Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2013, Az. XII ZB 530/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5404

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 530/11
vom
29. Mai
2013
in der Kindschaftssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1909
a) Ein Vormund ist im Sinne des §
1909 Abs.
1 Satz
1 BGB nicht bereits dann an der Besorgung einer Angelegenheit des [X.] verhindert, wenn er auf-grund fehlender Geschäftsgewandtheit oder mangelnder Sachkunde kein geeigneter Sachwalter seines [X.] ist.
b) Die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Ergänzungspfleger für einen unbe-gleiteten minderjährigen Flüchtling zur Vertretung in ausländerrechtlichen Angelegenheiten einschließlich des Asylverfahrens ist auch dann unzulässig, wenn es dem Vormund an (einschlägiger) juristischer Sachkunde fehlt.
[X.], Beschluss vom 29. Mai 2013 -
XII ZB 530/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 29.
Mai 2013
durch den [X.], die Richterin Weber-Monecke
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2.
Familiensenats des Hanseatischen [X.]s Ham-burg vom 28.
August 2011 wird zurückgewiesen.
Das
Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe:
I.
Das Verfahren betrifft die Bestellung eines Ergänzungspflegers für einen
unbegleiteten minderjährigen Flüchtling.
Der am 4.
März 1996 geborene Mündel
ist afghanischer Staatsangehöri-ger. Er reiste vermutlich Ende 2010 mit Hilfe von Schleppern in das [X.] ein. Zu seinen in [X.] verbliebenen Eltern besteht kein Kontakt.
Mit Beschluss vom 22.
Dezember 2010 wurde das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt; gleichzeitig wurde für den Betroffenen eine Vormundschaft einge-richtet und das Jugendamt der [X.] zum Amtsvormund bestimmt.
Der Amtsvormund hat am 2.
März 2011 bei dem [X.], Rechtsanwalt [X.] zum [X.]
für den Bereich der ausländerrechtli-1
2
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chen Angelegenheiten einschließlich der Vertretung im Asylverfahren zu [X.]. Zur Begründung wies der Amtsvormund darauf hin, dass die
mit der
Füh-rung der Vormundschaft befassten
Mitarbeiter auf diesem Gebiete weder über Sachkunde noch über Erfahrung verfügten
und der seinerzeit erst 14-jährige Mündel
selbst keinen Asylantrag stellen könne. Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Amtsvormund mit, dass er Rechtsanwalt [X.] für diese ausländerrechtli-chen
Angelegenheiten
zwar schon eine entsprechende Vollmacht erteilt habe, dieser seine Vertretungsbereitschaft
aber "im Prinzip" von seiner Bestellung zum [X.] abhängig gemacht habe.
Das Amtsgericht hat den Antrag des [X.] als Antrag auf Ein-richtung einer [X.] ausgelegt und diesen nach Anhörung der Beteiligten abgelehnt.
Zur Begründung hat es
im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vormund jedenfalls nicht aufgrund fehlender Sachkunde oder Erfahrung als an der sachgemäßen Erledigung asyl-
oder ausländerrechtlicher Angelegenhei-ten verhindert sei. Die diesbezüglichen behördlichen Verfahren seien vom Ge-setzgeber als Verfahren ausgestaltet worden, in denen sich die Rechtssuchen-den in der Regel auch ohne Rechtskenntnisse selbst vertreten könnten. Diese grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht dadurch umgan-gen
werden, dass
den
Eltern oder Vormündern die Fähigkeit zur Besorgung der Angelegenheiten in diesen Verfahren schon dann abgesprochen werde, wenn sie nicht über besondere Kenntnisse im Asyl-
oder Ausländerrecht verfügten. Es sei
auch
nicht ersichtlich, dass in den von dem Mündel
geführten asyl-
oder ausländerrechtlichen Verfahren bislang besondere Schwierigkeiten aufgetreten seien. Zudem gäbe es auch keinen gegenwärtigen Anlass für die Einrichtung einer [X.]. Der Mündel
habe seinen Asylantrag gestellt und sei vor dem [X.] bereits angehört worden. Ein Bescheid läge insoweit noch nicht vor, so dass derzeit keine Entscheidung über weitere asyl-
oder aus-länderrechtliche Schritte getroffen werden müsste.

4
-
4
-
Die dagegen gerichtete
Beschwerde
hat das [X.] [X.]. Hiergegen wendet sich der Mündel
mit seiner zugelassenen Rechts-beschwerde, mit der er das Ziel verfolgt, Rechtsanwalt [X.] zu seinem Ergän-zungspfleger für den Bereich der ausländerrechtlichen Angelegenheiten ein-schließlich der Vertretung im Asylverfahren bestellen zu lassen.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1.
Das [X.]
hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Es könne offen bleiben, ob die rechtliche Umsetzung der von dem [X.] begehrten Unterstützung im Wege der [X.] oder im Wege einer [X.]schaft zu erfolgen hätte. Besondere Gründe, welche die Einrichtung einer [X.] oder [X.]schaft ausnahmswei-se rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Dies gelte auch in Ansehung des Um-standes, dass der Mündel
erst 15 Jahre alt sei. Das Amtsgericht habe mit zu-treffender Begründung ausgeführt, dass der Vormund nicht daran gehindert sei, den Betroffenen in asyl-
oder ausländerrechtlichen Angelegenheiten zu vertre-ten. Der pauschale Hinweis des Vormunds auf seine fehlende Sachkunde ge-nüge hierzu nicht. In den ausländerrechtlichen Angelegenheiten des [X.]
seien derzeit hauptsächlich tatsächliche Dinge zu klären. Der Mündel
stamme aus [X.] und daher aus einem typischen [X.]. Bei dem Vormund handele es sich um einen gerichtsbekannt erfahrenen Vormund aus der zuständigen Fachbehörde.
Die Handlungsfähigkeit im Rechtsverkehr und damit auch im Asylverfah-ren sei gerade Sinn und Zweck der Einrichtung einer Vormundschaft und werde 5
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5
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durch diese im Regelfall gewährleistet. Wenn der Amtsvormund meine, nicht über ausreichende Rechtskenntnisse zu verfügen, sei er zunächst verpflichtet, sich selbst rechtskundig zu machen, etwa durch Kontaktaufnahme mit der Rechtsabteilung seiner Behörde. Weiter stehe es ihm, wie jedem anderen ge-setzlichen Vertreter eines Minderjährigen, ohne weiteres frei, die Öffentliche Rechtsauskunft um Auskunft nachzusuchen oder im gerichtlichen Verfahren Verfahrens-
oder Prozesskostenhilfe zu beantragen. Erst wenn dies nicht aus-reiche, komme die Einrichtung einer [X.] oder
[X.]-schaft in Betracht.
Eine Notwendigkeit zur Bestellung eines Ergänzungspflegers oder [X.] folge auch nicht aus Art.
22 des Übereinkommens vom 20.
November 1989 über die Rechte des Kindes ([X.] [X.], S.
121; [X.], im Folgenden: [X.]). Zwar stehe dieses
Überein-kommen seit der am 15.
Juli 2010 erfolgten Rücknahme des Vorbehalts durch die Bundesregierung im Range eines Bundesgesetzes. Art.
22 Abs.
1 [X.]
begründe aber keine unmittelbaren Rechte der Betroffenen.
Selbst wenn aber aus dieser Vorschrift
individuelle Rechte abgeleitet werden könnten, würde dies bei dem vorliegenden Sachverhalt keine Bestellung eines Ergänzungspflegers oder [X.]s gebieten, weil ein "angemessener Schutz"
des Minderjähri-gen schon durch die Bestellung eines Vormundes gewährleistet sei, der für sei-nen Mündel die erforderlichen asyl-
oder ausländerrechtlichen Schritte ergreifen könne.
2. Gegen diese Ausführungen wendet sich die
Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
Die Besorgung der ausländer-
und asylrechtlichen Angelegenheiten des [X.] gehört als Teil der Personensorge zum Aufgabengebiet des bestellten 10
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-
Vormunds. Wer unter Vormundschaft steht, erhält nach §
1909 Abs.
1 Satz
1 BGB für Angelegenheiten, an denen der Vormund verhindert
ist, einen Pfleger
(zur Abgrenzung der [X.] von der [X.]schaft vgl. [X.] 1976, 214, 216
f.). Die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach dieser Vorschrift setzt neben einer tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung des Vormundes ein Bedürfnis für die Anordnung der Pflegschaft voraus, das durch einen gegenwärtigen konkreten Anlass begründet sein muss ([X.]Z 65, 93, 95 = NJW 1976, 49).
Der Amtsvormund ist im vorliegenden Fall weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen daran gehindert, den Mündel in ausländer-
oder asylrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten.

a) Eine rechtliche Verhinderung des Vormundes liegt nicht vor. Sie könn-te
grundsätzlich auch
nicht damit begründet werden, dass Jugendamt und Aus-länderamt derselben Behördenleitung
unterstehen und ein deshalb zu [X.] (§
1796 Abs.
2 BGB),
es rechtfertigen könnte, dem Jugendamt als Vormund nach §
1796 Abs.
1 BGB die Vertretungsmacht zu ent-ziehen
(vgl. auch [X.]sbeschluss vom 5.
März 2008 -
XII ZB 2/07
-
FamRZ 2008, 1156 Rn.
13
f.). Das Jugendamt führt die Vormundschaft in eigener Ver-antwortung, so dass bei ihrer ordnungsgemäßen
Führung kein beachtlicher In-teressenkonflikt in asyl-
und ausländerrechtlichen Angelegenheiten des [X.] entstehen kann ([X.] FamRZ 1999, 1694; [X.]/[X.] BGB [2012] §
1909 Rn.
31; vgl. [X.], 43).
b) Indessen
entspricht es einer verbreiteten und auf einen Aufsatz von [X.] aus dem Jahre 1898 ([X.] 42, 413, 434) zurückgehenden [X.] in Rechtsprechung und Literatur, dass bereits das auf fehlender Ge-schäftsgewandtheit oder mangelnder Sachkunde beruhende Unvermögen des Vormundes, eine Angelegenheit des [X.] angemessen wahrzunehmen, eine Verhinderung tatsächlicher Art im Sinne von §
1909 Abs.
1 BGB begrün-13
14
-
7
-
den kann
([X.] 1976, 214, 217; BayObLG FamRZ 1977, 664, 668 f.; [X.] 2000, 485, 487; [X.]/[X.] Aufl. §
1909 Rn.
7; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1.
Februar 2013] §
1909 Rn.
7; [X.]/[X.] BGB 13.
Aufl. §
1909 Rn.
9; grundsätzlich zustimmend auch [X.]/[X.] 13.
Aufl. §1909 Rn.
4). Daraus wird hergeleitet, dass einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling für die Besorgung seiner asyl-
und ausländerrechtlichen Rechtsangelegenheiten schon wegen
fehlender ([X.]) juristischer Sachkunde seines Vormundes beim Bestehen eines Fürsorgebedürfnisses ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt als Ergän-zungspfleger für diesen Aufgabenkreis beigegeben werden könne (vgl. [X.] 2000, 485, 487; [X.] FamRZ 2010, 1027
f.; zustim-mend [X.]/[X.]
Aufl. §
1909 Rn.
7; [X.] 2003, 557, 558; [X.] ZAR 2010, 378, 380 f.).
c)
Dem vermag der [X.] nicht beizutreten.
aa) Bereits gegen den
rechtlichen
Ausgangspunkt, wonach eine Verhin-derung im Sinne von §
1909 Abs.
1 BGB schon dann anzunehmen sei, wenn Eltern oder Vormund zwar tatsächlich und rechtlich zum Handeln in der Lage sind, jedoch nach dem Stand ihrer Einsicht, Erfahrung oder Geschäftsgewandt-heit für
bestimmte Angelegenheiten keine geeigneten Sachwalter ihrer Kinder oder Mündel zu sein scheinen, werden mit Recht grundsätzliche Bedenken gel-tend gemacht (vgl. [X.], 1097
f.; [X.]/Coester-Waltjen Familienrecht 6.
Aufl. §
75 Rn.
32; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1909 Rn.
14; [X.] Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjähri-ge 3.
Aufl. §
10 Rn.
17; Rohde
in Hoppenz
Familiensachen 9.
Aufl. §
1909 Rn.
5; jurisPK-BGB/[X.] [Bearbeitungsstand: Oktober 2012] §
1909 Rn.
61).

15
16
-
8
-
Die [X.] ist ein an sich klar
konturiertes [X.] (vgl. [X.]/Coester-Waltjen Familienrecht 6.
Aufl. §
75 Rn.
32), welches die bei der Vertretung des Minderjährigen
entstehenden Lücken bei der Besor-gung solcher
Angelegenheiten schließt, in denen Eltern oder Vormund ihr [X.] nicht ausüben können oder dürfen. Diese Fälle ergeben sich aus dem Gesetz.
Bei bestehender
Vormundschaft kommt die Ergänzungspfleg-
schaft daher grundsätzlich nur dann und nur insoweit in Betracht, als der [X.] von der Vertretung seines
[X.] kraft Gesetzes ausgeschlossen (vgl.
§§
1795
Abs.
1,
1795 Abs.
2 i.V.m.
181
BGB)
oder durch eine familiengerichtli-che Entscheidung (vgl. §§
1796 Abs.
1, 1801, 1837 Abs.
4 i.V.m. 1666, 1666
a BGB) in
seiner Vertretungsmacht beschränkt worden ist.
Nach §
1837 Abs.
4 i.V.m. §§
1666, 1666
a BGB sind auch diejenigen Fälle zu beurteilen, in denen sich der Vormund aus tatsächlichen Gründen als ungeeignet für die Besorgung bestimmter Angelegenheiten des [X.] erweist; ohne eine entsprechende Sorgerechtsbeschränkung durch gerichtliche Entscheidung ist für die Anord-nung einer Pflegschaft wegen persönlicher Unzulänglichkeit des Vormunds grundsätzlich kein Raum ([X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1909 Rn.
14; vgl. auch [X.]/[X.] BGB [2012] §
1909 Rn.
29). Wäre es anders, müsste
das Familiengericht bei fehlender Sachkunde oder Geschäftsgewandt-heit des Sorgeberechtigten
in sehr vielen Fällen nicht nur als berechtigt, son-dern sogar als verpflichtet
angesehen werden,
durch die Anordnung einer Pflegschaft in deren
gesetzliche Vertretungsmacht bezüglich bestimmter Ange-legenheiten einzugreifen

1794 BGB), ohne dass die Voraussetzungen der
§§
1666, 1666
a BGB vorliegen müssten (zutreffend [X.]
Vormund-schaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3.
Aufl. §
10 Rn.
17).
[X.]) Verfügt der Vormund, dessen generelle Eignung nicht in Frage steht,
nicht über die zur sachgerechten Besorgung einzelner Geschäfte des [X.] erforderliche Sachkunde, ist es seine Sache, diesen
Mangel an Eignung
in ei-17
18
-
9
-
gener Verantwortung durch Inanspruchnahme fachspezifischer
Hilfen [X.]. Bei fehlender juristischer
Sachkunde muss sich der Vormund daher um geeignete Rechtsberatung und im gerichtlichen Verfahren um eine anwaltli-che Vertretung für seinen Mündel bemühen (vgl. [X.] 2011, 139, 140; [X.] FamRZ
2012, 1955, 1957;
[X.]
Vormund-schaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3.
Aufl. §
10 Rn.
17; [X.]/Coester-Waltjen Familienrecht
6.
Aufl. §
75 Rn.
32). Etwas anderes lässt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht daraus herleiten, dass der Vormund im Falle der Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes zur näheren Instruktion und Überwachung des Rechtsanwaltes verpflichtet bleibt
und insoweit auch weiterhin einem Haftungsrisiko ausgesetzt ist. Komplizierte Rechtsangelegenheiten des [X.] können für einen Vormund nicht nur auf dem Gebiet des Asyl-
und Ausländerrechts, sondern in vielfältiger Weise auch auf anderen
Rechtsgebieten zu besorgen
sein. Es entspricht indessen dem Wesen der Vormundschaft, dass der Vormund seinen Mündel erforderlichen-falls auch bei
schwierigen Geschäften oder Geschäftskomplexen zu vertreten hat. Dies schließt es im Falle
der Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes not-wendigerweise ein, dass der Vormund auf der Grundlage der von dem Rechts-anwalt erteilten
Beratung und Belehrung für seinen Mündel Entscheidungen zu treffen und den Bevollmächtigten entsprechend zu instruieren hat. Weder dieser Umstand noch das allgemeine Haftungsrisiko, welches der Vormund bei einer schuldhaften (§
1833 Abs.
1 Satz
1 BGB) Verletzung seiner Pflicht zur treuen und gewissenhaften Führung der Vormundschaft ausgesetzt ist, können es deshalb
rechtfertigen, den Vormund aus seiner Verantwortung für den
Mündel zu entlassen (vgl. [X.] 2011, 139, 140).
Stehen der Inanspruchnahme rechtlichen Beistands die finanziellen [X.] des [X.] entgegen, ist dieser Mangel durch Beratungshilfe (hier: durch Öffentliche Rechtsberatung) und im gerichtlichen Verfahren durch [X.]
-
10
-
zess-
bzw. Verfahrenskostenhilfe zu beheben ([X.] Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3.
Aufl. §
10 Rn.
17).
Die Pflegschaft ist demgegenüber kein Instrument, um einem unbemittelten Kind
aus öffentli-chen Kassen Sozialleistungen zu gewähren, auf die ein mittelloses Kind ohne Einrichtung einer Pflegschaft keinen Anspruch hätte; dies gilt auch für [X.] im Bereich der Rechtspflege
(vgl. [X.]sbeschluss vom 20.
Dezember 2006 -
XII
ZB 118/03
-
FamRZ 2007, 381, 383 zum Betreuungs-recht).
[X.]) Auch im Lichte der
[X.] ist keine andere Beur-teilung geboten.
Dabei kann es auf sich beruhen, ob den Regelungen der
[X.] das Gebot
entnommen werden kann, dass ein mittello-ses unbegleitetes
Kind -
neben der Bestellung eines Vormunds

im Falle seiner Beteiligung an einem Asylverfahren oder an sonstigen Verwaltungs-
und Ge-richtsverfahren unentgeltlichen Zugang
zu
einem
Rechtsbeistand erhalten soll (vgl. UN-Ausschuss für Kinderrechte,
[X.] [2005], Treat-ment of una[X.]ompanied and separated children outside their country of origin, [X.]/GC/2005/6 Rn.
36 und 69,
veröffentlicht auf www.unhcr.org; [X.],
[X.]
Art.
22 Rn.
11; [X.] 2012, 206, 210
f.; a.A. wohl [X.] FamRZ 2011, 740, 742). Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wird
dieser Zugang
in der [X.] konventionskon-form durch das System der Beratungs-
und Prozesskostenhilfe gewährleistet;
dieses System garantiert
gleichzeitig -
im Einklang mit Art.
2 [X.] und Art.
16 Abs.
1 und Abs.
2 des Abkommens über die Rechtsstellung von Flücht-lingen vom 28.
Juli 1951 ([X.] 1953
II, S.
560; Genfer Flüchtlingskonvention)
-
auch die Gleichbehandlung
von mittellosen Flüchtlingen und unbemittelten [X.] Staatsangehörigen ([X.] FamRZ 2012, 1955, 1958
und 20
21
-
11
-
FamRZ 2011, 740, 742; OVG Münster EZAR-NF 95 Nr.
22). Eine
darüber hin-aus gehende Forderung nach [X.], welche
die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Ergänzungspfleger für die Besorgung von Rechtsangele-genheiten eines unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlings gebieten würde, lässt sich jedenfalls aus der [X.] nicht herleiten
(so auch [X.] ZAR
2010, 378, 381).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art.
3 Abs.
1 [X.], wonach bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes als vorrangi-ger Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist. Der Gesichtspunkt des Kindeswohls kann
keinen absoluten Vorrang beanspruchen (BVerwG [X.] 402.242 §
56 AufenthG Nr.
5; OVG Lüneburg InfAuslR 2013, 19, 22), auch nicht gegenüber der Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsgleichheit von bemittelten und unbemittelten Rechtssuchenden -
auch Kindern
-
im Rahmen
der Vorschriften über die
Sozialhilfe auf dem Gebiet der Rechtspflege herzustellen. Im Übrigen wird den durch Art.
3 Abs.
1 [X.] in den Blick genommenen Belangen des 22
-
12
-
Kindeswohls in ausländer-
und asylrechtlichen Verfahren bereits bei der [X.] der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung Rechnung zu tragen sein ([X.] FamRZ 2011, 740, 742).
Dose

Weber-Monecke

Klinkhammer

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.05.2011 -
284 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.08.2011 -
2 UF 121/11 -

Meta

XII ZB 530/11

29.05.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2013, Az. XII ZB 530/11 (REWIS RS 2013, 5404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5404

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