorrang vor dem S[X.][X.] hat. Zum Anderen ergibt sich ein diskriminierungsfreier Rechtsschutz aller [X.] iS von Art 13 UN-[X.]RK bereits aus dem vorhandenen [X.]esetz. Das [X.]ericht entscheidet, soweit nichts anders bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 124 Abs 1 S[X.][X.]). Damit werden die [X.]rundsätze der Unmittelbarkeit (§ 129 S[X.][X.]) und Öffentlichkeit (§ 61 S[X.][X.]) sowie des Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.], § 62 S[X.][X.]) gewahrt. Die Verständigung mit einer hör- oder sprachbehinderten Person in der Verhandlung erfolgt nach ihrer Wahl mündlich, schriftlich oder mit [X.]ilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom [X.]ericht hinzuziehen ist. Für die mündliche und schriftliche Verständigung hat das [X.]ericht die geeigneten technischen [X.]ilfsmittel bereitzustellen. Die hör- oder sprachbehinderte Person ist auf ihr Wahlrecht hinzuweisen (§ 202 S[X.][X.] iVm § 186 Abs 1 [X.]V[X.]). Im Übrigen reichen die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, nach denen ein [X.]ericht ohnehin die effektive Verständigung mit Verfahrensbeteiligten sicherzustellen hat (vgl [X.]T-Drucks 14/9266, 40). Vor diesem [X.]intergrund ist nicht ersichtlich, dass ein Prozessbevollmächtigter vorliegend eine grundsätzliche [X.]edeutung darlegen könnte. Ein [X.] zur Durchführung der mündlichen Verhandlung über mehrere Wochen ergibt sich weder aus Art 13 UN-[X.]RK, der die Vertragsstaaten verpflichtet, einen gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz zu gewährleisten noch aus den og Verfahrensvorschriften.

b) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das LS[X.] entscheidungstragend von der Rechtsprechung des [X.]S[X.], des [X.]mSO[X.][X.] oder des [X.]Verf[X.] abgewichen sein könnte ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.]). Ausweislich der angefochtenen Entscheidung ist das LS[X.] zu sämtlichen sich stellenden Rechtsbereichen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt und hat zu keinem Zeitpunkt einen eigenen dieser Rechtsprechung entgegenstehenden Rechtssatz aufgestellt oder aufstellen wollen.

c) Auch ein Verfahrensfehler des LS[X.] ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar. Nach § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 S[X.][X.] und § 128 [X.] S[X.][X.] ([X.]rundsatz der freien richterlichen [X.]eweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 S[X.][X.] (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das LS[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist.

Dafür ist nichts ersichtlich. Vielmehr hat das LS[X.] nach erfolgter Zurückverweisung durch das [X.]S[X.] nach umfangreicher weiterer Sachaufklärung den Anspruch des [X.] erneut geprüft und eine Entscheidung gefällt. Während Angriffe gegen die [X.]eweiswürdigung des LS[X.] iS von § 128 [X.] S[X.][X.] damit von vornherein für die [X.]egründung einer Nichtzulassungsbeschwerde ausscheiden, ist hier auch kein [X.]eweisantrag ersichtlich, den das LS[X.] unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 S[X.][X.]) übergangen haben könnte. Der Vorwurf, das LS[X.] habe die in den Akten vorliegenden Tatsachen nicht korrekt gewürdigt und zu Unrecht die begehrten Merkzeichen abgelehnt, richtet sich gegen die [X.]eweiswürdigung, welche von vornherein nicht [X.]egenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist. [X.]leiches gilt für den Vorwurf, die Entscheidung sei falsch ([X.]S[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7).

Verfahrensrechtliche Einwände gegen die Durchführung der Verhandlung vom 6.6.2017 ohne [X.]eisein des [X.] durch den zuständigen Senat des LS[X.] können gleichfalls nicht geltend gemacht werden. Zwar kann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des [X.] den [X.]rundsatz des rechtlichen [X.]ehörs verletzen. Denn der in §§ 62, 128 Abs 2 S[X.][X.] konkretisierte Anspruch auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.]) soll verhindern, dass die [X.]eteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder [X.]eweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht haben äußern können (vgl [X.]S[X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]2; [X.]Verf[X.]E 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom [X.]ericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird ([X.]Verf[X.]E 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Insbesondere besteht eine Verletzung des rechtlichen [X.]ehörs dann, wenn ein Verfahrensbeteiligter an der Teilnahme zur mündlichen Verhandlung gehindert wurde (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], S[X.][X.], 12. Aufl 2017, § 62 Rd[X.]1c mwN). In diesem Sinne ist vorliegend jedoch kein Verfahrensfehler des LS[X.] aufzeigbar. Dieses hat den Kläger umfänglich über die in [X.]etracht kommenden Möglichkeiten der Verständigung informiert.

Das LS[X.] hat dem Kläger die Möglichkeit der Zustimmung durch Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ebenso eröffnet wie die Möglichkeit, eine mit der Vertretung beauftragte Person zu entsenden oder in [X.]egleitung zu erscheinen. Darüber hinaus ist dem Kläger zuvor schriftlich genau der Ablauf der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt worden mit der Eröffnung der Möglichkeit, im Sitzungssaal einen Laptop zu erhalten, um mit dem Senat ausschließlich schriftlich zu kommunizieren. Auch die angebotene Möglichkeit einer Videoübertragung nach § 110a S[X.][X.] hat der Kläger abgelehnt. Damit hat das LS[X.] im Rahmen der Prozessordnung alle geeigneten [X.]ilfestellungen gegenüber dem Kläger angeboten bzw aufgezeigt und einen diskriminierungsfreien Zugang zur Justiz gewährleistet. Ein [X.] (über mehrere Wochen) sieht die Prozessordnung nicht vor. Vor diesem [X.]intergrund ist auch nicht ersichtlich, welches mögliche Vorbringen des [X.] durch das LS[X.] nicht zur Kenntnis genommen worden sein sollte. Denn abgesehen von der Verhinderung der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung (siehe oben) liegt eine [X.]ehörsverletzung nur dann vor, wenn das [X.]ericht seiner Pflicht, das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl [X.]S[X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]9 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und [X.]eweisergebnissen beruht, zu denen sich die [X.]eteiligten nicht haben äußern können (vgl [X.]S[X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]2 S 19). [X.]ierfür ist nichts ersichtlich.

3. Aus den genannten [X.]ründen könnte der Kläger ebenso wenig eine von ihm ggf sinngemäß beantragte PK[X.] verlangen, weil diese nur zu bewilligen ist, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a [X.] S[X.][X.] iVm § 114 ZPO). Diese Voraussetzung ist hier aus oben genannten [X.]ründen erst recht nicht erfüllt, da schon die [X.]eiordnung eines Notanwalts abzulehnen ist (vgl zum Verhältnis von § 114 und § 78b ZPO nur [X.][X.][X.] vom 6.7.1988 - IVb Z[X.] 147/88 - FamRZ 1988, 1152).

4. Die vom Kläger selbst eingelegte [X.]eschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem [X.]S[X.] gemäß § 73 Abs 4 S[X.][X.] durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Schon die [X.]eschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. [X.]ierauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden.

5. Die Verwerfung der nicht formgerecht eingelegten [X.]eschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 [X.]albs 2 iVm § 169 S[X.][X.] ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

6. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 S[X.][X.].

Meta

B 9 SB 61/17 B

21.12.2017

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Chemnitz, 28. Juli 2011, Az: S 1 SB 249/07, Urteil

Art 13 UNBehRÜbk, § 186 Abs 1 GVG, § 62 SGG, § 110a SGG, § 124 Abs 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 202 S 1 SGG, § 78b Abs 1 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.12.2017, Az. B 9 SB 61/17 B (REWIS RS 2017, 158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 158

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