Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2009, Az. III ZR 298/08

III. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2454

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 16. Juli 2009 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] §§ 2, 7; ZPO § 287; [X.] § 170 Abs. 2 Lassen sich die Verteidigungsauslagen, die für Tätigkeiten im Ermittlungsverfahren anfallen, von denen, die für gegen die Strafverfolgungsmaßnahme gerichtete Tätigkei-ten entstehen und nach §§ 2, 7 [X.] zu entschädigen sind, nicht abgrenzen, so ist der ersatzfähige Anteil nach Maßgabe des § 287 ZPO zu schätzen. Dies gilt auch dann, wenn die anwaltliche Tätigkeit "deckungsgleich" ist, d.h. wenn während des gesamten Zeitraums, in dem der Verteidiger für seinen Mandanten tätig geworden ist, sowohl das Ermittlungsverfahren lief als auch die entschädigungsfähige Strafverfol-gungsmaßnahme (hier: Sicherstellung von Sachen) aufrechterhalten wurde (Fortfüh-rung von und Abgrenzung zu [X.] 68, 86). [X.] § 10 Beauftragt der Entschädigungsberechtigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendma-chung seiner Entschädigungsansprüche gemäß § 10 [X.], so sind die dafür anfal-lenden Gebühren gleichfalls als Teil des Vermögensschadens erstattungsfähig. Der Gegenstandswert des zu erstattenden [X.] richtet sich nach der Höhe des [X.], wobei der von Gesetzes wegen zu erstattende und nicht (nur) der von der Landesjustizverwaltung zuerkannte Betrag maßgeblich ist. [X.], Urteil vom 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2009 durch den Vizepräsidenten [X.], [X.], [X.], [X.] und Schilling für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 12. November 2008 teilweise aufgehoben. Auf die Berufung des [X.] wird unter Zurückweisung des [X.] Rechtsmittels das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2008 teilweise abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 164,72 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 23. Oktober 2007 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird [X.]. Von den Kosten des ersten Rechtzugs haben der Kläger 93 % und der Beklagte 7 % zu tragen. Die Kosten des [X.] hat der Kläger zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die durch die Vernehmung der Zeugin [X.]entstanden sind, die der Beklagte zu tragen hat. Die Kosten des [X.] hat der Kläger zu tragen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand Die Parteien streiten über die Frage, in welchem Umfang der Kläger die ihm im Rahmen eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens entstandenen Rechtsanwaltskosten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfol-gungsmaßnahmen ([X.]) ersetzt verlangen kann. 1 Wegen des Verdachts der Steuerhehlerei erging im Dezember 2005 ge-gen den Kläger ein Durchsuchungsbeschluss. Bei der vom zuständigen Zoll-fahndungsamt durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des [X.] am 8. Februar 2006 wurden verschiedene Schriftstücke und ein [X.] sicher-gestellt. Am 8. Juni 2006 stellte das Hauptzollamt B. das Ermitt-lungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 [X.] ein und gab ihm die sichergestellten Sachen zurück. Mit Beschluss vom 27. Juli 2006 stellte das Amtsgericht die Entschädigungspflicht der Staatskasse rechtskräftig fest. Mit Bescheid vom 28. Juni 2007 erkannte die Generalstaatsanwaltschaft dem Klä-ger eine Entschädigung in Höhe von 118,37 • zu. Hiervon entfielen 82,67 • auf die von dem Kläger geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 413,36 • und 35,70 • auf die Rechtsanwaltsgebühren, die im Entschädigungs-verfahren selbst angefallen sind. Im Übrigen wies sie die Entschädigungsforde-rung des [X.] zurück. 2 Mit seiner Klage begehrt der Kläger vom beklagten Land unter anderem - soweit es für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist - die Erstattung der restlichen von ihm geltend gemachten Anwaltskosten. Das [X.] hat der Klage teilweise stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung des [X.] hatte namentlich hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren 3 - 4 - Erfolg. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit der - insoweit vom [X.] zugelassenen - Revision. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist begründet. 4 [X.] Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausge-führt, erstattungsfähig seien grundsätzlich die notwendigen Verteidigerkosten, soweit sie für die Abwehr der entschädigungsfähigen Strafverfolgungsmaß-nahme - hier der Durchsuchung und Sicherstellung - erforderlich gewesen seien und nach den Bestimmungen der §§ 464 ff [X.] keine Möglichkeit zur prozessualen Auslagenerstattung bestehe. Die vom [X.] für eine bloß anteilige Erstattung der Kosten herangezogene Entscheidung des [X.] vom 11. November 1976 (= NJW 1977, 957, 960) sei indes dahin zu verstehen, dass die Schätzung eines Anteils nur in Bezug auf solche Tätigkei-ten in Betracht komme, die eindeutig ausscheidbar seien ("– vor dem Vollzug der Strafverfolgungsmaßnahme oder nach der Beendigung des Vollzugs –"). Solche Anteile gebe es vorliegend nicht. Die Prozessbevollmächtigte sei nicht bereits vor der Strafverfolgungsmaßnahme tätig geworden, sondern erst mit der Durchsuchung bei dem Kläger. Die sichergestellten Sachen seien vollständig auch erst mit der Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 [X.] und damit mit der Beendigung der anwaltlichen Tätigkeit zurückgegeben worden. Das [X.] Bestreben habe deshalb stets sowohl darauf abgezielt, die [X.] - 5 - stellten Gegenstände wiederzubekommen als auch den Tatverdacht so zu ent-kräften, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt werde. Die Entkräftung des Tatverdachts habe die Aufhebung der Sicherstellung notwendig zur Folge [X.]. Gerade darin erweise sich die Deckungsgleichheit der anwaltlichen [X.]. Soweit das [X.] den an das Hauptzollamt gerichteten Schriftsatz der Verteidigerin vom 13. März 2006 ausschließlich dem Versuch der Entkräf-tung des [X.] und dem Bestreben zuordne, eine Einstellung des [X.] herbeizuführen, stimme dies zwar mit dem Wortlaut des Schriftsatzes überein. Indes habe die Entkräftung des [X.] eben auch dem Ziel gedient, die sichergestellten Gegenstände zurückzuerhalten. I[X.] Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Unrecht gemäß §§ 2, 7 [X.] die volle Verteidigervergütung zuerkannt. 6 Im Revisionsverfahren geht es allein um die Frage, wie der Umfang des [X.] gemäß § 7 [X.] zu bemessen ist, wenn sich - wie hier - innerhalb des entschädigungspflichtigen Rahmens die Verteidigung gegen die Strafverfolgungsmaßnahme von der allgemeinen Verteidigung nicht trennen lässt. 7 Nach § 7 Abs. 1 [X.] ist Gegenstand der Entschädigung der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden. 8 - 6 - 1. a) Der [X.] hat bereits mit Urteil vom 18. September 1975 ([X.] 65, 170) entschieden, dass der Entschädigungsanspruch aus §§ 2, 7 [X.] auch den Ersatz der Anwaltskosten beinhaltet, soweit die Kostenvorschriften der Strafprozessordnung die Möglichkeit einer prozessualen Erstattung dieser [X.] nicht vorsehen. Der Umstand, dass der Beschuldigte die Kosten seines Verteidigers im Ermittlungsverfahren nach den Regelungen der Strafprozess-ordnung nicht ersetzt verlangen kann, wenn das Verfahren vor Anklageerhe-bung gemäß § 170 Abs. 2 [X.] eingestellt wird, schließt also die Möglichkeit des Beschuldigten nicht aus, die Verteidigungskosten zur Aufhebung bzw. Rückgängigmachung einer Strafverfolgungsmaßnahme gemäß §§ 2, 7 [X.] ersetzt zu verlangen (vgl. [X.] 65, 170, 179 f; s. auch [X.] 68, 86, 87 = NJW 1977, 957). 9 b) Im [X.] hieran hat der [X.] mit Urteil vom 11. November 1976 ([X.]) im Falle der Anordnung von Untersuchungshaft entschieden, dass die durch die Beeinträchtigung (den Vollzug der Maßnahme) entstande-nen notwendigen Mehrauslagen des Betroffenen zur Wiedererlangung seiner Freiheit, aber auch die Verteidigungsauslagen, die nicht nur, aber auch diesem Ziel dienen - z.B. zur Entkräftung des Tatverdachts -, zu entschädigen sind ([X.] 68, 86, 89). Verteidigungsauslagen, die für Tätigkeiten vor dem Vollzug der Strafverfolgungsmaßnahme oder nach der Beendigung des [X.] und zur Beseitigung des mit der Strafverfolgungsmaßnahme verbundenen [X.] nicht erforderlich sind, sind nach §§ 2, 7 [X.] nicht zu [X.]. Soweit die dem Verteidiger gebührende Vergütung auch solche Tä-tigkeiten pauschal abgilt, steht dem Betroffenen eine Entschädigung zu, die dem Anteil der Verteidigung gegen die vollzogene Strafverfolgungsmaßnahme an der gesamten Verteidigung entspricht. Für die Bemessung dieses Anteils, die der Ermittlung eines ersatzfähigen Auslagenanteils in sonstigen Fällen des 10 - 7 - allgemeinen Schadensrechts vergleichbar ist, kommt eine Schätzung nach § 287 ZPO in Betracht ([X.] aaO). 2. Lassen sich die Verteidigungsauslagen, die für Tätigkeiten im Ermitt-lungsverfahren anfallen, von denen, die für gegen die Strafverfolgungsmaß-nahme gerichtete Tätigkeiten entstehen, nicht abgrenzen, so ist nach der Rechtsprechung des [X.]s der ersatzfähige Anteil nach Maßgabe des § 287 ZPO zu schätzen. Dies gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann, wenn - wie hier - während des gesamten Zeitraums, in dem der [X.] für seinen Mandanten tätig geworden ist, sowohl das Ermittlungsverfah-ren lief als auch die entschädigungsfähige Strafverfolgungsmaßnahme (hier: Sicherstellung von Sachen) aufrechterhalten wurde. 11 a) Die §§ 2, 7 [X.] sehen eine Entschädigung nur bei bestimmten Strafverfolgungsmaßnahmen vor, die der Gesetzgeber als schwerwiegende Eingriffe in den Rechtskreis des Betroffenen gewertet hat ([X.] 65, 170, 180). Danach sind die durch eine entschädigungspflichtige [X.] adäquat bedingten, objektiv notwendigen, nicht aber die sonstigen Auslagen zu ersetzen ([X.] NJW 1977, 957, 959, insoweit in [X.] 68, 86 nicht abge-druckt). Hierbei ist zu beachten, dass anwaltlicher Rat und anwaltliche Hilfe ge-eignet sind, eine sachdienliche und sachgerechte Verteidigung gegen derartige Eingriffe zu gewährleisten. Demzufolge darf der von einer solchen Strafverfol-gungsmaßnahme Betroffene grundsätzlich einen Rechtsanwalt hinzuziehen, ohne sich dem Einwand auszusetzen, die Inanspruchnahme eines Anwalts sei zur Verteidigung gegen den für entschädigungspflichtig erklärten Eingriff nicht notwendig gewesen. Damit ist der Betroffene für die Kosten zu entschädigen, die er für die gesetzlichen Gebühren und Auslagen seines Rechtsanwalts auf-wenden muss ([X.] 68, 86, 88). 12 - 8 - b) Die Bemessung der Entschädigung für die [X.] jedoch immer dann Probleme, wenn der Verteidiger - wie häufig - nicht nur gegen die Strafverfolgungsmaßnahme, sondern darüber hinaus im [X.] tätig wird, dessen Einstellung nach § 170 Abs. 2 [X.] eine Kostener-stattung nicht nach sich zieht. Denn während sich die Entschädigungspflicht aus §§ 2, 7 [X.] ausschließlich auf die Strafverfolgungsmaßnahme erstreckt, gilt die im Ermittlungsverfahren anfallende Grund- und Verfahrensgebühr nach § 14 [X.] in Verbindung mit Nr. 4100 und 4104 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 [X.] (Vergütungsverzeichnis - [X.]) in der Regel die gesamte Tätigkeit des [X.]s pauschal ab. Dabei umfasst die Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 [X.] neben den allgemeinen [X.] etwa auch die Teilnahme an Durchsuchungsmaßnahmen ([X.], [X.], Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., [X.]) oder gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 [X.] die Tätigkeit des Verteidi-gers im Beschwerdeverfahren ([X.]/Schmidt-[X.], Rechtsanwaltsvergü-tungsgesetz, 18. Aufl., [X.] 4104, 4105 Rn. 7; [X.] aaO S. 816; [X.], in: [X.]/[X.]/Schons, [X.], 2. Aufl., [X.]. 4 [X.] Rn. 11 und [X.]. 4.1 [X.] Rn. 2). Gesonderte Gebühren, die allein das gegen eine Strafverfol-gungsmaßnahme als solche gerichtete Verteidigerhandeln betreffen und des-halb ohne Weiteres in vollem Umfang zu ersetzen sind, fallen demgegenüber nur ausnahmsweise an. Dies kommt in Betracht, wenn etwa gegen eine Be-schlagnahmeanordnung nach § 304 [X.] Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel begründet oder in der Rechtsmittelinstanz eingelegt wird ([X.] aaO; s. auch [X.] aaO S. 817 f) oder aber der Verteidiger, dessen Mandant sich in Untersuchungshaft befindet, an einem [X.] teilnimmt und deshalb eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Nr. 3 [X.] beanspruchen kann. 13 - 9 - c) Lässt sich die Verteidigung gegen die Strafverfolgungsmaßnahme von der allgemeinen Verteidigung nicht trennen, so ist in Rechtsprechung und Lite-ratur umstritten, ob und in welchem Umfang eine Quotelung vorzunehmen ist. Dabei wird teilweise - und zwar, insoweit in Übereinstimmung mit dem [X.], ebenfalls unter Berufung auf das [X.]surteil [X.] 68, 86 - an-genommen, dass jedenfalls dann, wenn, wie hier, während des gesamten [X.], in dem der Verteidiger tätig geworden ist, sowohl das Ermittlungsverfah-ren angedauert hat als auch die Strafverfolgungsmaßnahme aufrechterhalten worden ist, die Verteidigervergütung in vollem Umfang zu ersetzen ist (vgl. ei-nerseits [X.]. 1985, 158, 159; [X.], Urteil vom 10. Dezember 2004 - 5 O 3286/03 - juris Rn. 31; [X.] NStZ 1994, 39, 40; [X.], [X.], 50. Aufl., § 7 [X.] Rn. 5; Schätzler/[X.], [X.], 3. Aufl., § 7 Rn. 27 a.E.; andererseits [X.] NStZ-RR 2003, 320; [X.] NStZ-RR 2002, 318, 319; [X.], Urteil vom 26. Februar 2008 - 15 O 9/08 - juris Rn. 25; [X.], Urteil vom 9. September 2008 - 4 O 99/08 - juris Rn. 40 f; siehe auch [X.], [X.], 279, 280; [X.], [X.], 7. Aufl., § 7 Rn. 23 ff). 14 Richtigerweise ist auch in den Fällen, in denen die gegen die entschädi-gungsfähige Strafverfolgungsmaßnahme und die wegen des Tatverdachts im Allgemeinen entfaltete anwaltliche Tätigkeit —[X.] ist, gemäß § 287 ZPO der Anteil der dem Verteidiger gebührenden, beide Tätigkeitsfelder abde-ckenden, pauschalen Vergütung zu schätzen, der dem Gewicht der gegen die vollzogene Strafverfolgungsmaßnahme gerichteten Verteidigung an der gesam-ten Verteidigung entspricht. 15 - 10 - Das Berufungsgericht sieht sich in seiner Rechtsauffassung durch das [X.]surteil [X.] 68, 86 bestätigt. Diese Entscheidung, in der der [X.] eine Schätzung nach § 287 ZPO für erforderlich erachtet hat, betraf eine Fallgestal-tung, bei der der Verteidiger auch noch nach der Beseitigung der Strafverfol-gungsmaßnahme tätig geworden war. Die Frage, ob und wie eine Kostenauftei-lung vorzunehmen ist, wenn die anwaltliche Tätigkeit "deckungsgleich" entfaltet wird, hatte der [X.] nicht zu entscheiden. Ob, wie das Berufungsgericht ge-meint hat und von der Revision in Abrede gestellt wird, sich der Begründung des [X.]s entnehmen lässt, dass bei "Deckungsgleichheit" die entstandenen Anwaltskosten immer vollständig zu ersetzen sind, kann dahinstehen. Sofern das [X.]surteil [X.] 68, 86 so zu verstehen sein sollte, würde der [X.] hie-ran nicht mehr festhalten. 16 Der [X.] hat in diesem Urteil vom 11. November 1976 zur [X.] der anteiligen Erstattung angefallener Verteidigerkosten unter anderem ausgeführt: Der von einer entschädigungspflichtigen [X.] Betroffene erhält (neben einer Entschädigung nach §§ 2, 7 [X.] für sons-tige Vermögensschäden) nach einem Freispruch im Strafprozess auf dem We-ge der prozessualen Kostenerstattung eine Entschädigung für alle notwendigen Verteidigungsauslagen einschließlich derjenigen, die für die Beseitigung von Strafverfolgungsmaßnahmen notwendig waren. Demgegenüber wäre es wider-sprüchlich, wenn einem Betroffenen, bei dem die Verdachtsgründe nicht einmal zur Anklageerhebung ausgereicht haben, jede Entschädigung versagt würde, obwohl er eine vom Gesetzgeber als schwerwiegend bewertete Rechtsbeein-trächtigung hat hinnehmen müssen und obwohl er die Verteidigerauslagen (auch) dazu aufgewandt hat, um das ihm mit dem Vollzug der Strafverfol-gungsmaßnahme abverlangte Opfer abzuwenden oder in Grenzen zu halten. 17 - 11 - Ähnlich lässt sich, wie die Revision zu Recht geltend macht, auch vorlie-gend argumentieren: Es wäre in der Tat widersprüchlich, wenn Beschuldigte, gegen die —[X.] ermittelt wird, nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 [X.] keinerlei Entschädigung erhalten, während diejenigen, ge-gen die zusätzlich eine Strafverfolgungsmaßnahme verhängt wird, sogar voll-ständigen Ersatz ihrer Verteidigerkosten verlangen könnten, sofern die anwaltli-che Tätigkeit in einem zeitlichen Rahmen erfolgt, in dem sowohl die Ermittlun-gen geführt worden sind als auch die Strafverfolgungsmaßnahme angedauert hat. Im Übrigen wäre es auch unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes bedenk-lich, wenn vorliegend die Staatskasse, sofern der Kläger seinen Verteidiger nur wenige Tage vor der Durchsuchung mandatiert hätte, im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO gegebenenfalls nur einen Bruchteil der Verteidigerkosten [X.] müsste - und zwar selbst dann, wenn der Verteidiger vor der [X.] nur geringfügig tätig geworden wäre -, während die Staats-kasse in der vorliegenden Konstellation der "Deckungsgleichheit" die angefalle-nen Verteidigerkosten in vollem Umfang erstatten müsste. 18 3. Das Berufungsurteil ist, da das Berufungsgericht die nach § 287 ZPO gebotene Schätzung unterlassen hat, aufzuheben. Der [X.] kann jedoch in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da auszuschließen ist, dass dem Kläger bei der vorzunehmenden Schätzung eine höhere Quote zugespro-chen werden kann als der vom [X.] zuerkannten (50 %), die der [X.] hingenommen hat. 19 a) Als Maßstab für die Aufteilung sind entsprechend § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] insbesondere die Bedeutung der vollzogenen Strafverfolgungsmaßnahme in ihrem Verhältnis zu den sonstigen vom Rechtsanwalt wahrgenommenen An-gelegenheiten sowie die Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen [X.] - 12 - keit einerseits für die Aufhebung der Strafverfolgungsmaßnahme und anderer-seits für die Verteidigung im Übrigen heranzuziehen (vgl. [X.] 68, 86, 89 zu § 12 Abs. 1 BRAGO a. F.). Die gemäß § 287 ZPO vorzunehmende Würdigung kann durchaus erge-ben, dass die entstandenen Verteidigergebühren voll zu ersetzen sind, wenn etwa der Betroffene in Untersuchungshaft war und sich die Bemühungen des Verteidigers auf die Aufhebung des Haftbefehls konzentrierten (vgl. dazu den vom [X.] entschiedenen Fall [X.] 68, 86). Andererseits setzt die anteilige Entschädigung nicht voraus, dass der Verteidiger überhaupt spezifisch gegen die Strafverfolgungsmaßnahme vorgegangen ist. Solange die Tätigkeiten des Verteidigers objektiv auch dem Zweck dienten, der Strafverfolgungsmaßnahme die Grundlage zu entziehen, wie namentlich durch die Entkräftung des Tatver-dachts, steht das "ob" der Haftung und damit eine anteilige Haftung nicht in Frage. Inwieweit sich die vom Verteidiger entfalteten Aktivitäten ausdrücklich gegen die Strafverfolgungsmaßnahme gerichtet haben und welche Bedeutung gerade die Abwehr des Vollzugs der Maßnahme für den Betroffenen im Rah-men der Gesamtverteidigung hatte, ist vielmehr erst bei der Ermittlung des [X.] im Rahmen des § 287 ZPO zu prüfen und zu würdigen (zu letzte-rem [X.], [X.], 279, 280). 21 b) Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen entfallen auf ein etwaiges Vorgehen gegen die Durchsuchung die telefonische Beratung des [X.] am Tage der Durchsuchung sowie teilweise die Wahrnehmung des [X.] am 20. Februar 2006, dessen Gegenstand zum Teil die Überle-gung gewesen war, inwieweit gegen die Durchsuchung einschließlich "Be-schlagnahme" vorgegangen werden sollte. Mindestens teilweise dem gleichen Ziel - so das [X.] - hat auch die mit Schriftsatz vom 10. Februar 2006 22 - 13 - begehrte Akteneinsicht gedient. Der Kläger hat in seiner Berufung die Richtig-keit bzw. Vollständigkeit dieser vom [X.] getroffenen Feststellungen nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich die - vom Berufungsgericht geteilte - Rechtsauffassung vertreten, dass wegen der "vollkommen deckungsgleichen" Tätigkeit der Verteidigerin unabhängig von der Gewichtung der einzelnen Ver-teidigungsmaßnahmen vollständiger Ersatz der angefallenen Anwaltskosten verlangt werden könne. Auch wenn man mit dem Berufungsgericht den Schriftsatz der Verteidi-gerin vom 13. März 2006, mit dem sie ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht hat, dass das Ermittlungsverfahren kurzfristig nach § 170 [X.] eingestellt [X.], dahin wertet, dieser habe auch dem Ziel gedient, die sichergestellten [X.] zurückzuerhalten, lässt eine Gesamtwürdigung der einzelnen [X.]en der Verteidigerin eine die Hälfte der angefallenen Gebühren übersteigen-de Entschädigung nicht zu. Dies gilt vor allem deshalb, weil der Kläger - worauf die Revision zu Recht hingewiesen hat - im Verfahren nicht dargelegt hat, dass die Wiedererlangung der im Rahmen der Durchsuchung sichergestellten [X.] für ihn von besonderer Bedeutung gewesen war. 23 c) Der Kläger kann demnach vom beklagten Land gemäß §§ 2, 7 [X.] hinsichtlich der Verteidigung gegen die Strafverfolgungsmaßnahme Anwaltskos-ten in Höhe von 206,68 • abzüglich bereits geleisteter 82,67 •, also einen Be-trag von 124,01 • ersetzt verlangen. 24 - 14 - II[X.] Da der Kläger nur die Hälfte der Verteidigerkosten ersetzt verlangen kann, sind auch die vom Berufungsgericht zuerkannten Anwaltsgebühren für das Betreiben des [X.] selbst zu kürzen. 25 1. Beauftragt - wie hier - der Entschädigungsberechtigte einen Rechtsan-walt mit der Geltendmachung seiner Entschädigungsansprüche gemäß § 10 [X.], so sind die dafür anfallenden Gebühren gleichfalls als Teil des [X.] erstattungsfähig. 26 Der [X.] folgt der - von der Revision im Übrigen nicht angegriffenen - Auffassung der Vorinstanzen, wonach bei der Ermittlung des [X.], aus dem das zu erstattende [X.] zu berechnen ist, die Höhe des von Gesetzes wegen zu erstattenden [X.] zugrunde zu legen ist und nicht (nur) der von der Landesjustizverwaltung zuerkannte Betrag (ebenso [X.], Beschluss vom 14. Juli 2008 - 1 W 48/08 - juris Rn. 11; [X.], Urteil vom 9. September 2008 - 4 O 99/08 - juris Rn. 45; [X.], Urteil vom 1. April 2003 - 1 O 1288/02 - juris Rn. 27). Dabei ist das Berufungsgericht bei seiner Gebührenberechnung - aus seiner Sicht folgerich-tig - wegen des von ihm angenommenen [X.] allerdings von einem zu hohem Gegenstandswert ausgegangen. 27 Die Gegenauffassung, wonach sich der Gegenstandswert nach dem von der Landesjustizverwaltung zuerkannten und nicht dem im Prozess erstrittenen Betrag richten soll ([X.], Urteil vom 11. November 2004 - 1 U 4066/04 - juris Rn. 29; [X.] VersR 1999, 200, 201; [X.] aaO Rn. 26), überzeugt nicht. Sie wird den allgemeinen Grundsätzen des [X.] - 15 - rechts nicht gerecht. Danach ist dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zu Grunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (vgl. [X.]surteil vom 13. April 1970 - [X.]/69 - NJW 1970, 1122, 1123; [X.], Urteile vom 18. Januar 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 1112 und vom 7. November 2007 - [X.] - NJW 2008, 1888 f). Die Gegenmeinung lässt - worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat - die Möglichkeit außer [X.], dass das Entschädigungsverfahren mit einem abweichenden Ergebnis im Prozess fortgesetzt wird, wie nicht zuletzt das vorliegende Verfahren verdeutlicht. 2. Bei der Bemessung der dem Kläger für das Betreiben des Entschädi-gungsverfahrens zuzubilligenden Anwaltsgebühren ist von der Berechnung des [X.]s auszugehen, das von einem Gegenstandswert von 206,68 • aus-gegangen ist. Zwar ist diesem Wert noch der Betrag von 30 • für den [X.] hinzuzurechnen, der dem Kläger vom Berufungsgericht - von der Revision un-angefochten - zusätzlich zuerkannt worden ist. Dies führt indes zu keinem Ge-bührensprung, so dass der Kläger die vom [X.] ermittelten Anwaltsge-bühren für das Entschädigungsverfahren in einer noch ausstehenden Höhe von 10,71 • beanspruchen kann. 29 - 16 - IV. Der im Tenor ausgewiesene Zahlbetrag in Höhe von 164,72 • ergibt sich mithin aus der Summe der noch zu beanspruchenden Anwaltsgebühren aus dem Ermittlungsverfahren (124,01 •) und dem Entschädigungsverfahren (10,71 •) sowie des [X.] für den [X.] (30 •). 30 [X.] [X.] Ri[X.] [X.] ist urlaubs- abwesend und kann daher nicht
unterschreiben. [X.] [X.] Schilling Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.02.2008 - 2 O 2535/07 - O[X.], Entscheidung vom 12.11.2008 - 3 U 34/08 -

Meta

III ZR 298/08

16.07.2009

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2009, Az. III ZR 298/08 (REWIS RS 2009, 2454)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2454

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