Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2020, Az. 35 W (pat) 16/18

25. Senat | REWIS RS 2020, 3185

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Gegenstand

(Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung - zur Frage der Gewährung des Gebührentatbestandes Nr. 2300 VV RVG in der maximal möglichen Höhe eines 2,5-fachen Satzes bei einer umfangreichen und schwierigen anwaltlichen Tätigkeit)


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster …

(hier: Beschwerde gegen [X.])

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 8. April 2020 durch [X.] sowie die Richterin [X.] und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerinnen wird der [X.] der Gebrauchsmusterabteilung des [X.] vom 25. Juli 2018 aufgehoben und die von der Antragstellerin den Antragsgegnerinnen zu erstattenden Kosten werden auf

5.206,60 €

(in Worten: [X.] 60/100 [X.])

festgesetzt.

2. Der festgesetzte Betrag ist ab dem 9.August 2017 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerinnen waren Inhaberinnen des am 20. Juli 2009 angemeldeten und am 26. November 2009 mit 38 [X.]n eingetragenen Gebrauchsmusters … ([X.]) mit der Bezeichnung „… “. Die [X.] 1 bis 21 betrafen unmittelbar eine Faltschachtel, wobei es sich bei den [X.] 1, 3, 5, 10, 15 und 17 um selbständige [X.] handelt, an die sich jeweils rückbezogenen [X.] (2, 4, 6 bis 9, 11 bis 14, 16 und 18 bis 21) anschlossen. Die [X.] 22 bis 33 betrafen einen Zuschnitt zum [X.]erstellen einer Faltschachtel, wobei die [X.] 22, 23, 25, 27, 29 und 31 auf die [X.] 1 bis 21 rückbezogen waren. [X.]ieran schloss sich der wiederum selbständige Vorrichtungsanspruch 34 mit seinen auf ihn rückbezogenen Vorrichtungsansprüchen 35 bis 38 an.

2

Die Antragstellerin hatte am 18. November 2010 beim [X.] ([X.]) Löschungsantrag gestellt und die vollumfängliche Löschung des [X.]s aufgrund mangelnder Schutzfähigkeit beantragt. Dem Gegenstand des [X.]s hatte die Antragstellerin zunächst eine aus ihrer Sicht relevante Vorbenutzungshandlung aus dem [X.] entgegengehalten. [X.]ierzu hatte sie einige Fotografien einer Waschmittelverpackung, die Kopien einer technischen Auftragsmappe sowie mehrere Rechnungskopien vorgelegt. Die Antragsgegnerinnen hatten dem Löschungsantrag wirksam widersprochen. Nach einem Zwischenbescheid der [X.] des [X.] vom 15. November 2011 hatte die Antragstellerin mitgeteilt, dass sie „ihr Archiv noch weiter durchforstet“ habe und hierbei auf eine weitere Vorbenutzungshandlung gestoßen sei, die um das [X.] stattgefunden habe. Auch zu dieser behaupteten Vorbenutzungshandlung hat die Antragstellerin zahlreiche Unterlagen eingereicht, nämlich Muster, Bilder von Produktionsanlagen, Produktbeschreibungen, Fertigungsvorschriften für Produkte, Prinzipienzeichnungen und ein Bild, das eine eingesetzte Prägerolle zeigte.

3

Die [X.] des [X.] hat am 22. November 2012 eine mündliche Verhandlung einschließlich einer Beweiserhebung durch Vernehmung eines Zeugen durchgeführt und sodann in einem hiernach verkündeten Beschluss das [X.] teilweise gelöscht. Auf die beiderseitigen Beschwerden der Beteiligten hat der erkennende Senat mit einem Beschluss vom 15. Dezember 2016, der am 25. Mai 2017 rechtskräftig geworden ist, die Entscheidung der [X.] aufgehoben, den Löschungsantrag zurückgewiesen und die Kosten beider Instanzen der Antragstellerin auferlegt.

4

Die Antragsgegnerinnen haben sodann mit Schriftsatz vom 7. August 2017, der am 9. August 2017 beim [X.] eingegangen war, mitgeteilt, dass sie zum Vorsteuerabzug berechtigt seien und eine Kostenerstattung in [X.]öhe von insgesamt 5.493,49 € beantragt. Dieser Betrag umfasste zum einen eigene Reisekosten von Mitarbeitern der Antragsgegnerinnen - [X.]errn E… als zuständigen Technical Services Manager und [X.]errn Z… als zuständigen Business Line Manager - in [X.]öhe von insgesamt 815,00 €; zum anderen haben sie die Erstattung [X.] beantragt:

5

 Gebührentatbestand

 VV [X.] Nr.

 Satz 

 Betrag
§ 13 [X.]

 Gegenstandswert gemäß §§ 2 Abs. 1, 23, 33 [X.]: 125.000 €

1.)     

Geschäftsgebühr

2300   

2,5     

3.970,00 €

2.)     

Entgeltpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

7002   

        

20,00 €

3.)     

Fahrt-, Flug- und Übernachtungskosten

7004
7006

        

593,49 €

4.)     

Tage- und Abwesenheitsgeld

7005   

        

95,00 €

        

 Summe:

 4.678,49 €
========

6

Der Kostenfestsetzungsantrag enthielt ferner den Antrag, den in [X.]öhe von insgesamt 5.493,49 € festzusetzenden Erstattungsbetrag gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ab Antragstellung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

7

Mit Eingabe vom 8. Februar 2018 haben die Antragsgegnerinnen darauf hingewiesen, dass der Tatbestand Nr. 1008 VV [X.] zu beachten sei, wonach die Geschäftsgebühr beim Vorliegen zweier Auftraggeberinnen um 0,3 zu erhöhen sei. Mit Eingabe vom 4. Juni 2018 haben die Antragsgegnerinnen sodann ausdrücklich die Festsetzung einer 2,8-fachen Geschäftsgebühr beantragt.

8

Mit [X.] vom 25. Juli 2018 hat die [X.] die von der Antragstellerin für das patentamtliche Löschungsverfahren den Antragsgegnerinnen zu erstattenden Kosten auf insgesamt 4.467,74 € festgesetzt. Dieser Betrag umfasst zum einen die eigenen Reisekosten der o.g. Mitarbeiter der Antragsgegnerinnen, die die [X.] in [X.]öhe von insgesamt 583,04 € zu ihren Gunsten berücksichtigt hat. Zum anderen sind in dem oben genannten Betrag in [X.]öhe von 4.467,74 € die Kosten für den beauftragten Patentanwalt enthalten, die die [X.] in folgendem Umfang für erstattungsfähig gehalten hat:

9

 Gebührentatbestand

 VV [X.] Nr.

 Satz 

 Betrag
§ 13 [X.]

 Gegenstandswert gemäß §§ 2 Abs. 1, 23, 33 [X.]: 125.000 €

1.)     

Geschäftsgebühr

2300   

2,0     

2.862,00 €

2.)     

Erhöhungsgebühr

1800   

0,3     

429,30 €

3.)     

Entgeltpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

7002   

        

20,00 €

4.)     

Fahrt-, Flug- und Übernachtungskosten

7004
7006

        

478,40 €

5.)     

Tage- und Abwesenheitsgeld

7005   

        

95,00 €

        

 Summe:

 3.884,70 €
========

Der in [X.]öhe von insgesamt 4.467,74 € zugesprochene Betrag bleibt u.a. deshalb hinter dem in [X.]öhe von 5.922,79 € (5.493,49 € + 429,30 € wegen [X.] Nr. 1800 VV [X.]) beantragten Betrag zurück, weil die [X.] auf der Grundlage des unstreitigen Gegenstandwertes in [X.]öhe von 125.000 € zwar eine Erhöhungsgebühr in [X.]öhe eines 0,3-fachen Satzes nach Tatbestand Nr. 1800 VV [X.] berücksichtigt, aber (statt der beantragten 2,5-fachen) nur eine 2,0-fache Geschäftsgebühr zuerkannt hat. Den lediglich 2,0-fachen Satz hat die [X.] damit begründet, dass Umfang und Schwierigkeitsgrad des vorliegenden Falles keinen höheren Gebührensatz rechtfertigen könnten. Darüber hinaus hat die [X.] die Vorsteuerabzugsberechtigung der Antragsgegnerinnen berücksichtigt und folglich bei den Fahrt-, Flug- und Übernachtungskosten des Patentanwalts nur die Nettobeträge in Ansatz gebracht. Gleiches trifft auch auf die Reisekosten einer Antragsgegnerin zur mündlichen Verhandlung und auf die Kosten einer früher am 7. Februar 2012 durchgeführten Informationsreise der o.g. Mitarbeiter der Antragsgegnerinnen zu ihrem Patentanwalt zu, wobei die [X.] diese Reisekosten auch aus anderen Gründen nur teilweise berücksichtigt hat. Eine Ausnahme bilden die Taxikosten in [X.]öhe von 25,00 €, die der anwaltliche Vertreter den Antragsgegnerinnen für eine am 21. November 2012 (Vortag der mündlichen Verhandlung) durchgeführte Taxifahrt zum [X.] in Rechnung gestellt hat. Diese Taxikosten hat die [X.] als insgesamt nicht glaubhaft behandelt, da aus der übersandten Quittungskopie nicht ersichtlich sei, „wohin das Taxi fuhr“.

Die Antragsgegnerinnen haben gegen den [X.], der ihnen am 30. Juli 2018 zugestellt worden war, am 13. August 2018 Beschwerde beim [X.] eingelegt.

Die Antragsgegnerinnen sind nach wie vor der Auffassung, dass es sich beim durchgeführten Löschungsverfahren um eine sehr umfangreiche und sehr schwierige Angelegenheit gehandelt habe, für die ihrem anwaltlichen Vertreter eine Vergütung in [X.]öhe einer 2,5-fachen Geschäftsgebühr nach Tatbestand Nr. 2300 VV [X.] zustehe. Das [X.] habe überdurchschnittlich viele [X.] umfasst, was für den anwaltlichen Vertreter einen besonderen Aufwand bedeutet habe. Ferner hätten die zwei geltend gemachten Vorbenutzungen den anwaltlichen Auftrag zu einer überdurchschnittlich schwierigen Angelegenheit werden lassen. Zur 2,5-fachen Geschäftsgebühr sei zusätzlich noch die 0,3-fache Erhöhung gemäß Tatbestand Nr. 1008 VV [X.] hinzuzurechnen. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, warum die Taxikosten des anwaltlichen Vertreters nicht in Ansatz gebracht worden seien. Diese Kosten seien hinreichend belegt worden und hätten daher zumindest in [X.]öhe von 23,36 €, also ohne die gezahlte Umsatzsteuer, zu Lasten der Antragstellerin festgesetzt werden müssen.

In der Beschwerdeschrift hat der anwaltliche Vertreter der Antragsgegnerinnen nochmals ausdrücklich versichert, dass die in der Taxiquittung vom 21. November 2012 in [X.]öhe von 25,00 € (brutto) ausgewiesenen Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem vorliegenden Löschungsverfahren, nämlich bei seiner Fahrt am 21. November 2012 zum [X.] angefallen seien.

Die Antragsgegnerinnen beantragen (sinngemäß),

den [X.] der [X.] des [X.]s vom 25. Juli 2018 aufzuheben und zusätzlich zu den bereits zugesprochenen 4.467,74 € weitere Kosten in [X.]öhe von 738,86 €, also zu ihren Gunsten Kosten in [X.]öhe von insgesamt 5.206,60 € festzusetzen, und zu diese wiederum die gesetzlich vorgesehene Verzinsung ab Eingang ihres Kostenfestsetzungsantrags auszusprechen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass sie vorliegend allenfalls eine 1,3-fache Geschäftsgebühr für angemessen erachte. Sie sei nach wie vor der Auffassung, dass bisher nicht nachvollziehbar dargelegt worden sei, woraus sich der von den Antragsgegnerinnen behauptete außerordentliche Umfang und eine große Schwierigkeit des Falles hätten ergeben können. Auch für die Taxikosten des anwaltlichen Vertreters fehlten hinreichende Nachweise. [X.]ieran ändere auch die nachgereichte anwaltliche Versicherung nichts, wonach der in [X.]öhe von 25,00 € in der Taxiquittung vom 21. November 2012 ausgewiesene Betrag für die entsprechende Fahrt des anwaltlichen Vertreters zum [X.] angefallen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerinnen ist zulässig. Sie ist innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 17 Abs. 4 [X.] [X.] m. §§ 62 Abs. 2 Satz 4, 73 [X.] eingelegt worden. Innerhalb dieser Frist sind auch die beiden Beschwerdegebühren (insgesamt 100,00 €) nach VV [X.] Nr. 401 200 [X.] m. der Vorbemerkung zu Abschnitt B der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG ordnungsgemäß einbezahlt worden.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerinnen hat auch in vollem Umfang Erfolg.

a) Die [X.] ist in zutreffender Weise davon ausgegangen, dass die Gebühren für eine patentanwaltliche Tätigkeit nach den für Rechtsanwälte gültigen Vorschriften des [X.] angesetzt werden dürfen (vgl. B[X.]E 49, 29, 30 ff.) und im Falle eines [X.] der Gebührentatbestand Nr. 2300 VV [X.] (Geschäftsgebühr) einschlägig ist. Bei den patentamtlichen Verfahren handelt es sich trotz ihrer justizförmigen Ausgestaltung (vgl. [X.], 231, 233 – „Legostein“; [X.] [X.] 2015, 112, 113 (Marke) – „[X.] Friseure“) um Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde; auch gebührenrechtlich sind diese Verfahren lediglich als Verwaltungsverfahren einzuordnen (vgl. [X.]/ [X.], [X.], 8. Aufl., § 17 Rn. 151; [X.]/Rudloff-Schäffer, [X.], 10. Aufl., § 26 Rn. 3).

Vorliegend richtet sich die [X.]öhe der Gebühren - wovon die [X.] ebenfalls zu Recht ausgegangen ist - nach der bis zum 31. Juli 2013 gültig gewesenen Gebührentabelle (§ 13 [X.]). Anzuwenden ist stets die Fassung des [X.], die zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den Anwalt in [X.] war. Vorliegend war dem Löschungsantrag mit anwaltlicher Eingabe vom 30. Dezember 2010 widersprochen worden. [X.]ieraus ergibt sich, dass die Antragsgegnerinnen ihrem anwaltlichen Vertreter noch deutlich vor dem 1. August 2013 das Mandat zur Verteidigung des [X.]s erteilt hatten und somit hier die bis dahin gültig gewesene Fassung des [X.] heranzuziehen ist.

b) Den Antragsgegnerinnen haben zu Recht darauf bestanden, dass ihnen die zu erstattende Geschäftsgebühr nach dem hier einschlägigen [X.] Nr. 2300 VV [X.] in der maximal möglichen [X.]öhe eines 2,5-fachen Satzes zu gewähren ist.

Nach § 14 Abs. 1 [X.] erfolgt bei [X.], die eine Rahmengebühr aufweisen, eine Festsetzung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach billigen Ermessen, wobei in erster Linie Umfang und Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Zwar schränkt der Gebührentatbestand Nr. 2300 VV [X.], der einen Rahmen von 0,5 bis 2,5 vorgibt, das auszuübende Ermessen dahingehend ein, dass ein Gebührensatz von höher als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Letzteres ist hier der Fall.

b1) Die Erstattung einer nur 2,0-fachen Geschäftsgebühr steht bereits im Widerspruch zu den Wertungen, die der Gesetzgeber im [X.] selbst vorgenommen hat: Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV [X.] setzt im Gegensatz zur Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.], die ebenfalls an einem Gebührensatz in [X.]öhe von 1,3 orientiert ist, weder eine mündliche Verhandlung noch eine Beweisaufnahme voraus. Deshalb handelt es sich bei einem „normalen“ [X.], bei dem die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik geprüft worden ist und die nach § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] obligatorische mündliche Verhandlung stattgefunden hat, bereits aus sich heraus um eine so umfangreiche und schwierige anwaltliche Tätigkeit, die regelmäßig mit einer 2,0-fachen Geschäftsgebühr angemessen zu vergüten ist (vgl. im Umkehrschluss: [X.] GRUR 2014, 206, 208 Rz. 25 – „Einkaufskühltasche“; vgl. auch B[X.], Beschluss v. 25.11.2014 – [X.]. 35 W (pat) 12/12).

b2) Das vorliegende Verfahren wies zudem weitere Besonderheiten auf, die - entgegen der Einschätzung der [X.] - zur Bewertung führen, dass es sich hier um eine für einen anwaltlichen Vertreter sehr umfangreiche und überaus schwierige Tätigkeit gehandelt hat.

Eine Besonderheit des vorliegenden Verfahrens lag bereits darin, dass die Antragstellerin ihren letztlich erfolglos gebliebenen Löschungsantrag ausschließlich auf die Behauptung zweier offenkundiger Vorbenutzungen gestützt hatte. Des Weiteren mussten diese Vorbenutzungen, an den Gegenständen zahlreicher Ansprüchen, nämlich denen der unabhängigen [X.] 1, 3, 5, 10, 15, 17 und 34 nebst ihrer insgesamt 31 [X.] in Bezug gesetzt werden. [X.]ierbei ist zu beachten, dass es sich bei den mit dem [X.] beanspruchten Faltschachteln, Zuschnitten und Vorrichtungen um durchaus merkmalsreiche, komplexe und daher technisch keineswegs leicht zu überschauende Gegenstände gehandelt hatte. Bereits die Analyse der von der Antragstellerin vorgelegten (nebenbei bemerkt: qualitativ schlechten) Fotografien in Richtung darauf, welche Merkmale der streitgegenständlichen [X.] dort verwirklicht sein könnten, erwies sich als schwierig, wobei man in diesem Stadium der Prüfung - wohlgemerkt – sich der ebenfalls sehr problembeladenen Frage nach der Offenkundigkeit des angeblich [X.] überhaupt noch nicht genähert hatte. Der vorliegende Fall stellte somit aus anwaltlicher Sicht eine weit überdurchschnittlich umfangreiche und sehr schwierige Aufgabe dar, bei der ein lückenhafter Vorbenutzungsvortrag auf einem insgesamt sehr komplexen Gebrauchsmustergegenstand abzubilden, die entscheidungserheblichen, beweisbedürftigen Fragestellungen herauszufiltern und sodann - wie im vorliegenden Fall auch geschehen - eine Zeugeneinvernahme vorzubereiten und mitzugestalten war.

Die vorgenannten Umstände des vorliegenden Verfahrens führen nach alledem in mehrfacher und in so handgreiflicher Weise von einem „normalen“ [X.] weg, dass nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 [X.]), der vom Gebührentatbestand Nr. 2300 VV [X.] vorgegebenen Rahmen in vollem Umfang auszuschöpfen war. Die erstinstanzlich geäußerte Auffassung der Antragstellerin, eine nur 1,3-fache Geschäftsgebühr sei angemessen, liegt vor diesem [X.]intergrund neben der Sache.

b3) Die Antragsgegnerinnen haben ferner in ihrer Beschwerde nochmals zutreffend darauf hingewiesen, dass ihnen zusätzlich zur 2,5-fachen Geschäftsgebühr auch noch eine 0,3-fache Erhöhung nach dem Gebührentatbestand Nr. 1008 VV [X.] zusteht. Liegt - wie hier - der anwaltlichen Tätigkeit für mehrere Auftraggeberinnen derselbe Gegenstand zugrunde, so findet gemäß § 7 [X.] keine Addition von Einzelvergütungen statt; vielmehr wird eine Geschäfts- oder Verfahrensgebühr nach Tatbestand Nr. 1008 VV [X.] um 0,3 je weiteren Auftraggeber erhöht. Die gesetzlichen Regelungen unterscheidet nicht danach, in welcher Rechtsform die beiden Auftraggeber miteinander verbunden sind, ob durch die gemeinsame Vertretung ein Mehraufwand verursacht worden ist oder ob dies nicht der Fall war (vgl. [X.], NJW 2015, 998, 999). Der in diese Richtung gehende, von der Antragstellerin erstinstanzlich vorgetragene Einwand geht daher ins Leere.

c) Ferner sind den Antragsgegnerinnen auch die in [X.]öhe von 23,36 € begehrten Taxikosten zuzusprechen.

c1) Die Antragsgegnerinnen haben mitgeteilt, dass sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Damit können gegenüber der Antragstellerin die entstandenen Taxikosten nur mit einem Betrag festgesetzt werden, der um die entrichtete Umsatzsteuer gekürzt wird (vgl. hierzu: [X.] in: Gerold/[X.]t, [X.]-Kommentar, 24. Aufl., Rn. 34, 56 ff. und 63). Beim hier geltend gemachten Betrag in [X.]öhe von 23,36 € handelt es sich um einen entsprechend gekürzten Wert. Die Antragsgegnerinnen haben von den 25,00 € Taxikosten auch nur den Betrag in [X.]öhe von 1,64 € Umsatzsteuer in Abzug bringen müssen. Dies entspricht dem nach § 12 Abs. 2 Nr. 10a UStG geltenden Steuersatz in [X.]öhe von (nur) 7 %, der bei Taxifahrten, die sich auf das Gebiet einer Gemeinde beschränken, einschlägig ist.

c2) Diese Taxikosten sind auch hinreichend glaubhaft gemacht worden. Es bestehen in kostenrechtlicher [X.]insicht keine Zweifel, dass die in Kopie vorgelegte Taxiquittung Fahrtkosten des anwaltlichen Vertreters der Antragsgegnerinnen betreffen, die im Zusammenhang mit der am 22. November 2012 vor der [X.] des [X.] stattgefundenen mündlichen Verhandlung stehen.

Nach § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der über § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.] m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] auch auf das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren anzuwenden ist, genügt zum Kostenansatz eine Glaubhaftmachung der entstandenen Kosten. [X.]ierzu ist im vorliegenden Fall die in der Beschwerdeschrift abgegebene anwaltliche Versicherung als Glaubhaftmachungsmittel ausreichend, da sich diese Versicherung bei der hier in Rede stehenden Taxiquittung auf einen Beleg bezieht, der hinreichend detailliert und aussagekräftig ist, um eine indizielle Wirkung zu entfalten. Die vorgelegte Kopie einer am 21. November 2012 von einem [X.]… Taxiunternehmen ausgestellten Taxiquittung gibt zwar nicht Start und Ziel der Fahrt an; der Beleg zeigt aber in handschriftlicher Form immerhin den Rechnungsbetrag in [X.]öhe von 25,00 €, eine Datumsangabe und das [X.]andzeichen des Taxifahrers. Der Betrag weist mit seiner geringen [X.]öhe von 25,00 € zudem auf eine innerörtliche Fahrt in [X.]… hin, wie dies gerade auch bei Fahrten zum [X.] der Fall ist.

d) Zu den übrigen, im angefochtenen [X.] berücksichtigten Kosten bedarf es keiner Ausführungen, da keiner der Beteiligten diese angegriffen hat und diese somit außer Streit stehen.

3. [X.]iernach errechnen sich die von der Antragstellerin den Antragsgegnerinnen zu erstattenden Kosten wie folgt:

 Gebührentatbestand

 VV [X.] Nr.

 Satz 

 Betrag
§ 13 [X.]

 Gegenstandswert gemäß §§ 2 Abs. 1, 23, 33 [X.]: 125.000 €

 Kosten des Patentanwalts

1.)     

Geschäftsgebühr

2300
1008

2,8     

4.006,80 €

2.)     

Entgeltpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

7002   

        

20,00 €

3.)     

Fahrt-, Flug- und Übernachtungskosten

7004
7006

        

478,40 €
23,36 €

4.)     

Tage- und Abwesenheitsgeld

7005   

        

95,00 €

 Weitere Kosten der Antragsgegnerinnen

5.)     

Reisekosten der Antragsgegnerinnen

                 

508,67 €
74,37 €

        

 Summe:

 5.206,60 €
========

Beizubehalten bzw. wieder auszusprechen war, dass der festgesetzte Betrag ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags (9. August 2017) gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen ist.

4. Für den Senat bestand keine Notwendigkeit, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die im Übrigen auch nicht zwingend vorgeschrieben ist (vgl. [X.], [X.], 8. Aufl., § 18 Rn. 98). Die Verfahrensbeteiligten hatten zudem umfassend Gelegenheit, sich zum Vorbringen der jeweiligen Gegenseite zu äußern. Es war daher auch nicht erforderlich, weitere Ermittlungen anzustellen oder auf ergänzenden Vortrag hinzuwirken.

5. [X.] hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.] m. § 84 Abs. 2 [X.] und § 91 Abs. 1 ZPO, die auch bei [X.] in Löschungsverfahren anwendbar sind (vgl. [X.], [X.], 8. Aufl., § 18 Rn. 129). Da die Antragstellerin hier in vollem Umfang unterlegen ist, waren ihr auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Gründe, die billigerweise eine andere Kostenentscheidung hätten geboten erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.

Meta

35 W (pat) 16/18

08.04.2020

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 14 Abs 1 RVG, Anlage Nr 2300 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2020, Az. 35 W (pat) 16/18 (REWIS RS 2020, 3185)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3185

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