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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Steuerhinterziehung: Schätzung der Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der "Schwarzumsätze" eines Restaurants
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. November 2018 im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen und versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 751.900 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der Angeklagte betrieb von 2010 bis 2017 das [X.] Buffet-Restaurant „P. “ in H. . Das Restaurant war einem Modemarkt angeschlossen und wurde auch von [X.] aufgesucht. Es verfügte über circa 190 Sitzplätze; nach einer Renovierung im Juli 2015 bot das „P. “ Platz für circa 220 Personen. Der Angeklagte manipulierte die Kassenumsätze des Restaurants, indem er oder - auf seine Anweisung hin - [X.] Umsätze aus der Kasse teilweise löschten. Der Angeklagte erreichte so, dass in seiner Buchhaltung nur 50 % seiner tatsächlichen Umsätze erfasst wurden. Für die Veranlagungszeiträume 2011 bis 2013 gab der Angeklagte nur teilweise und verspätet Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuererklärungen ab und ließ zuvor Schätzungsbescheide gegen sich ergehen. Soweit er Steuererklärungen nachreichte, verschwieg er die Hälfte seiner [X.] bzw. Betriebseinnahmen; für das [X.] gab er keine Steuererklärungen mehr ab. Infolge der Unkenntnis der tatsächlichen Umsätze bzw. [X.] setzte das Finanzamt die Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuern für 2011 bis 2013 zu niedrig fest; für das [X.] ergingen vor Einleitung des Steuerstrafverfahrens gegen den Angeklagten keine Schätzungsbescheide mehr. Die hinterzogenen Beträge bzw. im Falle des Versuchs (Einkommen- und Gewerbesteuer 2014; § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 [X.], § 53 StGB) vom Vorsatz umfassten [X.] beliefen sich im Tatzeitraum 2011 bis 2014 auf mehr als 1,1 Mio. Euro.
II.
Der Rechtsfolgenausspruch hat insgesamt keinen Bestand, weil das [X.] den Umfang der Steuerhinterziehung und mithin den Schuldumfang betreffend alle Taten nicht frei von [X.] bestimmt hat.
1. Seine Überzeugung, der Angeklagte habe im Tatzeitraum die Hälfte seiner Umsätze verschwiegen, hat es nicht tragfähig begründet.
a) Zwar muss das Revisionsgericht die Überzeugung des Tatgerichts vom Vorliegen eines Sachverhalts grundsätzlich hinnehmen. So ist es ihm verwehrt, seine eigene Überzeugung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Zu prüfen ist aber, ob die tatrichterliche Überzeugung in den Feststellungen und den sie tragenden Beweiserwägungen eine ausreichende Grundlage findet. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Tatrichter gezogenen Schlussfolgerungen nicht nur eine Vermutung darstellen (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 23. Januar 2018 - 2 StR 238/17 Rn. 8 mwN; vom 22. August 2013 - 1 [X.] Rn. 7 und vom 3. Juli 2018 - 1 [X.] Rn. 5).
Bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, zu welcher das Tatgericht hier wegen der unvollständigen Buchführung berechtigt war, hat es für das Revisionsgericht nachvollziehbar darzulegen, warum das von ihm ermittelte [X.] einem ordnungsgemäß durchgeführten [X.] bzw. einer ordnungsgemäßen Einnahmeüberschussrechnung so gut wie möglich nahekommt (vgl. [X.], Beschluss vom 6. April 2016 - 1 StR 523/15 Rn. 19 f. mwN).
b) Dem halten die Urteilsgründe nicht stand. Das [X.] stützt seine Überzeugung, der Angeklagte habe die [X.] bzw. Betriebseinnahmen in den Jahren 2011 bis 2014 um die Hälfte verkürzt, darauf, dass dieser Anteil der Umsätze jedenfalls ab 2015 verschwiegen worden sei. Das wiederum ergebe sich aus der Einlassung des Angeklagten, den übereinstimmenden Zeugenaussagen der Ermittler, deren Ermittlungsergebnissen sowie den dazu passenden verlesenen Urkunden. Es sei „nicht plausibel, weshalb der Angeklagte ab dem [X.] einen höheren Prozentsatz der Umsätze verschwiegen haben sollte, als in den Jahren von 2011 bis 2014“. Dieser Rückschluss ist nicht tragfähig belegt und lässt eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten, wonach er in den betreffenden Jahren 40 bis 45 % der Umsätze verschwiegen habe, vermissen. Die Beweiserwägungen, die ein Verschweigen des Umsatzes um die Hälfte belegen, beziehen sich - davon geht auch das [X.] aus - ausschließlich auf den Zeitraum ab 2015. Sie tragen deshalb nicht ohne Weiteres die Annahme, der Angeklagte habe auch in den Tatjahren 2011 bis 2014 einen entsprechenden Anteil seiner Umsätze verkürzt. Insbesondere fehlt in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit der Feststellung des [X.]s, an die die Einlassung des Angeklagten anknüpft, dass die Renovierung des Restaurants im [X.] zu einer Erhöhung der Anzahl der Sitzplätze geführt hat; denn bei einem Gaststättenbetrieb dieser Auslastung erscheint es durchaus denkbar, dass in der Folge Änderungen der betrieblichen Kalkulation den Angeklagten tatsächlich zu einer Erhöhung der [X.] veranlasst haben.
2. Angesichts der vom [X.] rechtsfehlerfrei festgestellten und vom Angeklagten auch eingeräumten Manipulation der Kasse und der Fälschung der in der Buchführung erfassten Umsätze kann vorliegend allerdings ausgeschlossen werden, dass im Tatzeitraum eine Steuerverkürzung nicht eingetreten ist, so dass der Schuldspruch von dem Rechtsfehler nicht berührt wird.
3. Da die Steuerberechnung fehlerhaft ist, kann auch die auf ihr beruhende Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der ersparten [X.] keinen Bestand haben.
4. Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat Folgendes:
Die Feststellungen des [X.]s zu den Betriebsausgaben lassen besorgen, dass die [X.] hinsichtlich der Einkommen- und Gewerbesteuer zu hoch bemessen worden sind.
Hierzu hat der [X.] zutreffend ausgeführt:
„... Die Strafkammer hat zwar zugunsten des Angeklagten bedacht, dass ein erhöhter Umsatz in der Regel mit einem erhöhten [X.]reneinkauf einhergeht. Bereits ihr Ansatz, die jeweiligen Schwarzeinkäufe mittels pauschaler Sicherheitsabschläge in Anrechnung zu bringen, ist jedoch im vorliegenden Fall zu beanstanden, da sie sich mit der zum doppelten Umsatz korrespondierenden Einlassung des Angeklagten, im Monat etwa 15.000,00 Euro für Schwarzeinkäufe ausgegeben zu haben (Urteil S. 11), nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Dies wäre bei dem Restaurant des Angeklagten für sämtliche Jahre bereits deshalb veranlasst gewesen, als nach den Angaben der Zeugin [X.] im [X.] die Buchhaltung des Angeklagten einen [X.]reneinkauf von rund 125.000.- Euro und gesondert einen Schwund in Höhe von 76.000.- Euro ausgewiesen hatte und letzterer zum [X.]reneinkauf hätte addiert werden müssen (Urteil S. 12). Demgegenüber hat die Kammer bei der Berechnung der Gewerbe- und Einkommenssteuer für das [X.] lediglich einen geschätzten höheren [X.]reneinsatz in Höhe von 45.140,00 Euro berücksichtigt (Urteil S. 26-28), ohne sich zu der buchhalterisch ausgewiesenen Höhe des gesamten [X.] zu verhalten. Dass der jeweils erklärte [X.]reneinsatz in der Buchhaltung regelhaft und fehlerhaft um den Schwund bereinigt worden sei, lässt sich der Aussage des Zeugen [X.]. entnehmen (Urteil S. 14).
Die Kammer hat zudem die nicht deklarierten Personalmehraufwendungen des Angeklagten bei den von ihr geschätzten Betriebskosten außer [X.] gelassen, obwohl die Urteilsfeststellungen dazu Anlass geboten hätten. Nach den auf der Aussage der Zeugen W. und [X.]. sowie auf der Einlassung des Angeklagten beruhenden Feststellungen hat der Angeklagte die elektronische Kasse regelmäßig dadurch manipuliert, dass er nachträglich einen Teil der Umsätze wie auch einen Teil der tatsächlich eingesetzten [X.] gelöscht hat (Urteil S. 3, 13, 15). Der Angeklagte hat diese Vorgehensweise auch eingeräumt und behauptet, seine Personalkosten nicht vollständig an die Buchhaltung gegeben zu haben (Urteil S. 11). Auch die Kammer ist davon ausgegangen, dass die Buchhaltung des Angeklagten nicht ordnungsgemäß geführt worden sei (Urteil S. 11). Daher wäre sie mit Blick auf ihre Feststellungen zu der Art der Manipulation gehalten gewesen, sich zu dem Umfang etwa nicht gebuchter Personalkosten als Betriebskostenfaktor im Urteil zu verhalten. ...“
Im Rahmen der Berechnung der verkürzten Einkommen- und Gewerbesteuer wird das [X.] zudem die verkürzte Umsatzsteuer, die es bei der Schätzung der tatsächlichen Betriebseinnahmen hinzugerechnet hat, gewinnmindernd zu berücksichtigen haben, denn dieser Vorteil hätte dem Angeklagten bei wahrheitsgemäßen Angaben ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden, sodass das Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 [X.]) dem nicht entgegensteht ([X.], Beschlüsse vom 17. April 2008 - 5 [X.] Rn. 23 [X.]; vom 13. Januar 1993 - 5 [X.] Rn. 10 und vom 15. November 1989 - 3 [X.] Rn. 5; Urteil vom 10. Juli 2019 - 1 StR 265/18 Rn. 45).
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Cirener |
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Bär |
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Leplow |
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Meta
08.08.2019
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Lübeck, 30. November 2018, Az: 6 KLs 8/17
§ 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 370 Abs 2 AO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2019, Az. 1 StR 87/19 (REWIS RS 2019, 4642)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 4642
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 StR 505/16 (Bundesgerichtshof)
Steuerhinterziehung: Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
1 StR 6/20 (Bundesgerichtshof)
Steuerhinterziehung: Begriff der Mitunternehmerschaft; Bedeutung bei der Einkommensteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer
1 StR 505/16 (Bundesgerichtshof)
1 StR 265/18 (Bundesgerichtshof)
Tatmehrheitliche Begehung einer Umsatz- und Gewerbesteuerhinterziehung; gerichtliche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
5 StR 58/07 (Bundesgerichtshof)