Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2014, Az. VII ZB 16/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1373

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 16/13

vom

13. November 2014

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 711 Satz 2, § 709 Satz 2
Der auf Grund des Urteils vollstreckbare Betrag, der die Bemessungsgrund-lage für die Sicherheit nach §
711 Satz
2 in Verbindung mit §
709 Satz
2 ZPO ist, umfasst neben der Hauptforderung auch Nebenforderungen, insbe-sondere bereits aufgelaufene Zinsen, die bis zur Vollstreckung angefallen sind, oder auch die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie bereits durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss beziffert sind.
[X.], Beschluss vom 13. November 2014 -
VII ZB 16/13 -
LG [X.] am Main

AG [X.] am Main
-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 13. November 2014
durch die
Richter Dr. [X.], [X.], [X.], Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Graßnack
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Schuldner
gegen den Beschluss der 9.
Zivilkammer des Landgerichts [X.]
am Main vom 15./21.
Februar 2013
wird zurückgewiesen.
Die Schuldner
haben
die Kosten des [X.] zu tragen.

Gründe:
I.
Die Gläubiger haben am 13. Mai 2011 den Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Berufungs-urteils des [X.] vom 13.
April 2011 beantragt, mit dem die Schuldner zur Zahlung von 6.047.796,30

% Zinsen aus einem Betrag von 270.941,93

Februar
1996 bis zum 18.
Februar
1998, aus einem Betrag von 2.709.370,60

em 19.
Februar
1998 bis zum 22.
April
2001 und aus 6.047.796,30

April
2001 verurteilt worden waren.
Nummer 5 des
Urteilstenors
lautet auszugsweise: "Das Urteil ist vorläu-fig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleis-tung in Höhe von 110
% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages ab-1
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wenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten."
Nachdem die Schuldner mitgeteilt hatten, dass sie zwei Prozessbürg-schaften über insgesamt 9.877.343,10

estellt hatten, hat
das Amtsgericht

Vollstreckungsgericht

mit Beschluss vom 20.
Januar
2012 den Antrag auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen.
Hiergegen haben die Gläubiger sofortige Beschwerde eingelegt unter anderem mit der Begründung, die gestellte Sicherheit sei angesichts der Haupt-forderung
von 6.047.796,30

März
2012 aufgelaufener Zinsen (3.000.761,71

% des Vollstreckungsbetrages leis-ten zu müssen (Gesamtbetrag somit 9.953.413,81

, unzureichend.
Die Schuldner hatten zudem [X.] erhoben. Nach Vorlage eines den Annahmeverzug der Schuldner [X.] Angebots ha-ben die Gläubiger die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung anerkannt. Das [X.] erklärte daraufhin die Zwangsvollstreckung aus seinem Berufungsurteil vom 13.
April
2011 durch [X.] vom 6.
Juni
2012 für unzulässig. Danach haben die Gläubiger das Verfahren auf Erlass eines
Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses und das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt. Die Schuldner sind der Erledigung entgegen getreten und ha-ben die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt.
Das Beschwerdegericht hat die Erledigung des Verfahrens festgestellt, die Kosten des Verfahrens den Schuldnern auferlegt und die [X.] zugelassen.

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II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht ist

soweit für das Rechtsbeschwerdeverfah-ren noch von Bedeutung

der Auffassung, dass die von den Schuldnern [X.] der Gläubiger abzuwenden, weil hierfür eine Sicherheits-leistung von mindestens 9.953.413,81

Im Tenor der der Vollstreckung zugrunde liegenden Entscheidung des [X.] vom 13.
April
2011 sei die Abwendung der [X.] von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110
% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abhängig gemacht worden

711 Satz
2, §
709 Satz
2 ZPO). Letzterer setze sich aus der Hauptforderung, den bislang aufgelaufenen
und den zukünftigen Zinsen sowie
den Anwalts-
und Gerichts-kosten zusammen.
Der Zuschlag von 10
% diene dem Schutz des Gläubigers vor weiteren Schäden, die durch den Vollstreckungsaufschub entstehen könn-ten, nicht aber der Absicherung der aufgelaufenen und zukünftigen Zinsen und Kosten. Die vereinzelt auch in der Literatur vertretene Rechtsmeinung der Schuldner, der "aus dem Urteil zu vollstreckende Betrag"
umfasse nur die Hauptforderung
und der Zuschlag decke die Zinsen und etwaige Kosten ab, sei angesichts des eindeutigen Wortlautes des Gesetzes und ausweislich der [X.] abzulehnen. Vielmehr verdeutliche gerade der vorliegende Fall, dass die nach [X.] zu
stellende Sicherheit (110
% von 6.047.796,30

=

äubiger nicht gerecht [X.], denen bereits Forderungen in Höhe von über 9 Mio.

zugestanden
hätten.
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2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
Der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens nach [X.] ist begründet, weil die sofortige Be-schwerde begründet gewesen wäre. Der Antrag der Gläubiger auf Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses durfte nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass die Schuldner die zur Abwendung der Zwangs-vollstreckung nach §
711 Satz 2 in Verbindung mit §
709 Satz
2 ZPO angeord-nete Sicherheit in ausreichender
Höhe geleistet hätten.
a) Die Anordnung der Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstre-ckung für die Schuldner aus dem vorläufig vollstreckbaren Titel des Oberlan-desgerichts F. vom 13.
April
2011 entspricht in ihrem Wortlaut der gesetzlichen Vorgabe in § 711 Satz 2 in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO. Danach ist die
Sicherheit "in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten".
Streitig ist, ob mit diesem
Betrag
nur die Hauptforderung
gemeint
ist und der prozentuale Zuschlag auch Zinsen und Kosten abdecken soll

(so [X.]/Krüger,
2.
Aufl., [X.], §
709 Rn.
3; [X.]/[X.], 4.
Aufl., § 709 Rn.
5; [X.], [X.], 73) oder ob damit die aus dem Urteil insgesamt zu vollstreckende Forderung mit Haupt-forderung, Zinsen und Kosten erfasst sein soll (so [X.]/[X.], ZPO, 11.
Aufl., §
709 Rn.
5; [X.], [X.], 421, 429). Nach dieser Ansicht deckt der prozentuale Zuschlag nur den möglichen weiteren Vollstreckungs-
bzw. [X.] ab.
Letzteres ist richtig.

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aa) Nach dem
Wortlaut des Gesetzes ist der "auf Grund des Urteils voll-streckbare Betrag" Bemessungsgrundlage für die Sicherheit. Das sind neben der Hauptforderung auch Nebenforderungen, insbesondere bereits [X.], die bis zur Vollstreckung angefallen sind, oder auch die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie bereits durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss be-ziffert sind. Alle diese Beträge können (nur) auf Grund des Urteils vollstreckt werden.
Es besteht kein Anlass, die Vorschrift einschränkend auszulegen.
bb) Die nach dem Gesetz vorgesehene Sicherheitsleistung eines Schuldners zur Abwendung einer Vollstreckung unterscheidet sich von einer
vom Gläubiger nach §
709 Satz
2 ZPO direkt oder in Verbindung mit §
711 Satz
2 ZPO zu leistenden Sicherheit dadurch, dass dort Sicherheit im Verhältnis zur Höhe des "jeweils zu vollstreckenden Betrages", hier dagegen des "voll-streckbaren Betrages"
zu leisten ist. Hiermit ist ausgedrückt, dass der Schuld-ner im Gegensatz zum Gläubiger keine Möglichkeit bekommen soll, Teilsicher-heiten (zur teilweisen Abwendung einer Vollstreckung) zu leisten. Da der Gläu-biger in den Fällen des § 708 Nr. 4 -
11 ZPO ohne Sicherheitsleistung vollstre-cken darf, ist es gerechtfertigt, vom Schuldner zu verlangen, dass er in Höhe des gesamten vollstreckbaren Betrages Sicherheit leistet, wenn er die Zwangs-vollstreckung nach § 711 ZPO abwenden will (vgl. BT-Drucks. 14/6036, [X.]).
Der im Sinne von §
709 Satz
2 ZPO "zu vollstreckende Betrag"
ist dage-gen dann mit dem aus dem Urteil "vollstreckbaren Betrag"
identisch, wenn der Gläubiger die Geldforderung aus einem Urteil nicht nur teilweise, sondern [X.] vollstrecken möchte. Es macht für keinen Beteiligten einen Unterschied, ob es sich hierbei um Hauptforderungen oder Nebenforderungen, etwa beziffer-te Kosten oder Zinsen, oder die in einem Kostenfestsetzungsbeschluss (§
794 14
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Abs.
1 Nr.
2, §
795a, §
798 ZPO) festgesetzten Kosten des Rechtsstreits han-delt. Mindestens in Höhe der tatsächlich vollstreckten Gesamtsumme soll
im Fall des §
709 Satz
2 ZPO
die unter Umständen notwendige Rückzahlung an den Schuldner abgesichert werden. In eben dieser Höhe soll im Fall der Ab-wendung der möglichen Vollstreckung
nach § 711 Satz 2 ZPO
gesichert sein, dass der Betrag bei einer späteren Vollstreckung durch den Gläubiger realisiert werden kann.
cc) Dieser Zielsetzung entspricht es am besten, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung
nach diesen Beträgen bestimmt wird. Ein solches Verfahren begegnet auch keinen Schwierigkeiten. Der Gläubiger kann bei seinem [X.] die konkrete zu diesem Zeitpunkt vollstreckbare Gesamt-summe (einschließlich etwaiger bis hierhin [X.]) aus dem Urteil (gegebenenfalls in Verbindung mit einem Kostenfestsetzungsbe-schluss) errechnen und eine von ihm nach §
709 Satz
2 ZPO zu leistende [X.] damit genau bestimmen. Das Vollstreckungsorgan kann ebenso über-prüfen, ob eine geleistete Sicherheit ausreicht. Der Schuldner, der zur Abwen-dung der Vollstreckung eine Sicherheit nach §
711 Satz
2 ZPO stellen will, kann ebenfalls (gegebenenfalls in Verbindung mit einem Kostenfestsetzungsbe-schluss) errechnen, welcher Gesamtbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt vollstreckbar ist oder sein wird. Um zukünftige Vollstreckungen vorsorglich ab-zuwenden, muss er allerdings bei titulierten laufenden Zinsen auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt abstellen. Das ist ihm zuzumuten. Es obliegt dann ihm, notfalls bei Zeitablauf seine Sicherheiten zu erhöhen oder neue weitere Sicherheiten zu stellen, sofern er nicht sofort eine
entsprechende dynamische Sicherheit stellt, die sich laufend erhöht. Auch hier kann das Vollstreckungsor-gan ohne weiteres überprüfen, ob eine gegebene Sicherheit ausreicht.

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dd) Ein etwaiger verhältnismäßiger Aufschlag auf diese zu vollstrecken-den oder vollstreckbaren Beträge muss dann nur weitere denkbare Schäden aus der erfolgten Vollstreckung (§
709 Satz
2 ZPO) oder der verursachten [X.] (§
711 Satz
2 ZPO) abdecken. Dieses Verfahren entspricht auch der Gesetzesbegründung im Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 14/6036, S.
125) zu §
709 Satz 2 ZPO: "Die vorgeschlagene Regelung lässt nunmehr zu, dass Urteile, die wegen einer Geldforderung für vorläufig vollstreckbar zu erklä-ren sind, gegen Sicherheitsleistung
in Höhe des jeweils beizutreibenden [X.] zuzüglich eines prozentualen Zuschlags für Schäden des Schuldners, die über den [X.] Betrag hinausgehen, für vollstreckbar erklärt werden können. Damit wird die Tenorierung im Bereich der Vollstreckbarkeitsentschei-dung erheblich erleichtert." Hierauf nimmt die Begründung des Rechtsaus-schusses zu §
711 Satz 2 ZPO (BT-Drucks. 14/6036, [X.]) Bezug: "Der neu eingefügte Satz 2 ermöglicht auch in den Fällen des §
711 ZPO eine verein-fachte Bestimmung der Sicherheitsleistung."
b) Im vorliegenden Fall
war die von den Schuldnern geleistete Sicherheit nicht ausreichend, um den gesamten vollstreckbaren Betrag aus dem Urteil des [X.] vom 13. April 2011 zu sichern. Denn die Hauptforderung und die aufgelaufenen Zinsen beliefen sich bis zur antragszurückweisenden

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Entscheidung des Amtsgerichts auf 9.012.106

. 110
% hiervon ergibt 9.913.316

g-lich auf den Gesamtbetrag von 9.877.343,10

3. Die
Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
[X.]
Kartzke

Jurgeleit
Graßnack
Vorinstanzen:
AG [X.] am Main, Entscheidung vom 20.01.2012 -
82 M 9424/11 -

LG [X.]/Main, Entscheidung vom 15.02.2013 -
2-9 T 144/12 -

21

Meta

VII ZB 16/13

13.11.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2014, Az. VII ZB 16/13 (REWIS RS 2014, 1373)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1373

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 16/13

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