Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.08.2013, Az. 3 StR 192/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3394

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schwere räuberische Erpressung: Drohung mit Gewalt gegen Hund des Opfers als qualifiziertes Nötigungsmittel


Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. Januar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung schuldig gesprochen und den Angeklagten [X.]    unter Einbeziehung anderweitig verhängter Strafen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten [X.]zur Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte [X.]    mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision; der Angeklagte [X.]begründet sein Rechtsmittel mit der - nicht ausgeführten - Rüge der Verletzung formellen Rechts und mit der in allgemeiner Form erhobenen Sachbeschwerde. Beide Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg.

2

Der [X.] hat in seiner Antragsschrift zum Schuldspruch des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt:

"Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat einen durchgreifenden Rechtsfehler zuungunsten der Angeklagten ergeben, denn die Voraussetzungen einer schweren räuberischen Erpressung sind durch die bisherigen Feststellungen nicht dargetan.

1. Eine räuberische Erpressung erfordert gemäß § 255 StGB Gewalt gegen eine Person oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben. Solche qualifizierten [X.] hat das [X.] jedoch nicht festgestellt. Vielmehr drohte der Angeklagte [X.]   , nachdem er ein Messer und eine Pistole auf den Tisch des Geschädigten gelegt hatte, damit, der Hund des Geschädigten 'müsse dran glauben'. Später verknüpfte er seine unberechtigte Geldforderung mit der erneuten Drohung 'Sonst erschieße ich Deinen Hund' ([X.] 11).

Damit sind Drohungen mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person nicht festgestellt. Drohungen mit Gewalt, die sich nicht gegen Personen richten, genügen als solche nicht, mögen sie auch noch [X.] in [X.] Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 15). Zwar kann eine Drohung auch durch schlüssige Handlungen erfolgen. Erforderlich ist aber, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht gestellt, sie also genügend erkennbar gemacht hat; es genügt nicht, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde ihn an Leib oder Leben gefährden ([X.] bei [X.] 1987, 281; [X.]R StGB § 249 Abs. 1 Drohung 1).

Die bisherigen Feststellungen lassen keinen sicheren Schluss dahin zu, dass die Angeklagten eine Leibes- oder Lebensgefahr für den Geschädigten durch konkludentes Handeln deutlich in Aussicht stellten. Das [X.] der Waffen auf den Tisch genügte vorliegend hierzu nicht, denn die darin möglicherweise zunächst zu sehende schlüssige Drohung mit Gewalt gegenüber dem Geschädigten wurde durch die Ankündigung, bei Ausbleiben der Zahlung den Hund zu töten, konkretisierend eingeschränkt. Weitere Drohungen sind nicht festgestellt. Zwar hat der Geschädigte später gegenüber seiner Schwester, die er um Zurverfügungstellung des benötigten Geldes bat, erklärt, der Angeklagte [X.]   habe ihm '[X.] mit einem Schalldämpfer an den Kopf gehalten' ([X.] 12). Auch einem weiteren Bekannten gegenüber äußerte er, er sei 'mit einer Waffe mit Schalldämpfer und einem Fleischermesser bedroht' worden ([X.] 12). Den Feststellungen lässt sich jedoch nicht - auch nicht im Gesamtzusammenhang - entnehmen, dass sich die Kammer von einer solchen Bedrohung des Geschädigten selbst in der [X.] überzeugen konnte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Geschädigte im Ermittlungsverfahren oder der Hauptverhandlung eine entsprechende Tatschilderung abgegeben hätte, wonach er selbst mit den Waffen bedroht worden sei. Vielmehr hat umgekehrt das [X.] die Aussage des Geschädigten, er habe 'zwar auch sein eigenes Leben bedroht gesehen ...., der Angeklagte [X.]   [habe] aber zur Unterstützung seines Verlangens mit der Tötung des Hundes gedroht' als Beleg für dessen mangelnden Belastungseifer und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben angesehen ([X.] 16). Dass der Geschädigte um sein Leben fürchtete und Angst hatte ([X.] 11), reicht jedoch für die Annahme einer räuberischen Erpressung nicht aus. Allein das Schaffen einer diffusen Atmosphäre der Einschüchterung ist keine qualifizierte Drohung i.S.d. § 255 StGB ([X.] bei [X.] 1987, 281). Gleiches gilt für das Erkennen und Ausnutzen der Angst des Geschädigten durch die Angeklagten ([X.] 11), sofern diese - wie hier - weder ausdrücklich noch konkludent damit drohten, dem Geschädigten ans Leben zu gehen oder ihm eine erhebliche Körperverletzung zuzufügen (vgl. [X.] [X.], 279).

2. Unabhängig davon hätte es darüber hinaus sorgfältiger Darlegung bedurft, dass die Angeklagten trotz ihrer Äußerung, den Hund zu erschießen, dennoch den Vorsatz hatten, konkludent auch dem Geschädigten mit einer Leibes- oder Lebensgefahr zu drohen. Allein aus äußeren, dem Täter bekannten Umständen kann dies nicht - jedenfalls nicht ohne Weiteres - geschlossen werden (vgl. [X.] NJW 1984, 1632; [X.] in [X.] Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 14). Woraus jedoch die Kammer ihre Überzeugung gewonnen hat, die Angeklagten hätten den Vorsatz gehabt, dass der Angeklagte die Drohung mit der Tötung des Hundes auch als Bedrohung für das eigene Leben oder seine körperliche Unversehrtheit auffasst, ist dem Urteil nicht zu entnehmen."

3

Dem schließt sich der Senat an und weist für die neue Hauptverhandlung weiter auf Folgendes hin:

4

Der neue Tatrichter wird hinsichtlich des Angeklagten [X.]    für den Fall einer Verurteilung zu bedenken haben, dass die Voraussetzungen für eine Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.]s Neubrandenburg vom 15. Februar 2010 ([X.].: 6 [X.]) und der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des [X.] vom 3. März 2009 ([X.].: 16 [X.]/08) in Verbindung mit dem Berufungsurteil des [X.]s Neubrandenburg vom 8. Juni 2009 ([X.].: 9 Ns 26/09) entgegen den Gründen des angefochtenen Urteils nicht vorlagen. Die frühere der beiden vorgenannten Verurteilungen kommt - bezogen auf den Zeitpunkt des Berufungsurteils als letzte tatrichterliche Sachentscheidung - eine Zäsurwirkung zu, die hier die Anwendung des § 55 StGB ausschließt, weil die gegenständliche Tat am 24. August 2009 und somit nach diesem maßgeblichen Zeitpunkt begangen worden ist (vgl. LK/[X.], StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 6 f., 15 mwN).

5

Hinsichtlich des Angeklagten [X.]wird der neue Tatrichter zu berücksichtigen haben, dass bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, nur derjenige mittäterschaftlich im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB handelt, der seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen. [X.] sich demgegenüber die Mitwirkung nach seiner Vorstellung in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so stellt seine Tatbeteiligung Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) dar (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 12. Juni 2012 - 3 [X.], [X.], 104 mwN). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.

Schäfer     

Hubert     

Mayer

Gericke     

Ri'in[X.] Dr. Spaniol ist
urlaubsbedingt ortsabwesend
und deshalb an der Unterschrift
gehindert.

Schäfer

Meta

3 StR 192/13

20.08.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Neubrandenburg, 7. Januar 2013, Az: 6 KLs 1/11

§ 255 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.08.2013, Az. 3 StR 192/13 (REWIS RS 2013, 3394)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3394

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 192/13 (Bundesgerichtshof)


4 StR 115/23 (Bundesgerichtshof)


3 StR 174/16 (Bundesgerichtshof)

Räuberische Erpressung: Konkludente Drohung; bloßes Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung; Ausnutzen einer …


6 StR 206/23 (Bundesgerichtshof)

Räuberische Erpressung: Voraussetzungen einer schlüssigen bzw. fortwirkende Drohung mit Gewalt


5 StR 19/24 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 192/13

Zitiert

3 StR 166/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.