Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2016, Az. NotZ (Brfg) 3/16

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2016, 2112

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[X.]:[X.]:BGH:2016:211116BNOTZ.BRFG.3.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]([X.]) 3/16

vom

21. November 2016

in der verwaltungsrechtlichen Notarsache

wegen Amtsenthebung
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Der Notarsenat des [X.] hat am 21.
November 2016 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Dr. Radtke, die Richterin
Dr. [X.] und die Notare Dr. Strzyz und [X.]
beschlossen:
Der Antrag des [X.], die Berufung gegen das Urteil des 1. No-tarsenats des [X.] vom 21. Ja-nuar 2016 -
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Not 2/13
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zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe:
I.
Der 1947 geborene Kläger ist seit 1975 als Rechtsanwalt zugelassen; im Dezember 1985 wurde er zum Notar für den Bezirk des [X.] mit dem Amtssitz in [X.] bestellt. Nach vorläu-figer Amtsenthebung durch Bescheid vom 4.
April 2013, die Gegenstand des [X.]([X.]) 2/16 ist, enthob ihn der Beklagte zu 1 mit [X.] vom 24.
September 2015 gemäß §
50 Abs.
1 Nr. 8 Fall 2 [X.] seines Amtes.
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Die gegen die Amtsenthebung gerichtete Anfechtungsklage sowie die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Leistungsklage, mit der der Kläger von der Beklagten zu 2 begehrt, im Wege der Folgenbeseitigung die von dem Beklagten zu 1 vorgenommene Amtsenthebung abzuwenden, blieben vor dem Oberlan-desgericht ohne Erfolg. Der Kläger beantragt, gegen das Urteil des Oberlan-desgerichts die Berufung zuzulassen.

II.
Ein Grund zur Zulassung der Berufung (§
124 Abs.
2 VwGO i.V.m. §
111d Satz 2 [X.]) besteht nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§
124 Abs.
2 Nr. 1 VwGO i.V.m. §
111d Satz 2 [X.]) oder eine Divergenz (§
124 Abs.
2 Nr. 4 VwGO i.V.m. §
111d Satz 2 [X.]) sind nicht ersichtlich. Der Rechtssache fehlt entgegen der Ansicht des [X.] auch die grundsätzli-che Bedeutung (§
124 Abs.
2 Nr. 3 VwGO i.V.m. §
111d Satz 2 [X.]). [X.] Verfahrensfehler liegen ebenfalls nicht vor (§
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO i.V.m. §
111d Satz 2 [X.]).
1. Das [X.] hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewie-sen. Die vom Kläger geltend gemachten Gründe, auf die er die Unrichtigkeit des Urteils
stützt, greifen nicht durch.
a) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Art der Wirtschaftsführung im Sinne des §
50 Abs.
1 Nr.
8 Fall 2 [X.] zu beanstanden ist, wenn sich ein Notar wieder-holt
erst nach Beantragung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bereitfindet 2
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oder in die Lage versetzt wird, gegen ihn gerichtete titulierte Forderungen zu begleichen. Dies begründet auch die Gefährdung der Interessen der [X.] infolge der Art der Wirtschaftsführung. Unerheblich ist in diesem Zu-sammenhang, ob den Notar ein Verschulden an der Situation trifft, die zu der zu beanstandenden Art der Wirtschaftsführung geführt hat (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 25.
November 2013 -
[X.]([X.]) 1/13 Rn.
3; vom 22.
Juli 2013 -
[X.]([X.]) 4/13, juris Rn. 3; vom 26.
November 2012 -
[X.]([X.]) 10/12, juris Rn. 11).
b) Wie das [X.] festgestellt hat, ist es im [X.]raum von 2007 bis 2012 wegen 27 berechtigter Forderungen zu -
teilweise mehrfachen
-
Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger gekommen. Das
(allein)
[X.] schon die Amtsenthebung nach §
50 Abs.
1 Nr. 8 Fall 2 [X.].
[X.]) Soweit der Kläger vorträgt, die den Vollstreckungen zugrunde liegen-den Entscheidungen seien bisher nicht rechtskräftig (Fälle 10 und 15), die [X.] seien zwischenzeitlich getilgt oder die Vollstreckungsaufträge ander-weitig erledigt (Fälle 1 -
9, 11 -
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26, 28, 31, 33), sowie, die Maßnahmen
in den Fällen 31 und 33 hätten keine Forderungen in erheblicher Höhe betrof-fen, kommt es darauf nicht an (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26.
November 2012 -
[X.]([X.]) 10/12, juris Rn. 11; vom 17.
März 2014 -
[X.]([X.]) 17/13, [X.] 2014, 548
Rn. 16). Eine geordnete Wirtschaftsführung ist darauf gerichtet, Voll-streckungsmaßnahmen überhaupt zu vermeiden.
[X.]) Das [X.] durfte bei seiner Entscheidung die vor dem 18.
Juli 2011 erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen berücksichtigen. Diese [X.], anders als der Kläger meint, nicht der Verjährung gemäß §§
194
ff. [X.]. Ihrer Berücksichtigung steht auch nicht die Entscheidung des Senats vom 18.
Juli 2011 ([X.]([X.]) 10/10, [X.] 2012, 53
Rn. 16
f.) entgegen. Diese be-7
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trifft lediglich die Umstände des Einzelfalles hinsichtlich zweier
Auskunftsver-langen des dort beklagten Präsidenten des [X.], die
im Hinblick auf die -
zunächst rechtskräftige
-
strafgerichtliche Verurteilung des [X.] nicht wei-terverfolgt
wurden.
[X.]) Entgegen der Ansicht des [X.] durfte das [X.] bei seiner Würdigung auch die gegen den Kläger vor dem 18.
Juli 2011 ergange-nen disziplinarrechtlichen Verfügungen berücksichtigen.
(1) Gemäß §
110a Abs.
1 Satz 1 [X.] sind Eintragungen in den über den Notar geführten Akten über einen Verweis oder eine Geldbuße nach zehn Jahren zu tilgen. Die Frist endet allerdings nicht, solange gegen den Notar ein Strafverfahren, ein Disziplinarverfahren, ein anwaltsgerichtliches oder ein be-rufsgerichtliches Verfahren schwebt, eine andere Disziplinarmaßnahme oder eine anwaltsgerichtliche Maßnahme berücksichtigt werden darf, oder ein auf Geldbuße lautendes Urteil noch nicht vollstreckt ist, §
110a Abs.
3 [X.].
(2) So liegt es hinsichtlich des Verweises vom 26.
Februar 2001 hier, weil gegen den Kläger zwischenzeitlich die Disziplinarmaßnahmen vom 13.
Mai 2009 und 6.
Dezember 2012 ergangen waren. Es kommt auch nicht darauf an, ob -
wie der Kläger meint
-
der Strafanspruch wegen aller Dienstvergehen aus der [X.] vor dem 9.
Oktober 2010 verbraucht ist, weil es sich bei einer [X.] gemäß §
50 Abs.
1 Nr. 8 [X.] nicht um eine Disziplinarmaßnahme handelt. Sie soll vielmehr -
wie bereits oben ausgeführt
-
Missständen, die eine geordnete Rechtspflege gefährden, entgegenwirken, ohne dass es dabei auf ein Verschulden des Notars ankommt (vgl. auch Bremkamp
in Eyl-mann/V[X.]sen, [X.], 4. Aufl., §
50 Rn. 1).
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dd) Entgegen der Ansicht des [X.] hat das [X.] den nach §
153a StPO erfolgten Einstellungsbeschluss vom 9.
Mai 2014 nicht [X.]. Es weist darauf lediglich im Rahmen der Erläuterung der Umstände der Vollstreckungsaufträge vom 14.
November 2010 und 12.
März 2011 hin, [X.] den Beschluss aber -
anders als die rechtskräftige Verurteilung we-gen Insolvenzverschleppung und die disziplinarrechtlichen Verfügungen
-
(ge-rade) nicht bei der von ihm vorgenommenen Gesamtbetrachtung.
ee) Auch geht das [X.] nicht von einem Erfahrungssatz aus, dass ein Notar durch ein Strafverfahren und ein Strafurteil an der Aus-übung seiner Amtsgeschäfte als Notar nur in der [X.]
gehindert sei, in der der [X.] gemäß §
24 BeamtStG eintritt. Es meint vielmehr, ein Zusammen-hang zwischen dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren und
der bean-standeten Art der Wirtschaftsführung sei in Bezug auf die zahlreichen bereits vor dem 25.
März 2010 gegen den Notar eingeleiteten Vollstreckungsmaßnah-men nicht ersichtlich. Selbst nach Wiederaufnahme seiner Amtsgeschäfte und erneuter Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der vorläufigen Amtsenthe-bung mit Schreiben vom 5.
Oktober 2010 habe der Kläger es in weiteren acht Fällen wegen berechtigter Forderungen zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kommen lassen. Soweit der Kläger insoweit (wohl) darauf abstellen will, dass das seit dem [X.] laufende Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzver-schleppung ihn bei der Ausübung seiner Amtsgeschäfte beeinträchtigt habe, zeigt er einen Zusammenhang mit
den gegen ihn ergangenen Vollstreckungs-maßnahmen nicht auf; im Übrigen käme es darauf nach den oben genannten Grundsätzen auch nicht an.

c) Im vorliegenden Fall kann nicht -
wie das [X.] zu Recht annimmt
-
davon ausgegangen werden, dass die Gläubiger sich lediglich in [X.] kurzen, vorübergehenden und inzwischen überwundenen Phase der beruf-13
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lichen Tätigkeit des [X.] veranlasst sehen mussten, ihre Forderungen zwangsweise beizutreiben.
[X.]) Auch wenn der Kläger nach den Feststellungen des Oberlandesge-richts
mittlerweile von seiner Auffassung abgerückt ist, wonach es sein gutes Recht sei, Gläubiger auf den Weg der Zwangsvollstreckung zu verweisen,
und seit Juli 2013 keine erneuten Zwangsvollstreckungsanträge und seit Mai 2014 keine erneuten Abgabenrückstände bekannt geworden sind, so drohen ihm in-des
weitere Vollstreckungen wegen einer Forderung in Höhe von 150.841,88

aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des [X.] Frankfurt vom 22.
August 2013 -
2-30 O 371/12
-
sowie wegen einer Forderung in Höhe von 1.739.143,29

794 Abs.
1 Nr. 5 ZPO). Dass die zugrunde liegenden Vollstreckungstitel zwischenzeitlich aufgehoben wären oder die Vollstreckung für unzulässig erklärt wäre, macht der Kläger nicht gel-tend. Soweit er meint, das [X.] gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger eigenes Vermögen unterhalten müsse, geht dies
fehl. Das Oberlan-desgericht hat bei seiner Prüfung, ob dem Kläger ausreichende Mittel zur [X.] stehen, um die weiterhin gegen ihn bestehenden Forderungen zu [X.], zu Recht berücksichtigt, dass die Gläubiger des [X.] auf das von dem [X.] des [X.] zurückerworbene Grundstück in P.
nicht zugreifen [X.]. Vor diesem Hintergrund trifft schon nicht zu, dass der Beklagte zu
1 durch die vorläufige Amtsenthebung sowie die Amtsenthebung die gefährdenden wirt-schaftlichen Verhältnisse erst schaffe, auf die er die Amtsenthebung stütze.
[X.]) Zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, Beschluss vom 17.
März 2014, [X.]O
Rn. 8) hat das [X.] bei seiner Würdigung ferner berücksichtigt, dass der Kläger in dem vorliegen-den Verfahren hinsichtlich einzelner Vollstreckungsmaßnahmen unzutreffend vorgetragen hat. Letzterem ist der Kläger in der Sache nicht entgegengetreten.
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2. Das [X.] hat die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Entgegen der Ansicht des [X.], kann er sich nicht auf einen durch eine etwaige Feststellung einer Menschenrechts-verletzung durch den [X.] bedingten Anspruch stützen.
3. [X.] ist nicht nach §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO i.V.m. §
111d Satz 2 [X.] zuzulassen.
a) Eine fehlerhafte Besetzung des Gerichts, mithin ein Verstoß gegen Art.
101 Abs.
1 Satz 2 GG, ist nicht ersichtlich. Das [X.] hat aus-geführt, die von dem Kläger geäußerten
Bedenken gegen die in den Beschlüs-sen über die Geschäftsverteilung für die [X.] und 2014 enthaltenen Re-gelungen über die Zuweisung von Verfahren kraft [X.] das vorliegende Verfahren nicht. Es weise die Endziffer 2 auf und sei daher ohnehin Teil des Dezernats des Berichterstatters. Dem ist der Kläger nicht ent-gegengetreten. Schon ausweislich des Aktenzeichens des [X.]s trifft nicht zu, dass die Sache -
wie der Kläger meint
-
zu den drei Neuzugängen des Jahres 2014 gehören könnte, von denen der Berichterstatter entlastet wer-den sollte. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auch einen Verstoß gegen §
109 VwGO rügt, kann das Urteil nicht auf der von dem Kläger vermiss-ten Zwischenentscheidung beruhen.
b) Die pauschale Rüge des [X.], das [X.] habe den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt (§
86 VwGO), ihn aber jedenfalls unter Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) sowie unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art.
3 Abs.
1 GG) zum Nachteil des [X.] gewürdigt, greift nicht durch. Der Kläger zeigt 18
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eine Gehörsverletzung sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot nicht auf. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
4. [X.] beruht auf §
111b
Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m. §
154 Abs. 2 VwGO. Die [X.] ist gemäß §
111g Abs.
2 Satz 1 [X.] erfolgt.
Galke
Radtke
[X.]

Strzyz
[X.]

Vorinstanz:
OLG [X.], Entscheidung vom 21.01.2016 -
1 Not 2/13 -

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Meta

NotZ (Brfg) 3/16

21.11.2016

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2016, Az. NotZ (Brfg) 3/16 (REWIS RS 2016, 2112)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2112

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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