Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 27.03.2017, Az. 2 BvR 871/16

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 13379

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Unanfechtbarkeit der Verhängung einer Missbrauchsgebühr - Wiedereinsetzungsantrag mangels Vortrags von Hinderungsgründen offensichtlich unzulässig


Tenor

1. Die Erinnerung wird verworfen.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

Gründe

1

1. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 wurde eine Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung angenommen und dem Beschwerdeführer eine [X.] von 500 € auferlegt. Hiergegen und gegen die Kostenrechnung vom 19. Dezember 2016 - 1068 2000 0262 [X.] 03027774 - wendet sich der Beschwerdeführer. Das Verfahren vor dem [X.] sei kostenfrei.

2

2. Zudem stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe "gem. Art. 267 AEUV Fragen über die Auslegung der [X.] gestellt". Die Voraussetzungen einer Vorlage hätten hier vorgelegen. Der ihm am 19. Januar 2017 zugestellte [X.] berücksichtige dies nicht. Er sei ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Verfassungsbeschwerde nach ihrer fehlerhaften Nichtannahme innerhalb der Monatsfrist erneut einzureichen.

3

1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Justizbeitreibungsordnung ([X.]) in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz ([X.]) sind Einwendungen, die den [X.] Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, vom Schuldner bei Ansprüchen auf "Gerichtskosten" nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 [X.] gerichtlich nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den [X.] geltend zu machen.

4

Zwar gehört die [X.] nach § 34 Abs. 2 [X.] zu den "Gerichtskosten" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 [X.]. Dies ergibt sich schon daraus, dass das [X.] in § 2 Abs. 2 [X.] als möglicher Anspruchsinhaber genannt wird, für den das [X.] als Vollstreckungsbehörde tätig werden soll. Die [X.] entsteht als gerichtliche Gebühr mit ihrer Auferlegung durch die Entscheidung des Senats oder der Kammer. Ihrer Einordnung als gerichtliche Gebühr steht nicht entgegen, dass sie Sanktionscharakter hat (vgl. [X.] 50, 217 <230>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Oktober 2008 - 1 BvR 1356/03 - juris, Rn. 4; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 31. Mai 2012 - 2 BvR 611/12 -, juris, Rn. 4 und vom 28. Oktober 2015 - 2 BvR 740/15 -, juris, Rn. 8). § 34 Abs. 1 und 2 [X.] stehen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander. Absatz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen der Grundsatz der Kostenfreiheit verfassungsgerichtlicher Verfahren durchbrochen werden kann. Die auf dieser Grundlage verhängte Gebühr ist eine Gegenleistung für die missbräuchliche Inanspruchnahme des [X.]s und mithin eine Gebühr im Rechtssinne ([X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Oktober 2008 - 1 BvR 1356/03 - juris, Rn. 4; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 31. Mai 2012 - 2 BvR 611/12 -, juris, Rn. 4 und vom 28. Oktober 2015 - 2 BvR 740/15 -, juris, Rn. 8). Das [X.] hat demgemäß eine auf den Gesichtspunkt der Verjährung der Gebührenforderung gestützte Erinnerung gegen den [X.] einer [X.] für zulässig gehalten; die Einrede der Verjährung zähle zu den Einwendungen, die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] in Verbindung mit § 66 [X.] mit der Erinnerung geltend gemacht werden können ([X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Oktober 2008 - 1 BvR 1356/03 - juris).

5

Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um eine solche Einwendung. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verhängung der [X.] als solche. Diese ist - wie der Beschluss vom 13. Dezember 2016 insgesamt - unanfechtbar.

6

2. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist offensichtlich unzulässig. Der Beschwerdeführer trägt keinerlei Tatsachen vor, aufgrund derer er ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, innerhalb der Verfassungsbeschwerdefrist substantiiert vorzutragen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 871/16

27.03.2017

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 5. April 2016, Az: 15 EK 5/16, Beschluss

§ 34 Abs 1 BVerfGG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 93 Abs 2 BVerfGG, § 1 Abs 1 Nr 4 JBeitrO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 27.03.2017, Az. 2 BvR 871/16 (REWIS RS 2017, 13379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13379

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