Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2008, Az. IV ZR 330/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5029

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[X.] BESCHLUSS IV ZR 330/06 vom 12. März 2008 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] am 12. März 2008 beschlossen: Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des [X.] vom 11. Januar 2006 zugelassen. Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 45.897,64 •

Gründe: [X.] Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren früheren [X.], wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten auf [X.] in Anspruch. 1 1. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin ohne das behaup-tete Fehlverhalten ihres Bevollmächtigten in einem gegen ihren [X.] - 3 -

versicherer wegen Entschädigungsleistungen geführten Rechtsstreit ob-siegt hätte. Der Beklagte bestreitet sein Verschulden und macht geltend, der Klägerin sei mangels Deckungsanspruchs gegen ihren Versicherer kein Schaden entstanden. Dieser hatte sich im Ausgangsrechtsstreit un-ter anderem damit verteidigt, dass ihm bei Antragstellung Vorschäden verschwiegen worden seien, weshalb er zur Anfechtung wegen arglisti-ger Täuschung und zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt gewesen sei. 2. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat die Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurück-gewiesen. Die Klage gegen den [X.] hätte, so das [X.], auch ohne die anwaltliche Pflichtverletzung keinen Erfolg gehabt. Obwohl das tatsächliche Vorbringen der Klägerin, wonach sie die bei Abschluss des [X.] eingeschaltete Vermittlerin vollständig über die Vorschäden unterrichtet habe, wegen der Säumnis des Beklagten gemäß § 539 Abs. 2 ZPO als zugestanden anzusehen sei, rechtfertige dies den Berufungsantrag nicht. Zwar sei das Wissen, über das ein mündlich vollständig informierter Versicherungsagent, im vorlie-genden Fall die stellvertretend für den damaligen Versicherer tätig ge-wordene [X.], im Hinblick auf gefahrerhebliche [X.] verfüge, dem Versicherer regelmäßig auch dann zuzurechnen, wenn diese Umstände nicht in das Antragsformular aufgenommen worden [X.]. Darauf könne sich die Klägerin jedoch im vorliegenden Fall gemäß § 242 BGB nicht berufen, da ein evidenter Missbrauch der Vollmacht des Versicherungsagenten anzunehmen sei. Die Klägerin habe die Unvoll-ständigkeit der Eintragungen in dem Formular gekannt und auch keinen Anlass gehabt anzunehmen, Mitarbeiter der E.

GmbH würden diese vor Weitergabe an den Versicherer noch vervollständigen. 3 - 4 -

4 I[X.] Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulas-sung der Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat ihren [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es [X.] einen Hinweis auf die Unschlüssigkeit ihres Vortrags ein unechtes Versäumnisurteil erlassen hat.
Die Erteilung eines solchen rechtlichen Hinweises (§ 139 Abs. 2 ZPO), die sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung nicht ergibt (vgl. dazu [X.], 166, 172 f.) vermisst die Beschwerde zu Recht. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht vor Erlass eines unech-ten [X.] regelmäßig verpflichtet ist, auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags hinzuweisen (so [X.]/[X.], ZPO 26. Aufl. § 331 Rdn. 15; MünchKomm-ZPO/Prütting, 4. Aufl. § 331 Rdn. 50; Hk-Pukall, ZPO § 331 Rdn. 8). Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zu den näheren Umständen der Offenlegung von Vorschä-den bei der Antragstellung bereits in erster Instanz vorgetragen. Diesen Vortrag hatte sie, nachdem das [X.] sie insoweit als beweisfällig angesehen hatte, im [X.] - unter erneutem [X.] - ergänzt. Im Hinblick darauf, dass gemäß § 539 Abs. 2 ZPO das zu-lässige tatsächliche Vorbringen der [X.] als zugestanden anzu-sehen, also der Entscheidung ohne weitere Beweisaufnahme zugrunde zu legen ist, wenn der [X.] nicht erscheint und daraufhin gegen ihn der Erlass eines [X.] beantragt wird, konnte die Klägerin darauf vertrauen, das Berufungsgericht werde sie auf die feh-lende Schlüssigkeit ihres Vortrages vor Erlass des unechten Versäum-nisurteils hinweisen. 5 - 5 -

6 II[X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: 7 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die E. GmbH sei als Versicherungsagent für die Beklagte des Ausgangsverfahrens tä-tig geworden, begegnet nach den dazu getroffenen Feststellungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Voraussetzung einer Stellung als Agent mit der Folge einer Wissenszurechnung nach den Grundsätzen der vom Senat entwickelten sog. [X.] ist, dass der Vermittler vom Versicherer zur Entgegennahme von [X.] bevollmächtigt, zumindest aber von ihm im Sinne von § 43 Nr. 1 [X.] betraut ist ([X.], 194, 197 f. und ständig). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Vermittler dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, also im Lager des Antragstellers und nicht in dem des Versicherers steht (Senatsurteil vom 19. September 2001 - [X.]/00 - VersR 2001, 1498 unter [X.]). Gemessen daran wurde die E.

GmbH hier als selbstständige Versicherungsmaklerin tätig. Sie war von der Klägerin beauftragt, einen neuen [X.] zu finden, ein möglichst günstiges Angebot für einen Versicherungsvertrag einzuholen und den Vertrag dann nach ihren Weisungen abzuschließen. Damit nahm sie ausschließlich Interessen der Klägerin wahr, die mit ihr zu diesem Zweck einen "Versicherungsmakler-vertrag" abgeschlossen hatte. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, die [X.] der Sphäre des damaligen Versicherers zuzurechnen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen. Solche Umstände ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die [X.] der [X.] zur Verfügung hatten und von ihnen bei der Vermittlung des [X.] (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. September 1999 - [X.] - VersR 1999, 1481 unter 2 c). - 6 -

8 2. Ob der Versicherer berechtigt war, den mit der Klägerin ge-schlossenen Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzu-fechten, bedarf daher unter Berücksichtigung der Maklereigenschaft der [X.] erneuter Prüfung. Diese Prüfung wird sich - nach ergänzendem Parteivortrag - auf die genauen Umstände des Vertrags-schlusses und insbesondere darauf erstrecken müssen, was hinsichtlich der Angabe von Vorschäden im Versicherungsantrag zwischen der Klä-gerin und der von ihr eingeschalteten Maklerin abgesprochen war. [X.] der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des [X.] arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darle-gungslast (Senatsurteil vom 7. November 2007 - [X.]/06 - [X.], 242 [X.]. 1 m.w.[X.]). Nach der ständigen Rechtsprechung des Se-nats genügen jedoch falsche Angaben in einem Versicherungsantrag [X.] nicht, um den Schluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtferti-gen. Die Annahme von Arglist setzt in subjektiver Hinsicht vielmehr zu-sätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (vgl. zuletzt [X.] vom 28. Februar 2007 - [X.] - [X.], 785 unter II 1 a m.w.[X.]). Eine arglistige Täuschung des Versicherers allein durch - 7 -

die Maklerin - die nicht Dritte i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist - wäre der Klägerin zuzurechnen (§ 166 Abs. 1 BGB).
[X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.03.2005 - 5 O 404/04 - [X.], Entscheidung vom 11.01.2006 - 26 U 75/05 -

Meta

IV ZR 330/06

12.03.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2008, Az. IV ZR 330/06 (REWIS RS 2008, 5029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5029

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