Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2016, Az. 3 StR 321/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3662

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:201016B3STR321.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 321/16
vom
20. Oktober
2016
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der
3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der
Beschwerde-führer und des [X.] -
zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag -
am 20.
Oktober 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4, §
354 Abs.
1 analog StPO ein-stimmig beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11.
Februar 2016
a)
mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
aa)
soweit es die Angeklagte U.

betrifft, in den Fällen
[X.]. und [X.]. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
bb)
soweit es den Angeklagten F.

betrifft,
im Fall [X.].
der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über den Vollzug der Strafe vor der Vollstreckung der Maßregel;
b)
soweit es den Angeklagten M.

betrifft, im Straf-
ausspruch dahin geändert, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf drei Jahre und sechs Monate festgesetzt wird.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten F.

und U.

, an eine andere Straf-
kammer des [X.]s zurückverwiesen.
2.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
-
3
-
3.
Der
Beschwerdeführer M.

hat die Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
-
den Angeklagten F.

wegen bandenmäßigen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, ban-denmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, [X.] mit Betäubungsmitteln, Verabredung
zu einem [X.] in zwei Fällen sowie wegen Wohnungseinbruchdiebstahls un-
ter Einbeziehung weiterer Strafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten; außerdem hat es seine Unter-
bringung in einer Entziehungsanstalt und den [X.] von
einem Jahr und drei Monaten der Strafe angeordnet;
-
die Angeklagte U.

wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, banden-mäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln,
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Verabredung zu einem Verbrechen sowie wegen Hehlerei zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren;
-
den Angeklagten M.

wegen bandenmäßigen Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen sowie wegen [X.]
-
4
-
stiftung zum Wohnungseinbruchdiebstahl zu der Gesamtfreiheits-
strafe von drei Jahren und acht Monaten.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Angeklagten U.

und F.

beanstanden daneben die Verletzung formellen Rechts.
Die Verfahrensrügen sind aus den vom [X.] in den [X.] ausgeführten Gründen unzulässig bzw. unbegründet. Mit den Sachrügen haben die Rechtsmittel hingegen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1. Im Fall [X.]. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung der Angeklagten U.

wegen Verabredung zum bandenmäßigen
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
a) Nach den vom [X.] insoweit getroffenen Feststellungen verab-redeten die drei Angeklagten, die gemeinsam [X.] und sich hierzu zu einer Bande zusammengeschlossen hatten, dem [X.] verfolgten A.

-
landen zu verschaffen. Der Angeklagte F.

vergewisserte sich zunächst, ob
A.

tatsächlich über die Geldsumme verfügte. Dann organisierte er ein
Treffen, an dem die drei Angeklagten und A.

teilnahmen. Unmittelbar da-
nach begab sich der Angeklagte M.

zu seinem Fahrzeug und machte
dort den A.

mit einem K.

bekannt, der als Kurier fungieren sollte.
Dessen Beteiligung wurde von A.

indes abgelehnt, da er schlechte Vorer-
fahrungen in der Zusammenarbeit mit K.

hatte. Ob das Betäubungsmittel-
geschäft schließlich zustande kam, konnte nicht geklärt werden. Den Ausfüh-
rungen zur Beweiswürdigung lässt sich hinsichtlich des genannten Treffens
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-
5
-
konkretisierend entnehmen, dass der Angeklagte M.

auf einem Park-
platz in ein von der Angeklagten U.

gesteuertes Fahrzeug stieg, in dem

auch der Angeklagte F.

saß und an das A.

herantrat, um sich mit
den Personen im Fahrzeug zu unterhalten.
b) Damit ist eine Verabredung der Angeklagten U.

zum bandenmäßi-
gen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht belegt.
aa) Die Strafbarkeit wegen Verabredung zu einem Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB setzt die vom ernstlichen Willen getragene Einigung mehrerer Per-sonen voraus, ein in Aussicht genommenes Verbrechen entweder selbst ge-meinschaftlich ausführen oder
einen anderen zu seiner Ausführung anstiften zu wollen. Das Versprechen einer Beihilfe zu der geplanten Tat genügt deshalb nicht (vgl. [X.], Urteile vom 27. Januar 1982 -
3 [X.], [X.], 244; vom 4. Februar 2009 -
2 [X.], [X.]St 53, 174, 176 mwN). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der in Aussicht genommenen Tat um ein [X.] handelt. Denn der Zusammenschluss als Bande hat nicht zur Folge, dass jede von einem Bandenmitglied begangene Tat einem anderen Bandenmitglied ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Tat im Sinne des § 25 Abs.
2 StGB zugerechnet werden kann. Die Frage, ob die Beteiligung an einem Bandenhan-del mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen ([X.], Beschluss vom 19.
Januar 2012 -
2 StR 590/11, [X.], 517). Danach ist Mittäter im Sinne von §
25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umge-kehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Zwar kann für die Einordnung als Mittäterschaft ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen, der sich auf eine Vorbereitungs-
oder Unterstüt-zungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentli-6
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-
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chen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen ([X.], Beschluss vom 14.
Juli 2016 -
3 [X.], [X.], 392; st.
Rspr.).
bb) Hieran gemessen ergeben die Feststellungen nicht, dass sich die Angeklagte U.

an dem verabredeten Betäubungsmittelgeschäft als Mittäte-
rin beteiligen wollte. Das von der Angeklagten im Vorfeld der geplanten Tat ge-zeigte Verhalten genügt
insoweit nicht. Der Beitrag der Angeklagten zur Vorbe-reitung des beabsichtigten Betäubungsmittelgeschäfts erschöpfte sich darin, den Angeklagten F.

zu dem Treffen mit dem Angeklagten M.

und
dem gesondert verfolgten A.

zu fahren und bei dem Gespräch auf dem
Parkplatz zugegen zu sein. Das geringe Gewicht dieses Tatbeitrags könnte
-
wäre die Tat im Folgenden ausgeführt worden
-
auch unter Berücksichtigung ihres Interesses am Gelingen der Tat, das aus dem gemeinsamen "Wirtschaf-ten" mit dem Angeklagten F.

folgte, eine mittäterschaftliche Beteiligung an
dem [X.] nicht begründen. Ob weitere Tatbeiträge zu dem geplanten [X.] mit der Angeklagten verabredet waren, bleibt offen.
cc) Da nicht auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände belegt werden können, die die Annahme rechtfertigen, die Angeklagte habe sich als Mittäterin an dem Bandenhandel beteiligen wollen, bedarf die Sache insoweit insgesamt neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung.
2. Im Fall [X.]. der Urteilsgründe belegen die Feststellungen nicht, dass
sich die Angeklagten F.

und U.

wegen Bandenhandels mit Betäu-
bungsmitteln strafbar gemacht haben.

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-
a) Nach den diesbezüglich getroffenen Feststellungen verkauften die
Angeklagten F.

und U.

insgesamt 90
g Marihuana mit einem Wirk-
stoffgehalt von 5,4
g THC an zwei Abnehmer auf [X.]. Wenige Tage später trieb die Angeklagte U.

mit Wissen des Angeklagten F.

das
Geld ein.
b) Dies trägt lediglich eine Verurteilung der Angeklagten wegen [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, nicht dagegen wegen ban-denmäßigen [X.]s. Zwar hatte die von den beiden Ange-klagten
mit dem Angeklagten M.

gegründete Bande nach den Feststel-
lungen im Tatzeitraum noch Bestand. Daraus folgt aber nicht, dass jedes von einem Bandenmitglied getätigte Betäubungsmittelgeschäft einen Bandenhandel darstellt. Denn die Annahme einer [X.] setzt neben einer ausdrücklich oder konkludent getroffenen [X.] zwischen mindestens drei Perso-nen voraus, dass der Täter die Tat gerade als Mitglied der Bande unter Mitwir-kung eines anderen Bandenmitglieds begeht. Die Einzeltat muss Ausfluss der
[X.] sein und darf nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt werden (vgl. [X.], [X.] vom 1. März 2011 -
4 [X.], [X.], 521 mwN).
Damit genügt es für die Einordnung als Bandenhandel nicht, dass [X.] zwei Bandenmitglieder Betäubungsmittel verkauften. Weitere Anhalts-punkte für einen spezifischen Bandenbezug der Tat ergeben die Feststellungen indes nicht. Ihnen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Angeklagten F.

und
U.

bereits im Vorfeld der [X.] gemeinschaftlich Betäubungsmit-
telhandel trieben. Auch die gegenüber dem Angeklagten F.

untergeordne-
te Stellung des Angeklagten M.

sowie der Umstand, dass die Angeklag-
ten U.

und F.

zusammen wirtschafteten, während der Angeklagte
M.

seine Einkünfte aus den Verkäufen nicht mit den anderen Banden-
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mitgliedern teilte, steht der Annahme entgegen, die Angeklagten hätten nach Gründung der Bande ausschließlich als Bandenmitglieder und nicht
auch im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten [X.] betrieben.
c) Das Urteil ist deshalb auch insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
3. [X.] der für die Fälle [X.]. der Urteilsgründe gegen die Ange-klagte U.

und [X.]. der Urteilsgründe gegen die Angeklagten F.

und
U.

verhängten Einzelstrafen zieht jeweils die Aufhebung des Gesamt-
strafenausspruchs nach sich. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklag-
ten F.

in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) hat dagegen Bestand, da
sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen ist. Allerdings kann auf-grund der Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs auch die Bestimmung der Dauer des gegen den Angeklagten F.

angeordneten [X.]s der
Strafe vor der Maßregel nicht bestehen bleiben (§
67 Abs.
2 Sätze 2 und 3 StGB).
4. [X.] M.

verhängte
Gesamtfreiheitsstrafe hat keinen Bestand, weil das Urteil insoweit einen unauf-löslichen Widerspruch aufweist. Nach dem [X.] ist der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Den Urteilsgründen zufolge hat das [X.] hingegen auf eine Gesamtfrei-heitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Worauf dieser [X.] beruht, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Um ein offenkundiges Schreibversehen, das eine Berichtigung zuließe, handelt es sich nicht, da die Strafzumessungsgründe keinen Anhalt dafür bieten, welche der beiden Ge-samtstrafen die Strafkammer für angemessen erachtet hat. Das Urteil bedarf 14
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indes nicht der Aufhebung im Strafausspruch, da auszuschließen ist, dass das Tatgericht auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als drei Jahre und sechs Monate erkannt hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Februar 2009
-
5
StR 46/09, [X.]R StPO §
260 Abs.
1 [X.] 5; Urteil vom 11.
Juni 2013 -
5
StR 174/13, [X.], 225). Der [X.] setzt deshalb in entspre-chender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe auf diese Höhe fest und ändert den [X.] entsprechend ab.
Der geringe Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten M.

lässt
es nicht unbillig erscheinen, ihn mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten

473 Abs. 1 und 4 StPO).
Becker Schäfer Spaniol

Tiemann Hoch

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Meta

3 StR 321/16

20.10.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2016, Az. 3 StR 321/16 (REWIS RS 2016, 3662)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3662

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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