Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.04.2011, Az. 27 W (pat) 538/10

27. Senat | REWIS RS 2011, 7737

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "VIKING (Wort-Bild-Marke)/VIKING-SECURITY (Wort-Bild-Marke)/viking (Wort-Bild-Marke) – Warenidentität – Prägung durch gemeinsamen Wortbestandteil – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 03 663

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2011 durch [X.] [X.], [X.] und Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenstelle für [X.] vom 25. Februar 2010 wird aufgehoben.

2. Die Marke 307 03 663 wird auf die Widersprüche aus den Marken 1 093 026 und IR 692 940 für die Waren der [X.] gelöscht.

Gründe

I

1

Die Widersprechende hat gegen die am 24. Januar 2007 angemeldete und am 9. Mai 2007 für die Waren

2

„16: Druckerzeugnisse aller Art, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in [X.] enthalten;

3

25: Bekleidungsstücke, nämlich Damen- und Herrenoberbekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen und Sportbekleidung“

4

eingetragene Wort-/Bildmarke 307 03 663

Abbildung

5

Widerspruch eingelegt aus zwei [X.]. Dabei handelt es sich um

6

1. die am 21. November 1983 angemeldete und am 26. Juni 1986 für die Waren

7

„Taucheranzüge, Schutzanzüge gegen Gas, Öl, Chemikalien, Feuer und radioaktive Strahlen; Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit sie in die Klasse 17 fallen; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate), ausgenommen Kunstharze und unter Verwendung von Kunstharzen hergestellte Halbfabrikate; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial, ausgenommen solches, das aus Kunstharz oder aus kunstharzbeschichtetem Material besteht; Schläuche (nicht aus Metall); Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen mit Ausnahme von Schutzhelmen“

8

eingetragene farbige Wort-/Bildmarke 1 093 026

Abbildung

9

und die am 1. April 1998 für die Waren

„Protection devices for personal use against accidents; clothing, shoes and boots for protection against accidents, [X.]; Clothing, footwear, headgear“

eingetragene farbige Wort-/Bildmarke IR 692 940

Abbildung

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.] hat den Widerspruch mit Beschluss vom 25. Februar 2010 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, ausgehend von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.] und teilweiser Warenidentität im Bereich der [X.] hielten die Marken einen ausreichenden Abstand ein. Für das Publikum bestehe keine Veranlassung, den Gesamtwortbestandteil der jüngeren Marke auf „[X.]“ zu verkürzen, da dieser Bestandteil die Marke alleine nicht präge. Die beiden durch einen Bindestrich miteinander verbundenen Begriffe „[X.]“ und „[X.]“ stünden gleichwertig nebeneinander, so dass der in der angegriffenen Marke zusätzlich enthaltene Begriff, der in den [X.] jeweils keine Entsprechung fände, regelmäßig nicht unbemerkt bleiben werde. Eine derartige Schwächung eines Bestandteiles, die dazu führe, dass der weitere Bestandteil prägend hervortrete, sei nicht ersichtlich. Denn bei dem [X.] Begriff „[X.]“, welcher die Bedeutungen „Bürgschaft, Garantie, Geborgenheit, Gefahrlosigkeit, Pfand, Sicherheit, Bürge/in“ habe und darüber hinaus im [X.] als Synonym für „[X.]“ gebräuchlich sei, handle es sich, auch aufgrund seiner Mehrdeutigkeit, keineswegs um eine die Waren glatt beschreibende und somit schutzunfähige Angabe, die von den Beteiligten auch ohne weiteres sofort erkannt werde und somit in zu vernachlässigender Weise in den Hintergrund trete. Insgesamt seien keinerlei Gründe erkennbar, aufgrund derer der Verkehr dazu neigen sollte, den in der jüngeren Marke enthaltenen Markenbegriff „[X.]-[X.]“ z. B. aus Gründen der Bequemlichkeit oder Vereinfachung aufzuspalten und verkürzt wiederzugeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ebenso wie im Amtsverfahren vertritt sie weiterhin die Auffassung, die angegriffene Marke werde nur von dem Bestandteil „[X.]“ geprägt. Der weitere Bestandteil „[X.]“ sei mit Blick auf die relevanten Waren rein beschreibender Natur, weshalb allein maßgeblich der Bestandteil „[X.]“ sei. „[X.]“ bedeute nun einmal mit Blick auf die hier in Frage stehenden Waren „Sicherheit“, d. h. z. B. Sicherheitsbekleidung etc. [X.] angeführten Bedeutungen von „[X.]“ wie „Bürgschaft, Garantie, Pfand ...“ spielten mit Blick auf die relevanten Waren keine Rolle.

Selbst wenn man aber fälschlicherweise eine prägende Stellung des Bestandteils „[X.]“ in der angegriffenen Marke „[X.]-[X.]“ verneine, so sei zumindest eine selbständig kennzeichnende Stellung des Bestandteils [X.] in der angegriffenen Marke zu bejahen.

Die Widersprechende beantragt,

den Beschluss der Markenstelle vom 25. Februar 2010 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Markeninhaberin hat sich weder im Amtsverfahren noch im Beschwerdeverfahren zur Sache geäußert.

An der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin nicht teilgenommen. Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie den Widerspruch hinsichtlich der Waren der [X.] zurücknehme.

II

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht entgegen der Auffassung der Markenstelle eine Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. [X.] GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f. - [X.]; [X.] 2007, 321, 322 - [X.]). Nach diesen Grundsätzen besteht im vorliegenden Fall Verwechslungsgefahr.

a) Nachdem die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie nehme den Widerspruch hinsichtlich der Waren der [X.] zurück, sind nur noch die Waren der [X.] beschwerdegegenständlich. Die zugunsten der jüngeren Marke in der [X.] eingetragenen Waren „Bekleidungsstücke, nämlich Damen- und Herrenoberbekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen und Sportbekleidung“ sind mit den zugunsten der [X.] in der [X.] eingetragenen Waren identisch.

b) Die Kennzeichnungskraft der [X.] ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte durchschnittlich.

c) [X.] unterscheiden sich die jeweils als Wort-/Bildmarken eingetragenen Marken bereits durch ihre unterschiedliche grafische Gestaltung ausreichend voneinander.

Klanglich hält der Senat die Marken jedoch für verwechselbar. Die jüngere Marke wird nämlich von dem gemeinsamen Wortbestandteil „[X.]“ geprägt. Der glatt beschreibende weitere Wortbestandteil „[X.]“ ist nicht schutzfähig und daher nicht geeignet, die Marke [X.] und eine Prägung durch „[X.]“ zu verhindern. Das [X.] Wort „[X.]“ bedeutet im [X.] „Sicherheit“ und wird in Bezug auf die hier relevanten Waren der [X.] als Hinweis auf deren Art bzw. Zweckbestimmung verstanden. So gibt es bekanntlich spezielle Sicherheitsbekleidung und auch der Sicherheit dienende Kopfbedeckungen (z. B. Helme).

[X.] genannten Bedeutungen von „[X.]“ wie „Bürgschaft, Garantie, Pfand etc.“ hält der Senat in Bezug auf die hier relevanten Waren der [X.] für fernliegend.

Die jüngere Marke „[X.]-[X.]“ verkörpert auch keinen im Bedeutungsgehalt feststehenden Gesamtbegriff, der der Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr entgegenstehen würde. Allein der Bindestrich zwischen den Wörtern rechtfertigt noch nicht die Annahme eines Gesamtbegriffs.

Einer Prägung der jüngeren Marke durch den Bestandteil „[X.]“ in klanglicher Hinsicht steht auch nicht der Bildbestandteil entgegen, da das Publikum dem Wort beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen als einfachste und kürzeste Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zumisst (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 9 Rn. 332).

Es stehen sich somit klanglich identische Zeichen gegenüber.

Die Gesamtabwägung von Warenidentität, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.] sowie klangliche Identität ergibt, dass die Gefahr von Verwechslungen nicht auszuschließen ist.

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 [X.] besteht kein Anlass.

Meta

27 W (pat) 538/10

11.04.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.04.2011, Az. 27 W (pat) 538/10 (REWIS RS 2011, 7737)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7737

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