Bundessozialgericht, Urteil vom 05.12.2019, Az. B 3 KR 5/19 R

3. Senat | REWIS RS 2019, 766

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Krankenversicherung - Ruhen des Krankengeldanspruchs - - Versäumnis der Meldefrist - Vorliegen eines Ausnahmefalls - Wiedereinsetzung in die verstrichene Wochenfrist - richterliches Institut zur Nachsichtsgewährung


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19. März 2019 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld ([X.]) für die [X.] vom 28.5. bis 12.6.2016.

2

Der 1964 geborene Kläger war als Beschäftigter bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) pflichtversichert. Ab [X.] war er durchgehend arbeitsunfähig krank und schied nach Kündigung durch seinen Arbeitgeber zum 30.4.2016 arbeitsunfähig aus dem Arbeitsverhältnis aus. Ab 1.5.2016 gewährte die Beklagte ihm [X.] in Höhe von 56,38 Euro brutto kalendertäglich. Die Gemeinschaftspraxis Dres. [X.] attestierte ihm Arbeitsunfähigkeit ([X.]; Diagnosen F48.0G, [X.], [X.]) und stellte ua folgende [X.]-Bescheinigungen bzw [X.] aus:

        

ausgestellt am:
[X.] bis:
2.5.2016
16.5.2016
17.5.2016
27.5.2016
[X.]
10.6.2016
13.6.2016
26.6.2016

3

Am [X.] erfuhr der Kläger von der Beklagten, dass die [X.]-Folgebescheinigung vom [X.] bei dieser nicht eingegangen sei, woraufhin er der Beklagten die Bescheinigung am selben Tag per Telefax zuleitete. Die Beklagte verfügte anschließend, dass der [X.]-Anspruch des [X.] für die [X.] vom 28.5. bis 12.6.2016 ruhe, da ihr seine [X.] vom [X.] nicht innerhalb einer Woche gemeldet worden sei (Bescheid vom [X.]). Ab 13.6.2016 erhielt der Kläger wieder (bis 17.10.2016) [X.] und bezog anschließend Arbeitslosengeld.

4

Der Widerspruch des [X.], mit dem er geltend machte, er habe die streitige Krankmeldung fristgerecht eingereicht (Versendung der [X.]-Bescheinigung per Einwurfeinschreiben am [X.] an die [X.], zeitgleich Durchschlag per Brief an die Beklagte; Vorlage einer Quittung über den Erwerb von [X.]wertzeichen) blieb ohne Erfolg: Der Kläger trage die Gefahr des Nichteingangs bzw nicht rechtzeitigen Eingangs der [X.]-Meldung; der [X.]-Anspruch ruhe auch dann, wenn eine rechtzeitig zur [X.] gegebene Meldung verlorengehe und die Meldung unverzüglich nachgeholt werde (Widerspruchsbescheid vom 31.5.2017).

5

Das [X.] hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen, weil § 49 Abs 1 [X.] [X.]B V dem Begehren des [X.] entgegenstehe. Die [X.]-Gewährung sei nach der Rechtsprechung des B[X.] bei verspäteter Meldung trotz rechtzeitiger Absendung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben seien und den Versicherten kein Verschulden am unterbliebenen bzw nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung treffe. Ein Ausnahmefall liege insoweit nicht vor (Urteil vom 24.9.2018).

6

Das L[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen: Er habe keinen [X.]-Anspruch für die [X.] vom 28.5. bis 12.6.2016, weil der nach §§ 44 ff [X.]B V (idF des [X.]-Versorgungsstärkungsgesetzes - [X.]-V[X.] - vom 16.7.2015, [X.] 1211) entstandene Anspruch insoweit nach § 49 Abs 1 [X.] [X.]B V geruht habe. Die am [X.] bescheinigte [X.] sei der Beklagten erst nach Ablauf einer Woche - am [X.] - gemeldet worden. Die Meldeobliegenheit sei strikt zu handhaben, eine Wiedereinsetzung in die Wochenfrist komme nicht in Betracht (so B[X.]E 52, 254 = [X.] 2200 § 216 [X.]). § 5 Abs 1 Satz 5 Entgeltfortzahlungsgesetz ([X.]) suspendiere einen Versicherten nicht von seiner Meldepflicht (so B[X.] Urteil vom 18.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - [X.] 4-2500 § 49 [X.], auch zur Veröffentlichung in B[X.]E 127 vorgesehen). Bei unterbliebener oder verzögerter Meldung könnten sich Versicherte nicht auf fehlendes eigenes Verschulden berufen, auch bei einer rechtzeitig zur [X.] gegebenen, auf dem [X.]weg aber verlorengegangenen [X.]-Bescheinigung (so bereits B[X.]E 29, 271 = [X.] [X.] zu § 216 RVO). Der Senat sei hier zwar davon überzeugt, dass der Kläger die Bescheinigung vom [X.] noch am selben Tag an die Beklagte zur [X.] aufgegeben habe. Daraus folge aber nichts aus dem [X.] zu seinen Gunsten, weil kein im Verantwortungsbereich der [X.] liegendes Fehlverhalten oder ein ihr zurechenbares Risiko erkennbar sei. Für das Eingreifen des [X.] fehle es auch daran, dass an einen geringfügigen Verstoß unverhältnismäßige Rechtsfolgen geknüpft würden oder der Rechtsausübung kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liege (Hinweis auf B[X.] Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 166/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]). Eine Nachsichtgewährung sei nicht dazu geeignet, die gesetzliche Verteilung der Verantwortungsbereiche in Bezug auf die objektive Beweislast zwischen Versichertem und [X.] abzuändern (Urteil vom 19.3.2019).

7

Mit seiner dagegen gerichteten Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung von § 49 Abs 1 [X.] [X.]B V: Die strikte Auslegung der Meldeobliegenheit aufgrund eines B[X.]-Urteils aus dem Jahr 1969 (B[X.]E 29, 271 = [X.] [X.] zu § 216 RVO) sei heute nicht mehr gerechtfertigt, da sich seither die Verteilung der Verantwortungsbereiche verlagert habe. Inzwischen sei eine Zentralisierung der Bearbeitungszeit eingetreten. Bei den großen [X.]n würden jetzt nämlich in großem Umfang [X.]-Bescheinigungen in [X.] zentral erfasst, was mit neuen erheblichen Fehlerquellen behaftet sei. Der Risikobereich des Verlustes auf Seiten der [X.]n habe sich dadurch massiv erweitert, sodass das Verlustrisiko von [X.]-Bescheinigungen nach deren Aufgabe bei der [X.] nicht mehr allein den Versicherten zugewiesen werden dürfe. Die Rechtsprechung zur strikt zu handhabenden Meldeobliegenheit müsse auch deshalb kritisch überprüft werden, da diese Rechtsprechung - wie umfänglich unter Hinweis auf Veröffentlichungen im [X.] (ua Tipps und Testberichte von [X.]; Veröffentlichungen der Beklagten betreffend ihre Geschäftsstellen; zahlreiche Äußerungen von Versicherten und Patienten) ausgeführt wird - den [X.]n mittlerweile dazu diene, sich der Verpflichtung zur [X.]-Zahlung durch einfachen Verweis auf die Risikoverteilung zu entziehen. Die Beklagte dürfe sich daher nicht auf einen verspäteten Zugang der [X.]-Bescheinigung berufen.

8

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. März 2019 und des [X.] vom 24. September 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2017 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die [X.] vom 28. Mai bis 12. Juni 2016 zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das L[X.]-Urteil für zutreffend, verweist auf die - weiterhin aktuelle - ständige höchstrichterliche Rechtsprechung sowie darauf, dass der Kläger mit bloßen, durch Feststellungen des L[X.] nicht gedeckten Vermutungen argumentiere.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

Die Vorinstanzen haben revisionsrechtlich beanstandungsfrei entschieden, dass der Kläger für die streitige [X.] vom 28.5. bis 12.6.2016 keinen Anspruch auf Zahlung von [X.] hat, weil sein Anspruch nach § 49 Abs 1 [X.] ruhte.

1. Zwischen den Beteiligten ist (zu Recht) außer Streit, dass die Voraussetzungen des [X.] für den Anspruch auf [X.] dem Grunde nach erfüllt sind. Nach §§ 44 ff [X.] (hier bereits anzuwenden idF des ab 23.7.2015 geltenden [X.] vom [X.], [X.] 1211 ) setzt der Anspruch auf [X.] voraus, dass der Kläger wegen Krankheit arbeitsunfähig war, die [X.] ärztlich festgestellt wurde, und dass er zu der [X.] vom 28.5. bis 12.6.2016, für die er [X.] begehrt, bei der beklagten [X.] mit Anspruch auf [X.] versichert war. Dies war der Fall, weil die [X.] des in der streitigen [X.] mit Anspruch auf [X.] versicherten [X.] durch seine behandelnden Ärzte festgestellt und durch [X.]-Bescheinigungen vom 17. und [X.] dokumentiert wurde. Der Anspruch auf [X.] entstand nach § 46 Satz 1 [X.] 2 [X.] nF vom Tag der ärztlichen Feststellung an und blieb nach § 46 Satz 2 [X.] nF bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere [X.] wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wurde, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der [X.] erfolgte, wobei Samstage insoweit nicht als Werktage gelten. Hier endete der am 17.5.2016 begonnene [X.] am Freitag, dem 27.5.2016 und die Folge-[X.]-Feststellung erfolgte am darauffolgenden Montag, dem [X.] bis zum 10.6.2016. Da der Kläger als versicherungspflichtig Beschäftigter mit Anspruch auf [X.] versichert gewesen war, blieb diese Versicherung über den Anspruch auf [X.] gemäß § 192 Abs 1 [X.] 2 [X.] aufrechterhalten.

2. Der Anspruch auf [X.] ruhte jedoch im streitigen [X.]raum nach § 49 Abs 1 [X.], solange die [X.] des [X.] der beklagten [X.] nicht gemeldet war, da die Meldung nicht - wie erforderlich - innerhalb einer Woche nach Beginn der [X.] erfolgte: Die Meldung der in der Bescheinigung vom [X.] dokumentierten, ärztlich festgestellte [X.] ging bei der [X.] nämlich erst am [X.] per Fax ein. Wie das [X.] in den - nicht mit Revisionsrügen der Beteiligten angegriffenen und daher für den Senat revisionsrechtlich bindenden - Feststellungen (vgl § 163 SGG) seines Urteils dargelegt hat, ließ sich der Nachweis über einen früheren Zugang der Meldung nicht erbringen. Damit war die Wochenfrist des § 49 Abs 1 [X.] 5 Halbsatz 2 [X.] nicht eingehalten, sodass das Ruhen des [X.]-Anspruchs des [X.] eintrat.

a) Der Senat verweist zur Auslegung der genannten Regelung auf seine Ausführungen im Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R ([X.] 4-2500 § 49 [X.] 8, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). In diesem Urteil hat der Senat ua Bezug nehmend auf vorangegangene Rechtsprechung zur [X.]-Meldung ua Folgendes entschieden und hält daran fest:

"Die Meldung der [X.] ist eine Tatsachenmitteilung (vgl [X.] [X.] 2200 § 216 [X.] 8 S 23 zur Vorläufervorschrift des § 216 Abs 3 [X.]), die telefonisch, schriftlich, mündlich (vgl [X.], 198, 202 = [X.] [X.] 7 zu § 216 [X.]) oder auch in elektronischer Form erfolgen kann. § 49 Abs 1 [X.] bestimmt allerdings nicht ausdrücklich, wer diese Meldung der [X.] vorzunehmen hat. Der Versicherte muss seine [X.] jedenfalls nicht persönlich mitteilen, vielmehr kann die Mitteilung auch durch einen Vertreter übermittelt werden (vgl [X.], 198, 202 = [X.] [X.] 7 zu § 216 [X.]). Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn der [X.] die ärztliche Feststellung der [X.] bekannt gegeben wird und die Bekanntgabe dem Versicherten zuzurechnen ist, sofern er mit der Bekanntgabe an die [X.] einverstanden ist und dieser Verfahrensweise nicht widersprochen hat (vgl [X.] [X.] 2200 § 216 [X.] 8, [X.] und [X.]). Zur Meldung der [X.] gehört dabei notwendig der Hinweis auf die ärztliche Feststellung, während es einer separaten mündlichen oder schriftlichen Erklärung des Versicherten, dass er arbeitsunfähig ist, neben der ärztlichen Feststellung gegenüber der [X.] nicht bedarf (so [X.] [X.] 2200 § 216 [X.] 8 S 23).

Die [X.]-Meldung bezweckt, der [X.] die Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen. Die Ruhensvorschrift des § 49 Abs 1 [X.] soll die [X.]n zum einen davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten [X.]-Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, um beim [X.] Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der [X.] und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können (vgl nur [X.], 219 = [X.] 4-2500 § 46 [X.] 1, Rd[X.] 16 f; [X.], 52 = [X.] 4-2500 § 192 [X.] 7, Rd[X.] 26). Überdies sollen die [X.]n die Möglichkeit erhalten, die [X.] zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) überprüfen zu lassen, um [X.] entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (vgl [X.], 219 = [X.] 4-2500 § 46 [X.] 1, Rd[X.] 17, 28; [X.], 18 = [X.] 4-2500 § 46 [X.] 4, Rd[X.] 17 mwN; [X.], 52 = [X.] 4-2500 § 192 [X.] 7, Rd[X.] 18). Die Wochenfrist, innerhalb derer die Meldung der [X.] gegenüber der [X.] erfolgen kann, ist mit Rücksicht darauf eine Ausschlussfrist (vgl bereits [X.], 254, 257 = [X.] 2200 § 216 [X.] 5 S 10).

… Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist die Meldung der [X.] eine Obliegenheit des Versicherten, deren Folgen bei unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Meldung grundsätzlich von diesem selbst zu tragen sind. Die Meldung ist in entsprechender Anwendung von § 130 Abs 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der [X.] zugegangen ist (so bereits [X.]E 29, 271, 272 = [X.] [X.] 8 zu § 216 [X.]). Bei verspäteter Meldung ist die Gewährung von [X.] daher selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten kein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (stRspr, vgl [X.] [X.] [X.] 11 zu § 216 [X.]; [X.]E 38, 133, 135 = [X.] 2200 § 182 [X.] 7 S 8; [X.]E 56, 13, 14 f = [X.] 2200 § 216 [X.] 7 S 19; [X.] [X.] 2200 § 216 [X.] 11; [X.]E 85, 271, 276 = [X.] 3-2500 § 49 [X.] 4 S 15 f). Auch eine vom Versicherten rechtzeitig zur Post gegebene, aber auf dem Postweg verloren gegangene [X.]-Bescheinigung kann den Eintritt der Ruhenswirkung des [X.] daher selbst dann nicht verhindern, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird (vgl [X.]E 29, 271, 272 = [X.] [X.] 8 zu § 216 [X.] 6 Rückseite). Die [X.] muss der [X.] vor jeder erneuten Inanspruchnahme des [X.] auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat und wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der [X.] über die Weitergewährung des [X.] neu zu befinden ist (stRspr, vgl nur [X.]E 85, 271, 275 f = [X.] 3-2500 § 49 [X.] 4 S 15)."

b) Vom Vorliegen eines Ausnahmefalls, in dem das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung der [X.]-Bescheinigung nicht den Versicherten, sondern die [X.] trifft, kann im Falle des [X.] nicht ausgegangen werden.

Derartige Ausnahmefälle sind auch nach der aktuellen Rechtsprechung des [X.] - wie etwa im Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R (aaO) ausgeführt - nur in engen Grenzen anerkannt. So kann sich die [X.] beispielsweise nicht auf den verspäteten Zugang der dem Versicherten obliegenden Meldung der [X.] berufen, wenn die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruhte, die in den Verantwortungsbereich der [X.] fallen und der Versicherte weder wusste noch wissen musste, dass die [X.] von der [X.] keine Kenntnis erlangt hatte (vgl [X.], 254, [X.] 2 und 258 ff = [X.] 2200 § 216 [X.] 5 ). Die fehlende Feststellung oder Meldung der [X.] darf dem Versicherten ausnahmsweise auch nicht entgegengehalten werden, wenn er entweder geschäfts- bzw handlungsunfähig war, oder aber, wenn er seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der [X.] zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde (vgl [X.]E 85, 271, 276 f = [X.] 3-2500 § 49 [X.] 4; [X.], 219 = [X.] 4-2500 § 46 [X.] 1, Rd[X.] 17 ff). Damit hat die Rechtsprechung auf Grundsätze zurückgegriffen, die schon zum Recht der [X.] entwickelt wurden, und die auch durch das [X.] nicht überholt sind (vgl [X.] Urteil vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R - [X.]E 123, 134 = [X.] 4-2500 § 46 [X.] 8, Rd[X.] 22 mwN). Darüber hinaus hat der Senat zuletzt mit Urteil vom [X.] - B 3 KR 6/18 R - (zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen) einen Sonderfall für die Konstellation einer die [X.] nicht bzw nicht rechtzeitig erreichten [X.]-Bescheinigung angenommen, dass die [X.] einem Vertragsarzt [X.] zur Übersendung der für die [X.] bestimmten Ausfertigungen der [X.]-Bescheinigung überlässt und die Bescheinigung dem auf die Ordnungsgemäßheit dieses Vorgehens vertrauenden Versicherten deshalb nicht ausgehändigt wird.

Für das Vorliegen einer der vorstehend beschriebenen Ausnahmekonstellationen ist bei dem Kläger nach dem vom [X.] festgestellten, vom Senat nur nach Maßgabe des [X.] zu beurteilenden Sachverhalt nichts ersichtlich. Der Nichtzugang der den Kläger betreffenden ärztlichen [X.]-Bescheinigung bei der [X.] trotz rechtzeitiger Absendung auf dem Postweg ist mit solchen Fällen nicht vergleichbar. Weder bestanden bei ihm Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit noch gab es nach den Feststellungen des [X.] Anhaltspunkte für der [X.] zuzurechnende Fehler noch dafür, dass der Versicherte etwa von seiner Meldeobliegenheit durch Übernahme der Meldung durch den behandelnden Arzt gegenüber der [X.] entlastet war. Denn dem Kläger wurde die für die beklagte [X.] bestimmte Ausfertigung der [X.]-Bescheinigung vom behandelnden Arzt tatsächlich ausgehändigt, und er selbst nahm nach seinem Vorbringen und nach der Feststellung des [X.] die Absendung an die Beklagte auch tatsächlich vor.

Das weitere Revisionsvorbringen des [X.] führt zu keinem anderen Ergebnis. Er stützt sich zwar unter Hinweis auf [X.] darauf, dass die strikte Handhabung der Meldeobliegenheit inzwischen nicht mehr gerechtfertigt sei, weil die [X.]n die ihnen zugeleiteten zahlreichen [X.]-Bescheinigungen zentral einscannten und sich durch diese Handhabung die Verantwortung zur [X.] hin verlagert habe. Wie das [X.] in den Entscheidungsgründen seines Urteils bereits ausdrücklich betont hat, ist im Fall des [X.] gerade kein im Verantwortungsbereich der [X.] liegendes Fehlverhalten erkennbar gewesen; schon von daher mangelt es an der Tatsachenbasis für eine Ausnahme von der Zurechnung des Übermittlungsrisikos auf den Kläger. Das Fehlen entsprechender Feststellungen des [X.] im Sinne des [X.] macht sein Vorbringen revisionsrechtlich irrelevant. Es beschränkt sich über weite Strecken auf bloße Vermutungen und unzulässiges neues Tatsachenvorbringen. Der Klägervortrag im Revisionsverfahren hat insoweit die Wiedergabe vorgefundener Schilderungen Dritter zum Gegenstand, nicht aber betrifft er die konkreten Verhältnisse bei der [X.] bezogen auf die vorliegend einschlägigen [X.]räume und Örtlichkeiten. In solchen Fällen besteht aber auch für ein Tatsachengericht kein Anlass zu ermitteln, ob etwa beim Einscannen von [X.]-Bescheinigungen bei der beklagten [X.] systematische Dokumentationsfehler zu verzeichnen waren oder ob Schriftstücke bei Erreichen der Sphäre der [X.] sogleich mit Eingangsstempel versehen wurden. Dass der Kläger im Berufungsverfahren entsprechende, verfahrensfehlerhaft übergangene Beweisanträge gestellt hat, macht er hier selbst nicht geltend; auch andere Verfahrensrügen in Bezug auf die vom [X.] getroffenen Feststellungen hat er nicht erhoben (vgl aber erneut § 163 SGG).

Selbst wenn man aber der Argumentation des [X.] nähertreten und annehmen wollte, geänderte allgemeine Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit den [X.]-Meldeobliegenheiten geböten im [X.]-Recht eine Abkehr von der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher zugrunde gelegten Verteilung der [X.], kann daraus nicht schon ohne Weiteres hergeleitet werden, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung einer generellen Korrektur unterziehen müssten. Trotz der bekannten bisherigen Rechtsprechung zu § 49 Abs 1 [X.] 5 und zu § 46 [X.] sind nämlich teilweise vorgenommene Änderungen zum [X.]-Recht erst durch das [X.] vom [X.] ([X.] 646; dazu: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum vorgenannten Gesetz, BT-Drucks 19/6337 [X.] f Zu Nummer 22 <§ 46> und Zu Nummer 24 <§ 49>) mit Wirkung zum [X.] vorgenommen worden, auch im Zusammenhang mit der ebenfalls eingeführten elektronischen [X.]-Meldung zum 1.1.2021. Hieraus kann geschlossen werden, dass zwar durchaus ein Bedarf für gesetzliche Änderungen im [X.]-Recht gesehen wurde, dies jedoch nur bezogen auf einen begrenzten Bereich und nur mit Wirkung für die Zukunft.

c) Das [X.] hat darüber hinaus zutreffend angenommen, dass eine Wiedereinsetzung in die verstrichene Wochenfrist für die [X.]-Meldung nicht in Betracht kommt, weil es sich bei der Frist des § 49 Abs 1 [X.] um eine Ausschlussfrist des materiellen Rechts handelt (vgl bereits zur Vorgängerregelung des § 216 Abs 3 [X.]: [X.], 254, 257 = [X.] 2200 § 216 [X.] 5 S 10).

Ebenso folgt nichts zu Gunsten des [X.] aus dem von ihm herangezogenen richterrechtlichen Institut der [X.] bei Fristversäumung. Eine [X.] kommt nach der älteren Rechtsprechung des [X.] zum [X.]-Recht nur in Betracht, wenn dafür besondere Gründe vorliegen und die vom Gesetzgeber mit der Ausschlussfrist verfolgten Ziele und die dabei zu berücksichtigenden Interessen nicht entgegenstehen. Diese Rechtsfigur der [X.], die maßgebend auf dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) fußt, hat das [X.] vor Inkrafttreten des § 27 [X.] zum 1.1.1981 für Konstellationen unverschuldeter [X.] herangezogen, um das damalige Fehlen einer gesetzlichen Wiedereinsetzungsregelung zu kompensieren; die Rechtsfigur hat aber durch Einführung des § 27 [X.] ihre eigenständige Bedeutung weitestgehend verloren (vgl bereits [X.] Urteil vom [X.] - B 3 KR 6/18 R - juris Rd[X.] 37 unter Hinweis auf [X.] [X.] 5750 Art 2 § 51a [X.] 49). Die [X.] kann unbeschadet der vom [X.] zutreffend angeführten weiteren rechtlichen Gesichtspunkte (= nur zeitlich begrenzte Auswirkung der Norm, kein völliger Wegfall des [X.] wie bei § 46 [X.] iVm § 192 Abs 1 [X.] 2 [X.]) nicht dafür herangezogen werden, eine in ganz bestimmter Weise festgelegte Verteilung der Verantwortungsbereiche zwischen Versicherten und [X.]n aufzubrechen.

3. [X.] beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 3 KR 5/19 R

05.12.2019

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Stuttgart, 24. September 2018, Az: S 9 KR 3814/17, Urteil

§ 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5, § 242 BGB, § 27 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.12.2019, Az. B 3 KR 5/19 R (REWIS RS 2019, 766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 766

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 3 KR 6/18 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Ruhen des Krankengeldanspruchs - Meldung der Arbeitsunfähigkeit - Vertragsarzt - Überlassung von Freiumschlägen …


B 3 KR 23/17 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Ruhen des Krankengeldes - Mitteilungspflicht des Versicherten über die Arbeitsunfähigkeit


B 3 KR 18/18 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeld - Ruhen - Meldung der Arbeitsunfähigkeit - Vorliegen eines Ausnahmefalls


B 3 KR 1/19 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeldanspruch - Prüfung für jeden Bewilligungsabschnitt - ärztliche Feststellung - Meldung der Arbeitsunfähigkeit …


B 1 KR 35/14 R (Bundessozialgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.