Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2018, Az. XI ZR 135/17

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6288

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:100718UXIZR135.17.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XI
ZR 135/17
Verkündet am:

10. Juli 2018

Herrwerth

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 19.
Juni 2018 eingereicht werden konnten, durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, [X.]
Grüneberg und [X.] sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 26.
Januar 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger begehren gegenüber der beklagten Bausparkasse die Fest-stellung des
[X.] ihres [X.].
Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 2.
März 1998 einen Bau-sparvertrag
(Vertragsnummer:

) über eine Bausparsumme von 40.000
DM unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für Bausparver-träge der Beklagten (im Folgenden: [X.]). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:
1
2
-
3
-
"Präambel: Inhalt und Zweck des Bausparens
Bausparen ist zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen

§ 2 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten [X.] beträgt 3 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag).

§ 3 Verzinsung des Sparguthabens
(1) Das Bausparguthaben wird mit 3
% jährlich verzinst.

(3) Verzichtet der Bausparer
nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus. Der Zins-bonus besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des Gutha-benzinses nach Abs.
1. Die Höhe des [X.] beträgt bei einer [X.] (§
4 Abs.
2
b) von

2.400-3.999

3,5
%

4.000-5.999

4
%

6.000 und mehr

4,5
%.
Der Zinsbonus wird mit dem Bausparguthaben ausgezahlt.
§ 4 Zuteilung des [X.]
(1) Die Zuteilung des [X.] ist eine Voraussetzung für die Auszahlung der Bausparsumme. Die Zuteilung wird dem Bausparer mitgeteilt mit der Aufforderung, in-nerhalb von vier Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Rechte aus der Zuteilung wahrnimmt (Zuteilungsannahme).

§ 5 Nichtannahme der Zuteilung; Vertragsfortsetzung

(2) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß an oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, wird der Vertrag fortgesetzt.
-
4
-
(3) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine
Rechte aus der Zuteilung je-

(4) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus nach [X.] von §
3 Abs.
3."
Der Bausparvertrag war am 31.
Juli 2003 zuteilungsreif. Die Kläger nah-men ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch. Mit Schreiben vom 7.
Mai 2015, das den Klägern am 4.
Juli 2015 zuging, erklärte die Beklagte die Kündigung des [X.] zum 12.
November 2015. Anfang Mai 2015 belief sich das Bausparguthaben der Kläger auf 12.292,23

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Ihrer Klage auf Feststel-lung des [X.] des Vertrages über den 12.
November 2015 hinaus hat das Amtsgericht insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass der Vertrag bis zum 4.
Januar 2016 fortbestanden hat; die weitergehende Klage hat es [X.]. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Berufungsge-richt zurückgewiesen. Mit ihrer

vom Berufungsgericht zugelassenen

Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung

im Wesentlichen ausgeführt:
3
4
5
6
-
5
-
Das Amtsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Kläger die Feststellung des Fortbestands ihres [X.] über den 4.
Januar 2016 hinaus begehrten. Denn die Beklagte habe den Bausparvertrag gemäß §
489 Abs.
1 Nr.
2 BGB wirksam zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Dieses Kündi-gungsrecht stehe während der Ansparphase eines [X.] auch der Bausparkasse zu. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts seien gegeben, weil insbesondere mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife von einem voll-ständigen Darlehensempfang auszugehen sei.
Entgegen der Auffassung der Kläger stehe §
489 Abs.
3 BGB der Wirk-samkeit der Kündigung nicht entgegen, weil die Kläger der Kündigung wider-sprochen und Klage erhoben hätten und deshalb der Einwand aus §
489 Abs.
3 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sei (§
242 BGB).

II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die [X.] hat den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag mit Schreiben vom 7.
Mai 2015 gemäß §
489 Abs.
1 Nr.
3 BGB in der bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF; nunmehr §
489 Abs.
1 Nr.
2 BGB) wirk-sam gekündigt.
1. Auf den im März 1998 abgeschlossenen Bausparvertrag findet

wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist

Darlehensrecht Anwen-dung (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
185/16, [X.], 94 Rn.
20
ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde ist vom Bundesver-fassungsgericht durch Beschluss vom 21.
Juni 2017

1
BvR
918/17

nicht zur Entscheidung angenommen worden). In zeitlicher Hinsicht ist

soweit für die 7
8
9
10
-
6
-
Entscheidung von Bedeutung

gemäß Art.
229 §
5 Satz
2, Art.
229 §
22 Abs.
2 und 3, Art.
229 §
38 Abs.
1 und 2 EGBGB das Darlehensrecht der §§
488
ff. BGB in der bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maß-geblich (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
185/16 aaO Rn.
18
f.).
2. Die Beklagte hat den Bausparvertrag gemäß §
489 Abs.
1 Nr.
3 BGB
aF wirksam zum 4.
Januar 2016 gekündigt.
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 21.
Februar 2017 (XI
ZR
185/16, [X.], 94 Rn.
34
ff.) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, steht auch einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus §
489 Abs.
1
Nr.
3 BGB
aF zu.
b) Die Voraussetzungen dieses Kündigungsrechts liegen vor.
aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zins-satz auf, weil bei Vertragsschluss der [X.] für die Dauer der [X.] in Höhe von 3%
p.a. vereinbart worden ist (§
3 Abs.
1 [X.]).
Daran ändert auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Zinssatzes bei Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß §
3 Abs.
3,
§
5 Abs.
4 [X.] nichts, weil auch für diesen Fall der Darlehenszins für die gesamte Lauf-zeit von Anfang an als feststehende Prozentzahl ausgedrückt wird und bereits bei Vertragsschluss vereinbart worden ist. Mit der Einführung der Formulierung "gebundener Sollzinssatz" in §
489 Abs.
1 BGB durch das Gesetz zur [X.], des zivilrechtlichen Teils der Zahlungs-diensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs-
und Rückgaberecht vom 29.
Juli 2009 ([X.]
I S.
2355) anstelle der [X.] "fester Zinssatz" in §
489 Abs.
1 BGB
aF ist keine inhaltliche Änderung verbunden gewesen (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S.
74).
11
12
13
14
15
-
7
-
bb) Seit dem vollständigen Empfang des Darlehens durch die Beklagte waren zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom 7.
Mai 2015 auch mehr als zehn Jahre vergangen, weil
der Bausparvertrag erstmalig am 31.
Juli
2003 zuteilungsreif war. Wie der Senat in seinem Urteil vom 21.
Februar 2017 (XI
ZR
185/16, [X.], 94 Rn.
71
ff.) näher ausgeführt hat, ist bei ei-nem Bausparvertrag von einem vollständigen Empfang des Darlehens regel-mäßig im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen. Denn zu die-sem Zeitpunkt ist das Zweckdarlehen, welches der Erlangung des Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens dient, der Bausparkasse vollständig gewährt worden.
Entgegen der
Ansicht der Revision folgt vorliegend etwas anderes nicht aus der Zinsbonusregelung der §
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.]. Diese Regelung führt ebenso wenig wie ein Wahlrecht betreffend die Höhe der Guthabenverzin-sung während der Ansparphase (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 25.
Juli 2017

XI
ZR
116/17, juris Rn.
10) zu einer Modifikation des Vertragszwecks im Hinblick
auf die in der Erbringung der Ansparleistungen liegende Darlehensge-währung an die Beklagte (vgl. dazu Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
185/16, [X.], 94 Rn.
81). §
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.] eröffnen dem Bausparer lediglich die Möglichkeit, nach der Zuteilung einen Verzicht auf das Bauspardarlehen zu erklären, um rückwirkend ab Vertragsbeginn einen

hier: in Abhängigkeit von der Höhe der Bewertungszahl
-
über den ursprüngli-chen Zinssatz von 3%
p.a. hinausgehenden Zins für das Bausparguthaben be-anspruchen zu können. Diese Möglichkeit besteht nicht nur einmalig beim erst-maligen Eintritt der Zuteilungsreife (§
3 Abs.
3 [X.]), sondern auch bei einer Vertragsfortsetzung (§
5 Abs.
4 [X.]). Das dem Bausparer eingeräumte [X.] ändert aber nichts daran, dass seine bis zur erstmaligen [X.] erbrachten Ansparleistungen weiterhin zweckgebunden sind, um einen [X.] auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen, der erst in der 16
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-
8
-
Folge durch einen Verzicht auf das Bauspardarlehen unter Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß §
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.] abgegolten werden kann. Insoweit ist der vorliegende Fall anders gelagert als der Fall eines
zeitlich be-grenzten Verzichts auf die Gewährung eines Bauspardarlehens, bei dem der Vertrag nach Ablauf des [X.] fortgesetzt wird und bei dem die Ansparleistungen während der Karenzzeit zusätzlich einem reinen Sparzweck dienen (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017, aaO; Senatsbeschluss vom 25.
Juli 2017, aaO).
Ein anderes Verständnis der Zinsbonusregelung hat das Berufungsge-richt zu Recht

insoweit von der Revision nicht angegriffen

auch dem Werbe-material der Beklagten nicht entnommen. Darin werden lediglich die [X.] und die Möglichkeit einer späteren Zuteilung der Bausparsumme nä-her erläutert, ohne indes den Klägern eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit der Geldanlage zu versprechen.
cc) Soweit die Kläger erstmals in der Revisionsinstanz geltend machen, einen Verzicht auf das Bauspardarlehen erklärt zu haben, sind sie mit diesem Vorbringen gemäß §
559 Abs.
1 ZPO ausgeschlossen. Die Revision hat auch keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge gemäß §
557 Abs.
3 Satz
2, §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2
Buchst.
b ZPO erhoben, mit der sie aufzeigt, dass das [X.] entsprechenden Vortrag der Kläger entgegen §
286 ZPO unbeach-tet gelassen hat (vgl. dazu [X.], Urteile vom 8.
Juli 1954

IV
ZR
67/54, [X.]Z 14, 205, 209
f., vom 22.
Februar 2005

XI
ZR
359/03, [X.], 782, 785
f. und vom 11.
Juni 2015

I
ZR
75/14, NJW 2016, 953 Rn.
45). Ungeachtet [X.] würde vorliegend der Verzicht auf das Bauspardarlehen nach §
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.] lediglich zu einem Anspruch der Kläger auf Gewährung des vereinbarten Zinsbonus führen, nicht hingegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 7.
Mai 2015 berühren.
18
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-
9
-
c) Mit Ablauf der Kündigungsfrist von sechs Monaten nach dem Zugang des Kündigungsschreibens vom 7.
Mai 2015 ist der Bausparvertrag am 4.
Januar 2016 beendet worden.
d) Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Kündigung auch nicht gemäß §
489 Abs.
3 BGB
aF als nicht erfolgt gilt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, können sich die Kläger auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§
242 BGB) auf Grund ihres widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
185/16, [X.], 94 Rn.
89).

Ellenberger

Grüneberg

[X.]

Menges

Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.03.2016 -
151 [X.] 2279/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.01.2017 -
3 S 15/16 -

20
21

Meta

XI ZR 135/17

10.07.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2018, Az. XI ZR 135/17 (REWIS RS 2018, 6288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6288

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