Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.04.2018, Az. IX ZR 56/17

9. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9980

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Gegenstand

Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Mitglieds einer Wohnungsgenossenschaft: Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Kündigung des Mitgliedschaft des Schuldners durch den Insolvenzverwalter


Leitsatz

1. Eine Wohnungsgenossenschaft kann sich gegenüber dem Insolvenzverwalter, der die Mitgliedschaft des Schuldners in der Wohnungsgenossenschaft wirksam gekündigt hat, nicht auf eine Satzungsbestimmung berufen, nach der der Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses oder der Rückgabe des Nutzungsobjektes besteht, wenn dadurch eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens tatsächlich ausgeschlossen wird, ohne dass dies durch schützenswerte Interessen der Genossenschaft oder des Schuldners gerechtfertigt ist.

2. In diesen Fällen scheidet bei einer vor Inkrafttreten des § 67c GenG ausgesprochenen Kündigung eine geltungserhaltende Reduktion der Satzungsbestimmung auf einen noch zulässigen Umfang regelmäßig aus.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Auszahlung eines [X.]. Die Beklagte ist eine Wohnungsgenossenschaft. Der Schuldner trat ihr am 20. Oktober 2009 bei, zeichnete 62 [X.] zu je 150 € (= 9.300 €) und bezog eine Genossenschaftswohnung. Auf die [X.] leistete er Raten in Höhe von insgesamt 2.900 €.

2

Auf einen Eigenantrag des Schuldners eröffnete das Insolvenzgericht am 16. Mai 2011 das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Kläger zum Treuhänder. Am gleichen Tag schlossen der Schuldner und die Beklagte einen Dauernutzungsvertrag über eine andere (kleinere) Wohnung der Beklagten. Das als "Nutzungsgebühr (Kaltmiete)" bezeichnete Entgelt betrug 284,62 €. Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 kündigte der Schuldner aufgrund des Umzugs in die neue Wohnung 35 Genossenschaftsanteile. Danach verblieben 27 [X.] zu je 150 € (= 4.050 €).

3

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 die Geschäftsanteile des Schuldners und bat um Auszahlung der erbrachten Ratenzahlungen in Höhe von 2.900 €. Da der Schuldner die Genossenschaftswohnung weiter nutzte, lehnte die Beklagte die Auszahlung im Hinblick auf § 12 Nr. 5 ihrer Satzung ab. Diese Bestimmung lautet: "Ungeachtet dessen besteht ein Anspruch des Ausgeschiedenen auf Auszahlung des [X.] erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses bzw. der Rückgabe des [X.] [...]."

4

Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 2.900 € verurteilt, das [X.] die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe die Mitgliedschaft wirksam gekündigt. § 67c Abs. 1 Nr. 1 [X.] greife nicht ein, weil die Kündigung vor Inkrafttreten der Norm ausgesprochen worden sei.

7

Die Beklagte sei verpflichtet, aufgrund der Kündigung das [X.] auszuzahlen. Die Höhe stehe außer Streit. § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] stehe der Auszahlung nicht entgegen. Die Satzungsbestimmung sei wirksam. Es liege kein Verstoß gegen §§ 134, 138 BGB vor. Die satzungsmäßige Koppelung des Anspruchs auf Auszahlung des [X.]s an die Räumung der Wohnung sei gemäß § 73 Abs. 4 [X.] zulässig. § 76 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] räume die Möglichkeit ein, die Übertragung von Geschäftsguthaben auszuschließen.

8

§ 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] stehe dem Auszahlungsverlangen des Insolvenzverwalters nach [X.] und Glauben nicht entgegen. Die Bestimmung erlege dem Kläger das Risiko eines Kündigungs- und Räumungsprozesses unzumutbar auf. Zudem gleiche die Vorschrift die Situation eines Mitglieds einer Wohnungsgenossenschaft, das sich in einer Zahlungskrise befinde, der entsprechenden Situation eines gewöhnlichen Wohnungsmieters an, obwohl eine solche Gleichstellung von Gesetzes wegen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bestanden habe.

II.

9

Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.

1. Zutreffend - und von der Revision nicht angegriffen - nimmt das Berufungsgericht an, dass die Kündigung des [X.] wirksam ist (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 185 Rn. 5 ff). § 67c Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist erst auf nach dem 15. Juli 2013 ausgesprochene Kündigungen von [X.] anwendbar ([X.], Urteil vom 18. September 2014 - [X.], [X.], 2098 Rn. 9).

2. Im Ergebnis zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der Kläger die Auszahlung des [X.]s verlangen kann. Die Beklagte kann sich gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht auf § 12 Nr. 5 ihrer Satzung berufen.

a) Dabei kann offen bleiben, ob § 12 Nr. 5 der Satzung eine zulässige Gestaltung im Rahmen des § 73 Abs. 4 [X.] darstellt oder ob die Bestimmung - wie die Revisionserwiderung geltend macht - den von § 73 Abs. 4 [X.] gesetzten Rahmen überschreitet und damit unwirksam ist. Gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist das Geschäftsguthaben grundsätzlich binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen. § 73 Abs. 4 [X.] eröffnet der Genossenschaft die Möglichkeit, durch Satzung die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Zahlung des [X.]s abweichend von § 73 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu regeln.

§ 73 Abs. 4 [X.] soll nach der Zielsetzung des Gesetzgebers einer Genossenschaft ermöglichen, ihr Eigenkapital und damit ihre Kreditwürdigkeit zu stärken. Insbesondere sollen solche Genossenschaften, die nach den [X.] bilanzieren, damit in den Stand gesetzt werden, Geschäftsguthaben weiterhin als Eigenkapital auszuweisen (BT-Drucks. 16/1025, [X.]; ebenso [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 38. Aufl., § 73 Rn. 25; [X.] in [X.], 2013, § 73 Rn. 11; BerlinerKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 73 Rn. 15 f; [X.], [X.] 2008, 210, 213 f). Diese gesetzgeberische Bewertung der Interessenlage trifft auf eine Regelung wie § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.], wonach ein Anspruch des Ausgeschiedenen auf Auszahlung des [X.]s erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses oder der Rückgabe des [X.] besteht, nicht zu. Ob eine solche Regelung angesichts fehlender Vorgaben des Gesetzes von § 73 Abs. 4 [X.] gedeckt ist (bejahend etwa BerlinerKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 73 Rn. 16; [X.] in [X.], 2013, § 73 Rn. 11m; allgemein kritisch [X.], [X.], 15. Aufl., § 73 Rn. 18 "drittnützige Zwangsleihe"), kann jedoch dahinstehen.

b) Die Bestimmung des § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] entfaltet hier jedenfalls insoweit keine Wirkung, als sie auch für den Fall einer Kündigung der Mitgliedschaft durch den Insolvenzverwalter gilt und den Insolvenzverwalter daran hindert, das [X.] zur Masse zu ziehen. Die Satzungsbestimmung lässt das gesetzliche Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters ins Leere laufen und verhindert dauerhaft eine Verwertung der Beteiligung zugunsten der Gläubiger, ohne dass dem schützenswerte Interessen der Genossenschaft gegenüber stehen.

aa) Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Mitgliedschaft des Schuldners in der Genossenschaft zu kündigen ([X.], Urteil vom 19. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 185 Rn. 5; jetzt § 66a [X.]). Bei diesem Kündigungsrecht handelt es sich um zwingendes Recht (vgl. § 18 Satz 2, § 65 Abs. 5 [X.]; [X.] in [X.], 2017, § 65 Rn. 3; [X.] in Pöhlmann/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 66 Rn. 3; [X.], [X.], 15. Aufl., § 65 Rn. 3, 7, § 66 Rn. 1). Das [X.] nach Kündigung eines Genossenschaftsanteils gehört nach einhelliger Meinung zur Insolvenzmasse ([X.], Beschluss vom 2. Dezember 2010 - [X.], [X.], 90 Rn. 7; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 35 Rn. 229; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2016, § 35 Rn. 68a; [X.], Z[X.] 2007, 590, 591 f mwN). Auch hierbei handelt es sich um zwingendes Recht.

Allerdings stehen die Ansprüche nach einer Kündigung der Genossenschaft sowohl dem Gläubiger wie dem Insolvenzverwalter nur in der Form zu, wie sie sich aus Gesetz, Satzung und Vereinbarung ergeben. Insoweit ist der Insolvenzverwalter bei der Geltendmachung der dem Schuldner zustehenden Ansprüche grundsätzlich an die Satzungsbestimmungen gebunden (vgl. [X.], [X.] 2009, 41, 42 zur Kündigungsfrist). Dies gilt jedoch nicht [X.]. Das Kündigungsrecht ermöglicht den Gläubigern und dem Insolvenzverwalter, die im Auseinandersetzungsanspruch verkörperte [X.] des Schuldners zu verwerten (vgl. BerlinerKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 66 Rn. 2; [X.] in [X.], 2017, § 65 Rn. 3). Es besteht - auch bei [X.] - ein allgemeines Interesse, dass Genossenschaftsmitglieder nicht Teile ihres Vermögens der Insolvenzmasse entziehen können, indem sie es als Geschäftsguthaben ansparen (vgl. BT-Drucks. 17/11268 S. 19). Eine Regelung, die dazu führt, dass der Anspruch auf Abfindung ausgeschlossen ist, ist das Gegenteil einer erfüllbaren Auszahlungsvoraussetzung (vgl. [X.], [X.], 15. Aufl., § 73 Rn. 18). Enthält die Satzung Bestimmungen, die diese gesetzlich vorgesehene Verwertungsmöglichkeit vereiteln, indem sie eine Auszahlung des [X.]s tatsächlich ausschließen, ohne dass dies durch schützenswerte Interessen der Genossenschaft oder des Schuldners gerechtfertigt ist, können diese Bestimmungen dem wirksam kündigenden Insolvenzverwalter nicht entgegen gehalten werden. Sie unterliegen insoweit einer [X.] gemäß § 242 BGB.

bb) § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] hält im Streitfall der [X.] gemäß § 242 BGB nicht stand.

(1) Der Insolvenzverwalter ist trotz wirksamer Kündigung tatsächlich nicht in der Lage, das [X.] auch nur teilweise zur Masse zu ziehen.

(a) § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] schließt die Auszahlung des [X.]s aus, solange das Nutzungsverhältnis nicht beendet ist oder der Schuldner die Wohnung nicht zurückgegeben hat. Der Sache nach macht die Bestimmung die Wirkungen der Kündigung davon abhängig, dass der ausscheidende Genosse seine Verpflichtungen gegenüber der Genossenschaft erfüllt (vgl. [X.], 335, 338 zur Wirksamkeit einer Satzungsbestimmung, die das Ausscheiden an die Tilgung gewährter Darlehen knüpfte). Die Regelung begrenzt die [X.] für die Auszahlung des [X.]s weder in der Höhe noch in der zeitlichen Dauer. Sie sieht keine Möglichkeit vor, die Fälligkeit - etwa durch Stellung einer angemessenen (Miet-)Sicherheit - herbeizuführen. Damit kann der Insolvenzverwalter den Anspruch auf Auszahlung des [X.]s trotz wirksamer Kündigung der Genossenschaftsbeteiligung nicht durchsetzen, solange das Nutzungsverhältnis an der Genossenschaftswohnung fortbesteht oder der Schuldner die Wohnung nicht räumt.

(b) Entgegen der Auffassung der Revision hat der kündigende Insolvenzverwalter keine Möglichkeit, die Räumung oder Herausgabe der Genossenschaftswohnung gegen den Willen des Schuldners durchzusetzen. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist es dem Insolvenzverwalter verwehrt, ein Mietverhältnis über eine Wohnung des Schuldner zu kündigen. Diese Vorschrift gilt zwar nicht entsprechend für die Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft ([X.], Urteil vom 19. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 185 Rn. 8 ff). Jedoch handelt es sich bei dem zwischen einem Genossenschaftsmitglied und einer Wohnungsgenossenschaft geschlossenen Dauernutzungsvertrag über eine Wohnung um einen Mietvertrag ([X.], Urteil vom 10. September 2003 - [X.], [X.], 691). § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.] gilt auch für das vom Schuldner mit der Wohnungsgenossenschaft abgeschlossene Mietverhältnis über seinen Wohnraum. Im Streitfall hat die Beklagte mit dem Schuldner am 16. Mai 2011 am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen neuen Vertrag über die Nutzung einer Wohnung abgeschlossen. Hierbei handelt es sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum des Schuldners im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.]. § 12 Nr. 5 der Satzung führt damit dazu, dass die Durchsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des [X.]s vom Willen des Schuldners abhängt.

(c) Die Regelung ermöglicht es [X.] zudem, Vermögen als Geschäftsguthaben in erheblicher Höhe anzusparen. Die Beklagte räumt ihren Mitgliedern das Recht ein, mehr Geschäftsanteile zu erwerben, als nötig sind, um eine genossenschaftliche Wohnung nutzen zu dürfen (§ 7a [X.], § 17 der Satzung). Auch soweit nach § 18 der Satzung eine Kündigung der weiteren Geschäftsanteile zulässig ist, die keine Pflichtanteile für die Überlassung der Wohnung darstellen, bestimmt § 18 Nr. 2 Satz 2 der Satzung, dass § 12 der Satzung für die Ermittlung des auszuzahlenden Geschäftsguthabens entsprechend gilt. § 12 Nr. 5 der Satzung ordnet die [X.] für jedes [X.] und damit auch für den Fall einer Teilkündigung an. Damit kann der Schuldner auf der Grundlage der Satzung der [X.] den Gläubigern auch Vermögenswerte entziehen, die für den Erhalt seiner Wohnung nicht erforderlich sind. Dies ist vom Schutzzweck des § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht mehr gedeckt (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 185 Rn. 13).

(2) Es bestehen keine schutzwürdigen Interessen einer Wohnungsgenossenschaft, die es rechtfertigen, den Anspruch auf Auszahlung des [X.]s nach einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter unbegrenzt und auf Dauer auszuschließen, solange der Schuldner die Wohnung nicht räumt. Die Klausel dient nicht dazu, die Liquidität oder das Eigenkapital der Genossenschaft zu schützen. Die gesetzgeberischen Erwägungen zu § 73 Abs. 4 [X.] (vgl. BT-Drucks. 16/1025, [X.]) treffen auf § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] nicht zu. Die Beklagte macht dies auch nicht geltend.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass die Klausel sie vor dem Insolvenzrisiko eines Mitglieds bewahren und verhindern solle, dass eine Wohnung dauerhaft einem Nichtmitglied zur vergünstigten Mitgliedsmiete belassen werde, genügt dies nicht, um ein ausreichendes schutzwürdiges Interesse der Genossenschaft zu begründen, die Auszahlung des [X.]s dauerhaft zurückzustellen, bis der Schuldner die Wohnung räumt. Aufgrund der - wirksamen - Kündigung des [X.] ist der Schuldner nicht mehr Mitglied der [X.]. Der [X.] stehen mithin keine Ansprüche auf Einzahlung der zuvor rückständigen Pflichteinlagen mehr zu. Sie ist verpflichtet, das [X.] auszuzahlen. Auch wenn der [X.] möglicherweise hinsichtlich der Wohnung des Schuldners kein berechtigtes Interesse an einer Kündigung des Nutzungsverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 BGB zustehen sollte (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 10. September 2003 - [X.], [X.], 691; vom 19. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 185 Rn. 10), rechtfertigt dies nicht, den Anspruch auf Auszahlung des [X.]s unbegrenzt und auf Dauer auszuschließen.

Schließlich ergibt sich ein berechtigtes Interesse der [X.] an einer Regelung gemäß § 12 Nr. 5 der Satzung nicht daraus, dass sie im Nutzungsvertrag mit dem Schuldner keine Mietsicherheit vereinbart hat. Dies scheitert schon daran, dass die Regelung in § 12 Nr. 5 der Satzung die sich aus § 551 BGB ergebenden gesetzlichen Grenzen für [X.] bei Mietverhältnissen über Wohnraum nicht beachtet.

(3) Die Interessen des Schuldners rechtfertigen eine Klausel wie § 12 Nr. 5 der Satzung der [X.] ebenfalls nicht. Der Wohnraumschutz des aufgrund einer Kündigung seiner Mitgliedschaft aus der Genossenschaft ausgeschiedenen Genossen ist grundsätzlich mietvertraglich zu gewährleisten ([X.], [X.], 15. Aufl., § 65 Rn. 7; vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 185 Rn. 10 f). Zudem dient die Satzungsbestimmung - entgegen der Auffassung der Revision - nicht dazu, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, sondern verhindert lediglich die Auszahlung des [X.]s. Hingegen schränkt die Klausel weder etwaige Kündigungsmöglichkeiten der [X.] noch etwaige Räumungspflichten des Schuldners ein. Dass der Gesetzgeber mit § 67c [X.] eine gesetzliche Neuregelung geschaffen hat, die den Schutz für das Mitglied einer Genossenschaft verbessert, ist ebenfalls nicht geeignet, § 12 Nr. 5 der Satzung zu rechtfertigen. Die Norm ist auf den Streitfall nicht anwendbar, weil § 67c [X.] erst am 19. Juli 2013 und damit mehr als ein Jahr nach der vom Kläger ausgesprochenen Kündigung in [X.] getreten ist. Es besteht kein Anlass, die Wirkungen der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 18. September 2014 - [X.], [X.], 2098 Rn. 6 ff), zumal § 12 Nr. 5 der Satzung die von § 67c [X.] gezogenen Grenzen nicht einhält.

cc) Die Beklagte kann sich gegenüber dem Auszahlungsverlangen des [X.] insgesamt nicht auf § 12 Nr. 5 ihrer Satzung berufen. Ohne Rechtsfehler konnte das Berufungsgericht die Klausel im Rahmen der [X.] für insgesamt unwirksam halten. Eine geltungserhaltende Reduktion auf den noch zulässigen Umfang scheidet aus. Es besteht keine tragfähige Grundlage, dass bei einer vor Inkrafttreten des § 67c [X.] ausgesprochenen Kündigung der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft der Mindestumfang für die Höhe des zulässigerweise zurückzubehaltenden [X.]s in entsprechender Anwendung des § 67c [X.] festgelegt werden könnte. Die Parteien zeigen auch keine anderen Kriterien auf, die eine Begrenzung ermöglichen könnten.

Kayser     

      

Gehrlein     

      

Lohmann

      

Schoppmeyer     

      

Meyberg     

      

Meta

IX ZR 56/17

26.04.2018

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Dresden, 8. Februar 2017, Az: 8 S 226/15

§ 35 InsO, § 80 Abs 1 InsO, § 109 Abs 1 S 2 InsO, § 65 GenG, § 66 GenG, § 67c Abs 1 Nr 1 GenG, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.04.2018, Az. IX ZR 56/17 (REWIS RS 2018, 9980)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 887-888 WM2018,1140 REWIS RS 2018, 9980

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