Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2020, Az. 6 StR 87/20

6. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11582

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2020:190520B6STR87.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

6
StR 87/20
vom
19. Mai 2020
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

-
2
-
Der 6. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des
Beschwerdeführers
am
19. Mai
2019
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 sowie entsprechend §
354 Abs.
1 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten
wird das Urteil des Landge-richts [X.]
vom 23.
Januar 2020
geändert
a)
im Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte wegen schwe-ren sexuellen
Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.] in vier Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.] in zwei Fäl-len, wegen sexuellen Missbrauchs von [X.] in 21
Fällen, in fünf Fällen in Tateinheit
mit sexuellem Miss-brauch von Jugendlichen, hiervon
in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Herstellung jugendpornographischer Schrif-ten, und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt ist,
b)
in den [X.] zu den Taten gemäß [X.] bis [X.]6 der Urteilsgründe dahin, dass der Angeklagte inso-weit jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten [X.] ist,
c)
in der Einziehungsentscheidung dahin, dass hinsichtlich des Nr.
0.2-1, 0.2-2) und des Nr.
0.5) jeweils lediglich deren
Festplatte eingezogen
ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
-
3
-
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten
wegen sexuellen Missbrauchs von [X.] in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen in 20
Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Herstellung jugendpornographischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuel-lem Missbrauch von [X.] in zwei Fällen, wegen schweren sexuel-len Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.] in vier Fallen
und
wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in 90 tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.
Ferner hat es die Einziehung verschiede-ner Datenträger angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklag-ten
erzielt mit der Sachrüge
den
aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie entsprechend den Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] unbegründet nach §
349 Abs.
2 StPO.
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
1. Hinsichtlich der vom Angeklagten
in den Jahren 2005 bis 2007 zu [X.] nicht näher eingrenzbaren [X.] begangenen 16 Taten des sexuellen Missbrauchs von [X.] muss die Verurteilung wegen jeweils

tateinheitlich verwirklichten sexuellen Missbrauchs von

Jugendlichen

nach
§
182 Abs.
2
Nr.
1 StGB i.d.[X.] vom
13.
November 1998
entfallen, weil insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Die Verjährung hat nicht geruht. Erst
durch Art.
1 Nr.
4 des 49.
Gesetzes zur Änderung des StGB vom 21.
Januar 2015 ([X.] I S.
10) ist
die Regelung des §
78b Abs.
1 Nr.
1 StGB auf
Strafta-1
2
3
-
4
-
ten nach §
182 StGB erstreckt und bis zur Vollendung des 30.
Lebensjahrs des Opfers erweitert worden. Ihre Anwendung ist ausgeschlossen, weil die für [X.] nach §
182 StGB geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren (§
78 Abs.
3

Nr.
4 StGB) bei
Inkrafttreten des Änderungsgesetzes bereits abgelaufen
war (st. Rspr., vgl. etwa [X.],
Beschlüsse
vom

24
Juni

2004

4 [X.], [X.]R StGB §
78 b Abs.
1 Ruhen 12; vom 30.
August 2017

4 [X.], [X.], 141). Die Taten wurden im Jahr 2019 aufgedeckt, weswegen
im Grundsatz zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Verfahrenshandlungen
erst im April
bzw.
Mai 2019 erfolgt sind (§
78c Abs.
1 Nr.
1 und 4 StGB).
Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob sich den [X.] die Ausnutzung einer fehlenden Fähigkeit des diesbezüglichen Tatop-fers zur sexuellen Selbstbestimmung durch
den
Angeklagten

182 Abs.
2 StGB aF) hinreichend entnehmen lässt.
2. Das [X.] hat in den genannten Fällen die tateinheitliche Bege-hung mehrerer Delikte

wenngleich wegen der ähnlichen Schutzrichtung der verwirklichten Straftatbestände mit geringerem
Gewicht

straferschwerend be-rücksichtigt. Im Blick darauf können die insoweit verhängten Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und zwei Monaten nicht bestehen bleiben. Der [X.] setzt sie in entsprechender Anwendung von §
354 Abs.
1 StPO auf jeweils drei Monate fest. Dies entspricht der Mindeststrafe des §
174 Abs.
1 StGB. Der An-geklagte ist dadurch nicht
beschwert. Angesichts der Zahl und Intensität der abgeurteilten Taten und der Länge der Tatzeiträume kann ausgeschlossen werden, dass das [X.] mangels Unerlässlichkeit einer
Freiheitsstrafe (§
47 Abs.
2

Satz
1 StGB)
Geldstrafen verhängt hätte.
Die Gesamtfreiheitsstrafe hat Bestand. Angesichts der verbleibenden Freiheitsstrafen von drei Jahren und drei Monaten, dreimal drei Jahren, fünfmal 4
5
6
-
5
-
zwei Jahren und drei Monaten, einem Jahr und drei Monaten sowie zweimal einem Jahr schließt der [X.] aus, dass sich die Reduzierung der 16 Einzel-strafen
auf je drei Monate
Freiheitsstrafe auf die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt hätte.
3. Entsprechend dem Antrag des [X.] und aus den von ihm
angeführten Gründen hat der [X.] ferner den offensichtlichen Zähl-fehler des [X.]s (21 statt 20 Taten des sexuellen Missbrauchs von [X.]) berichtigt (dazu etwa [X.], Beschluss vom 11. Oktober 2012

4 [X.] mwN) und den Schuldspruch dahin korrigiert, dass der Angeklagte einer Tat des Besitzes von kinderpornographischen Schriften (statt §
265 StPO steht nicht entgegen, weil
sich der Angeklagte hiergegen nicht wirksamer als geschehen hätte [X.] können.
4. Zur Einziehungsentscheidung hat der [X.] zutreffend ausgeführt:

Bei einer Verurteilung nach §
184b Abs.
3 StGB sind nach §
184b Abs.
6 StGB Beziehungsgegenstände der Tat zwingend einzuziehen. Wurde der Besitz kinderpornographischer Schriften -
wie hier in [X.] der Urteilsgründe -
durch Abspeichern von Bild-
und Videodateien auf einem Computer ausgeübt, unterliegt insoweit lediglich die als Speichermedium verwendete Festplatte der Einziehung. Die Einziehung des für den Speichervorgang verwendeten Computers nebst Zubehör kann dagegen nur nach §
74 Abs.
1 Alternative 2 StGB im Rahmen einer Ermessensent-scheidung erfolgen (vgl. [X.],
[X.]R §
184b Abs.
6

Einzie-hung 1, Vorbehalt mwN; [X.] in [X.], 3. Aufl., Rn. 62; [X.], StGB, 67.
Aufl., §
184b Rn. 44). Ermessen hat das [X.] im Rahmen seiner ohne nähere Begründung auf §184b Abs.
6 Satz 1 StGB gestützten Einziehungsentscheidung nicht ausgeübt (UA S.
33). Der [X.] wird den Umfang der Ein-ziehung auf den zulässigen Umfang reduzieren können (vgl. [X.], Beschluss vom 8.Oktober 2019

4 StR 247/19; Beschluss 7
8
-
6
-
vom 24. Oktober 2019

4
StR 200/19). Der in
§
74f StGB nor-mierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist vorliegend gewahrt (anders als in: [X.], Beschluss vom 8.
Mai 2018 -
5 [X.]). Eine technische Möglichkeit, die verfahrensgegenständlichen Bild-
und Videodateien von den Festplatten zu löschen, so dass deren Wiederherstellung unmöglich ist, ist nicht ersichtlich.

Der [X.] hat die Einziehungsentscheidung in analoger Anwendung des
§
354 Abs.
1 StPO in dem beantragten Umfang
geändert.
5. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den aufgrund seines Rechtsmittels entstandenen Kosten zu belasten (§
473 Abs.
1 und 4 StPO).
Sander
König
Feilcke

Tiemann

von Schmettau
Vorinstanz:
[X.], [X.], 23.01.2020 -
102 [X.] KLs
9
10

Meta

6 StR 87/20

19.05.2020

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2020, Az. 6 StR 87/20 (REWIS RS 2020, 11582)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11582

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 StR 87/20 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften u.a.: Einziehung von Festplatte und Computer als Speichermedien


5 StR 55/23 (Bundesgerichtshof)


4 StR 1/21 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung bei Verurteilung wegen sexuellen Kindesmissbrauchs und Herstellens kinderpornographischer Schriften: Berücksichtigung des Wertes eines als …


5 StR 245/23 (Bundesgerichtshof)


3 StR 123/23 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 255/17

5 StR 65/18

4 StR 247/19

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.