Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.05.2013, Az. 9 A 17/12

9. Senat | REWIS RS 2013, 6113

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Gegenstand

Entscheidung im Planfeststellungsbeschluss; Umstufung einer Bundesstraße wegen Parallellage zur Bundesautobahn in eine Kreisstraße


Leitsatz

1. Die Verfahrensregelung des § 2 Abs. 6 FStrG ist, soweit sie sich auf die Neueinteilung entbehrlicher Bundesstraßen in eine Straßenklasse nach dem Landesrecht erstreckt, kraft Sachzusammenhangs von der Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG gedeckt.

2. Eine dem weiträumigen Verkehr dienende und bislang zu dienen bestimmte Straße bleibt auch dann Bundesstraße, wenn die zuständige Behörde mit ihrer Konzeption, der Straße die Bestimmung für den weiträumigen Verkehr zu nehmen, scheitert (wie Beschluss vom 23. Oktober 2002 - BVerwG 4 B 49.02 - juris).

3. Eine in Parallellage und unmittelbarer räumlicher Nähe zu einer neu gebauten Autobahn verlaufende Bundesstraße verliert regelmäßig die Bestimmung, dem weiträumigen Verkehr zu dienen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein Landkreis, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. März 2012 für den Neubau der [X.] [X.] im Teilabschnitt Anschlussstelle [X.] bis zur Landesgrenze [X.]/[X.] (Verkehrskosteneinheit 1155 - [X.] 1155), soweit er die Umstufung der bestehenden [X.] zur Kreisstraße zwischen der Landesstraße 13 bei [X.] und der Landesstraße 134 bei [X.] sowie der Landesstraße 133 zwischen der [X.] (alt) und [X.] jeweils zu Kreisstraßen festsetzt.

2

Der hier in Rede stehende [X.] ist 12,626 km lang. Er nimmt die aus Richtung Süden kommende Trasse an der vorhandenen L 131 bei [X.] auf und schwenkt dann in nordwestliche Richtung. Nach der Querung der [X.] verläuft die Trasse über rund neun Kilometer in nordöstlicher [X.] zur bisherigen [X.] und umfährt mit einem Linksbogen die Ortslage [X.]. Das Bauende liegt an der Grenze zu [X.]. An den Endpunkten des planfestgestellten Abschnitts wird über die Anschlussstelle [X.] im Süden und [X.] im Norden die Anbindung an das nachgeordnete Straßennetz hergestellt. Der Folgeabschnitt der Autobahn in [X.] ([X.] 6) ist mit mittlerweile bestandskräftigem Beschluss vom 23. November 2012 planfestgestellt worden. Für den im Süden von [X.] anschließenden Abschnitt ([X.] 1154) ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet.

3

Mit seiner am 21. Juni 2012 eingegangenen Klage rügt der Kläger im wesentlichen Folgendes: Der Beklagte habe die vorgesehene Abstufung nicht ausreichend angekündigt und eine Abwägung mit den Interessen des [X.] unterlassen. Die Voraussetzungen für eine Abstufung der [X.] (alt) lägen nicht vor, da sie zwischen [X.] und [X.] trotz der [X.] mit der [X.] auch weiterhin überwiegend einem weiträumigen Verkehr dienen werde. Dies gelte insbesondere für den Mautvermeidungsverkehr. Folge man der Argumentation des Beklagten, dann erfülle die [X.] (alt) künftig auch nicht die Vorraussetzungen einer Kreisstraße, da die dann als ausschließlich auf dem Gemeindegebiet der Gemeinde [X.] verlaufende Straße nur Bedeutung für diese Gemeinde habe.

4

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der [X.] im Teilabschnitt zwischen der Anschlussstelle [X.] und der Landesgrenze [X.]/[X.] vom 30. März 2012 insoweit aufzuheben, als er die Umstufung der [X.] zwischen der Landesstraße 13 und der Landesstraße 134 sowie der Landesstraße 133 zwischen der [X.] (alt) und [X.] jeweils zur Kreisstraße festsetzt.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er führt aus: Die Abstufung unterliege nicht dem Abwägungsgebot, sondern sei zu verfügen, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dafür vorlägen. Dies sei hier aufgrund der [X.] der [X.] (alt) mit der [X.] der Fall. Die bisherige Fernverkehrsfunktion der [X.] werde durch die [X.] übernommen. Der umzustufende Teilabschnitt der [X.] (alt) erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen einer Kreisstraße. Eine weitere Abstufung zu einer Gemeindestraße komme dagegen nicht in Betracht. Die [X.] (alt) sei in dem in Rede stehenden Abschnitt weder eine Gemeindeverbindungsstraße noch eine Ortsstraße. Mit der Abstufung der [X.] (alt) zur Kreisstraße verliere die L 133 ihre Anbindung an das [X.]. Ihre Funktion werde von den Landesstraßen 134 und 131, die den neuen Anschlussstellen der [X.] zugeführt würden, übernommen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Klage ist begründet. Die Abstufungsentscheidungen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

8

1. § 2 Abs. 4 [X.] bietet die Rechtsgrundlage dafür, eine [X.]esstraße, bei der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 [X.] weggefallen sind, entweder einzuziehen oder dem Träger der Straßenbaulast zu überlassen, der sich nach Landesrecht bestimmt (Abstufung). Die Abstufungsentscheidung setzt aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Einvernehmen zwischen dem [X.] und der für die Abstufungsentscheidung gemäß § 2 Abs. 6 [X.] zuständigen obersten Landesstraßenbehörde voraus. Wie das [X.]esverfassungsgericht in seinem Urteil vom 3. Juli 2000 - 2 [X.] - ([X.] 102, 167 <173 f.>) entschieden hat, reicht die Verwaltungszuständigkeit des [X.]es für "[X.]esautobahnen und sonstige [X.]esstraßen des Fernverkehrs" im Sinne von Art. 90 Abs. 2 GG nicht weiter als die damit korrespondierende Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. Danach kann der [X.] dem Land gegenüber keine Weisung zur Abstufung einer [X.]esstraße in eine Straßenklasse nach Landesrecht erteilen. Dem [X.] steht daher lediglich die Möglichkeit offen, eine als [X.]esstraße entbehrlich gewordene Straße zu entwidmen oder dem Land nach Vereinbarung zu überlassen. Diesen Vorgaben hat der Gesetzgeber mit der durch Gesetz vom 11. Oktober 2002 ([X.]) geänderten Fassung des § 2 Abs. 4 [X.] Rechnung getragen (vgl. [X.], in: [X.][X.], [X.]esfernstraßengesetz, § 2 Rn. 35 f.).

9

Die oberste Landesstraßenbaubehörde hat die vom (damaligen) [X.]esministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Rahmen der Linienbestimmung geäußerte Einschätzung, dass die [X.] (alt) nach Fertigstellung und Verkehrsfreigabe der [X.] ihre Funktion als Straße des weiträumigen Verkehrs verliert, geteilt und im Planfeststellungsbeschluss in einer den Geboten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (noch) genügenden Weise ausgesprochen. Dass eine Abstufung der [X.] (alt) Folge des Neubaus ist, ist zwar nicht - wie es wünschenswert gewesen wäre - im verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses geregelt worden, sondern lediglich dem [X.] unter der Nr. 126 und der Bezugnahme hierauf im Erläuterungsbericht ([X.] f.) zu entnehmen. Die dortige Formulierung, dass die im planfestgestellten Abschnitt gelegene Teilstrecke der [X.] mit der Fertigstellung der Baumaßnahme und der Ingebrauchnahme für den neuen [X.] entsprechend ihrer zukünftigen Verkehrsbedeutung abgestuft und dem Träger der Straßenbaulast überlassen wird, der sich nach dem Landesrecht bestimmt, bringt die [X.] des [X.] jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck. Gleiches gilt für die weitere Entscheidung, die überlassene Teilstrecke als [X.]straße umzustufen.

2. Gegen die in § 2 Abs. 6 Satz 2 [X.] enthaltene Ermächtigung der obersten Landesstraßenbaubehörde, die Abstufungsentscheidung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu treffen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar greift die verfahrensrechtliche Regelung des § 2 Abs. 6 [X.] bezogen auf die in einer Umstufung (Abstufung) als Teilregelung enthaltene Entscheidung über die Einstufung der entbehrlich gewordenen [X.]esstraße in eine Straßenklasse nach Landesrecht in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder ein, soweit sie bestimmt, welche Landesbehörde insoweit zuständig ist und indem sie das bundesfernstraßenrechtliche Planfeststellungsverfahren hierfür öffnet (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 2000 a.a.[X.]). Gleichwohl ist die Regelung kompetenzrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn - wie hier - zwischen [X.] und Land eine Vereinbarung über die "Überlassung" der Straße getroffen worden ist, geht es um eine einheitliche Entscheidung über die Abstufung und Neueinstufung, die nur in ihrer Gesamtheit gerichtlich überprüft und gegebenenfalls aufgehoben werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 1988 - 2 UE 2651/84 - NVwZ-RR 1989, 338, 339). Es wäre daher sachwidrig für die beiden Teilregelungen getrennte Entscheidungen mit jeweils eigenen bundesrechtlichen und landesrechtlichen Verfahrensregelungen vorzusehen (vgl. [X.], in: Marschall, [X.]esfernstraßengesetz, 6. Aufl. 2012, § 2 Rn. 55). Daher ist die Verfahrensregelung des § 2 Abs. 6 [X.], soweit sie sich auf die Neueinteilung entbehrlicher [X.]esstraßen in eine Straßenklasse nach dem Landesrecht erstreckt, kraft [X.] von der Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG gedeckt (vgl. zur Kompetenz kraft [X.] [X.], Urteil vom 27. Oktober 1998 - 1 BvR 2306, 2314/96, 1108, 1109, 1110/97 - [X.] 98, 265 <299 f.> und Beschluss vom 3. März 2004 - 1 [X.] - [X.] 110, 33 <47 f.).

3. Die Abstufungsentscheidung weist keinen Verfahrensfehler auf. Der Kläger ist als Träger der Straßenbaulast für die [X.] vor der Entscheidung ordnungsgemäß angehört worden. Wie aus der vom [X.] im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Einladung vom 14. Dezember 2006 zum Abstimmungstermin am 18. Januar 2007 hervorgeht, ist der Kläger im Rahmen der [X.] ausdrücklich über das Umstufungskonzept des [X.] informiert worden. Im Planfeststellungsverfahren ist der Kläger erneut förmlich beteiligt worden. Einer darüber hinausgehenden Beteiligung und einer Ankündigung der Abstufung nach § 2 Abs. 5 Satz 3 [X.] bedurfte es nicht. Diese allgemeine fernstraßenrechtliche Verfahrensregelung, wonach die beabsichtigte Abstufung nur zum Ende eines Rechnungsjahres ausgesprochen und drei Monate vorher angekündigt werden soll, wird durch die Sonderregelung des Absatzes 6 für Abstufungsentscheidungen innerhalb von [X.] verdrängt. Die Ankündigung wird danach durch das planfeststellungsrechtliche Anhörungsverfahren (§ 17a [X.] i.V.m. § 73 VwVfG) ersetzt.

4. Die Annahme des [X.], dass die [X.] (alt) ihre Bedeutung für den weiträumigen Verkehr durch den Neubau verlieren wird, ist nicht zu beanstanden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind [X.]esstraßen des Fernverkehrs ([X.]esfernstraßen) öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden ([X.]) und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind (Verkehrsbedeutung). Aus der Verwendung der Konjunktion "oder" ergibt sich, dass die Verkehrsbedeutung einer Straße als [X.]esfernstraße sowohl durch das tatsächliche Verkehrsaufkommen ("dienen") als auch durch die der Straße zugedachte [X.] ("zu dienen bestimmt") erreicht werden kann. Dass beide Kriterien einander nicht gleichzusetzen sind, sondern gleichberechtigt nebeneinander stehen ([X.] a.a.O. § 1 Rn. 22), entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 23. Oktober 2002 - BVerwG 4 [X.] - juris Rn. 4 f.). Nach diesen gesetzlichen Vorgaben bleibt eine dem weiträumigen Verkehr dienende und bislang zu dienen bestimmte Straße auch dann eine [X.]esstraße, wenn die zuständige Behörde mit ihrer Konzeption, der Straße die Bestimmung für den weiträumigen Verkehr zu nehmen, scheitert. Dagegen dient die Straße nicht mehr dem weiträumigen Verkehr, wenn der Anteil dieses Verkehrs hinter dem Anteil jeder Art der übrigen Verkehrsvorgänge zurückbleibt ([X.], in: [X.], [X.] Handbuch, 7. Aufl. 2010, [X.]. 9 Rn. 9.2 S. 342; [X.] a.a.O. § 1 Rn. 23). Sind bei einer [X.]esstraße nach diesen Maßstäben "... die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 [X.] weggefallen", haben die Entscheidungsträger die Folgerungen aus dieser durch anderweitige rechtliche oder tatsächliche Entwicklungen einschließlich planerischer Entscheidungen entstandenen Änderung der Verkehrsbedeutung einer bisherigen [X.]esfernstraße zu ziehen; eine planerische oder anderweit gestaltende Aufgabe ist ihnen insoweit nicht übertragen (vgl. zu § 2 Abs. 4 [X.] a.F. Urteil vom 22. August 1979 - BVerwG 4 C 34.76 - [X.] 407.4 § 2 [X.] Nr. 1 S. 2 f.).

Ausgehend hiervon hat der [X.] zu Recht den Verlust der weiträumigen [X.] der [X.] (alt) nach Ingebrauchnahme der [X.] bejaht. Eine in [X.] und in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einer neu gebauten Autobahn verlaufende [X.]esstraße verliert regelmäßig die Bestimmung, dem weiträumigen Verkehr zu dienen. Nach der straßenplanerischen Konzeption soll beim Bau der [X.]esautobahn parallel zu einer vorhandenen [X.]esstraße die [X.]esautobahn künftig die Fernverkehrsfunktion übernehmen, die bisher die [X.]esstraße erfüllt hat. Die [X.]esstraße ist nach dieser Konzeption nicht mehr dem Fernverkehr "zu dienen bestimmt" und wird wegen der Vorteile der besonderen baulichen Gestaltung von Autobahnen gerade für den weiträumigen Verkehr auch tatsächlich diesem regelmäßig nicht mehr (überwiegend) "dienen" (vgl. [X.] a.a.O. [X.]. 10 Rn. 17 S. 385 f.; [X.], Urteil vom 10. Mai 2005 - 1 L 293.03 - [X.] 2005, 323). So liegt es auch hier.

Dass der Neubauabschnitt der [X.] zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs bestimmt ist, wird schon aus seinen Anfangs- und Endpunkten im Autobahnnetz mit direkter Anbindung an die [X.] in der Nähe von [X.] und die [X.] bei [X.] deutlich. Die neue Autobahn soll ausweislich der Begründung im Planfeststellungsbeschluss ([X.]) dazu beitragen, eine Lücke im Autobahnnetz im Verlauf der weiträumigen Nord-Süd-Verbindung zwischen [X.] im Norden und [X.] im Südosten zu schließen, und die Anbindung des Autobahnnetzes an das [X.] sowie die Fernstraßenerreichbarkeit im Großraum zwischen den Metropolräumen [X.] - [X.] - [X.] verbessern. Gleichzeitig folgt aus dem Verlauf der zukünftigen Autobahn in unmittelbarer Nähe und "absoluter" [X.] zur [X.] (alt), dass diese zukünftig ihre bisherige Bestimmung, den weiträumigen Verkehr aufzunehmen, verlieren soll. Dies gilt nicht nur für den [X.] zwischen [X.] und [X.], der in beide Richtungen auf den [X.] der [X.] weitergeführt wird, sondern auch für den Ost-West-Verkehr zwischen [X.] und [X.]. Auch für diese Verkehrsrelation wird die Fernverkehrsfunktion der [X.] (alt) in dem hier in Rede stehenden Abschnitt durch die [X.] "unterbrochen".

Die autobahnparallele [X.] (alt) wird nach Ingebrauchnahme der [X.] im Abschnitt zwischen den [X.]stellen [X.] und [X.] auch tatsächlich nicht mehr dem weiträumigen Verkehr dienen. Der Gutachter des [X.], der für den Vorhabenträger die Verkehrsprognosen erstellt hat, hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Vorteile einer Autobahn hinsichtlich der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs sowie der erzielbaren Reisegeschwindigkeit so deutlich ausfielen, dass sich der weiträumige Verkehr einschließlich des mautpflichtigen Verkehrs bei der Routenwahl regelmäßig für die in [X.] und in unmittelbarer räumlicher Nähe verlaufende Autobahn entscheiden werde. Dies hätten die für den streitgegenständlichen Abschnitt durchgeführten Modellberechnungen bestätigt. Danach habe der nach Fertigstellung der [X.] 1155 und der [X.] (alt) zu erwartende Verkehr unterhalb der Nachweisgrenze gelegen, d.h. es sei mit maximal 2 000 Kfz/24 h zu rechnen. Wegen der Vorteile, die die Autobahn gegenüber einer lediglich zweistreifigen [X.]esstraße biete, sei auch der Umstand, dass der von der [X.] aus südlicher Richtung kommende Verkehr nicht direkt auf die [X.]stelle [X.] geführt werden könne, sondern einen kurzen Zubringer ([X.] n) benutzen müsse, unerheblich. Angesichts dieser eindeutigen Aussagen des [X.] hat der Senat keine Zweifel daran, dass der [X.] (alt) im Abschnitt zwischen [X.] und [X.] künftig keine Bedeutung mehr für den weiträumigen Verkehr zukommt. Der [X.] musste daher entgegen der Ansicht des [X.] die Abstufungsentscheidung nicht bis zur Fertigstellung der Autobahn zurückstellen, um durch Verkehrszählungen festzustellen, wie sich der Verkehr tatsächlich entwickelt. Ebenso wenig musste mit der Entscheidung bis zur Fertigstellung weiterer Abschnitte der [X.] zugewartet werden.

5. Als rechtsfehlerhaft erweist sich jedoch die Einstufung der [X.] (alt) zur [X.]straße nach dem [X.] (i.d.F. der Bekanntmachung vom 28. Juli 2009, [X.], zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2011 - GVBl I Nr. 24 - [X.]), dessen Anwendung in erstinstanzlichen Verfahren durch das [X.]esverwaltungsgericht zu überprüfen ist (Urteil vom 5. Oktober 1993 - BVerwG 4 A 9.93 - [X.] 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 3). Keinen Bedenken unterliegt es allerdings, dass der [X.] das Vorliegen der Voraussetzungen einer Landesstraße nach § 3 Abs. 2 [X.] verneint hat. Danach sind [X.] mit mindestens regionaler Verkehrsbedeutung, die innerhalb des [X.] untereinander oder zusammen mit [X.]esfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und überwiegend dem über das Gebiet benachbarter Landkreise und [X.] Städte hinausgehenden Verkehr, insbesondere den durchgehenden [X.] dienen oder zu dienen bestimmt sind. Nach den Ausführungen des Gutachters zur zukünftigen Verkehrsbedeutung der [X.] (alt) besteht für den Senat kein Zweifel, dass der [X.] (alt) auch für den übergreifenden durchgehenden Verkehr im Sinne der genannten Definition keine Bedeutung zukommen soll und sie diese auch tatsächlich nicht mehr haben wird. Dies gilt unabhängig davon, in welche Klasse die Straße im Folgeabschnitt auf dem Gebiet von [X.] nach den dortigen landesrechtlichen Bestimmungen eingestuft worden ist. Nach Auskunft des [X.] in der mündlichen Verhandlung ist die [X.] (alt) dort in dem Planfeststellungsbeschluss für die [X.] 6 in eine Landesstraße abgestuft worden. Auch wenn dieser Entscheidung die Annahme eines weiträumigen oder zumindest regional durchgehenden Verkehrs in [X.] zugrunde liegt, stellt dies nicht in Frage, dass der regionale Durchgangsverkehr in dem hier maßgeblichen Bereich über den in unmittelbarer [X.] geplanten Abschnitt der [X.] abgewickelt wird.

Fehlerhaft ist die Entscheidung allerdings, soweit sie die [X.] (alt) als [X.]straße klassifiziert. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 [X.] sind [X.] solche Straßen, die überwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb eines [X.] oder zwischen benachbarten [X.] und kreisfreien Städten dienen oder zu dienen bestimmt sind. Indem § 3 Abs. 3 Nr. 1 [X.] auf den überörtlichen Verkehr abstellt, grenzt er die [X.] von den Gemeindestraßen ab, die als Gemeindeverbindungsstraßen dem Verkehr zwischen benachbarten Gemeinden oder Gemeindeteilen und als Ortsstraßen überwiegend dem Verkehr innerhalb geschlossener Ortslagen dienen oder zu dienen bestimmt sind (§ 3 Abs. 4 [X.]). Das Umstufungskonzept hat den Verkehr zwischen den der Gemeinde [X.] zugehörenden Ortsteilen [X.] und [X.] für den Zweck der Klassifizierung der künftigen Verkehrsbedeutung der [X.] als "überörtlich" gewertet, obwohl es ihn gleichzeitig "seiner räumlichen Funktion" nach als örtlichen "Nachbarschaftsverkehr" einstuft. Dies steht mit der gesetzlichen Konzeption des [X.]es zur Einteilung der öffentlichen Straßen in verschiedene Klassen nicht in Einklang. Nach § 3 Abs. 2 bis 4 [X.] knüpfen die gesetzlichen Definitionen der Straßenklassen maßgeblich daran an, ob sich der Verkehr innerhalb der Grenzen einer Gebietskörperschaft (Land, [X.], Gemeinde) abspielt oder über das Gebiet einer oder mehrerer Gebietskörperschaften hinausreicht. Diese Einstufungskriterien verlören ihre Funktion, wenn der Ziel- und Quellverkehr innerhalb einer Gebietskörperschaft als durchgehender überörtlicher Verkehr behandelt werden könnte. Nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 4 Nr. 1 [X.] sind Gemeindeverbindungsstraßen Straßen, die bestimmungsgemäß überwiegend den [X.] zwischen benachbarten Gemeinden oder zwei Ortsteilen einer Gemeinde dienen, ohne dass Raum für die vom [X.] in seinem Umstufungskonzept vorgenommene Umdeutung eines innerhalb einer Gemeinde stattfindenden oder zwischengemeindlichen Verkehrs in einen Durchgangsverkehr bestünde. Dass sich das Umstufungskonzept, das der [X.] seiner Entscheidung zugrunde legt, von den gesetzlichen Vorgaben des [X.]es löst, wird ferner daraus deutlich, dass die Abstufung zur Gemeindestraße mit der Begründung verneint wurde, die Verkehrsanbindung der vorhandenen [X.] diene auch nach einem Neubau der [X.] "nicht nur dem Verkehr benachbarter Gemeinden" ([X.] unten). Mit dieser Formulierung übersieht das Konzept, dass eine Gemeindeverbindungsstraße nicht "nur", sondern lediglich "überwiegend" dem örtlichen Verkehr zu dienen bestimmt sein muss.

Auch im gerichtlichen Verfahren ist es dem [X.] nicht gelungen, plausibel zu machen, dass der Abschnitt der [X.] (alt) seiner (Netz-)Funktion nach einem überörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt ist oder diesem jedenfalls tatsächlich dienen wird. Der Verkehr von den Ortsteilen [X.] und [X.] sowie dem zwischen diesen liegenden Ortsteil [X.] in die Nachbarstädte [X.] im Norden und [X.] im Süden über die [X.] (alt) stellt einen solchen überörtlichen Verkehr nicht dar, sondern Verkehr zwischen benachbarten Gemeinden im Sinne des § 3 Abs. 4 Nr. 1 [X.]. Daran ändert nichts, dass mit dem Verkehr in diese benachbarten Gemeinden gleichzeitig Landes- und [X.]grenzen überschritten werden. Hierdurch wird der Verkehr zwischen benachbarten Gemeinden nicht zum überörtlichen Durchgangsverkehr (so zutreffend [X.], Urteil vom 29. August 1996 - 1 A 12998/95 - juris Rn. 30 ff.). Für die über die benachbarten Städte hinausgehenden Fahrten werden die Bewohner von [X.] bzw. [X.] die [X.] benutzen. Allein für den Verkehr aus dem Ortsteil [X.] mag anderes gelten. Dafür, dass dieser Verkehr den örtlichen Verkehr überwiegt, spricht aber nichts. Schließlich spielt die [X.] (alt) auch für den überörtlichen Verkehr in Ost-West-Richtung erkennbar keine Rolle. [X.] ist insoweit an die [X.] und [X.] an die [X.] angebunden. Über die [X.]straße 7047 ist auch der Ortsteil [X.] an die [X.] angebunden.

6. Erweist sich die Abstufungsentscheidung hinsichtlich der Einstufung der [X.] (alt) zwischen [X.] und [X.] in eine [X.]straße als fehlerhaft, so ergreift dieser Fehler auch die ausschließlich nach Landesrecht (§ 7 Abs. 2 und 6 i.V.m. § 6 Abs. 5 [X.]) zu beurteilende Umstufungsentscheidung hinsichtlich der Landesstraße [X.]3 zwischen der [X.]essstraße 5 (alt) und [X.] ([X.] lfd. [X.]). Diese stellt sich nämlich lediglich als Folgeentscheidung der Abstufung der [X.] (alt) dar, mit der der [X.] der Tatsache Rechnung trägt, dass mit der Abstufung der [X.] (alt) zur [X.]straße die [X.]3 (alt) ihren zweiten [X.] an das [X.]es- und Landesstraßennetz verliert und ihre Eigenschaft als Zubringer zu einer [X.]esstraße von den Landesstraßen 134 und 131 übernommen wird, die an die neuen [X.]stellen der [X.] angebunden werden. Ergänzend sei erwähnt, dass hinsichtlich der Mitregelung der Abstufung von Landesstraßen durch den auf [X.]esrecht gestützten Planfeststellungsbeschluss keine Bedenken bestehen. Zum einen ist § 7 Abs. 6 i.V.m. § 6 Abs. 5 [X.] nicht zu entnehmen, dass diese Vorschrift nur Planfeststellungsverfahren nach Landesrecht erfassen soll, zum anderen ist § 2 Abs. 6 Satz 2 [X.] nicht als abschließende Regelung zu verstehen, die solche landesrechtlichen Vorschriften, die den Maßgaben des § 2 Abs. 6 [X.] im Übrigen entsprechen, sperrt (Art. 72 Abs. 1 GG).

Meta

9 A 17/12

03.05.2013

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

§ 1 Abs 1 FStrG, § 2 Abs 6 S 2 FStrG, § 2 FStrG, Art 74 Abs 1 Nr 22 GG, § 3 StrG BB 2009, § 7 Abs 2 StrG BB 2009, § 7 Abs 6 StrG BB 2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.05.2013, Az. 9 A 17/12 (REWIS RS 2013, 6113)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6113

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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