Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2001, Az. IV ZR 258/00

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3302

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:7. März 2001HeinekampJustizsekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: ja_____________________BGB §§ 2325, 2329§§ 2325, 2329 BGB sind auch auf Schenkungen anzuwenden, die ein nachder Einigung [X.] verstorbener Erblasser in der ehemaligen [X.] der Geltung des Zivilgesetzbuchs vorgenommen hatte.[X.], Urteil vom 7. März 2001 - [X.]/00 - [X.] Potsdam- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch die [X.], Prof. [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2001für Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] des [X.] [X.] 14. März 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt Schadensersatz vom Beklagten, der sie beider Verfolgung von [X.] und [X.] Anwalt vertreten hat. Die Klägerin ist eine Tochter des am [X.] mit letztem Wohnsitz in [X.] gestorbenen Erblassers. Dieser setztedurch Testament einen nicht von ihm abstammenden Erben ein und [X.] mit notariellen Verträgen vom 28. Juni und 28. September 1990Grundstücke in [X.] an ein Ehepaar B.. [X.] wurden [X.] November 1991 und 24. Juni 1992 als Eigentümer im Grundbuch- 3 -eingetragen. Eine Klage gegen den Alleinerben auf [X.] dieser Grundstücksschenkungen wurde abgewiesen, weil der [X.] verjährt sei.Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung ei-nes der [X.] der Klägerin entsprechenden Teils des [X.] verschenkten Grundstücke verurteilt. Das Berufungsgericht hat [X.] abgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision begehrt die Klägerindie Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsge-richt.1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob Schenkungen einesin der ehemaligen [X.] wohnhaft gewesenen Erblassers, der nach dem3. Oktober 1990 gestorben ist und deshalb gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1EGBGB nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch beerbt wird, auch dann zuAnsprüchen aus §§ 2325, 2329 BGB führen können, wenn er die [X.] unter der Herrschaft des Zivilgesetzbuchs der [X.] gemacht hat,das eine Pflichtteilsergänzung nicht kannte. Selbst wenn insoweit [X.] in Betracht kämen, stünden sie der [X.] deshalb nicht zu, weil sie im [X.]punkt der hier vorgenomme-nen Schenkungen noch nicht pflichtteilsberechtigt gewesen sei. [X.] 4 -komme es auf den [X.]punkt der Auflassung, nicht etwa der [X.] im Grundbuch an ([X.]Z 59, 210, 211), hier also auf den 28. Juniund 28. September 1990. Nach dem seinerzeit noch geltenden [X.] sei die Klägerin aber nicht pflichtteilsberechtigt gewesen, [X.] weder im [X.]punkt der Schenkung noch im [X.]punkt des [X.] gegenüber dem Erblasser gewesen sei (§ 396Abs. 1 Nr. 2 ZGB).2. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit [X.]) Der nach dem 3. Oktober 1990 gestorbene Erblasser wird nachdem Bürgerlichen Gesetzbuchs beerbt (Art. 235 § 1 EGBGB). [X.] es für die Pflichtteilsberechtigung der Klägerin nicht auf das [X.], sondern auf § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Danach [X.], daß sie ein (durch Verfügung von Todes wegen von der [X.]) Abkömmling des Erblassers ist. Eine Unterhaltsbe-rechtigung gegenüber dem Erblasser ist nicht erforderlich. [X.] kann es auch für den Schutzbereich des § 2325 Abs. 1 BGB nurdarauf ankommen, ob die Klägerin im [X.]punkt der Schenkung bereitsdie Tochter des Erblassers war. Das ist unstreitig.Daß dem Erblasser bei Abschluß der Schenkungsverträge einespätere Pflichtteilsberechtigung der Klägerin möglicherweise nicht klargewesen ist, weil das Bürgerliche Gesetzbuch in der früheren [X.] noch nicht in [X.] getreten war, und daß auchdie Klägerin aus diesem Grunde damals noch nicht mit einer Beteiligungan den verschenkten Vermögenswerten gerechnet haben könnte, ist- 5 -nicht entscheidend: § 2325 Abs. 1 BGB wirkt objektiv und führt zu einerArt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Senat, Urteil vom [X.] - NJW 1997, 2676 unter I 3 c).b) Der Senat hat allerdings in einem Beschluß vom 14. [X.] ([X.] - [X.] 1995, 335 = FamRZ 1995, 420; dazu [X.], [X.] 1995, 319 f.) für fraglich gehalten, ob Schenkungen, dieein Erblasser vor dem 3. Oktober 1990 in der [X.] vorgenommen hat,beim Tod des Erblassers nach dem 3. Oktober 1990 der im Zivilgesetz-buch der [X.] nicht vorgesehenen Pflichtteilsergänzung unterliegen. [X.] damals bestehenden Bedenken hält der Senat nach erneuter Sach-prüfung jedenfalls im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Fall nichtfest.Aus Art. 235 § 1 EGBGB lassen sich Einschränkungen der [X.] auf Erbfälle nach dem3. Oktober 1990 nicht entnehmen. Zu der [X.] des Art. [X.] hat das [X.] entschieden, daß bei einem nach Einfüh-rung des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorbenen Erblasser die §§ 2325,2329 BGB auch auf Schenkungen anzuwenden sind, die vor [X.] Januar 1900 unter der Herrschaft eines Rechts vorgenommen wurden,das eine solche Pflichtteilsergänzung nicht kannte ([X.], 241; 58,124, 126 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtsist die tatbestandliche Anknüpfung einer Rechtsnorm an Gegebenheitenaus der [X.] vor ihrer Verkündung ("unechte" Rückwirkung) grundsätzlichzulässig, stößt aber - je nach dem Gewicht der gegenläufigenschutzwürdigen Interessen, insbesondere des Vertrauens in den Bestandder geltenden Rechtslage - auf durch Abwägung zu ermittelnde Grenzen,- 6 -die sich letztlich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben([X.] 72, 200, 242 f. = NJW 1987, 1749 unter I 1; [X.] 92, 277,325 ff. = NJW 1995, 1811, 1814 unter V; [X.] 97, 67, 78 f. = NJW1998, 1547, 1548 unter I 1 a). Soweit [X.] des eingesetzten Erben schmälern (und insofernauch die Testierfreiheit des Erblassers beschränken), überwiegt gegen-über dem - auch vom Zivilgesetzbuch der [X.] nicht geschützten - Ver-trauen auf den uneingeschränkten Bestand letztwilliger Verfügungen [X.] des Gesetzgebers an der Einheit der Rechtsordnung nach derEinigung [X.] (so auch [X.] [X.] 1999, 272, 273;Schubel-Wiedenmann, [X.] 1995, 858, 864 f.). Stärker betroffen ist dage-gen ein Beschenkter, der unter dem Zivilgesetzbuch unangreifbar Ei-gentum erworben hatte (für seinen Schutz vor Pflichtteilsergänzungsan-sprüchen Schubel-Wiedenmann, aaO 866; Kuchinke, [X.] 1996, 194,199). Auch für ihn gilt jedoch, daß er unentgeltlich erworben hat; eineFolge der Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs ist der Anspruch aus§ 2329 BGB (MünchKomm/[X.], [X.]. § 2325 [X.]. 10a;MünchKomm/Leipold, Art. 235 § 1 EGBGB [X.]. 42). Diese Belastungdes Beschenkten wird gemildert durch das Recht, die Herausgabe [X.] durch Zahlung des fehlenden Betrags abzuwenden (§ 2329Abs. 2 BGB); für dessen Berechnung kommt es gemäß § 2325 Abs. 2Satz 2 BGB auf den Wert im [X.]punkt der Schenkung an (d.h. ihresVollzuges; [X.]Z 65, 75, 76), wenn der Wert in diesem [X.]punkt gerin-ger ist als im [X.]punkt des [X.]. Das trifft im allgemeinen [X.] in der früheren [X.] zu und führt zu weit unterdem Verkehrswert nach der Einigung [X.] liegenden Beträgen(vgl. Senatsbeschluß vom 14. Dezember 1994 aaO). Bei dieser [X.] -sind die Folgen, die sich für den Beschenkten aus der Einführung [X.] 2325 ff. BGB in den neuen Bundesländern ergeben, im Hinblick [X.] große Bedeutung der vom Gesetzgeber erstrebten Rechtseinheithinzunehmen.Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß sich der Eigentumserwerbder Beschenkten erst nach dem 3. Oktober 1990 durch Eintragung [X.] vollendet hat. Schon bei Abschluß der [X.] 28. Juli und 28. September 1990 konnte auf das uneingeschränkteFortbestehen des Zivilgesetzbuchs der [X.] nicht mehr vertraut werden.Der Vertrag zwischen der [X.] und der [X.] über die Herstellung der Einheit[X.], der in Art. 8 das Inkrafttreten des Bundesrechts in denneuen Ländern vorsah, ist am 31. August 1990 abgeschlossen worden([X.] II 889).Das Berufungsgericht wird daher nach Zurückverweisung der [X.] der anwaltlichen Pflichtverletzung nachzugehen haben.[X.] Prof. [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

IV ZR 258/00

07.03.2001

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2001, Az. IV ZR 258/00 (REWIS RS 2001, 3302)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3302

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