Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2012, Az. I ZR 86/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7128

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Entscheidungstext


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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
86/10
Verkündet am:
19. April 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Pelikan
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b; [X.] § 14 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 139 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3, § 253 Abs. 2 Nr. 2
a)
Hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen Ansprüche aus verschiedenen Kennzeichenrechten alternativ verfolgt, ist ein gerichtlicher Hinweis auf die Notwendigkeit der Angabe der Reihenfolge der geltend gemachten Kennzei-chenrechte nicht deshalb entbehrlich, weil das Gericht die Ansprüche für un-begründet hält.
b)
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet regelmäßig für eine Markenverlet-zung auch persönlich, die in der Verwendung der Firma der juristischen Per-son liegt.
[X.], Urteil vom 19. April 2012 -
I [X.]/10 -
[X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19.
April 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr.
Büscher, Prof. Dr.
Schaffert und Dr.
Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4.
Zivilsenats des [X.] vom 23.
März 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage im Umfang der im Revisi-onsverfahren verfolgten Klageanträge zu
1 bis 4 abgewiesen [X.] ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, die [X.] mbH & Co. KG, gehört zu den größten Papier-, Büro-
und Schreibwarenherstellern [X.]. Sie ist Inhaberin der Wortmarken Nr.
677564 Pelikan

(Priorität 28.
November 1942, eingetragen für Lehrmittel) und Nr.
85195 [X.]

(Priorität 12.
April 1905, eingetragen für Lehrmittel ausgenommen Apparate). Sie ist weiterhin Inhaberin der nachfolgenden Marken:
1
-
3
-

-
der [X.] Wort-/Bildmarke Nr.
2033253, die mit Priorität vom 20.
November 1992 für Lehr-
und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) eingetragen ist:

-
der Gemeinschaftsbildmarke Nr.
179242, die über eine Priorität vom 1.
April 1996 verfügt und für Lehr-
und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) eingetragen ist:

-
der Gemeinschaftsbildmarke Nr.
179226 (Priorität 1.
April 1996), die für Er-ziehung und Ausbildung registriert ist:

-
der [X.] Bildmarke Nr.
1014333, die seit dem 17.
Februar 1981 für Lehrmittel (ausgenommen Apparate) eingetragen ist:
Die Beklagte zu
1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu
2 ist, ist die Musikschule [X.] (nachfolgend Beklagte). Sie ist im Februar 2003 er-richtet worden und betreibt in [X.] eine private Musikschule, in der Instru-mental-
und Gesangsunterricht angeboten wird. Die Beklagte schaltete unter dem Domainnamen musikschule-pelikan.de

den nachfolgenden Internetauf-tritt:
2
-
4
-

-
5
-

-
6
-

Die Klägerin sieht in der Verwendung der Unternehmensbezeichnung der Beklagten und des Domainnamens eine Verletzung ihrer bekannten Kennzei-chenrechte. Sie hat behauptet, sie biete seit langer Zeit Unterrichtshilfen für Lehrer im Grundschulbereich an.
Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, das Zeichen Pelikan

in Alleinstellung und/oder als Bestandteil eines kombinierten Zeichens und als Domainnamen zu benutzen, sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch genom-men und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz begehrt.
Das Berufungsgericht hat die im ersten Rechtszug erfolgreiche Klage abgewiesen ([X.], Urteil vom 23.
März 2010
-
4
U
175/09, juris).
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision beantragt die Klägerin,
1.
die Beklagten unter Androhung von [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen,
a)
im geschäftlichen Verkehr den Ausdruck Musikschule Pelikan

als ge-schäftliche Bezeichnung einer Musikschule und/oder als Zeichen für Dienstleistungen einer Musikschule zu benutzen;
b)
im geschäftlichen Verkehr den Domainnamen musikschule-pelikan.de

als geschäftliche Bezeichnung einer Musikschule und/oder als Zeichen für Dienstleistungen einer Musikschule zu benutzen;
2.
festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß
Zif-fer
1 entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen ab dem 11.
Januar 2005 erfolgten;
3.
festzustellen, dass die Beklagte zu
1 verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer
1 entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen vor dem 11.
Januar 2005 erfolgten;
4.
die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die von der [X.] zu
1 seit deren Bestehen erzielten Umsätze zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines chronologisch zu ordnenden Verzeichnisses, in dem die [X.] monatlich, nach dem jeweils tätigen Musiklehrer geordnet, aufgeführt sind.
3
4
5
6
-
7
-

Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat das Verbotsbegehren der Klägerin als unbe-stimmt im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO angesehen, weil die Klägerin die Ansprüche aus den verschiedenen Kennzeichenrechten wahlweise zur Ent-scheidung gestellt habe.
In der Sache gehe das beantragte Verbot zu weit. Die Beklagten hätten die Bezeichnung Pelikan

nicht in Alleinstellung benutzt. Für ein Schlechthin-verbot sei auch deshalb kein Raum, weil sich nicht feststellen lasse, dass die Verwendung von Pelikan

auch in Kombination mit weiteren Zusätzen eine Verwechslungsgefahr begründe. Es bliebe deshalb für das beantragte Verbot allenfalls die konkrete Verletzungsform gestützt auf ein bestimmtes Kennzei-chenrecht.
Aus den Gemeinschaftsmarken könne die Klägerin den [X.] nicht herleiten, weil diese keine Abwehrrechte gegen die Verwendung eines Zeichens als Firma gewährten. Bei den [X.] Marken sei in erster Linie von der Wortmarke Nr.
677564 Pelikan

auszugehen. Zwischen dieser Marke und den angegriffenen Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Beklagten hätten die angegriffenen Zeichen zwar markenmäßig benutzt. [X.] den Waren Lehrmittel, für die die [X.] eingetragen sei, und der Dienstleistung Musikunterricht, für die die beanstandeten Zeichen verwendet worden seien, bestehe keine Ähnlichkeit im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.].
7
8
9
10
-
8
-

Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aufgrund des Bekannt-heitsschutzes der Kennzeichen nach §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] scheiterten ebenfalls. Die Klägerin habe nichts dazu vorgetragen, dass die Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der bekannten Kennzeichen der Klägerin ohne rechtfertigenden Grund in [X.] Weise ausnutze oder beeinträchtige. Die übrigen Marken gewährten der Klägerin keinen weitergehenden Schutz.
Auch auf die Unternehmensbezeichnung könne die Klägerin ihr Verbots-begehren nicht mit Erfolg stützen. Die Verwechslungsgefahr im Sinne von §
15 Abs.
2 [X.] scheitere an einer absoluten Branchenunähnlichkeit. Ein [X.] aus §
15
Abs.
3 und 4 [X.] komme wegen fehlender [X.] oder Rufschädigung nicht in Betracht.
Mangels Rechtsgutverletzung seien die Auskunfts-
und Schadensersatz-ansprüche ebenfalls nicht begründet. Unabhängig von den vorstehenden [X.] sei der Anspruch gegen den Beklagten zu
2 wegen der Firmierung der Beklagten zu
1 schon deshalb ausgeschlossen, weil dieser als Geschäftsführer die Firmierung der Gesellschaft nicht ändern könne.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Beurteilung, das Klagebegehren sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO, ist nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.
1. Die Revision ist auf die Anfechtung des Berufungsurteils beschränkt, soweit das Berufungsgericht die Klage im Umfang der Insbesondere-Teile der [X.] und der hierauf bezogenen Annexanträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Auskunftserteilung abgewiesen hat. Die Abwei-11
12
13
14
15
-
9
-

sung der in den Vorinstanzen verfolgten Klageanträge in dem darüber hinaus-gehenden Umfang
-
die Klageanträge richteten sich auch gegen eine Verwen-dung des Zeichens Pelikan

in Alleinstellung und/oder als Bestandteil eines kombinierten Zeichens und gegen die Anmeldung und Benutzung des Zeichens Pelikan

als Domainnamen
-
nimmt die Revision hin.
2. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz weiterverfolgten Umfang nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Das folgt entgegen der Ansicht der Revision allerdings nicht schon daraus, dass die Klägerin die verschiedenen streitgegenständlichen Schutzrechte in den Vorinstanzen kumulativ geltend ge-macht hat. Dem Gebot des §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO, den Klagegrund bestimmt genug zu bezeichnen, ist die Klägerin jedoch in der Revisionsinstanz dadurch nachgekommen, dass sie hilfsweise angegeben hat, in welcher Reihenfolge sie ihre Ansprüche auf die verschiedenen Kennzeichenrechte stützt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehr-te Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 3.
April 2003
-
I
ZR
1/01, [X.]Z 154, 342, 347
f.
-
Reinigungsarbeiten). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen be-zeichnete Schutzrecht festgelegt ([X.], Urteil vom 20.
September 2007
-
I
ZR
6/05, [X.], 1071 Rn.
56
= [X.], 1461
-
Kinder
II; zum Urhe-berrecht [X.], Urteil vom 24.
Mai 2007
-
I
ZR
42/04, [X.], 691 Rn.
17
= [X.], 996
-
Staatsgeschenk).
Im Streitfall liegen danach insoweit unterschiedliche Streitgegenstände vor, als die Klägerin aus ihren verschiedenen Marken und ihrem Unterneh-menskennzeichen vorgeht. Dagegen bilden die Ansprüche wegen Verletzung 16
17
18
-
10
-

eines Markenrechts nach §
14 Abs.
2 Nr.
2 und 3 [X.] einen einheitlichen Streitgegenstand; dasselbe gilt für den Schutz einer geschäftlichen [X.] nach §
15 Abs.
2 und 3 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 8.
März 2012
-
I
ZR
75/10, [X.], 621 Rn.
32
= [X.], 716
-
OSCAR).
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die verschiedenen Streitgegenstände in erster Instanz und im Beru-fungsverfahren nicht kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht hat. Das folgt aus der Auslegung des Klagevorbringens.
Dafür, dass die Klägerin die verschiedenen Streitgegenstände im Wege kumulativer Klagehäufung verfolgt hat, ergeben sich vorliegend entgegen der Ansicht der Revision keine Anhaltspunkte. Vielmehr lag zum Zeitpunkt der Ent-scheidung des Berufungsgerichts Anfang 2010 eine alternative Klagehäufung vor, bei der der Kläger sein Klagebegehren aus mehreren Streitgegenständen
herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Streitgegenstand es die stattgebende Entscheidung stützt (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
März 2011
-
I
ZR
108/09, [X.]Z 189, 56 Rn.
6
ff.
-
TÜV
I). Diese Vorgehensweise entsprach einer im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verbreiteten Übung, die der Senat in der Vergangenheit nicht beanstandet und erstmals in seinem Hinweisbeschluss vom 24.
März 2011 als unzulässig angesehen hat (vgl. [X.]Z 189, 56 Rn.
8
-
TÜV
I; [X.], Urteil vom 17.
August 2011

I
ZR
108/09, [X.], 1043 Rn.
30
= [X.], 1454
-
TÜV
II). Ohne konkrete Anhaltspunkte im Sachvortrag der Klägerin, an denen es vorliegend fehlt, hatte das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der zuvor geübten Praxis keinen Grund, von einer kumulativen Klagehäufung auszugehen ([X.], Urteil vom 15.
März 2012
-
I
ZR
137/10, [X.], 630 Rn.
15
= [X.], 824
-
CONVERSE
II).
19
20
-
11
-

c) Die Klägerin kann in der Revisionsinstanz nicht mehr von der [X.] zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageänderung liegt, die in der Revisionsinstanz nicht mehr möglich ist (vgl. [X.], [X.], 1043 Rn.
32
-
TÜV
II).
3. Die Klägerin ist jedoch in der Revisionsinstanz hilfsweise von der al-ternativen zur eventuellen Klagehäufung übergegangen. Sie hat bestimmt, dass sie ihre Ansprüche zunächst auf ihre Markenrechte
-
und zwar zuerst auf die Marke Nr.
677564 und sodann in nachstehender Reihenfolge auf die Marken Nr.
85195, Nr.
2033253, Nr.
179242, Nr.
179226 und Nr.
1014333
-
und an-schließend auf ihr Unternehmenskennzeichen [X.] mbH & Co. KG

stützt.
Der Übergang von der alternativen zur eventuellen Klagehäufung noch in der Revisionsinstanz durch Angabe der Reihenfolge, in der die Rechte aus den verschiedenen Kennzeichen geltend gemacht werden, ist zulässig (vgl. [X.]Z 189, 56 Rn.
13
-
TÜV
I; Urteil vom 9.
November 2011
-
I
ZR
150/09, [X.], 304 Rn.
18
= [X.], 330
-
Basler Haar-Kosmetik). Eine entspre-chende Klarstellung wäre zwar bereits in der Klage geboten gewesen. Sie kann aber noch im Laufe des Verfahrens, und zwar auch noch in der Berufungs-
oder der Revisionsinstanz nachgeholt werden. Auf die Angabe einer Reihenfolge hätte das Berufungsgericht nach §
139 Abs.
1 Satz
2 und Abs.
2 und 3 ZPO hinwirken müssen. Zu Recht rügt die Revision, dass ein entsprechender Hin-weis des Berufungsgerichts unterblieben ist.
a) Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich nicht mit hinrei-chender Klarheit, dass die Klägerin rechtzeitig auf die Notwendigkeit hingewie-sen worden ist, die Reihenfolge anzugeben, in der die Rechte aus den [X.] Kennzeichen geltend gemacht werden. Dort findet sich zwar die Angabe, dass die Verbotsfassung im Senatstermin erörtert worden ist. Das 21
22
23
24
-
12
-

kann sich aber auch auf die aus Sicht des Berufungsgerichts zu weite Fassung des [X.] beziehen. Im Übrigen verfolgt das Gesetz mit dem Erfordernis, den Hinweis aktenkundig zu machen, nicht nur den Zweck, Streit darüber zu vermeiden, ob eine bestimmte Frage in der mündlichen Verhand-lung erörtert worden ist; das Erfordernis der Dokumentation sorgt vielmehr auch dafür, dass der Hinweis in einer Form
erteilt wird, die der [X.], an die er sich richtet, die Notwendigkeit einer prozessualen Reaktion
-
und sei es in der Form seines Antrags nach §
139 Abs.
5 ZPO
-
deutlich vor Augen führt (vgl. [X.], Ur-teil vom 12.
Mai 2011
-
I
ZR
20/10, [X.], 1140 Rn.
23
= [X.], 1606
-
Schaumstoff [X.]). Deshalb sind gerichtliche Hinweise, die in der mündlichen Verhandlung erteilt werden, in der Regel in das Verhandlungspro-tokoll aufzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 22.
September 2005
-
VII
ZR
34/04, [X.]Z 164, 166,
172
f.), was vorliegend nicht geschehen ist.
b) Ein Hinweis auf die Notwendigkeit der Angabe der Reihenfolge der geltend gemachten Kennzeichenrechte war entgegen der Annahme des [X.] auch nicht deshalb entbehrlich, weil ein zulässig gefasster [X.] unbegründet wäre. Die Frage der Bestimmtheit des Klageantrags und des Klagegrunds im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO betrifft die [X.] der Klage. Ein Hinweis zur Zulässigkeit der Klage ist aber nicht deshalb überflüssig, weil die
zulässige Klage unbegründet wäre. Dem steht schon die unterschiedliche Reichweite einer Klageabweisung als unzulässig oder als un-begründet entgegen. Während das Prozessurteil in Rechtskraft nur im Hinblick auf den behandelten verfahrensrechtlichen Punkt erwächst (vgl. [X.], Urteil vom 6.
März 1985
-
IVb
ZR
76/83, NJW 1985, 2535) und den Kläger nicht hin-dert, nach Behebung des [X.] erneut zu klagen (vgl. [X.], Ur-teil vom 10.
Dezember 1953
-
IV
ZR
48/53, [X.]Z 11, 222, 223
f.), ist bei einem die
Klage sachlich abweisenden Urteil eine erneute Entscheidung über den [X.]
-
13
-

spruch ausgeschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 19.
November 2003
-
VIII
ZR
60/03, [X.]Z 157, 47, 50).
4. Das Berufungsurteil kann danach im angefochtenen Umfang nicht auf-rechterhalten werden (§
562 ZPO). Insoweit ist die Sache an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die hinreichende Bestimmtheit des [X.] im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO verneint. Es hat danach
-
auch wenn es dies nicht ausdrücklich ausgeführt hat
-
die Klage als unzulässig [X.]. Dies ergibt sich, anders als die Revisionserwiderung meint, aus einer Auslegung der Urteilsgründe. Das Berufungsgericht hat seine die Klage
abwei-sende Entscheidung in erster Linie auf eine mangelnde Bestimmtheit im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO und damit auf eine Unzulässigkeit der Klage ge-stützt. Die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass die Klage auch in der Sache nicht begründet ist, gelten als nicht geschrieben (vgl. [X.]Z 11, 222, 224; [X.], Urteil vom 3.
Juli 2009
-
V
ZR
58/08 Rn.
11, juris).
II[X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen,
dass die [X.] Verletzungshandlungen nicht auf einen rein firmenmäßigen Ge-brauch der angegriffenen Zeichen beschränkt sind, sondern zugleich eine mar-kenmäßige Benutzung darstellen.
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] wird eine Marke nicht im Sinne von Art.
5 Abs.
1 [X.] für Waren oder Dienstleistungen

benutzt, wenn das angegriffene Zeichen ausschließlich als Unternehmensbezeichnung
-
also ausschließlich fir-menmäßig
-
verwendet wird (vgl. [X.], Urteil vom 21.
November 2002
-23/01, [X.]. 2002, 10913
= [X.], 143 Rn.
27
ff.
-
Robeco/[X.]; 26
27
28
29
-
14
-

Urteil vom 16.
November 2004
-
245/02, [X.]. 2004, 989
= [X.], 153 Rn.
64
-
Anheuser-Busch
I; Urteil vom 11.
September 2007
-
17/06, [X.]. 2007, 041
= [X.], 971 Rn.
21
-
Céline; [X.], Urteil vom 13.
September 2007
-
I
ZR
33/05, [X.], 254 Rn.
22
= [X.], 236
-
THE HOME STORE; [X.], [X.], 1140 Rn.
17
-
Schaumstoff [X.]). Die Benutzung eines Unternehmenskennzeichens
ist allerdings zugleich eine markenmäßige Benutzung, wenn die Herkunftsfunktion der [X.] beein-trächtigt wird oder beeinträchtigt werden kann. Das ist der Fall, wenn die Ver-wendung des Unternehmenskennzeichens
-
etwa durch seine Anbringung auf den Waren oder durch seine Verwendung in der Werbung für die Waren oder Dienstleistungen beispielsweise in Katalogen oder im Rahmen eines Internet-auftritts
-
den Verkehr zu der Annahme veranlasst, dass eine Verbindung zwi-schen dem angegriffenen Unternehmenskennzeichen und den Waren oder Dienstleistungen besteht, die der Dritte vertreibt (vgl. [X.], [X.], 971 Rn.
16 und 23
-
Céline; [X.], Urteil vom 18.
Dezember 2008
-
I
ZR
200/06, [X.], 772 Rn.
48
= [X.], 971
-
Augsburger Puppenkiste; Urteil vom 14.
Mai 2009
-
I
ZR
231/06, [X.], 1055 Rn.
59
= [X.], 1533
-
airdsl; [X.], [X.], 1140 Rn.
17
-
Schaumstoff [X.]).
b) Eine in diesem Sinn markenmäßige Benutzung der angegriffenen Un-ternehmensbezeichnung und des Domainnamens der Beklagten liegt in dem
beanstandeten Internetauftritt der Beklagten
(s. oben Rn.
2). Dort wird ein Zu-sammenhang zwischen den angegriffenen Kennzeichen und den Dienstleistun-gen der Beklagten hergestellt. Über die erste Seite des Internetauftritts der [X.] gelangt der Nutzer zu drei weiteren Internetseiten, die das [X.], die dazugehörigen Preise und Hinweise zur Anmeldung enthal-ten. Im oberen Bereich dieser Internetseiten, die das Dienstleistungsangebot der Beklagten beschreiben, befindet sich jeweils die beanstandete [X.] der Beklagten.
30
-
15
-

c) Sollte es im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch auf die [X.] aus den Gemeinschaftsmarken Nr.
179242 und Nr.
179226 ankom-men, kann dem Berufungsgericht allerdings nicht darin gefolgt werden, dass die Klägerin ihre Ansprüche nicht auf die Gemeinschaftsmarken stützen kann, weil diese keine Abwehrrechte gegen [X.] gewähren. Für Art.
9 Abs.
1 Satz
2 Buchst.
b [X.] gilt kein anderer Benutzungsbegriff als für Art.
5 Abs.
1 Buchst.
b [X.] und §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.] (vgl. [X.], [X.], 254 Rn.
22 und 23
-
THE HOME STORE; [X.], Urteil vom 24.
November 2011
-
I
ZR
175/09, [X.], 618 Rn.
17
= [X.], 813
-
Medusa).
d) Der Unterlassungsantrag geht jedoch auch in dem Umfang, in dem er noch in der Revisionsinstanz weiterverfolgt wird, über eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.] und Art.
9 Abs.
1 Satz
2 Buchst.
b [X.] hinaus, weil der jeweils erste Teil des [X.] zu
1
a und b nicht auf die konkrete Verletzungsform einer markenmäßigen Ver-wendung beschränkt ist, sondern sich gegen jede Verwendung der Angabe und des Domainnamens Musikschule Pelikan

als geschäftliche Bezeichnung einer Musikschule richtet.
2. Die Verwechslungsgefahr wird das Berufungsgericht
-
entgegen den Ausführungen, die es bislang zur Unbegründetheit des [X.] ge-macht hat
-
nicht mit der Begründung verneinen können, zwischen den Waren Lehrmittel, für die die [X.] Nr.
677564 geschützt sei, und der [X.] Musikunterricht, für die die angegriffenen Bezeichnungen verwendet werden, bestehe absolute Unähnlichkeit im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
2 Mar-kenG. Lehrmittel seien klassische Hilfsmittel für den Unterricht ohne speziellen Bezug zum jeweiligen Unterrichtsinhalt, wie etwa Schreibutensilien. Dazu rech-neten nicht Lehrpläne, anhand deren unterrichtet werde. Um eine Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen zu bejahen, müssten besondere Um-stände vorliegen. Diese seien im Streitfall im Verhältnis zwischen verwen-31
32
33
-
16
-

dungsneutralen Lehrmitteln und Musikunterricht nicht gegeben. Dadurch wird der Begriff der Lehrmittel zu eng gezogen und deshalb eine Ähnlichkeit zwi-schen Lehrmitteln und Musikunterricht rechtsfehlerhaft verneint.
a) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Wa-ren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb [X.] aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleis-tungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Wa-ren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es ei-ne absolute Waren-
und Dienstleistungsunähnlichkeit, die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 29.
September 1998
-
39/97, [X.]. 1998, 507
= GRUR 1998, 922 Rn.
15
-
Canon; [X.], Beschluss vom 28.
September 2006
-
I
ZB
100/05, [X.], 321 Rn.
20
= [X.], 321
-
COHIBA; Urteil vom 5.
Februar 2009
-
I
ZR
167/06, [X.], 484 Rn.
25
= [X.], 616
-
METROBUS).
b) Zu den Lehrmitteln rechnen Medien, die an Schulen, Hochschulen und anderen pädagogischen oder wissenschaftlichen Einrichtungen zur Vermittlung des Lehrstoffs von Lehrenden eingesetzt werden. Dazu zählen etwa [X.] und feln, Modelle, Sammlungen und audiovisuelle Unterrichtsmittel (vgl. [X.], 2008, Stichwort Lehrmittel). Entgegen der Annahme des [X.] sind Lehrmittel danach nicht auf Hilfsmittel ohne inhaltlichen Be-34
35
-
17
-

zug zum Unterricht beschränkt. Rechnen zu den Lehrmitteln auch Erzeugnisse mit inhaltlichem Bezug zum Unterricht, kann der Annahme des Berufungsge-richts, das die (absolute) Unähnlichkeit zwischen Lehrmitteln und Musikunter-richt damit begründet hat, dass Lehrmittel verwendungsneutral seien, nicht zu-gestimmt werden. Dabei dürfen an eine Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen keine unüberwindbar hohen Anforderungen gestellt werden. Zwar sind Dienstleistungen generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwen-deten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen, so-weit sie Waren hervorbringen, ohne weiteres als ähnlich anzusehen. Besondere Umstände können jedoch die Feststellung der Ähnlichkeit nahelegen (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Januar 2000
-
I
ZB
32/97, [X.], 883, 884
= [X.], 1152
-
PAPPAGALLO). Maßgeblich ist insoweit die Verkehrsanschauung. Eine die Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit von Waren und [X.]en liegt vor, wenn das Publikum annimmt, die Ware und die Dienstleis-tung stammten aus demselben oder jedenfalls wirtschaftlich verbundenen Un-ternehmen. Ein Indiz für eine Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen kann vorliegen, wenn die Waren nicht allgemein angeboten und verwendet werden, sondern typischerweise bei der Erbringung der Dienstleistungen zur Anwendung kommen (vgl. [X.], Urteil vom 13.
November 2003
-
I
ZR
103/01, [X.], 241, 243
= WRP 2004, 357
-
GeDIOS), wie dies für das Verhältnis zwischen Lehrmitteln und Unterricht in Betracht kommt (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Januar 2005
-
32
W
(pat)
78/02, juris Rn.
40; Beschluss vom 7.
November 2007
-
32
W
(pat)
19/07, juris Rn.
20).
3. Für eine mögliche Kennzeichenverletzung haftet neben der Beklagten zu
1 auch der Beklagte zu
2 als deren Geschäftsführer, wenn er Kenntnis von den Kennzeichenverletzungen hatte und sie nicht verhindert hat (vgl. [X.], Ur-teil vom 26.
September 1985
-
I
ZR
86/83, [X.], 248, 250
f.
-
Sportho-sen; Urteil vom 22.
April 2009
-
I
ZR
216/06, [X.], 845 Rn.
47
= WRP 36
-
18
-

2009, 1001
-
Internet-Videorecorder; [X.], [X.], 1043 Rn.
70
-
TÜV
II). Dies gilt auch im Hinblick auf die [X.] nach dem Klageantrag zu
1
a bezogen auf die konkrete Verletzungsform. Auch wenn der Beklagte zu
2 als Geschäftsführer die Firmierung nicht selbst ändern kann, trifft ihn
-
unter-stellt es liegt eine Kennzeichenverletzung vor
-
die Pflicht, die rechtsverletzende Benutzung der beanstandeten Bezeichnung zu unterlassen. Soweit dies erfor-derlich ist, hat
er auf eine Änderung der Firmierung durch Änderung des Ge-sellschaftsvertrags hinzuwirken (§
3 Abs.
1 Nr.
1, §
53 Abs.
1 GmbHG).

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Schaffert

Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.09.2009 -
16 O 52/09 -

[X.], Entscheidung vom [X.] -
I-4 [X.]/09 -

Meta

I ZR 86/10

19.04.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2012, Az. I ZR 86/10 (REWIS RS 2012, 7128)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7128

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 100/10 (Bundesgerichtshof)


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I ZR 86/10

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