Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2018, Az. XI ZR 198/17

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6285

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:100718UX[X.]198.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

XI
ZR 198/17
Verkündet am:

10. Juli 2018

Herrwerth

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 19.
Juni 2018
eingereicht werden konnten, durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, [X.]
Grüneberg und [X.] sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt

für Recht erkannt:

Die Revision
der Klägerin
gegen
das Urteil der
3.
Zivilkammer
des Landgerichts [X.]
vom 16.
Februar
2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der beklagten Bausparkasse die Fest-stellung des [X.] ihres [X.].
Die Klägerin schloss [X.] mit der Beklagten einen Bausparver-trag (Vertragsnummer:

) über eine Bausparsumme von 16.000

unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge der [X.] (im Folgenden: [X.]). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:
"Präambel: Inhalt und Zweck des Bausparens
Bausparen ist zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen

1
2
-
3
-
§ 2 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Sparbeitrag beträgt 3 vom Tausend der Bausparsumme (Regelspar-beitrag).

§ 3 Verzinsung des Sparguthabens
(1) Das Bausparguthaben wird mit 3
% jährlich verzinst.

(3) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung (siehe §
4) auf das Bauspardarlehen, bevor daraus die erste Auszahlung erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus. Der Zinsbonus be-steht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des [X.] nach Abs.
1. Die Höhe des [X.] beträgt bei einer Bewertungszahl (§
4 Abs.
2
b) von

2.400-3.999

3,5
%

4.000-5.999

4
%

6.000 und mehr

4,5
%.
Der Zinsbonus wird mit dem Bausparguthaben ausgezahlt.
§ 4 Zuteilung des [X.]
(1) Die Zuteilung des [X.] ist eine Voraussetzung für die Auszahlung der Bausparsumme. Die Zuteilung wird dem Bausparer mitgeteilt mit der Aufforderung, in-nerhalb von vier Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Rechte aus der Zuteilung wahrnimmt (Zuteilungsannahme).

§ 5 Nichtannahme der Zuteilung; Vertragsfortsetzung

(2) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß an oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, wird der Vertrag fortgesetzt.
(3) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung je-

(4) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus nach [X.] von §
3 Abs.
3."
-
4
-
Der Bausparvertrag war am 31.
Dezember 2004 zuteilungsreif. Die Klä-gerin nahm ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch. Mit Schreiben vom 7.
Mai 2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des [X.] zum 12.
November 2015. Anfang Mai 2015 belief sich das Bausparguthaben der Klägerin auf 13.463,27

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Ihre Klage auf Feststellung des [X.] des Vertrages über den 12. November 2015 hinaus hat das Amtsgericht abgewiesen. Das
Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer

vom Berufungsgericht zugelassenen

Revision ver-folgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung

im Wesentlichen ausgeführt:
Das Amtsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die [X.] den Bausparvertrag gemäß §
489 Abs.
1 Nr.
2 BGB wirksam gekündigt. Die-ses
Kündigungsrecht stehe während der Ansparphase eines [X.] auch der
Bausparkasse zu. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts seien gegeben, weil insbesondere mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife von ei-nem vollständigen Darlehensempfang auszugehen
sei. Entgegen der Auffas-3
4
5
6
7
-
5
-
sung der Klägerin stehe §
489 Abs.
3 BGB der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, weil
die Klägerin der Kündigung widersprochen und Klage er-hoben
habe und deshalb der Einwand aus §
489 Abs.
3 BGB wegen wider-sprüchlichen Verhaltens treuwidrig sei (§
242 BGB).

II.
Diese Beurteilung
hält revisionsrechtlicher
Nachprüfung stand. Die [X.] hat den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag mit Schreiben vom 7.
Mai 2015 gemäß §
489 Abs.
1 Nr.
3 BGB in der bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF; nunmehr §
489 Abs.
1 Nr.
2 BGB) wirk-sam gekündigt.
1. Auf den [X.] abgeschlossenen Bausparvertrag findet

wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist

Darlehensrecht Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR 185/16, [X.], 94 Rn.
20
ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde ist vom [X.] durch Beschluss vom 21.
Juni 2017

1
BvR 918/17

nicht zur Entscheidung angenommen worden). In zeitlicher Hinsicht ist

soweit für die Entscheidung von Bedeutung

gemäß Art.
229 §
5 Satz
2, Art.
229 §
22 Abs.
2 und 3, Art.
229 §
38 Abs.
1 und 2 EGBGB das Darlehensrecht der §§
488
ff. BGB in der bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden:
aF) maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR 185/16 aaO Rn.
18
f.).
2. Die Beklagte hat den Bausparvertrag gemäß §
489 Abs.
1 Nr.
3 BGB
aF wirksam zum 12.
November 2015 gekündigt.
a) Wie der
Senat in seinem Urteil vom 21.
Februar 2017 (XI
ZR 185/16, [X.], 94 Rn.
34
ff.) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, steht 8
9
10
11
-
6
-
auch einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus §
489 Abs.
1 Nr.
3 BGB
aF zu.
b) Die Voraussetzungen dieses Kündigungsrechts liegen vor.
aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zins-satz auf, weil bei Vertragsschluss der [X.] für die Dauer der [X.] in Höhe von 3%
p.a. vereinbart worden ist (§
3 Abs.
1 [X.]).
Daran ändert auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Zinssatzes bei Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß §
3 Abs.
3,
§
5 Abs.
4 [X.] nichts, weil auch für diesen Fall der Darlehenszins für die gesamte Lauf-zeit von Anfang an als feststehende Prozentzahl ausgedrückt wird und bereits bei Vertragsschluss vereinbart worden ist. Mit der Einführung der Formulierung "gebundener Sollzinssatz"
in §
489 Abs.
1 BGB durch das Gesetz zur [X.], des zivilrechtlichen Teils der Zahlungs-diensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das
Widerrufs-
und Rückgaberecht vom 29.
Juli 2009 ([X.]
I S.
2355)
anstelle der [X.] "fester Zinssatz"
in §
489 Abs.
1 BGB
aF ist keine inhaltliche Änderung verbunden gewesen (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S.
74).
bb) Seit dem vollständigen Empfang des Darlehens durch die Beklagte waren zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom 7.
Mai 2015 auch mehr als zehn Jahre vergangen, weil der Bausparvertrag erstmalig am 31.
Dezember 2004 zuteilungsreif war. Wie der
Senat in seinem Urteil vom 21.
Februar 2017 (XI
ZR 185/16, [X.], 94 Rn.
71
ff.) näher ausgeführt hat, ist bei einem Bausparvertrag von einem vollständigen Empfang des [X.] regelmäßig im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist das Zweckdarlehen, welches der Erlangung des 12
13
14
15
-
7
-
Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens dient, der Bausparkasse vollständig gewährt worden.
Entgegen der Ansicht der Revision folgt vorliegend etwas anderes nicht aus der Zinsbonusregelung der
§
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.]. Diese Regelung führt ebenso wenig wie ein Wahlrecht betreffend die Höhe der Guthabenverzin-sung während der Ansparphase (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 25.
Juli 2017

XI
ZR 116/17, juris Rn.
10) zu einer Modifikation des Vertragszwecks im [X.] auf die in der Erbringung der Ansparleistungen liegende Darlehensgewäh-rung an die Beklagte (vgl. dazu Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR 185/16, [X.], 94 Rn.
81). §
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.] eröffnen
dem [X.] lediglich die Möglichkeit, nach der Zuteilung einen Verzicht auf das [X.] zu erklären, um rückwirkend ab Vertragsbeginn einen

hier: in Abhängigkeit von der Höhe der Bewertungszahl

über den ursprünglichen Zinssatz von 3%
p.a. hinausgehenden Zins für das Bausparguthaben [X.] zu können. Diese Möglichkeit besteht nicht nur einmalig beim erstma-ligen Eintritt der Zuteilungsreife (§
3 Abs.
3 [X.]), sondern auch bei einer Ver-tragsfortsetzung

5 Abs.
4 [X.]). Das dem Bausparer eingeräumte Options-recht ändert aber nichts daran, dass seine bis zur erstmaligen Zuteilungsreife erbrachten Ansparleistungen weiterhin zweckgebunden sind, um einen [X.] auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen, der erst in der Folge durch einen Verzicht auf das Bauspardarlehen unter Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß §
3 Abs.
3,
§
5 Abs.
4 [X.] abgegolten werden kann. Insoweit ist der vorliegende Fall anders gelagert als der Fall eines zeitlich be-grenzten Verzichts auf die Gewährung eines Bauspardarlehens, bei dem der Vertrag nach Ablauf des
Verzichtszeitraumes fortgesetzt wird und bei dem die Ansparleistungen während der Karenzzeit zusätzlich einem reinen Sparzweck dienen (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017, aaO; Senatsbeschluss vom 25.
Juli 2017, aaO).
16
-
8
-
cc) Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, einen Verzicht auf das Bauspardarlehen erklärt zu haben, ist sie mit diesem
Vorbringen gemäß §
559 Abs.
1 ZPO ausgeschlossen. Die Revision hat auch keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge gemäß §
557 Abs.
3 Satz
2, §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2
Buchst.
b ZPO erhoben, mit der sie aufzeigt, dass das [X.] entsprechenden Vortrag der Klägerin entgegen §
286 ZPO unbe-achtet gelassen hat (vgl. dazu [X.], Urteile vom 8.
Juli 1954

IV
ZR 67/54, [X.]Z 14, 205, 209
f., vom 22.
Februar 2005

XI
ZR 359/03, [X.], 782, 785
f.
und vom 11.
Juni 2015

I
ZR 75/14, [X.], 953 Rn.
45). Ungeachtet dessen würde vorliegend der Verzicht auf das Bauspardarlehen nach §
3 Abs.
3, §
5 Abs.
4 [X.] lediglich zu einem Anspruch der Klägerin auf Gewäh-rung des vereinbarten Zinsbonus führen, nicht hingegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 7.
Mai 2015 berühren.
c) Mit Ablauf der Kündigungsfrist von sechs Monaten nach dem Zugang des Kündigungsschreibens vom 7.
Mai 2015 ist der Bausparvertrag zum 12.
November 2015 beendet worden.
d) Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, dass die Kündigung auch nicht gemäß §
489 Abs.
3 BGB
aF als nicht erfolgt
gilt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, kann sich die Klä-gerin auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§
242

17
18
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-
9
-

BGB) auf Grund ihres widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen (vgl. Senats-urteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR 185/16, [X.], 94 Rn.
89).

Ellenberger
Grüneberg
[X.]

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2016 -
164 C 652/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.02.2017 -
3 S 32/16 -

Meta

XI ZR 198/17

10.07.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2018, Az. XI ZR 198/17 (REWIS RS 2018, 6285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6285

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