Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2000, Az. X ZR 177/97

X. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2715

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:23. März [X.] Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: ja[X.] § 276 A, § 516a)Die Einstandspflicht des Schenkers für sein anfängliches Unvermögen setztgrundsätzlich ein Verschulden nicht voraus.b)Die Auslegung des Schenkungsvertrags kann jedoch im Einzelfall ergeben,daß eine Garantiehaftung des Schenkers für sein anfängliches Unvermögendem Parteiwillen nicht entspricht.[X.], [X.]. v. 23. März 2000 - [X.] - [X.] 2 -Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 1. [X.]ebruar 2000 durch [X.], [X.], Scharen, [X.] und die Richterin [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das am 5. November 1997 [X.] [X.]eil des 23. Zivilsenats des [X.] aufgehoben.Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Beklagte schloß 1994 mit dem Kläger, ihrem Großneffen, und des-sen Bruder einen notariell beurkundeten [X.] übereinen vermeintlichen Miteigentumsanteil zu ¼ der Beklagten an einem bebau-ten Grundstück in [X.].. Die Übergabe sollte danach im Wege vorweg-genommener Erbfolge unter Vorbehalt eines lebenslangen [X.] erfolgen, der Kläger und sein Bruder sollten je einen [X.] 3 -tumsanteil zu ? erwerben. Tatsächlich war und ist die Beklagte nicht Miteigen-tümerin zu ¼; das Grundstück steht im Eigentum einer ungeteilten [X.], an der die Beklagte beteiligt ist. Zu einem Vollzug des [X.] es daher nicht. Der Kläger bemühte sich in der [X.]olge vergeblich um denAbschluß eines neuen Vertrags über die Übertragung des [X.] Beklagten.Der Kläger hat die Beklagte zunächst auf Auflassung des [X.] ?-Anteil an ihn und Bewilligung der Eintragung im Grundbuch und hilfsweiseauf Schadensersatz in Höhe des anteiligen [X.], den erauf 109.500,-- DM beziffert hat, nebst Zinsen in Anspruch genommen. [X.] hat die Beklagte die Schenkung wegen groben Undanks wider-rufen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, nach Hauptantrag, weil [X.] nicht Miteigentümerin sei, nach Hilfsantrag, weil es daran fehle, [X.] Beklagte ihr Leistungsvermögen zugesagt und der Kläger sich hierauf [X.] habe. Die Berufung des [X.], mit der nur der in der Höhe auf100.532,-- DM ermäßigte Hilfsantrag weiter verfolgt wurde, ist erfolglos geblie-ben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren wie in der Berufungs-instanz weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.Entscheidungsgründe:Die zulässige Revision hat Erfolg.[X.] Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des [X.]nach § 523 Abs. 2 [X.] verneint; die Revision nimmt dies hin. Rechtsfehlerliegen insoweit nicht vor.- 4 -I[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, beide Parteien seien [X.] irrig davon ausgegangen, daß die Beklagte tatsächlich Inhabe-rin eines Miteigentumsanteils an dem in Streit stehenden Grundstück sei. [X.] sei ein [X.]all subjektiven anfänglichen Unvermögens gegeben. Dies wird vonder Revision nicht angegriffen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. [X.],[X.]. v. 10.1.1992 - [X.], [X.], 3224 f.).II[X.] 1. Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, daß bei ei-nem [X.]all des subjektiven anfänglichen Unvermögens grundsätzlich verschul-densunabhängig auf das positive Interesse gehaftet werde, weil der Schuldnerdurch sein Leistungsversprechen stillschweigend eine Garantie für sein Lei-stungsvermögen übernommen habe. [X.]ür den [X.]all einer unentgeltlichen Zu-wendung wie hier ergebe sich jedoch aus der speziellen gesetzlichen Rege-lung der §§ 521-523 [X.] etwas anderes. § 521 [X.] beschränke die [X.] ausdrücklich auf Vorsatz und grobe [X.]ahrlässigkeit; auch [X.] beschränke § 523 [X.] die Haftung auf Arglist bzw. grobe[X.]ahrlässigkeit. Diese Vorschriften seien Ausdruck einer allgemeinen Wertungdes Gesetzgebers, die Haftung des Schenkers wegen der Unentgeltlichkeit undder Besonderheit des Schenkungsverhältnisses zu begrenzen. Deshalb sei§ 521 [X.] auch auf den [X.]all der anfänglichen subjektiven Unmöglichkeit an-zuwenden und es sei eine weitergehende Garantiehaftung im Bereich [X.] abzulehnen.2. Die Revision ist demgegenüber der Ansicht, daß die Haftung für [X.] Unvermögen auch bei der Schenkung den allgemeinen, von der- 5 -Rechtsprechung entwickelten Regeln folge, die insoweit eine Garantiehaftungbegründen.3. Der Senat tritt der Auffassung der Revision im Grundsatz [X.]) Es entspricht seit der Entscheidung des [X.] aus dem Jahr1908 in [X.], 355, 357 gefestigter - wenngleich nicht unangefochtener -Rechtsprechung, daß im Rahmen von vertraglichen Ansprüchen - anders u.U.bei gesetzlich begründeten Zahlungsverpflichtungen, vgl. etwa [X.]Z 140, 223,240 - bei anfänglichem Unvermögen des Schuldners Garantiehaftung auf daspositive Interesse eintritt, weil der Schuldner mit dem Abschluß des Vertragssein persönliches Leistungsvermögen garantiere (vgl. weiter z.B. [X.]Z 11, 16,22; [X.], [X.]. v. 24.6.1988 - [X.], NJW 1988, 2878 f.; [X.]. v. 20.12.1996- V ZR 277/95, NJW 1997, 938 f. m.w.N.; [X.], [X.]. v. 27.2.1974- 4 [X.], Betrieb 1974, 1617 f.; anders Teile des Schrifttums; [X.] u.a. bei [X.], [X.], 14. Aufl., § 8 II, [X.] [X.]n. 9; [X.]ikentscher,Schuldrecht, 9. Aufl., Rdn. 330; [X.]/[X.], [X.], 13. Bearb. 1995,Rdn. 45 f. zu § 306 [X.]). Im Schrifttum ist im Anschluß an [X.] eine ver-mittelnde Auffassung im Vordringen, wonach die Garantiehaftung nur die Zu-länglichkeit des eigenen [X.] erfasse. Auch in der Rechtspre-chung des [X.] wird für den vergleichbaren [X.]all der nachträglichen Unmög-lichkeit bei der Gattungsschuld (§ 279 [X.]) eine Einschränkung der Ein-standspflicht unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten angenommen (vgl. [X.], [X.].v. 12.7.1972 - VIII ZR 200/71, NJW 1972, 1702; [X.]. v. 1.12.1993- VIII ZR 259/92, NJW 1994, 515). Dafür, daß eine Einschränkung der [X.] diesem Gesichtspunkt durchgreifen könnte, bietet der festgestellte Sach-verhalt indessen keinen Anlaß. Das hier auf seiten der [X.], Eigentum zu verschaffen, rechnet auf jeden [X.]all zu den Umständen,deren Vorliegen der Schuldner garantiert (so ausdrücklich [X.], aaO,S. 103).b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die teilweise auchim Schrifttum vertreten wird (so ohne nähere Begründung [X.]/[X.],aaO, § 521 [X.] Rdn. 1; [X.] zum [X.]/Kollhosser, 3. Aufl., § 521[X.] Rdn. 3 unter Hinweis auf die Abweichung von der herrschenden Meinung;Soergel/Mühl/[X.], [X.], 12. Aufl., vor § 521 [X.] Rdn. 2), besteht keinhinreichender Anlaß, für den Bereich des vertraglichen Schenkungsverspre-chens grundsätzlich einen Sonderweg zu eröffnen. Zwar sehen die §§ 521, 523und 524 [X.] für das vertragliche Schenkungsversprechen Modifizierungendes allgemeinen [X.] aus § 276 [X.] vor, nach dem der Schuld-ner grundsätzlich für Vorsatz und [X.]ahrlässigkeit haftet. Solche [X.] jedoch im Bereich des Schuldvertragsrechts nicht ungewöhnlich (vgl. [X.] §§ 277, 690, 708 [X.]). Wie sich zudem aus § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2[X.] ergibt, unterliegt der gesetzlich vorgegebene Haftungsmaßstab in be-stimmten Grenzen der Disposition der Parteien. Der Anwendungsbereich [X.] über den Verschuldensmaßstab beschränkt sich jedoch auf solcheSachverhalte, bei denen nicht - wie etwa nach §§ 278, 279, 459 ff., 633 [X.]oder den von der Rechtsprechung zum anfänglichen Unvermögen entwickeltenGrundsätzen - eine verschuldensunabhängige Haftung begründet ist. Damitkönnen aber gesetzliche Haftungsmilderungen grundsätzlich dort nicht heran-gezogen werden, wo nicht verschuldensabhängig, sondern nach Art einer Ga-rantie gehaftet [X.] steht die Auffassung des [X.] in [X.], 17, 20 nichtim Widerspruch, nach der die Haftungsmilderung nach § 521 [X.] auch bei [X.] nach § 278 Satz 1 [X.] eingreift; denn nach der [X.] hat der Schuldner ein Verschulden des Erfüllungsgehilfen nurin gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten. Bereits aus der [X.] gewählten [X.]ormulierung ergibt sich somit für die [X.] dasDurchschlagen des [X.] aus § 521 [X.].Nach den zur Haftung wegen anfänglichen Unvermögens von Recht-sprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen ist demgegenüber eine An-knüpfung an einen [X.] nicht vorgesehen. Sie wäre auchgegenüber dem Konzept einer garantieartigen Einstandspflicht systemwidrig.c) Eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung kann allerdings in-soweit nicht zum Tragen kommen, als die Auslegung des die Haftung [X.] ergibt, daß die Parteien eine solche nicht haben begründenwollen. Ob dies der [X.]all war, hat das Berufungsgericht - von seinem Rechts-standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft. Der Senat ist, nachdem insoweitausreichende [X.]eststellungen fehlen, nicht in der Lage, diese Prüfung abschlie-ßend selbst vorzunehmen und auf dieser Grundlage in der Sache selbst zuentscheiden. Eine dahingehende Vertragsauslegung läßt sich nicht allein dar-auf stützen, daß es sich bei der Schenkung um ein freigiebiges Geschäft ohneechte Gegenleistung handelt. Allerdings liegt die Annahme, daß eine Garantie-haftung nicht gewollt ist, bei derartigen Geschäften von vornherein näher alsbei [X.]. Zudem ist nicht zu verkennen, daß vorliegend [X.] konkrete Umstände dafür sprechen können, daß es der übereinstimmendeWille der Parteien war, gerade nur den vermeintlichen Anteil der Beklagten an- 8 -einem bestimmten Grundstück zu übertragen und nicht darüber hinaus [X.] der Beklagten nach Art einer Garantie für den [X.]all des [X.]ehl-schlagens der eingegangenen Verpflichtung zu begründen. Hierfür kann [X.] insbesondere von Bedeutung sein, daß, wie es das Berufungsgericht [X.] hat, die Übertragung im Weg der vorgenommenen Erbfolge erfolgenund damit möglicherweise in erster Linie einer Vorverlegung der Generatio-nenfolge und/oder steuerlichen Zwecken dienen sollte. [X.] sich ein entspre-chender übereinstimmender Wille der Parteien, ggf. auch im Wege ergänzen-der Vertragsauslegung, ermitteln, bleibt für die Annahme einer Garantiehaftungim vorliegenden [X.]all kein Raum. Dabei wird unter dem Gesichtspunkt von [X.] Glauben (§ 242 [X.]) auch zu bedenken sein, welche Vertragsauslegungden Interessen der Parteien am besten gerecht [X.] Zur [X.]rage eines Widerrufs der Schenkung wegen groben Undankshat das Berufungsgericht keine [X.]eststellungen getroffen. Es wird [X.] Gelegenheit haben, diese nachzuholen.5. Nach dem derzeitigen Streitstand, insbesondere unter Berücksichti-gung des in der Vorinstanz zuletzt gestellten Antrags, besteht kein Anlaß zurPrüfung, ob aus dem geschlossenen Vertrag unter dem Gesichtspunkt einerveränderten Geschäftsgrundlage andere Ansprüche des [X.] abzuleitensein können, etwa dahin, daß die Beklagte ihren Miterbenanteil auf den [X.] übertragen hätte - was allenfalls dann in Betracht käme, wenn das fraglicheGrundstück der einzige noch nicht auseinandergesetzte Nachlaßgegenstandsein sollte -, oder dahin, daß die Beklagte zunächst verpflichtet wäre, die [X.] zu betreiben und sodann weitere Lei-stungen an den Kläger zu erbringen. Die Wiedereröffnung der [X.] -stanzen wird den Parteien und dem Gericht Gelegenheit geben, derartigeÜberlegungen anzustellen.[X.] Nach alledem kann das angefochtene [X.]eil keinen Bestand haben.Es ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des [X.] ist.[X.]MelullisScharen[X.]Mühlens

Meta

X ZR 177/97

23.03.2000

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2000, Az. X ZR 177/97 (REWIS RS 2000, 2715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2715

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