Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2002, Az. IX ZB 26/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2229

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[X.]ZB 26/02vom18. Juli 2002in dem VerfahrenNachschlagewerk:jaBGHZ:ja ZPO § 803 Abs. 2; [X.]§ 146 Abs. 1, § 15a)Das Verbot der zwecklosen Pfändung (§ 803 Abs. 2 ZPO) findet [X.]keine Anwendung.b)Das Rechtsschutzinteresse für die Anordnung der [X.]sich im Falle hoher Vorbelastungen, die eine Befriedigung derzeitaussichtslos erscheinen lassen, daraus ergeben, das Grundstück einereinträglicheren Nutzung zuzuführen.BGH, Beschluß vom 18. Juli 2002 - [X.]-LG [X.]Unna- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.]hat durch den Vorsitzenden RichterDr. [X.]und [X.]Fischer, Dr. Ganter, [X.]und [X.]18. Juli 2002beschlossen:Der Beteiligten zu 2) wird wegen der Versmung der Fristen zurEinlegung und Begrr Rechtsbeschwerde gegen [X.]der 9. Zivilkammer des [X.]vom21. Januar 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewrt.Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 9. Zivilkammerdes [X.]vom 21. Januar 2002 wird auf [X.]Beteiligten zu 2) zurckgewiesen.Beschwerdewert: 18.406,51 •.Gr:[X.]Beteiligte zu 2) ist Eigentmerin des eingangs r bezeichnetenTeileigentums (Gastwirtschaft), welches in [X.]mit abge-tretenen Eigentmergrundschulr insgesamt 300.000 DM, einer Siche-rungsgrundschuld zugunsten einer Bank r 120.000 DM sowie [X.]belastet ist. Mit notariellem Kaufvertrag vom 29. [X.]verkaufte die Beteiligte zu 2) das Teileigentum fr 420.000 DM; der [X.]ist bislang nicht vollzogen.Auf Antrag des Beteiligten zu 1) hat das Amtsgericht am 28. [X.]wegen titulierter Wohngeldrckstst Zinsen die Zwangsverwal-tung angeordnet und den Beteiligten zu 3) zum Zwangsverwalter bestellt. Die-ser hat das Teileigentum am 25. Oktober 2000 in Besitz genommen. Die [X.]zu 2) hat gegen den [X.]Erinnerung eingelegt. [X.]hat die Erinnerung durch richterlichen Beschluû zurckgewiesen.Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) blieb imwesentlichen ohne Erfolg. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgtdiese die Aufhebung der Zwangsverwaltung weiter.I[X.]nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach Ge-wrung der Wiedereinsetzung auch im rigen zulssige Rechtsbeschwerdeist unbegrt, weil die Entscheidung des [X.]nicht auf einer Verlet-zung des Gesetzes beruht (§ 576 Abs. 1, 3 i.V.m. § 546 ZPO).1. Das [X.]meint, der [X.]sei nicht wegen derhohen vorrangigen Belastungen des Teileigentums aufzuheben. Eine entspre-chende Anwendung des § 803 Abs. 2 ZPO auf das Zwangsverwaltungsverfah-ren scheide mangels einer unbeabsichtigten [X.]aus. Dem Betei-ligten zu 1) fehle auch nicht das allgemeine [X.]an der- 4 -Durchfrung der Zwangsverwaltung. Denn es stehe nicht zweifelsfrei fest, daûder [X.]keine Aussicht auf Befriedigung der titulierten Forderungen ha-be.[X.][X.]die Rechtsbeschwerde, das Verbot der zwecklosenPf(§ 803 Abs. 2 ZPO) erklre sich aus dem [X.][X.]und sei deshalb auch im Rahmen der Grundstcks-zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden. Dem Beteiligten zu 1) fehleauch das allgemeine [X.]an der Durchfrung der Zwangs-verwaltung, weil der Zweck des [X.]nicht erreicht werdenkönne. Der Beteiligte zu 1) stehe als betreibender [X.]an letzter Rang-stelle. Konkrete Anhaltspunkte dafr, [X.]Vorbelastungen entfallen könnten,seien nicht ersichtlich. Das von ihm allein verfolgte Interesse an der [X.]laufender (nicht titulierter) Wohngeldansprche sei nicht schutzwrdig.2. Mit diesen Angriffen kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.Die Zwangsverwaltung ist mit Recht angeordnet worden.In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur wer-den unterschiedliche Meinungen vertreten, wie [X.]zu behandeln sind, in denen der betreibende[X.]aus einer aussichtlos erscheinenden Rangstelle vollstreckt.a) Weitgehende Übereinstimmung besteht allerdings darin, [X.]§ 803Abs. 2 ZPO im Bereich der [X.]nicht - mangels einer Re-gelungslcke auch nicht entsprechend - angewendet werden kann (vgl. OLGHamm Rpfl. 1989, 34; [X.]Rpfl. 1998, 35; [X.]Rpfl. 1998, 300;- 5 -LG Krefeld Rpfl. 1994, 35; 1996, 120; LG Mster Rpfl. 1989, 34 f;MchKomm-ZPO/Schilken, 2. Aufl. § 803 Rn. 46; Musielak/Becker, ZPO3. Aufl. § 804 Rn. 15; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorlfigerRechtsschutz Bd. I 3. Aufl. § 803 Rn. 8; Stein/Jonas/Mzberg, ZPO 21. [X.]803 Rn. 34; Zeller/Str, [X.]16. Aufl. Einleitung Rn. 48 Anm. 48.11; a.[X.]Regensburg NJW-RR 1988, 447; [X.]Rpfl. 1985, 96, 98 ff; derselbeZZP 1985 (Band 98), 427, 436 ff; einschrkend OLG Dsseldorf Rpfl. 1989,470).Die erstgenannte Auffassung trifft zu. § 803 Abs. 2 ZPO beruht auf derErw, [X.]der Gegenstand des beweglichen Schuldnerverms bei [X.]keinen Überschuû und damit keinerlei Befriedigung des Gligerserwarten lût. Dann verdient die Nutzungsfunktion des Eigentums vorrangigenSchutz. Eine dieser Regelung vergleichbare Vorschrift kennt das Zwangsver-steigerungsgesetz nicht. Zwar [X.]die Zwangsvollstreckung in das unbe-wegliche Vermm Zivilprozeûrecht an (vgl. § 869 ZPO) und unterliegtdemgemû den allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeûorr dieZwangsvollsteckung (vgl. Denkschrift zum Bundesratsentwurf des ZVG, [X.]zu den Reichs-Justizgesetzen, herausgegeben von [X.]und Mugdan,Bd. V S. 34). Zu den allgemeinen Vorschriften des [X.]der [X.](§§ 704 bis 802 ZPO) [X.]§ 803 Abs. 2 ZPO indes nicht. Es [X.]sich, was die Revision offenbar rsieht, um eine allgemeine Pfs-vorschrift, die nicht fr alle Arten der Zwangsvollstreckung gilt, sondern nur frdie Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Verm(vgl. Schuschke/Walker aaO).- 6 -Diese der Stellung der Vorschrift entsprechende Beschrkung des [X.]ist auch sachlich gerechtfertigt. § 803 Abs. 2 ZPO dient- soweit er nicht die Belastung des [X.]mit tigen Kosten unterbin-den soll (vgl. Zller/Str, ZPO 23. Aufl. § 803 Rn. 9) - dem Schutz [X.]vor dem Verlust eines Vermsgegenstandes. Ein solcher ist beider Anordnung der Zwangsverwaltung nicht zu befrchten, weil diese daraufabzielt, dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstcks, nichtaber die Sache selbst zu entziehen (vgl. § 148 Abs. 2 ZVG). [X.]diese Voll-streckungsmaûnahme auch bei hohen Vorbelastungen Platz greifen soll, ver-deutlicht § 77 Abs. 2 ZVG, der die Fortsetzung eines Zwangsversteigerungs-verfahrens als Zwangsverwaltung bestimmt, wenn die Zwangsversteigerungauch in dem zweiten Termin ergebnislos bleibt (vgl. LG Frankfu[X.]a.M. NZM1998, 635). Hierunter fallen insbesondere auch die Flle, irhauptkein Gebot abgegeben oder das Gebot nach § 72 Abs. 2 ZVG zurckgewiesenworden ist, weil es das geringste Gebot (§ 44 Abs. 1 ZVG) nicht erreicht hat(vgl. Zeller/[X.]aaO § 72 Rn. 3 Anm. 3.2, § 77 Rn. 3 Anm. 3.1).Im rigen kann der von § 803 Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Vergleichzwischen dem erwarteten Verwertungserls und den [X.]und [X.]bei der Zwangsverwaltung von Grundstcken [X.]nichtgezogen werden. Die maûgebenden Grundstcksbelastungen ksichnach der Verfahrensordnung im laufenden Zwangsverwaltungsverfahren viel-facrn, indem z.B. schungsverpflichtungen erfllt werden. Im [X.]des [X.]- wie auchim [X.]einen Beitrittsantrag - besteht fr das Vollstreckungsgerichtnicht die Mlichkeit, sich hierr Gewiûheit zu verschaffen. Auch deshalb- 7 -kann § 803 Abs. 2 ZPO auf die [X.]nicht entsprechend [X.]werden.b) Fr die Anordnung des [X.]liegt im [X.]auch das erforderliche (allgemeine) [X.]des Gligersvor. Dieses ist sachliche Verfahrensvoraussetzung der Zwangsvollstreckung([X.]61, 126, 135); es [X.]daher auch in der Zwangsversteigerung [X.]gegeben sein. Es fehlt, wenn der [X.]keinschutzwrdiges Interesse an der Vollstreckungsmaûnahme hat.aa) Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, das [X.]bereits dann, wenn bei Anordnung der Zwangsverwaltung hohe [X.]bestehen, die es - gegenwrtig - als ausgeschlossen erscheinenlassen, [X.]der [X.]Zahlungen erhalten wird und konkrete Anhalts-punkte dafr fehlen, [X.]die Vorbelastungen im Laufe des Verfahrens entfallenkten, wird den Besonderheiten der Grundstcksvollstreckung nicht gerecht.Ob ein [X.]gegeben ist, kann in einem Vollstreckungsver-fahren und insbesondere im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungs-verfahren nur unter Bercksichtigung der Besonderheiten des formal ausge-stalteten Durchsetzungsrechts gewrdigt werden (vgl. Zller/[X.]aaO Ein-leitung Rn. 48 Anm. 48.2). Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich grundstzlichaus dem Interesse des [X.]an einer Befriedigung der Forderung, diedurch den Vollstreckungstitel als beg[X.]ausgewiesen wird (vgl. Stei-ner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung [X.]1984 §§15, 16 Rn. 127). Liegen die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen vor, hatder [X.]ein Recht darauf, [X.]ihm das Vollstreckungsgericht Rechts-schutz gewrt, ohne [X.]es z.B. auf andere Befriedigungsmlichkeiten oder- 8 -die ohnehin nicht hinreichend sicher absctzbaren Erfolgsaussichten [X.](s.o. 2 a) ankommen kann.bb) Ein Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die beantragte Zwangsver-waltung zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwrdiger Zielebegeh[X.]wird (vgl. RGZ 155, 72, 75; LG Frankfu[X.]a.M. NZM 1998, 635), etwaum den Schuldner zu schikanieren oder ihm Schaden zuzuf(vgl. Steiner/[X.]aaO §§ 15, 16 Rn. 131).Im Streitfall liegt ein solcher Ausnahmefall nach dem festgestellten undnicht weiter aufklrungsrftigen Sachverhalt nicht vor. Die Beteiligte zu [X.]das Teileigentum im Jahre 1997 fr einen nicht unerheblichen Kaufpreisverkauft. Dies zeigt die grundstzliche Werthaltigkeit des Vollstreckungsge-genstandes. Nach dem Bericht des Beteiligten zu 3) vom 30. Oktober 2000[GA 13 ff], dessen Richtigkeit von der Beteiligten zu 2) insoweit nicht ange-zweifelt wird, befand sich der Vollstreckungsgegenstand bei [X.]den Zwangsverwalter in einem verwahrlosten Zustand, der keine wirt-schaftliche Nutzung mehr erlaubte. Dies verdeutlicht, [X.]das Rechtsschutz-rfnis des [X.][X.]bereits aus dem Bestreben folgt, [X.]vor weiterem Verfall zu bewahren, es mit Hilfe des Zwangsver-walters in einen besseren Zustand zu bringen um es letztendlich einer eintrg-licheren Nutzung zuzufren (vgl. Korintenberg/Wenz, [X.]6. Aufl. [X.]vor § 146 Anm. I 2; Steiner/[X.]aaO § 146 Rn. 7; Zeller/[X.]§ 161 Rn. 3 Anm. 3.5). Damit verbessern sich mittelbar auch die [X.]des Antragstellers. Bei einer derartigen Sachlage handelt der[X.]auch dann nicht schiks, wenn er bei Antragstellung in seineÜberlegungen einbezieht, [X.]die von dem Zwangsverwalter angeforderten- 9 -Vorscsse mlicherweise entsprechend einer von der Rechtsprechung ver-tretenen Auffassung in einem neben der Zwangsverwaltung angestrengtenZwangsversteigerungsverfahren nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG mit dem Rang vorden dinglichen Gligern geltend gemacht werden k(vgl. LG Frankfurta.M. NZM 1998, 635). Denn im Vordergrund steht auch in diesen Fllen die mitder Anordnung- 10 -der Zwangsverwaltung angestrebte ordnungsgemûe Bewirtschaftung desVollstreckungsobjekts, die bei der gebotenen abstrakten [X.]zukftige Einnahmeerzielung erst erwarten lût.[X.] GanterRaebelKayser

Meta

IX ZB 26/02

18.07.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2002, Az. IX ZB 26/02 (REWIS RS 2002, 2229)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2229

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