Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2016, Az. V ZR 196/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17263

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:220116UVZR196.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOL[X.]ES

URTEIL

V ZR
196/14
Verkündet am:

22. Januar 2016

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
a) Ob ein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. d. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO -
wie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör -
vorliegt, ist allein auf Grund des ma-teriell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn
das [X.] ihn nicht teilt (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Urteil vom 22.
September 2006
-
V [X.], NJW-RR 2006, 1677 und [X.], Urteil vom 14. Mai 2013 -
VI [X.], [X.], 2601 jeweils mwN).
b) Im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine umfangreiche oder auf-wendige Beweisaufnahme, wenn sie durch oder infolge der [X.]orrektur des wesentlichen Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist. Nicht ausreichend ist, wenn sie zwar unter be-stimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der
Eintritt dieser Voraussetzungen aber nicht sicher ist.
ZPO § 554 Abs. 3 Satz 2
Hat das Berufungsgericht als Folge einer [X.]assationsentscheidung die für eine Entschei-dung über das Anschlussrechtsmittel erforderlichen Feststellungen nicht getroffen, kommt -
2
-

der von dem Revisionsführer mit Erfolg gerügte Verstoß gegen § 538 Abs. 2 ZPO dem Anschlussrevisionsführer ausnahmsweise auch ohne eigene Verfahrensrüge zugute.
[X.], Urteil vom 22. Januar 2016 -
V [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
3
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und [X.], den Richter
[X.] und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] und die Anschlussrevision des [X.] wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 8. Juli 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der [X.]läger hatte mit seiner damaligen Ehefrau -
Frau [X.].

(fortan Frau [X.]) -
ein Mietshaus gekauft und den [X.]auf durch ein mit Grundpfandrechten gesi-chertes Darlehen
finanziert. 2008 wurde das Grundstück im Zusammenhang mit der Scheidung der Eheleute in hälftiges Miteigentum der nunmehr geschie-denen Eheleute aufgeteilt. Die alleinige Verwaltung des Objekts übernahm Frau [X.]. Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2009
verkaufte der [X.]läger der 1
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-

[X.] seinen Miteigentumsanteil für 583.500

. Von dem [X.]aufpreis sollten l-ten durch Freistellung des [X.] von den [X.]apitaldienstverpflichtungen er-bracht werden. Dazu war in Nr.
3.2 (a) des [X.]aufvertrags Folgendes vorgese-hen:

freistellen:
Der [X.]apitaldienst für das Darlehen von monatlich 5.800,00 [X.] soll [X.] werden.

Der [X.]äufer wird sich bei der Verwaltung des Grundbesitzes ergebende Un-terdeckungen und hieraus resultierende Überziehungen des [X.] vornehmlich durch Einzahlungen auf das [X.] beseitigen bzw. [X.].

Alternativ hierzu, kann der [X.]äufer seiner [X.] durch entsprechende Zahlungen an die Bank direkt nachkommen. Dies gilt jedoch nicht für Unterdeckungen durch Verwaltungsmaßnahmen, die vor dem Zeit-punkt des wirtschaftlichen Überganges veranlasst worden sind und nach dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs zu Ausgaben führen.

Diese Freistellungserklärung gilt auch für die Zahlungspflichten des Verkäu-fers hinsichtlich des von der Bruchteilsgemeinschaft bei [X.]; dies jedoch nur in Höhe des 50%igen Anteils des Verkäu-

h-lungsansprüchen des [X.], die
Überschreitung der Summe nicht zu Erstat-tungsansprüchen der [X.] führen. Für den Fall der Nichterfüllung der [X.] sieht der Vertrag ein Rücktrittsrecht des [X.] vor.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2011 forderte Frau [X.] den [X.]läger zur

als Ausgleich für von ihr geleistete Zahlungen auf das Darlehen für den Zeitraum Februar bis November 2011 auf. Der [X.]läger forderte die [X.] unter Fristsetzung vergeblich zur Freistellung von dieser Verpflich-tung auf und trat mit Schreiben vom 21. Juli 2012 von dem Vertrag zurück. Er 2
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verlangt von der [X.] (ohne Gegenleistung) die Abgabe der für die Rück-übertragung des Miteigentums und für die Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Verwaltung des Anwesens erforderlichen Erklärungen sowie Zahlung von Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten von 7.868,28

Das [X.] hat [X.]lage und Widerklage
abgewiesen. Auf die Beru-fung des [X.] hat das [X.] die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das [X.] zurückverwiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision strebt die [X.] eine Sachentscheidung zu ihren Gunsten an. Der [X.]läger hat sich der Revision der [X.] ange-schlossen und möchte umgekehrt eine Sachentscheidung in seinem Sinne er-reichen. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung der jeweils anderen Re-vision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht stützt die Zurückverweisung der Sache an das [X.] auf § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das [X.] sei verfahrens-fehlerhaft
zu dem Ergebnis gelangt, die [X.] habe den [X.]läger nach dem Vertrag nicht von seinen Verpflichtungen freizustellen, die ihn als Gesamt-schuldner gegenüber der finanzierenden Bank im Innenverhältnis zu Frau [X.] träfen; der Vertrag lasse sich in diesem Sinne auch nicht ergänzend auslegen. Dabei habe das [X.] unter Verstoß gegen Art. 103 GG einen entschei-dungserheblichen Beweisantritt übergangen. Es habe den [X.] zu 4
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einen geregelten Fall der Veranlassung von Verwaltungsmaßnahmen vor dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs mit finanziellen Lasten die vertragli-che Regelung das Risiko ausnahmsweise nicht bei der [X.] sehe. Aus-schließlich für diesen Fall sei das von den Parteien auch beabsichtigt gewesen; aus diesem Grund habe der Notar die Regelung ausdrücklich in den Vertrag

Vertrag nicht in dem beschriebenen Sinne auslegen dürfen. Es sei nicht ausge-schlossen, dass es nach einer Vernehmung des Zeugen zu einem anderen Verständnis der [X.] gelangt wäre. Die [X.]lage sei auch nicht aus anderen Gründen abzuweisen. Die Hilfserwägung des [X.]s, der [X.]läger habe Freistellung jedenfalls nicht ohne Vorlage einer Einnahmenab-rechnung verlangen können, sei unzutreffend. Aus den Vorbemerkungen des [X.] ergebe sich, dass sich die [X.] darauf eingelassen habe, dass Frau [X.] keine Abrechnung erstellt habe und erstelle. Eine Fortführung des Rechtsstreits in zweiter Instanz scheide aus. Wenn das [X.] zu dem Ergebnis gelange, die [X.] schulde auch Freistellung von den Verpflichtun-gen des [X.] aus dem Gesamtschuldnerinnenausgleich, müsse Beweis zu einer Vielzahl von Sach-
und Rechtsmängeln und dazu erhoben werden, ob der [X.]läger arglistig gehandelt habe. Von der Arglist des [X.] hänge auch die Entscheidung über die Widerklage ab.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

Zur Revision der [X.]

Die Revision der [X.] hat teilweise Erfolg.

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1. Das Berufungsgericht durfte die Sache nicht an das [X.] zu-rückverweisen. Es musste vielmehr selbst eine Sachentscheidung treffen. Das rügt die [X.] zu Recht.

a) Nach § 538 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Sache an das Gericht des ersten [X.] nur zurückverweisen, wenn einer der in der Vorschrift bestimmten Gründe vorliegt und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Der [X.]läger hatte zwar die Zurückverweisung an das [X.] beantragt. Der von dem Berufungsgericht angenommene Zurückverweisungsgrund nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegt aber nicht vor. Danach darf das Berufungsgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des [X.] zurückverweisen, wenn das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfang-reiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. An beiden Vorausset-zungen fehlt es.

b) Das Verfahren des [X.]s leidet nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.]. Ein wesentlicher Verfahrensmangel kann in der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bestehen ([X.], Urteil vom 3. November 1992
-
VI ZR 362/91, NJW 1993, 538 f.; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., §
538 Rn. 20 mwN). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (Senat, Urteil vom 21. Oktober 2010 -
V [X.], [X.], 299 Rn. 9). Ob ein Verfahrensmangel -
wie die Verletzung des Anspruch auf rechtliches Gehör, 9
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um die es hier geht -
vorliegt, ist jedoch allein auf Grund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn das [X.] ihn nicht teilt (Senat, Urteil vom 22.
September 2006
-
V
[X.], NJW-RR 2006, 1677 Rn.
7 und [X.], Urteil vom
1.
Februar 2010 -
II ZR 209/08, [X.], 892 Rn. 11).
Hiernach begründet es keinen Fehler im Verfahren der Vorinstanz, wenn das Berufungsgericht Partei-vorbringen materiell-rechtlich anders beurteilt als das Erstgericht (zum Ganzen: [X.], Urteil vom 14. Mai 2013 -
VI [X.], [X.], 2601 Rn. 7
mwN). Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet.

[X.]) Nach diesen Grundsätzen scheidet ein wesentlicher Verfahrensman-gel aus.

(1) Die Vernehmung des beurkundenden Notars zu dem von dem [X.]läger behaupteten Umfang der [X.] war verfahrensrechtlich nur geboten, wenn der in das Wissen des Zeugen gestellte Vortrag erheblich war. Das war aber nach dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des [X.]s nicht der Fall. Dieses hielt den Vortrag für unerheblich. Es stützt seine Entscheidung nicht nur darauf, dass der [X.]läger nicht schlüssig dargelegt
habe, dass die in dem Vertrag vereinbarte [X.] auch die [X.] des [X.] aus dem Innenausgleich unter Gesamtschuld-nern im Verhältnis zu Frau [X.] umfasse,
sondern zudem
auf folgende zweite selbständig tragende Erwägung: Der angesprochenen Regelung
lasse sich auch im Wege der ergänzenden [X.]auslegung keine Verpflichtung der [X.] entnehmen, den [X.]läger ohne Vorlage einer Abrechnung über die Einnahmen
von solchen [X.] freizustellen. Jedenfalls mit dieser Begründung konnte die [X.]lage ohne Vernehmung des Notars verfahrensfehler-frei abgewiesen werden.

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(2) Der beurkundende Notar sollte den Vortrag des [X.] bestätigen, die [X.] habe ihn nach dem Vertrag auch von seinen Ausgleichsverpflich-tungen als Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu Frau [X.] freizustellen. Aus der Sicht des [X.]s kam es darauf nicht entscheidend an. Aus seiner Sicht stellte sich dann nämlich die weitere Frage, ob die [X.] zu einer solchen Freistellung auch ohne Vorlage einer Abrechnung über die Einnahmen [X.] sein sollte. Zu dieser Frage hatte der [X.]läger, wovon auch das [X.] ausgeht, den Zeugen nicht benannt. Das [X.] verneint die Frage im [X.] mit dem Argument, die [X.] hätte sich nach seiner Über-zeugung nicht auf eine Verpflichtung eingelassen, Frau [X.] monatlich die Hälfte f-tungslage zu zahlen. Das Berufungsgericht kommt zum gegenteiligen Ergebnis, stützt dieses aber nicht auf einen Verfahrensfehler des [X.]s, sondern auf eine andere Auslegung des [X.]. Das erlaubt eine Zurückverweisung an das [X.] nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht.

c) Einer Zurückverweisung der Sache an das [X.] nach dieser Vorschrift steht außerdem entgegen, dass der vermeintliche Verfahrensfehler entgegen der Ansicht des [X.] keine umfangreiche oder auf-wendige Beweisaufnahme erforderlich macht.

aa) Den wesentlichen Verfahrensfehler sieht das Berufungsgericht, wie ausgeführt, darin, dass das [X.] den beurkundenden Notar nicht zum Umfang der [X.] der [X.] vernommen hat. Die [X.]or-rektur dieses Verfahrensfehlers macht unmittelbar nur die Vernehmung des No-tars zu dieser Frage erforderlich. Die Vernehmung eines ortsansässigen [X.] zu einem noch dazu begrenzten Beweisthema ist ebenso wie die [X.] des [X.] (Senat, Urteil vom 22. September 2006 -
V [X.], [X.]-Report 2006, 1492 Rn. 14) oder die Einholung eines Sachverständigen-15
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gutachtens ([X.], Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 -
VII [X.], [X.], 645) weder eine umfangreiche noch eine aufwendige Beweisauf-nahme (Begründung des [X.]. 14/4722
S. 102). Das sieht das Berufungsgericht nicht anders. Es begründet die Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme damit, dass die [X.] des Notars das [X.] zu der Annahme führen könne, die [X.] habe den [X.]läger auch von seinem Pflichten als Gesamtschuldner des Darlehens im Verhältnis zu Frau [X.] freizustellen, und dass dann eine umfangrei-che Beweisaufnahme zu den von der [X.] gerügten zahlreichen Mängeln des Gebäudes auf dem Grundstück und dazu erforderlich werde, ob der [X.]läger diese Mängel arglistig verschwiegen habe.

[X.]) Aus diesen Gründen kommt eine Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht nicht
in Betracht.

(1) Nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darf die Zurückverweisung we-gen eines wesentlichen Verfahrensfehlers nur erfolgen, wenn auf Grund des Dazu genügte schon nach dem Wortsinn dieser Formulierung nicht, dass die Beweisaufnahme im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich ([X.], Urteil vom 14. Mai 2013 -
II ZR 76/12, [X.], 1210 Rn. 11) oder dass ihre [X.] nicht abzuschätzen ist ([X.], Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 -
II ZR 209/08, [X.], 892 Rn. 16). Im Sinne von §
538 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine Beweisaufnahme aber auch nicht, wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Vorausset-zungen aber nicht sicher ist. Die Zurückverweisung an das Erstgericht soll nach der [X.]onzeption des Gesetzgebers ein Ausnahmefall bleiben; sie ist deshalb auf Fälle zu beschränken, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Beru-fungsinstanz voraussichtlich zu größeren Nachteilen führt als die Zurückverwei-18
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sung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (Senat, Urteil vom
22.
September 2006 -
V [X.], [X.]-Report 2006, 1492 Rn. 14; [X.],
Urteil vom
16.
Dezember 2004
-
VII [X.], [X.], 645). Das ist nur der Fall, wenn die umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme durch oder infolge der [X.]orrektur des wesentlichen Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist.

(2) Daran fehlt es hier. Umfangreich würde die Beweisaufnahme hier nur, wenn über die von der [X.] behaupteten zahlreiche Mängel an dem Ge-bäude auf dem Grundstück und darüber Beweis erhoben werden müsste, ob der [X.]läger diese Mängel arglistig verschwiegen hat. Das wiederum hängt davon ab, ob das [X.] die Vereinbarung nach Vernehmung des beurkunden-den Notars in dem von dem Berufungsgericht beschriebenen Sinne auslegt. Das aber ist ebenso wie das Ergebnis der Vernehmung des Zeugen völlig offen. Eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme ist deshalb nur möglich, aber nicht sicher zu erwarten.

2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist aber entgegen der Ansicht der [X.] nicht in ihrem Sinne zur End-entscheidung reif.

a) Die [X.] wäre nach § 346 Abs. 1 BGB zur Rückübertragung des von dem [X.]läger erworbenen Miteigentumsanteils und nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie ihre Freistellungsver-pflichtung nicht vertragsgemäß erfüllt hätte und der [X.]läger deshalb nach Nr. 5.6 des [X.] zum Rücktritt berechtigt gewesen wäre und auf Grund dessen den geltend gemachten Schaden erlitten hätte. Das wäre der Fall, wenn die [X.] den [X.]läger auch von seinen Ausgleichsverpflichtungen als Gesamtschuldner der Darlehensverpflichtungen im Verhältnis zu Frau [X.] freizustellen hätte und wenn sie dazu ohne vorherige Abrechnung der Einnahmen verpflichtet wäre.
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b) Ob die Regelung in diesem Sinne auszulegen ist, wenngleich beides
im Text der Regelung in Nr. 3.2 (a) des [X.] über die Modalitäten der Frei-stellungsverpflichtung der [X.] keinen Niederschlag findet, lässt sich ohne ergänzende Feststellungen nicht beurteilen.

aa) Die Parteien haben in ihrem Vertrag einerseits bestimmt, dass der [X.]aufpreis für den Miteigentumsanteil, den der [X.]läger der [X.] übertragen [X.] soll, das er und Frau [X.] zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommen haben. Andererseits haben die Parteien in Nr. 3.2 (a) des [X.] diese Frei-stellungsverpflichtung näher ausgestaltet und bestimmt, dass die [X.] ihr durch den Ausgleich von Unterdeckungen des [X.] nachzukommen hat. Das Zusammenspiel dieser beiden Regelungen ist dadurch gestört, dass Frau [X.] die Darlehensraten offenbar nicht mehr von dem [X.] bezahlt oder von diesem [X.]onto a[X.]uchen lässt. Die Regelung in Nr. 3.2 (a) verfehlt als Folge dieser Veränderung ihren Zweck.

[X.]) Nach den Vorbemerkungen ihres [X.] standen die Parteien vor der Schwierigkeit, dass die [X.] einerseits den [X.]läger von seinen Darle-hensverpflichtungen freistellen sollte, andererseits aber nicht auf
die [X.]n aus der Vermietung zugreifen konnte, weil die andere Miteigentümerin, Frau [X.], die Mieten allein vereinnahmte und darüber nicht abrechnete. Die [X.] haben mit der Regelung in Nr. 3.2 (a) des [X.] versucht, dieser Schwierigkeit dadurch
zu begegnen, dass die Freistellung durch [X.] des [X.] erfolgen sollte. Wenn nämlich, wie von den Parteien im ersten Absatz dieser Regelung vorausgesetzt, der [X.]apital-dienst weiterhin von dem [X.]
eingezogen würde, würden durch die vor-gesehene Auffüllung dieses [X.]ontos sowohl die angestrebte Freistellung des 23
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[X.] als auch die Anrechnung der Einnahmen zugunsten der [X.] auch ohne Abrechnung gelingen. Die Erwartung
der Parteien ist indessen nicht eingetreten. Frau [X.] verlangt jetzt
-
wohl als Folge einer geänderten Abwicklung der Darlehensverpflichtungen -
von dem [X.]läger (nach §
426 BGB) Ausgleich im Innenverhältnis. Damit können die der Regelung in Nr. 3.2 (a) des [X.] zu-gedachten Wirkungen nicht mehr eintreten.
Die [X.] kann den [X.]läger nicht freistellen, indem sie das [X.] auffüllt. Denn dessen Unterdeckungen [X.] nur noch die Defizite bei den Verwaltungskosten ab, nicht jedoch die [X.]. Ein Ausbleiben von Unterdeckungen führt auch nicht h-nung der Einnahmen zugunsten der [X.].

[X.]) Es spricht einiges dafür, dass die [X.] den [X.]läger als Folge die-ser Veränderung auch von seinen Verpflichtungen als Gesamtschuldner im [X.] zu Frau [X.] freizustellen hat. Die Parteien haben in Nr. 3.2 (a) Ab-satz 3 des [X.] als Alternative zur Auffüllung des [X.] zwar eine unmittelbare Zahlung der [X.] an die Bank vorgesehen. Auch diese Mög-lichkeit der Freistellung kommt aber nur in Betracht, wenn die finanzierende Bank die Erbringung der Darlehensraten in zwei Teilleistungen ihrer [X.] akzeptiert und sich nicht nur an einen von ihnen hält, wozu sie nach §
421 Satz 1 BGB berechtigt ist und
was sie offenbar auch so handhabt. Dann kann die geschuldete Freistellung nur gelingen, wenn der [X.]läger von seinen [X.] freigestellt wird.

dd) Eine Verpflichtung zur Freistellung auch von diesen Verpflichtungen muss einerseits nicht bedeuten, darin ist der [X.] Recht zu geben, dass der [X.]läger von ihr ohne vorherige Abrechnung über die Einnahmen aus dem Grundstück Freistellung verlangen kann. Auszuschließen ist diese Folge ande-rerseits auch nicht. Die Notwendigkeit einer Abrechnung begründete einen Ein-26
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wand gegen die Ausgleichsverpflichtung des [X.]. Nach allgemeinen Grundsätzen wäre die Geltendmachung solcher Einwände nicht Aufgabe des Freistellungsberechtigten -
hier des [X.] -, sondern Sache des Freistel-lungsverpflichteten -
hier der [X.] (Senat, Urteil vom 19.
April 2002
-
V [X.], [X.], 2382; [X.], Urteil vom 15.
Dezember 2010
-
VIII ZR 86/09, [X.], 861 Rn. 12). Die Parteien könnten mit der Regelung in Nr. 3.2 (a) zugunsten der [X.] von diesen Grundsätzen
abgewichen sein, um ihr die an sich gebotene Auseinandersetzung mit Frau [X.] zu ersparen. Ob sich die Auseinandersetzung der [X.] mit
Frau [X.] angesichts deren offenbar geänderter
Praxis bei der Abwicklung der Darlehensverpflichtungen weiterhin vermeiden
lässt, ist jedoch zweifelhaft. Der [X.]läger hat der [X.] nämlich seinen Miteigentumsanteil mit allen begleitenden Rechten und Befug-nisse übertragen. Das führt dazu, dass jetzt nur noch die [X.] eine rechtli-che Möglichkeit hat, Frau [X.] zu einer Abrechnung der Einnahmen zu zwingen, nicht jedoch der [X.]läger.

Zur Anschlussrevision des [X.]

Auch die Anschlussrevision des [X.] hat teilweise Erfolg.

1. Zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht die Sache nicht an das [X.] zurückverweisen durfte, sondern selbst eine Sachentscheidung treffen musste.

a) Verfahrensfehler, zu denen auch die fehlerhafte Anwendung von §
538 Abs. 2 ZPO gehört ([X.], Urteil vom 18. Februar 1997 -
XI ZR 317/95, [X.] 1997, 590), sind allerdings nach § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b ZPO zugunsten des Anschlussrevisionsführers nur zu be-rücksichtigen, wenn dieser sie auch selbst gerügt hat. Der Anschlussrevisions-führer darf von der eigenen Rüge im Grundsatz auch dann nicht absehen, wenn 28
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der Revisionsführer die Rüge erhoben hat und sie das gesamte Verfahren be-trifft. Etwas anderes gilt nur in dem Sonderfall, dass die Angriffe beider Seiten in einem untrennbaren Zusammenhang stehen ([X.], Urteil vom 26.
Okto-
ber
1993 -
VI [X.], NJW 1994, 801, 803; Mü[X.]oZPO/[X.], 4. Aufl., §
554 Rn. 12; [X.]/Prütting, ZPO, 4. Aufl., §
554 Rn. 12). Dieser Sonder-fall liegt hier vor.

b) [X.] der Anschlussrevisionsführer Verfahrensfehler nicht, wäre über sein Rechtsmittel an sich unter Zugrundelegung des Verfahrens als fehlerfrei zu entscheiden (Mü[X.]oZPO/[X.], aaO). Das ist indessen nicht möglich, wenn
-
wie hier -
das Berufungsgericht als Folge einer [X.]assationsentscheidung nach § 538 Abs. 2 ZPO die für eine revisionsgerichtliche Entscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Das Fehlen dieser Feststellun-gen führt dann dazu, dass der von dem Revisionsführer mit Erfolg gerügte Ver-fahrensfehler dem Anschlussrevisionsführer ausnahmsweise auch ohne eigene Verfahrensrüge zugutekommt.

2. Die Sache ist entgegen der Ansicht des [X.] auch nicht in seinem Sinne zur Endentscheidung reif.

a) Die von den Parteien vereinbarte Erfüllung der Freistellungsverpflich-tung der [X.] durch Auffüllung des [X.] verfehlt zwar ihren Zweck. Das kann dazu führen, dass die [X.] den [X.]läger auch von seinen [X.] als Gesamtschuldner des Darlehens im Verhältnis zu Frau [X.] freizustel-len hat. Ohne nähere Feststellungen lässt sich aber nicht entscheiden, ob diese Freistellung auf bloße Anforderung des [X.] zu erfolgen hat oder erst nach einer Abrechnung der Einnahmen. Zur näheren Erläuterung wird auf die [X.] zu dem entsprechenden Vorbringen der [X.] Bezug genom-men.
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b) Nichts anderes gilt, soweit der [X.]läger einen weiteren Rücktritt auf die Weigerung der [X.] gestützt hat, ihn
von dem auf ihn entfallenden Teil von Darlehensraten unmittelbar gegenüber der finanzierenden [X.]. Dazu wäre die [X.] zwar nach Nr. 3.2 (a) Absatz 3 des [X.] be-rechtigt. Ohne nähere Feststellungen lässt sich aber nicht entscheiden, ob sie dazu als Folge des Scheiterns einer Freistellung durch Auffüllung des [X.] ohne vorherige Einnahmenabrechnung auch verpflichtet ist.
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III.

Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und (eigenen) Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen.

[X.]

Schmidt-Räntsch Brückner

Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.10.2013 -
4 O 2994/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 08.07.2014 -
14 U 1754/13 -

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Meta

V ZR 196/14

22.01.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2016, Az. V ZR 196/14 (REWIS RS 2016, 17263)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17263

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 325/11

V ZR 196/14

V ZR 30/10

II ZR 209/08

II ZR 76/12

VIII ZR 86/09

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