Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2010, Az. 10 AZR 927/08

10. Senat | REWIS RS 2010, 10233

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Gegenstand

Erstattung von Überbrückungsgeld für Auslandseinsätze im Gerüstbaugewerbe - § 10 VTV Gerüstbauerhandwerk


Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Juli 2008 - 12 Sa 2099/06 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte Zinsen erst ab dem 13. Oktober 2005 zu zahlen hat.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte Leistungen zurückfordern kann, die er der Klägerin für die Auszahlung von Überbrückungsgeld an neun in [X.] eingesetzte Arbeitnehmer erstattet hat.

2

Die Klägerin unterhält einen Betrieb des [X.]. [X.] zieht als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des [X.] nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im [X.] vom 20. Januar 1994 in der Fassung vom 11. Juni 2002 (im Folgenden: [X.]) Sozialkassenbeiträge ein. Diese werden ua. für die Erstattung von Überbrückungsgeldzahlungen verwendet, die der Arbeitgeber aufgrund des ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrags für das [X.] vom 27. Juli 1993 in der Fassung vom 11. Juni 2002 (im Folgenden: [X.]) an seine Arbeitnehmer zur Überbrückung des Lohnausfalls bei in der Schlechtwetterzeit ausfallenden Arbeitsstunden zahlt.

3

Nach § 4 Ziff. 6.4 [X.] hat ein Arbeitnehmer, wenn in der Schlechtwetterzeit (1. November bis 31. März) die Arbeit ausschließlich aus zwingenden Witterungsgründen an einem Tag für mindestens eine Stunde ausfällt, gegenüber dem Arbeitgeber zur Überbrückung des dadurch gemäß § 4 Ziff. 6.1 [X.] eintretenden Lohnausfalls für jede Ausfallstunde, höchstens jedoch für 150 Ausfallstunden in jedem Kalenderjahr, einen Anspruch auf Zahlung eines Überbrückungsgeldes in Höhe von 75 v. H. des Arbeitsentgelts, das er ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte. Dem Arbeitgeber steht gegen den Beklagten unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Erstattung des [X.]n Überbrückungsgeldes zu. In § 4 Ziff. 6.5 [X.] heißt es:

        

„Die als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien bestehende Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes (Kasse) - mit Sitz in [X.] hat die Aufgabe, die Auszahlung des Überbrückungsgeldes an den Arbeitnehmer durch eine Erstattung an den auszahlenden Betrieb zu sichern. Die Arbeitgeber haben die dazu erforderlichen Mittel durch einen Beitrag aufzubringen. Auf den Beitrag hat die Kasse einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe des Beitrags, dessen Einzahlung und Verwaltung sowie die Erstattung des Überbrückungsgeldes an die Arbeitgeber werden in besonderen Tarifverträgen, insbesondere in dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Gerüstbaugewerbe ([X.]) geregelt.“

4

In dem mit „Erstattung des Überbrückungsgeldes“ überschriebenen § 10 [X.] ist geregelt:

        

„(1) Die Kasse erstattet dem Arbeitgeber das von ihm vorgelegte und an den Arbeitnehmer ausgezahlte Überbrückungsgeld (§ 4 Ziff. 6.4 [X.]) zuzüglich eines Ausgleichs in Höhe von 30 v. H. des Überbrückungsgeldes für die auf den Arbeitgeber entfallenden Sozialaufwendungen.

        

(2) Die Erstattung setzt einen Antrag des Arbeitgebers auf einem von der Kasse zur Verfügung gestellten Formular voraus. Auf dem Formular sind die an die einzelnen Arbeitnehmer ausgezahlten Überbrückungsgelder anzugeben. Dem Antrag sind die entsprechenden Einlösungsscheine sowie eine Durchschrift des bei der Bundesanstalt für Arbeit für die betreffenden Arbeitnehmer beantragten Zuschusswintergeldes beizufügen. Das Antragsformular enthält den Vordruck einer Versicherung, dass das in den Einlösungsscheinen eingetragene Überbrückungsgeld unter Beachtung der tarifvertraglichen Bestimmungen an die Arbeitnehmer ausgezahlt worden ist und die in den Einlösungsscheinen eingetragenen Ausfallstunden mit den Eintragungen in den [X.] und den [X.] dieser Arbeitnehmer übereinstimmen.

        

(3) Dem Erstattungsantrag (Abs. 2) ist der Bewilligungsbescheid der Bundesanstalt für Arbeit einschließlich der Abrechnungslisten beizufügen oder nachzureichen. Der Bescheid über die Bewilligung von Zuschusswintergeld ([X.]) in den Monaten Januar, Februar und März ist bis zum 30. September, über die Bewilligung von Zuschusswintergeld in den Monaten November und Dezember jedoch bis zum 30. Juni des Folgejahres nachzureichen.

        

(4) Wird ein Arbeitgeber rückwirkend zur Meldung oder zur Beitragszahlung gemäß §§ 14 und 15 herangezogen, so besteht Anspruch auf Erstattung des den Arbeitnehmern rückwirkend in den erfassten Abrechnungszeiträumen gewährten Überbrückungsgeldes, höchstens jedoch in Höhe der in Absatz 1 festgelegten [X.]. Der Erstattungsanspruch besteht nur, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf Überbrückungsgeld hatte (§ 4 Ziff. 6 [X.]), und für solche Abrechnungszeiträume nach § 15 Abs. 1, für die rückwirkend Beiträge entrichtet worden sind. Auf diesen Erstattungsanspruch weist die Kasse den Arbeitgeber bei der rückwirkenden Heranziehung hin.

        

(5) Die Kasse ist berechtigt, [X.] von dem Arbeitgeber oder seinem Rechtsnachfolger zurückzufordern, soweit der Arbeitgeber nicht innerhalb der Fristen gemäß Abs. 3 durch Bewilligungsbescheide der Bundesanstalt für Arbeit einschließlich der Abrechnungslisten den Nachweis über die geltend gemachten Ausfallstunden geführt hat. Der Rückforderungsanspruch der Kasse kann nicht geltend gemacht werden, solange über einen fristgerecht gestellten Antrag auf Zuschusswintergeld noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Der Rückforderungsanspruch erlischt, soweit der Nachweis gemäß Satz 1 nach Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 erbracht ist.

        

(6) Ein Rückforderungsanspruch der Kasse besteht auch, soweit ein Bewilligungsbescheid durch die Bundesanstalt für Arbeit zurückgenommen wurde und der Rücknahmebescheid rechtskräftig geworden ist. Mit dem Antrag gemäß Abs. 2 erklärt sich der Arbeitgeber mit der Unterrichtung der Kasse über den Inhalt eines rechtskräftig gewordenen Rücknahmebescheids durch die Bundesanstalt für Arbeit einverstanden.

        

…“   

5

Die Klägerin zahlte Überbrückungsgeld für den Monat Januar 2004 an neun auf einer Baustelle in [X.] eingesetzte Arbeitnehmer, die ihre Arbeit ausschließlich aus witterungsbedingten Gründen einstellen mussten. Für diese führte sie - auch für die [X.] ihrer Entsendung nach [X.] - Sozialkassenbeiträge an den Beklagten ab. Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Erstattung des ausgezahlten Überbrückungsgeldes und bei der [X.] [X.] gemäß § 209 Nr. 1 Buchst. b, § 213 [X.] (jetzt geregelt in § 175a Abs. 1, 2 iVm. § 434n Abs. 2 - 5 SGB III) für die entsandten Arbeitnehmer.

6

[X.] erstattete der Klägerin antragsgemäß das [X.] Überbrückungsgeld in Höhe von 11.462,23 Euro. Die [X.] lehnte den Antrag auf Gewährung von [X.] mit Bescheid vom 5. März 2004 mit der Begründung ab, dass diese Leistung gemäß § 213 iVm. § 216 Abs. 1 [X.] für Ausfallstunden im Ausland nicht beansprucht werden könne. [X.] forderte daraufhin mit Schreiben vom 5. November 2004 die Erstattungsleistung von der Klägerin zurück. Mit Schreiben vom 29. Juni 2005 verrechnete er seine Forderung mit einem Beitragsguthaben der Klägerin in Höhe von 974,98 Euro und verlangte noch einen Betrag in Höhe von 10.487,25 Euro.

7

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte könne die [X.] nicht zurückfordern. Er sei gemäß § 10 Abs. 1 [X.] verpflichtet, das für die witterungsbedingten Ausfallstunden in [X.] gezahlte Überbrückungsgeld zu erstatten. Dies setze nicht die Bewilligung von [X.] durch die [X.] voraus. Letzteres richte sich nach eigenständigen Vorschriften. Der Erstattungsanspruch knüpfe demgegenüber an die rechtmäßige tatsächliche Zahlung des Überbrückungsgeldes an. Soweit nach § 10 [X.] ein Bewilligungsbescheid erforderlich sei, handele es sich um eine bloße Nachweisregelung, die den Sinn habe, dem Beklagten eine eigene Prüfung der Ausfallzeiten abzunehmen. Anderenfalls werde der Zugang von Gerüstbauunternehmen zum ausländischen Markt unzulässig erschwert. Darin liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung gegenüber Unternehmen, die nur im Inland tätig seien, sowie eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG. Eine Rückforderung der [X.] sei aus diesen Gründen auch ermessensfehlerhaft.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 974,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Oktober 2005 zu zahlen;

        

festzustellen, dass dem Beklagten eine Überbrückungsgeldrückforderung in Höhe von 10.487,25 Euro gemäß Schreiben vom 29. Juni 2005 nicht zusteht.

9

[X.] ist zu seinem Klageabweisungsantrag der Auffassung, er dürfe die [X.] nach § 10 Abs. 5 [X.] zurückfordern, da der Klägerin kein [X.] bewilligt worden sei. Der Bewilligungsbescheid der [X.] sei unabdingbare Voraussetzung für die Erstattung der Überbrückungsgeldzahlungen. Eine Auslegung gegen den [X.] komme nicht in Betracht. Die Überbrückungsgelderstattung sei untrennbar an die §§ 209 ff. [X.] gebunden. Dass die Klägerin auch bei einer Entsendung ins Ausland zur Zahlung der Sozialkassenbeiträge verpflichtet bleibe, ändere daran nichts. Es handele sich dabei um [X.], die nicht zwingend mit der Entstehung von Ansprüchen verbunden seien. Inländischen Betrieben werde durch die Regelung der Zugang zum [X.] Markt nicht unzulässig erschwert. Alle Betriebe würden nach der tariflichen Regelung gleich behandelt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Auszahlung des rechnerisch unstreitigen Beitragsguthabens iHv. 974,98 Euro. Die Forderung auf Auszahlung ist nicht durch Aufrechnung (§§ 387389 BGB) erloschen, weil die Gegenforderung nicht besteht. [X.] hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Rückforderung von Erstattungsleistungen. Da sich der Beklagte eines solchen Anspruchs berühmt, ist der gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsantrag begründet.

I. Der Rückzahlungsanspruch aus § 10 Abs. 5 [X.]tz 1 [X.] setzt voraus, dass der Beklagte tarifvertraglich verpflichtet sein konnte, Erstattungsleistungen zu erbringen. Hierfür ist Voraussetzung, dass die Klägerin nach § 4 Ziff. 6.4 [X.] verpflichtet war, Überbrückungsgeld auch für die nach [X.] entsandten Arbeitnehmer zu gewähren. Dies war der Fall.

1. Der Monat Januar gehört zu der in § 4 Ziff. 6.4 [X.]tz 1 [X.] tariflich definierten Schlechtwetterzeit vom 1. November bis 31. März. Das [X.] hat bindend festgestellt, dass es im Januar 2004 am Einsatzort zu [X.] aus zwingenden Witterungsgründen im Sinne von § 4 Ziff. 6.2 [X.] kam. Auch die Zahl der [X.] und die daraus folgende Höhe des Überbrückungsgeldes hat das [X.] zu Recht als unstreitig behandelt. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten bleiben ohne Erfolg.

a) Soweit der Beklagte rügt, das [X.] habe zu Unrecht eine streitige Tatsache als unstreitig behandelt, trifft es nicht zu, dass er in der Berufungsbegründung die von der Klägerin angegebenen Ausfallzeiten bestritten hätte. [X.] hat lediglich ausgedrückt, es sei „der Annahme des Arbeitsgerichts“ entgegenzutreten, der Arbeitsausfall sei dem Grunde nach zugestanden, weil die von der Klägerin angegebenen Zeiten von ihm, dem Beklagten, nicht bestritten worden seien; ein solches Zugeständnis sei aber auch unerheblich. Hierin liegt lediglich eine rechtliche Bewertung und kein Tatsachenvortrag, nicht einmal ein Bestreiten mit Nichtwissen.

b) Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge des Beklagten, das [X.] habe es unterlassen, ihm gemäß § 139 ZPO einen Hinweis zu geben, ist unzulässig. Wird eine Verletzung des § 139 ZPO durch das Berufungsgericht gerügt, muss der Rechtsmittelführer vortragen, welchen konkreten Hinweis das [X.] ihm aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen, und im Einzelnen angeben, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss nachgeholt werden. Darüber hinaus muss er die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung der Hinweispflicht dartun ([X.] Rspr., vgl. etwa [X.] 23. Oktober 2008 - 2 [X.]/07 - [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). [X.] hat schon nicht vorgetragen, was er auf welchen konkreten gerichtlichen Hinweis ergänzend vorgetragen hätte.

2. Dem Anspruch auf Überbrückungsgeld gemäß § 4 Ziff. 6.4 [X.] steht nicht entgegen, dass die Arbeitnehmer in [X.] eingesetzt waren. Der Tarifvertrag beschränkt diesen Anspruch nicht auf das Inland.

a) Auch für den Zeitraum der vorübergehenden Entsendung nach [X.] war auf die Arbeitsverhältnisse [X.] Recht, einschließlich der Bestimmungen des [X.], anwendbar. Gemäß Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB unterliegt ein Arbeitsverhältnis mangels Rechtswahl dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Arbeitsvertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt i[X.] Der Arbeitsort wird regelmäßig durch den gewöhnlichen Einsatz- und Tätigkeitsort bestimmt und ist nach Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht auf eine bestimmte politische Gemeinde begrenzt, sondern umfasst bei Einsatz an wechselnden Orten innerhalb eines [X.] das gesamte Staatsgebiet ([X.]Rspr., vgl. etwa [X.] 20. Juni 2007 - 10 [X.] § 1 Tarifverträge: Holz Nr. 26 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 135; 9. Juli 2003 - 10 [X.] § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 261 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 6). Die Klägerin hat ihre Arbeitnehmer nur vorübergehend auf einer Baustelle in [X.] eingesetzt. Der Anwendbarkeit des [X.] steht nicht die Festlegung der [X.] (mit Ausnahme des [X.] Berlin) als räumlicher Geltungsbereich in § 1 Ziff. 1 [X.] entgegen. Der Tarifvertrag bleibt auch bei vorübergehendem Einsatz der Arbeitnehmer im Ausland anwendbar (vgl. zum [X.] des Baugewerbes [X.]: 20. Juni 2007 - 10 [X.] - aaO; [X.] 30. November 1992 - 16 [X.] 870/92 -).

b) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die sozialrechtlichen Leistungen der Winterbauförderung gemäß §§ 209 ff. [X.] aF (jetzt: §§ 175, 175a iVm. § 434n Abs. 2 - 5 [X.]) mit Ausnahme des [X.](vgl. § 216 Abs. 1 [X.] aF iVm. § 1 der Verordnung über die Gewährung von [X.] an entsandte Arbeitnehmer vom 24. Mai 1978, außer [X.] getreten mit Wirkung vom 5. Mai 2007) auf das Inland beschränkt waren (vgl. [X.] 25. Juli 1985 - 7 [X.] - SozR 4100 § 83 Nr. 2 zu §§ 77 ff., 83 ff. [X.]). Die gesetzlichen Regelungen der Winterbauförderung einerseits und das Tarifrecht des Gerüstbauerhandwerks andererseits legen unterschiedliche Voraussetzungen fest und verfolgen unterschiedliche Zwecke (vgl. die [X.] Rspr. zu den Tarifverträgen des Baugewerbes, zB [X.] 12. Dezember 2007 - 10 [X.]; 13. Mai 2004 - 10 [X.]/03 - [X.] § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265; zur Entkoppelung des tarifrechtlichen Anspruchs auf [X.]ison-Kurzarbeitergeld von den sozialrechtlichen Voraussetzungen vgl. [X.] 22. April 2009 - 5 [X.]/08 - [X.] § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 311 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 29). Während sich aus den maßgeblichen sozialrechtlichen Vorschriften ausdrücklich ergibt, dass die Leistungen grundsätzlich inlandsbezogen sind und welche Leistungen ausnahmsweise auch für Auslandseinsätze gefordert werden können, enthält die Regelung des Überbrückungsgeldes im [X.] eine derartige Beschränkung nicht. Auch daraus, dass der Anspruch einen Arbeitsausfall innerhalb einer kalendarisch definierten Schlechtwetterzeit (1. November bis 31. März) voraussetzt, folgt nicht, dass dieser auf das Inland begrenzt wäre. Dass der in Rede stehende Einsatz in [X.] in einem Gebiet stattfand, in dem die Arbeit wegen zwingender Witterungsgründe iSv. § 4 Ziff. 6.2 [X.] ausfallen kann, steht nicht im Streit.

II. [X.] war verpflichtet, der Klägerin das gezahlte Überbrückungsgeld gemäß § 10 Abs. 1 bis 3 [X.] zu erstatten.

Die Klägerin war nach § 4 Ziff. 6.5 [X.], § 14 Abs. 1 [X.] verpflichtet, Beiträge an den Beklagten auch für den Zeitraum der Entsendung zu zahlen. Der [X.] blieb für den vorübergehenden Einsatz in [X.] ebenso wie der [X.] anwendbar. Die für die Winterbauförderung seit dem 1. August 2004 eingeführten Regelungen, nach denen der Arbeitgeber die Umlagen für Zeiten der Auslandsentsendung auf Antrag zurückgezahlt erhält (vgl. § 3 Abs. 1a der [X.] bzw. die Nachfolgeregelung in § 5 Abs. 4 der [X.]), entsprechen nicht den tariflichen Beitragsregelungen zur Sozialkasse. Es begegnet auch weder verfassungsrechtlichen noch sonstigen rechtlichen Bedenken, dass eine Beitragspflicht zur Sozialkasse unabhängig von einer Teilnahme an der Winterbauförderung begründet ist (vgl. [X.] 20. April 2005 - 10 AZR 282/04 - [X.] § 1 Tarifverträge: Elektrohandwerk Nr. 3; 13. Mai 2004 - 10 [X.]/03 - [X.] § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265).

Damit liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 und 2 [X.] vor. Soweit § 10 Abs. 3 [X.] vorsieht, dass dem Erstattungsantrag der Bewilligungsbescheid der [X.] beizufügen oder nachzureichen ist, handelt es sich nicht um eine Anspruchsvoraussetzung, sondern um eine Nachweisregelung, die für den Fall des [X.] nicht zum Zuge kommt (siehe unter [X.]).

[X.]. [X.] ist nicht nach § 10 Abs. 5 [X.]tz 1 [X.] berechtigt, die Erstattungsleistungen allein deshalb zurückzufordern, weil die Klägerin nicht in der Lage ist, Bewilligungsbescheide der [X.] einschließlich der Abrechnungslisten vorzulegen, obwohl der witterungsbedingte Arbeitsausfall feststeht. Dies ergibt die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

1. Zwar scheint der Wortlaut der Vorschrift zunächst dafür zu sprechen, dass das Fehlen eines [X.] über Zuschuss-[X.] die Kasse berechtigt, die Erstattung zurückzufordern. Aus dem tarifvertraglichen Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der Regelung geht jedoch hervor, dass es sich ausschließlich um eine Nachweisregelung handelt. Diese kommt für inländische Einsätze einer Anspruchsvoraussetzung gleich, weil der Beklagte einen anderweiten Nachweis nicht akzeptieren muss. Die Tarifvertragsparteien haben sich insoweit eng an die sozialrechtlichen Vorschriften angelehnt und es den Beteiligten erspart, die tatsächlichen Voraussetzungen für die Leistungen nochmal darzulegen und zu überprüfen, weil der Nachweis durch den Bescheid der [X.] geführt werden kann.

2. Dies gilt aber ersichtlich nicht für den Fall der Arbeit im Ausland, in dem ein solcher Nachweis aus rechtlichen Gründen nicht möglich i[X.] Insoweit ist die Vorschrift einschränkend auszulegen.

a) Die teleologische Reduktion gehört zu den allgemein anerkannten Auslegungsmethoden. Sie kann geboten sein, wenn der Wortlaut einer Regelung über deren Sinn und Zweck hinausgeht (vgl. [X.] 23. Oktober 2002 - 7 [X.] - [X.]E 103, 158, 162).

b) Was die Tarifvertragsparteien mit der Erstattungspflicht bezweckt haben, zeigt § 4 Ziff. 6.5 [X.]. Danach hat der Beklagte die Aufgabe, die Auszahlung des Überbrückungsgeldes an den Arbeitnehmer durch eine Erstattung an den auszahlenden Betrieb zu sichern. Dieses [X.] besteht gleichermaßen bei In- und Auslandseinsätzen, für die Beiträge zu entrichten sind.

c) Dass lediglich eine Nachweisregelung vorliegt, zeigt weiterhin der Umstand, dass § 10 [X.] selbst nicht ausnahmslos einen Bewilligungsbescheid über Zuschuss-[X.] fordert. [X.] kann den Arbeitgeber auch dann noch rückwirkend zur Meldung und Beitragszahlung heranziehen, wenn eine Beantragung von Zuschuss-[X.] wegen § 325 Abs. 3 [X.] nicht mehr möglich i[X.] § 10 Abs. 4 [X.] sieht bei rückwirkender Heranziehung eine Erstattung allein unter den Voraussetzungen vor, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Überbrückungsgeld hatte und dass die entsprechenden Sozialkassenbeiträge rückwirkend entrichtet wurden. Von einem Bewilligungsbescheid über Zuschuss-[X.] hängt die Erstattung dann nicht ab.

d) Eine Bewilligung von Zuschuss-[X.] gemäß § 209 Nr. 1 Buch[X.]b, § 213 [X.] aF für die neun vorübergehend nach [X.] entsandten Arbeitnehmer verbunden mit dem entsprechenden Bescheid war von vornherein aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Die Bewilligung scheiterte nicht an Gründen, die in der Sphäre der Klägerin lagen. Vielmehr war das Zuschuss-[X.], wie dargelegt, auf das Gebiet der [X.] beschränkt. Es kann nicht angenommen werden, dass der [X.] eine für den Arbeitgeber nicht erfüllbare und damit unmögliche Beweisanforderung aufstellt.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    W. Huber    

        

    Kiel    

                 

Meta

10 AZR 927/08

20.01.2010

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 12. September 2006, Az: 8 Ca 1967/05, Urteil

§ 1 TVG, § 209 Nr 1 Buchst b SGB 3 vom 24.03.1997, § 213 SGB 3 vom 21.12.2000, § 175a Abs 1 SGB 3, § 434n Abs 2 SGB 3, § 325 Abs 3 SGB 3

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2010, Az. 10 AZR 927/08 (REWIS RS 2010, 10233)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10233

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