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PDF anzeigen [X.] vom 15. August 2007 in der Strafsa[X.] gegen wegen Mordes u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 15. August 2007 beschlos-sen: Die Revision des Angeklagten gegen das [X.]eil des [X.] vom 8. März 2007 wird verworfen. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendi-gen Auslagen. Gründe: Der von Beginn an geständige Angeklagte wurde wegen Totschlags und Mordes in zwei Fällen - Opfer waren die Ehefrau sowie deren Bruder und Schwester - zu lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt; die besondere Schwere der Schuld wurde festgestellt. Seine auf Verfahrensrügen und die [X.] Sachrüge gestützte Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 [X.]). 1 [X.] Mit den Verfahrensrügen wird unter mehreren Aspekten geltend gemacht, der Angeklagte sei nicht ordnungsgemäß verteidigt gewesen. 2 1. Bei Eröffnung des Haftbefehls am 15. August 2006 erklärte der Ange-klagte (damals Beschuldigter) auf entspre[X.]nde richterli[X.] Fragen: "[X.] - 3 - [X.] keinen Anwalt. Ich kenne keinen Rechtsanwalt. Ich überlasse die Auswahl des Rechtsanwalts dem zuständigen Gericht". Am nächsten Tag beantragte die Staatsanwaltschaft beim Vorsitzenden der Strafkammer, Rechtsanwalt [X.], der sich telefonisch zur Übernahme der Verteidigung bereit erklärt hatte, zum Verteidiger zu bestellen. Am 18. August 2006 bestellte der Vorsitzende ihn zum Verteidiger. 4 Die Revision meint, hier habe die Staatsanwaltschaft, nicht der [X.] den Verteidiger ausgewählt. Dies sei unfair, die Staatsanwaltschaft sei [X.] des Angeklagten. Sein Einverständnis mit der Auswahl des Verteidigers durch das Gericht habe dieses Vorgehen nicht umfasst. Jedenfalls wäre er dann nochmals anzuhören gewesen. 5 a) Wieso eine Ents[X.]idung des Gerichts nach Antrag der [X.] deren Ents[X.]idung wäre, erschließt sich nicht. 6 b) Die Annahme, die Staatsanwaltschaft habe kein Interesse an einer sachgemäßen Verteidigung, geht im Ansatz fehl. Die Staatsanwaltschaft ist im Strafprozess nicht Partei ([X.]St 15, 155, 159; [X.] in [X.]. [X.]. [X.]. 63; [X.] in [X.], [X.] § 141 [X.] [X.]. 1 jew. m. w. N.), sondern ein der rechtspre[X.]nden Gewalt zugeordnetes Organ ([X.]St 24, 170, 171; [X.] aaO [X.]. 61), das, wie sich etwa aus § 160 Abs. 2 [X.] ohne weiteres ergibt, der Objektivität verpflichtet ist (vgl. [X.] aaO [X.]. 63 m. w. N.). Wenn sie nach ausdrückli[X.]m Verzicht des Beschuldigten, selbst einen Verteidiger zu benennen, ihrerseits mit ihrem Antrag gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 [X.] einen Rechtsanwalt namhaft macht (vgl. auch § 33 Abs. 2 [X.]), so spricht allein dies nicht gegen dessen Bestellung. 7 - 4 - c) Nach der Erklärung des Angeklagten, er überlasse die Auswahl dem Gericht, war seine (erneute) Anhörung vor der Bestellung an sich nicht mehr er-forderlich. Anderes behauptet auch die Revision nicht. Aus den dargelegten Gründen (vgl. oben 1 b) ergibt sich zugleich, dass eine erneute Anhörung auch nicht vor der Bestellung des von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagenen Rechtsanwalts erforderlich war. 8 2. Rechtsanwalt [X.] ist nicht Fachanwalt für Strafrecht. Die Revision meint, es sprä[X.] vieles dafür, in einem Fall wie hier einen Fachanwalt für Straf-recht zu bestellen. Sie fährt fort: "Nach der Rechtsprechung (ergibt sich) in jedem Fall die ausrei[X.]nde Qualifikation als Verteidiger aus der Zulassung zur Anwalt-schaft. Dies würde für sich genommen einen Revisionsgrund darstellen." Es mag dahinstehen, ob damit die Bestellung von Rechtsanwalt [X.] auch deshalb als rechtsfehlerhaft gerügt sein soll, weil er nicht Fachanwalt für Strafrecht ist. Es gibt keinen Rechtssatz, wonach - grundsätzlich oder zumindest bei einer Fallges-taltung wie hier - nur ein Fachanwalt für Strafrecht als Verteidiger bestellt werden könnte. Im Übrigen besteht auch keine forensis[X.] Erfahrung, wonach deshalb, weil ein Rechtsanwalt kein Fachanwalt für Strafrecht ist, regelmäßig zu erwarten sei, dass eine von ihm geführte Verteidigung weniger sachgerecht wäre. 9 [X.] der Beschuldigte (Angeklagte) selbst keinen Verteidiger (§ 142 Abs. 1 Sätze 2 und 3 [X.]), so bestimmt der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen, wel[X.]n Rechtsanwalt er zum Verteidiger bestellt. Von dem hier un-problematis[X.]n Grundsatz abgesehen, dass dieser möglichst im Bezirk des betreffenden Gerichts niedergelassen sein sollte (§ 142 Abs. 1 Satz 1 [X.]), enthält das Gesetz keine ausdrückli[X.]n Regeln, die dieses Ermessen begrenz-ten. Es wäre jedoch mit der allgemeinen Fürsorgepflicht des Vorsitzenden unver-einbar, bestellte er einen Rechtsanwalt, der keine Gewähr für eine sachgerechte und ordnungsgemäße Verteidigung des Angeklagten bietet oder bei dem zu [X.] - 5 - fürchten ist, dass er verfahrensfremde Zwecke verfolgen wird (vgl. zusammen-fassend [X.] 2006, 358, 359 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass die Auswahl von Rechtsanwalt [X.]
mit sol[X.]n Mängeln behaftet sei, gibt es nicht. Ausweislich der Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft, der die Revision nicht entgegengetreten ist, ist Rechtsanwalt [X.] "seit Jahren schwerpunktmäßig als Strafverteidiger tätig; unter anderem verteidigte er in zahl-rei[X.]n Schwurgerichtsverfahren". Die Revision legt vielmehr selbst eine "An-waltsauskunft des [X.]" über Rechtsanwalt [X.]
vor, in der unter der Rubrik "Rechtsgebiete" auch "Straf- und Strafverfahrensrecht" genannt sind. Die [X.], dort seien "vor dem Strafrecht zunächst Ehe- und Familienrecht sowie Erbrecht" angegeben, erschließt sich nicht. Die dort aufgeführten Rechtsgebiete sind - von "Eherecht" bis "Verkehrsrecht" - alphabe-tisch geordnet. 3. Im Übrigen macht die Revision im Zusammenhang mit der Verteidigung durch Rechtsanwalt [X.] folgendes geltend: 11 Am 28. August 2006 richtete die mit Rechtsanwalt [X.] in derselben Kanzlei tätige Rechtsanwältin [X.]
"in Vertretung des derzeit urlaubsbedingt abwesenden Kollegen" ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft. Hierin ersucht sie um Akteneinsicht und fragt an, "ob für die Besprechungen mit [X.].
zu erkennen, noch hat er je eine Erklärung abgegeben, wonach er gehindert gewesen sei, die Verteidigung so zu führen, wie er dies für erforderlich gehalten habe (zur Bedeutung einer sol[X.]n Erklärung vgl. [X.]St 13, 337 ff.; [X.] NStZ 1998, 311, 312). 22 (3) Im Übrigen ents[X.]idet dann, wenn ein Angeklagter in gewissem Um-fang der deuts[X.]n Spra[X.] mächtig ist, der Verteidiger nach seinem - einer Ü-berprüfung nur begrenzt zugängli[X.]n - pflichtgemäßen Ermessen, ob für Vertei-digungsgesprä[X.] ein Dolmets[X.]r notwendig ist oder nicht. Insoweit gilt [X.] wie für den [X.], der in derartigen Fällen ebenfalls nach [X.] Ermessen ents[X.]idet, ob und gegebenenfalls in wel[X.]m Umfang ein Dolmets[X.]r für gerichtli[X.] Verhandlungen erforderlich ist (vgl. [X.] NStZ 1984, 328; NStZ 2002, 275; [X.]/[X.], [X.] 4. Aufl. § 185 [X.]. 6). Es liegt nicht nahe, dass ein Verteidiger nicht sachgerecht beurteilen könnte, ob er mit seinem Mandanten kommunizieren kann oder nicht (vgl. [X.], [X.]. vom 27. Juli 2006 - 1 [X.]). Allein der Umstand, dass das Gericht und sonstige für eine [X.] oder Anhörung des Beschuldigten Verantwortli[X.] (Polizei, [X.]) hier ihr Ermessen letztlich anders ausgeübt haben, belegt unter den gegebenen Umständen keinen offensichtli[X.]n Ermessensfehlgebrauch des [X.]. Es besteht daher hier kein Anlass, wegen besonderer Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise von dem Grundsatz abzuwei[X.]n, dass das Gericht die Gestaltung der Verteidigung auch im Hinblick auf etwaige [X.] - 10 - keiten des Angeklagten (Beschuldigten) nicht zu überwa[X.]n hat (vgl. [X.] b. Holtz MDR 1996, 120). I[X.] Die Sachrüge bleibt aus den vom [X.] zutreffend darge-legten Gründen erfolglos. 24 [X.]Wahl Boetti[X.]r Kolz Hebenstreit
Meta
15.08.2007
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.08.2007, Az. 1 StR 341/07 (REWIS RS 2007, 2447)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 2447
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 Qs 186/17 (Landgericht Frankenthal (Pfalz))
1 StR 481/03 (Bundesgerichtshof)
1 StR 447/05 (Bundesgerichtshof)
2 StR 319/15 (Bundesgerichtshof)
Verletzung des Fairnessgrundsatzes im Strafverfahren: Anforderungen an die Entpflichtung eines Verteidigers aufgrund eines Interessenkonflikts
2 Ws 188/06 (Oberlandesgericht Köln)
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