Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2018, Az. 4 AZR 380/16

4. Senat | REWIS RS 2018, 7474

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Gegenstand

Vertragsauslegung - Verweisung auf Tarifvertrag - Vergütungshöhe - Lohnvereinbarung


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 28. April 2016 - 17 Sa 1876/15 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 6. November 2014 - 1 Ca 1095/14 - zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung des Lohntarifvertrags für den Einzelhandel [X.] ([X.]) auf ihr Arbeitsverhältnis sowie daraus resultierende [X.] für den Zeitraum von Dezember 2013 bis März 2016 gegen die Beklagte.

2

Der Kläger ist bei der [X.], die Möbelhäuser betreibt, aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 8. Oktober 1993 seit dem 18. Oktober 1993 als Auslieferungsfahrer bzw. Kundendienstfahrer beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt (die unterstrichenen Passagen sind handschriftlich in das Formular eingefügt):

        

„§ 1   

Einstellung

                 

1.    

Der/Die Arbeitnehmer/in wird ab 18/10/93 als Mitarbeiter für die Auslieferung eingestellt.

                 

2.    

Der/Die Arbeitnehmer/in wird als Vollzeitkraft/Teilzeitkraft mit 37,5 Stunden wöchentlich eingestellt. …

                 

3.    

Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes [X.] in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages.

                          

…       

        

§ 4     

Lohn   

                 

1.    

Gemäß der in § 1 Absatz 1 genannten Tätigkeit wird der/die Arbeitnehmer/in in die Lohngruppe _______ [nicht ausgefüllt] des derzeit geltenden [X.] für den Einzelhandel eingestuft.

                 

2.    

Der vereinbarte Lohn beträgt je Std brutto DM 18,43 Außerdem wird vereinbart ab 1.1.94 beträgt der Std-Lohn 19,36 DM, ab dem [X.] 19,75.

                 

…       

        
                 

4.    

Die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile … können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Lohntarife, beim Aufrücken in eine höhere Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden.“

4

Die Beklagte ist Mitglied des [X.], der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband [X.] e.V. ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifgebundenheit. Auf ihren Antrag hin führt sie der Verband seit dem 1. November 2004 als Mitglied ohne Tarifgebundenheit („[X.]“). Die Verbandssatzung sieht eine derartige [X.]schaft vor.

5

Bis zum Wechsel in die [X.]schaft wurde der Lohn des [X.] regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen im Einzelhandel [X.] erhöht. Der zu dieser Zeit gültige [X.] war zum 31. März 2005 gekündigt.

6

Im März 2005 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. …

        

Arbeitszeit

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.

                 
        

Zuschläge

        

Auf Spätöffnungs- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch.

        

Sonderzahlungen

        

…       

        

Urlaub

        

…“    

7

Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte [X.] im Einzelhandel [X.] nicht mehr an den Kläger weiter.

8

Durch Einigungsstellenspruch vom 12. Juni 2012 wurde bei der [X.] eine „Vergütungsordnung“ beschlossen, die Vergütungsgruppen mit verschiedenen Tätigkeitsmerkmalen vorsieht und darüber hinaus einen bestimmten, vom Arbeitgeber festzulegenden [X.] als Richtgröße für die den Vergütungsgruppen jeweils zugeordneten Entgelte benennt.

9

Am 26. März 2014 unterzeichnete der Kläger ein von der [X.] erstelltes Formular mit der Überschrift „Personalveränderung“, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

         

„Veränderung gültig ab

                 
        

01.04.2014

                 
                                   
                 

bisher

künftig

        

Abteilung

                 
                                   
        

Standort

                 
                                   
        

Kostenstelle

3004   

3004   

                                   
        

Tätigkeit

Auslieferungsfahrer

[X.]

                                   
        

Arbeitszeit

                 
                                   
        

Vergütungsgruppe

V4    

V5    

                                   
        

Lohn/ Gehalt/ Garantiegehalt

2.193,87 €

2.297,04 €

                                   
        

Ausgleichszahlung

50,00 €

50,00 €

                                   
        

Summe Vergütung

2.243,87 €

2.347,04 €

                                   
                 
                                   
                                   
        

Der / die Mitarbeiter(in) wurde über die Sach- und Rechtslage aufgeklärt, aus der sich die vorläufige Massnahme ergibt.

        

X       

Die Zustimmung des Betriebsrates liegt vor

        

☐       

Die Zustimmung des Betriebsrates ist nicht erforderlich

        

☐       

Notwendige Informationen an die [X.] zwecks Aktualisierung der [X.] wurden weitergeleitet

        

☐       

Notwendige Informationen an das Call-Center zwecks Aktualisierung der [X.] wurden weitergeleitet

                                   
        

Datum 

                 
        

26.03.2014

                 
                                   
        

Unterschrift Mitarbeiter(in)

Unterschrift bisheriger Vorgesetzter

Unterschrift künftiger Vorgesetzter“

        

K       

(unleserlich)

        

Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 machte der Kläger vergeblich [X.] für die Monate Dezember 2013 bis Mai 2014 zwischen der ihm gezahlten Vergütung und den Beträgen aus der Lohngruppe III Lohnstaffel d des [X.] geltend.

Mit seiner Klage und den in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageerweiterungen hat der Kläger Ansprüche auf [X.] - nunmehr auch für den Zeitraum bis einschl. März 2016 - weiterverfolgt und die Ansicht vertreten, der [X.] sei in seiner jeweiligen Fassung auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der zeitdynamischen [X.] in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags anzuwenden. Diese sei im Änderungsvertrag vom März 2005 erneut vereinbart worden, weshalb sie nicht mehr als Gleichstellungsabrede ausgelegt werden könne. Eine nachfolgende, von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags abweichende Lohnvereinbarung gebe es nicht, auch nicht aufgrund der „Personalveränderung“. Diese dokumentiere lediglich seine geänderte Tätigkeit und deren Auswirkung auf das Tarifgehalt.

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.408,19 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. April 2016 eine Vergütung nach der Lohngruppe III Lohnstaffel d des Lohntarifvertrags für den Einzelhandel [X.] zwischen dem [X.] und der [X.] [X.] zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, schon der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, es sei vielmehr unter § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich ein konkreter Stundenlohn vereinbart worden. Jedenfalls liege eine Gleichstellungsabrede vor, die auch nicht geändert worden sei. In der [X.] aus März 2005 liege kein Neuabschluss der [X.] aus § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags. Ihr sei es bei Verwendung des Einleitungssatzes hinsichtlich der Weitergeltung von in der [X.] nicht aufgeführten Regelungsgegenständen erkennbar nur darauf angekommen, keinen redaktionell ganz neuen Arbeitsvertrag zu verfassen. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt klar erkennbar gewesen, dass sie sich von den tarifvertraglichen Regelungen zumindest hinsichtlich der Hauptleistungspflichten - wozu neben der ausdrücklich geänderten Arbeitszeit auch das Entgelt gehöre - habe lösen wollen. In der „Personalveränderung“ sei die dort genannte und tatsächlich gezahlte Vergütung unter Festlegung einer neuen Tätigkeit als künftig arbeitsvertraglich geschuldet vereinbart worden. Es handele sich um eine konstitutive Vereinbarung unter Anwendung der neuen betrieblichen Vergütungsordnung. Letztlich seien Ansprüche des [X.] aufgrund der jahrelang unterbliebenen Geltendmachung und der insoweit anstandslosen Weiterarbeit zumindest verwirkt.

Die Vorinstanzen haben der Klage für den Zeitraum bis zum 31. März 2014 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung konnte die Klage auch nicht teilweise abgewiesen werden. [X.] ist insoweit an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat keine eigene Sachentscheidung treffen.

I. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis des [X.] bis zum 31. März 2014 der [X.] dynamisch Anwendung fand. Für die [X.] ab dem 1. April 2014 hat es jedoch den auf die Anwendung des [X.] gestützten Zahlungsanspruch verneint. Mit Wirkung von diesem Tage an sei das Arbeitsverhältnis der Parteien auf eine neue Grundlage gestellt worden. Dies ergebe sich aus der „Personalveränderung“ vom 26. März 2014. Es könne dahinstehen, ob die „Personalveränderung“ lediglich eine bloße Information enthalte oder unmittelbar selbst eine Arbeitsvertragsänderung darstelle. Selbst wenn es sich nur um eine Information handelte, ergäbe die Auslegung des Verhaltens der Parteien, dass ihr eine - mündliche - Änderungsvereinbarung der Parteien aus dem Vorfeld der Ausstellung der „Personalveränderung“ vorangegangen sei. Hierfür spreche vor allem, dass der Kläger tatsächlich - wie in der „Personalveränderung“ dokumentiert - ab dem 1. April 2014 nicht mehr als Auslieferungsfahrer, sondern als Kundendienstfahrer eingesetzt worden sei und hierfür dann auch tatsächlich ab diesem Tag den in der „Personalveränderung“ in der Rubrik „künftig“ festgelegten Lohn erhalten habe. Die Umsetzung der „Personalveränderung“ weise auf ein (konkludentes) Einvernehmen hin, das der Kläger nicht durch substantiierten Vortrag in Frage gestellt habe. Durch die Angabe der neuen Tätigkeit und der nach der betrieblichen Vergütungsordnung neuen Vergütungsgruppe „[X.]“ (statt wie bisher „[X.]“) habe er erkennen können, dass die neuen Aufgaben als höherwertig angesehen würden und mit ihm deshalb ein neues Entgelt vereinbart werden sollte.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrichterlichen Kontrolle weder unter dem Gesichtspunkt der für die Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen uneingeschränkten Überprüfbarkeit (vgl. zu den Maßstäben insoweit [X.] 14. Dezember 2011 - 4 [X.] - Rn. 29 mwN) noch unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit nach §§ 133, 157 BGB für atypische Willenserklärungen stand.

1. Das [X.] hat die für seine Annahme erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen. Es hätte nicht dahinstehen lassen dürfen, ob die „Personalveränderung“ selbst als Vertragsänderung anzusehen ist oder ob sie eine bloße Information über eine bereits mündlich getroffene Abrede enthielt.

a) Das Gericht ist bei der Würdigung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme weitgehend frei (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO). [X.] ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob es alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Um dem Revisionsgericht diese Überprüfung zu ermöglichen, muss der Tatrichter die für seine Überzeugungsbildung nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO wesentlichen Gesichtspunkte nachvollziehbar darlegen ([X.] 17. November 1998 - VI ZR 32/97 - zu II 1 a der Gründe mwN).

b) Dies hat das [X.] unterlassen. Zu einer der „Personalveränderung“ vorangegangenen mündlichen Einigung gleichen Inhalts gibt es keinerlei Feststellungen.

aa) Weder der Tatbestand noch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils enthalten Einzelheiten zu dem tatsächlichen Vorgang einer am oder vor dem 26. März 2014 getroffenen mündlichen Einigung über die grundlegende Abänderung der arbeitsvertraglichen Entgeltregelung. Wer wann mit wem wo und mit welchem Ergebnis über diese Frage geredet haben soll, bleibt völlig offen.

Der Kläger hat eine solche mündliche Einigung über die [X.] stets bestritten und darauf verwiesen, dass lediglich über die neue Tätigkeit verhandelt worden sei. Die Frage des Entgelts habe sich aus seiner Sicht schon deshalb nicht gestellt, weil er davon ausgegangen sei, nach Tarif entlohnt zu werden.

Die Beklagte trägt insoweit nur allgemein vor, es sei eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, ohne das auch nur die für sie handelnde Person namhaft gemacht worden wäre.

bb) Soweit ein Rückschluss auf den vom [X.] offenbar vorausgesetzten Sachverhalt möglich ist, fehlt es an der Nachvollziehbarkeit seiner Verbindlichkeit für die Entscheidung. Es ist sicher theoretisch nicht ausgeschlossen, aus einer - für sich genommen rechtsgeschäftlich unbedeutenden - Urkunde Rückschlüsse auf die „Wahrheit“ oder „Unwahrheit“ einer tatsächlichen Behauptung vorzunehmen. Hier fehlt es an einer solchen tatsächlichen Behauptung durch die darlegungs- und beweisbelastete Partei, welche auch immer das [X.] als solche angesehen hat. Es kann sogar dahingestellt bleiben, ob unter bestimmten Umständen auch durch eine solche Urkunde eine Darlegungslast bzgl. einer bislang von keiner Seite thematisierten Tatsache begründet wird - hier etwa die Pflicht des [X.] zum Vortrag der „negativen“ Tatsache, dass eine mündliche Einigung über die Arbeitsvergütung im Vorfeld der Unterzeichnung nicht stattgefunden hat. Hierzu hätte es aber einer nachvollziehbaren Begründung bedurft, etwa durch Erwägungen aus dem Bereich der Umkehr einer Darlegungslast durch die Feststellungen von [X.] usw. Eine solche Begründung hat das [X.] auch nicht im Ansatz vorgebracht.

cc) Angesichts dieser Tatsachengrundlage ist der bloße Rückschluss von den in der „Personalveränderung“ aufgeführten Einzelheiten ohne weitere Anhaltspunkte nicht ausreichend, um von der feststehenden Tatsache einer vorherigen mündlichen Einigung zwischen einem bevollmächtigten Vertreter der Beklagten und dem Kläger auszugehen, die sich nicht nur auf die Veränderung von dessen Tätigkeit, sondern auch auf die Vereinbarung einer gänzlich neuen Entgeltregelung erstreckt, wenn man der „Personalveränderung“ selbst keinen eigenen rechtsgeschäftlichen Charakter zumisst. Dies gilt umso mehr als das [X.] zugunsten des [X.] unterstellt hat, er habe keine Kenntnis von dem neuen Vergütungssystem gehabt (UA S. 15).

dd) Weiter sind die [X.], die das [X.] anführt, diejenigen nach §§ 133, 157 BGB. Es wendet sie unmittelbar auf die „Personalveränderung“ an. Ferner wird die Angabe der bisherigen Vergütungsgruppe mit „[X.]“ und der künftigen mit „[X.]“ als „Angebot“ gewertet, das der Kläger nur in einer bestimmten Weise hätte verstehen können, nämlich als neue Vergütung anhand des betrieblichen Vergütungssystems. Wenn aber die „Personalveränderung“ keine rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen enthält, kann auch ihr Inhalt nicht als „Angebot“ gewertet werden. Im Übrigen steht nach dem Berufungsurteil fest, dass die bis zur angenommenen Vertragsänderung zutreffende Vergütungsgruppe des [X.] jedenfalls nicht diejenige ist, die in der „Personalveränderung“ als „bisher“ aufgeführt ist, sondern die sich aus dem [X.] ergebende.

2. Dem Revisionsgericht ist eine eigene Sachentscheidung nicht möglich (§ 563 Abs. 1, Abs. 3 ZPO).

a) Dass die Entscheidung des [X.]s trotz des dargestellten Rechtsfehlers zutreffend ist, steht nicht fest. Wenn man nicht von der Tatsache einer vorherigen einvernehmlichen mündlichen Vertragsänderung ausgehen kann, lässt sich eine Klageabweisung hinsichtlich des [X.]raums ab dem 1. April 2014 nicht ohne Weiteres begründen. Von einer Verwirkung etwaiger Lohnansprüche geht auch das [X.] zu Recht nicht aus (UA S. 12).

b) Auf der anderen Seite ist die Klage auch nicht ohne Weiteres begründet, da es nicht ausgeschlossen ist, dass eine mündliche Änderungsvereinbarung vorgelegen und die Arbeitsbedingungen verändert hat. Insoweit hätte der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) Gelegenheit gegeben werden müssen, unter Berücksichtigung dieser Rechtsansicht ergänzend vorzutragen, etwa zu [X.], Ort, Teilnehmern und Inhalt eines Gesprächs zwischen den Parteien über die in Aussicht genommene Vertragsänderung.

III. [X.] ist im Umfang der Aufhebung an das [X.] zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, Abs. 3 ZPO). Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht unter Gewährung rechtlichen Gehörs für die Parteien auf Folgendes Bedacht zu nehmen haben.

1. Es ist zutreffend, dass die Tätigkeit des [X.] zum angegebenen [X.]punkt geändert wurde. Es ist auch davon auszugehen, dass sich die Parteien jedenfalls darauf verständigt haben. Insoweit bestehen genügend Anhaltspunkte dafür, dass eine Einigung hierüber außerhalb der „Personalveränderung“ stattgefunden hat.

2. Wenn man die Unterzeichnung der „Personalveränderung“ nicht als Willenserklärung ansieht, also allein hierin weder ein rechtsgeschäftliches Angebot der Beklagten noch eine Vertragsänderungsannahme des [X.] sieht (wie es das [X.] selbst unterstellt), kann eine Vereinbarung über eine - grundlegende - Änderung des Entgelts nicht allein aufgrund der Angaben in der „Personalveränderung“ unterstellt werden. Auch die Entgegennahme eines geänderten Gehalts ist kein solcher, außerhalb der „Personalveränderung“ selbst liegender hinreichender Faktor. Dass die Beklagte seit Jahren den Entgeltanspruch des [X.] nicht erfüllt hat, sondern hinter ihm zurückgeblieben ist, indiziert bei einer Erhöhung des Entgelts bei geänderter Tätigkeit keine gemeinsame Abrede über ein neues Entgelt(-prinzip), wenn die Beklagte nunmehr ein höheres Gehalt zahlt.

3. Wenn man die „Personalveränderung“ und deren Inhalt nicht zur Ermittlung des Inhalts einer Willenserklärung (mindestens) des [X.] heranzieht, so kann eine konstitutive Neuvereinbarung des Entgelts in einer ganz bestimmten Höhe nicht unterstellt werden. Für eine auch nur indizielle Bedeutung des Inhalts der „Personalveränderung“ muss zumindest festgestellt werden, dass Verhandlungen oder Gespräche auch über ein neues Entgelt für die neue Tätigkeit stattgefunden haben, ferner, welchen Inhalt diese gehabt haben, um dann möglicherweise einen indiziellen Rückschluss aus dem Inhalt der „Personalveränderung“ auf Einzelheiten der Einigung zu ziehen. Dies ist nicht geschehen.

4. Dabei ist auch zu erwägen, ob und inwieweit die Parteien, insbesondere der Kläger die in der Betriebsvereinbarung geregelte Vergütungsordnung - möglicherweise über deren normative Wirkung nach § 77 Abs. 4 BetrVG hinaus - zum Inhalt ihres Arbeitsvertrags machen wollten, obwohl insoweit eine mögliche Unwirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 3 BetrVG im Raum steht.

        

    Eylert    

        

    Eylert
zugleich für den
verhinderten Ri[X.]
Klose     

        

  Creutzfeldt  

        

        

        

    Mayr    

        

  P. Hoffmann    

                 

Meta

4 AZR 380/16

20.06.2018

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Paderborn, 6. November 2014, Az: 1 Ca 1095/14, Urteil

§ 611 BGB, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2018, Az. 4 AZR 380/16 (REWIS RS 2018, 7474)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7474

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