Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2012, Az. 2 StR 285/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 2084

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 285/12
vom
23.
Oktober 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
versuchten Totschlags
u.a.

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Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers
am 23.
Oktober
2012
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten werden die Urteile des [X.] vom 11.
Januar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere
als
Schwurge-richt zuständige [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten durch zwei am gleichen Tag hin-tereinander ergangene
Urteile in derselben Sache mit gleichem Tenor wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vor-sätzlichen Führens einer Schusswaffe ohne die erforderliche Erlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen beide Ur-teile richtet sich die Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit einer Beanstandung des Verfahrens Erfolg, so dass es auf die zugleich erhobene Sachbeschwerde sowie weitere Verfahrensrügen nicht mehr ankommt.

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I.
Die [X.] verkündete am 11.
Januar 2012 zunächst ein Urteil oh-ne dem Angeklagten zuvor das letzte Wort gewährt zu haben. Nach Verlesung der Urteilsformel und mündlicher Mitteilung der Gründe, ferner nach einer Ent-scheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft und der Rechtsmittelbe-lehrung bemerkte
die Schwurgerichtskammer ihr Versäumnis. Sie beschloss daraufhin gegen den Widerspruch der Verteidigung, erneut in die [X.] einzutreten, um die versäumte [X.] nachzuholen. Nach Wiederholung der Schlussvorträge wurde dem Angeklagten das letzte Wort gewährt. Daraufhin verkündete die [X.] nach Beratung ein weiteres Urteil mit demselben Tenor.

II.
Die Rüge der Fehlerhaftigkeit dieses Verfahrens ist begründet.
1. Das zuletzt ergangene Urteil kann keinen Bestand haben, wobei offen bleiben kann, ob es, wie die Revision meint, von vornherein unwirksam ist und wegen Nichtigkeit nur in deklaratorischer Weise aufzuheben ist, oder ob es an einem Rechtsfehler leidet, der aufgrund der Revision zur förmlichen Aufhebung zwingt (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar 1984 -
1 [X.], [X.], 279).
Mit der mündlichen Bekanntgabe von Formel und Gründen war in der anhängigen Sache das Urteil ergangen; es war danach für das erkennende Gericht nicht mehr abänderbar oder ergänzbar. Für einen Wiedereintritt in die Hauptverhandlung sowie eine erneute Urteilsberatung und -verkündung war
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unbeschadet der Identität der Urteilsformel -
kein Raum.
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Das Ziel nachträglich einen Verfahrensfehler formal zu "heilen", womit aber zugleich dem Angeklagten eine Rechtsmittelmöglichkeit versagt werden sollte, rechtfertigt eine solche Verfahrensweise nicht. Ein Fehler im Verfahren kann nicht dadurch geheilt werden, dass andere Verfahrensregeln von erhebli-cher Bedeutung verletzt werden.
2. Hinsichtlich des zuerst ergangenen Urteils hat die Revision mit der Verfahrensrüge des Fehlens schriftlicher Entscheidungsgründe Erfolg (§
338 Nr. 7 StPO).
Mit den gemäß §§
267, 275 Abs.
1 StPO zu den Akten zu bringenden schriftlichen Urteilsgründen bezeugen die beteiligten Berufsrichter durch ihre Unterschrift, dass es sich bei der Niederschrift um die Urteilsgründe handelt, die das Gericht aufgrund der Beratung und Abstimmung des Urteils in der Hauptverhandlung gewonnen hat. Die hier vorhandene [X.] bezieht sich auf das zuletzt verkündete Urteil, auch wenn ihr Inhalt darüber nicht unmit-telbar Aufschluss gibt. Dies folgt jedoch aus der Vorgehensweise des Landge-richts, das nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung, erneuter Entgegen-nahme
der Schlussvorträge und Gewährung des letzten Wortes an den Ange-klagten das Urteil beraten und verkündet hat. Die spätere Formulierung der

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schriftlichen Urteilsbegründung war unter Berücksichtigung der nachträglichen [X.]en erfolgt (Art. 103 Abs.
1 GG, §
261 StPO); sie kann nach Lage der Dinge nur auf der letzten Urteilsberatung beruhen. Dann aber fehlt eine alleine dem zuerst verkündeten Urteil zuzuordnende [X.]. Das erste Urteil war deshalb ebenfalls aufzuheben (vgl. [X.] aaO).

Becker

Berger Krehl

Eschelbach [X.]

Meta

2 StR 285/12

23.10.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2012, Az. 2 StR 285/12 (REWIS RS 2012, 2084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2084

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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