Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.10.2018, Az. 5 C 8/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 2776

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Gegenstand

Eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte liegt nur vor, wenn die vermittelte Ausbildung dieser Einrichtung förderungsrechtlich zuzurechnen ist


Leitsatz

Eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 BAföG liegt nur vor, wenn die vermittelte Ausbildung dieser Einrichtung förderungsrechtlich zuzurechnen ist, sodass diese sich insoweit als selbstständig erweist, was anhand einer materiellen, auf die Ausbildungsinhalte bezogenen Betrachtungsweise festzustellen ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für ein Auslandssemester, das sie im Rahmen ihres Bachelor-Studiums International Management an der [X.] von September 2014 bis Februar 2015 am [X.] ([X.]) in [X.] absolvierte.

2

Der [X.] ist eine unter Beteiligung der [X.] nach indonesischem Recht gegründete Stiftung zu Bildungszwecken. Das [X.] des [X.] verlieh dem [X.] 2006 die Stellung als angegliederte Einrichtung der [X.] (An-Institut).

3

Die nach Ablehnung der begehrten Förderung durch den Beklagten erhobene Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Besuch des [X.] dem Besuch einer im Inland gelegenen Ausbildungsstätte nach § 2 [X.] nicht im Sinne von § 5 Abs. 4 [X.] gleichwertig sei. Weder sei der [X.] eine in [X.] anerkannte Hochschule noch könne dort ein Hochschulabschluss erworben werden.

4

Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass angesichts der unbestrittenen Förderlichkeit des Auslandssemesters für ihr Studium auf das Merkmal der institutionellen Gleichwertigkeit verzichtet werden könne. Ferner sei für dieses Merkmal zu berücksichtigen, dass das Hochschulrecht einzelner Länder die Möglichkeit vorsehe, angegliederte Einrichtungen von [X.]en zu schaffen, die nicht Teil der Hochschule seien, gleichzeitig aber der Lehre, Forschung und Kunst dienten. Der [X.] sei ein gegenüber der [X.] und auch finanziell unabhängiges An-Institut außerhalb [X.], an dem während des Fachsemesters für Studenten aus [X.] elementare universitäre Aufgaben im Bereich der Lehre durchgeführt würden. Es könne von einer materiellen Gleichwertigkeit ausgegangen werden, da die Studieninhalte mit der [X.] abgestimmt seien.

5

Der Beklagte und der Vertreter des [X.] treten der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Förderung ihres Studienaufenthalts am [X.].

7

1. Der Anspruch ergibt sich nicht aus der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 5 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die individuelle Förderung der Ausbildung ([X.] - [X.]). Diese Vorschrift ist hier für den Zeitraum September bis Dezember 2014 in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des [X.] vom 7. Dezember 2010 ([X.] I S. 1952) und für die Monate Januar und Februar 2015 in der Fassung des 25. [X.]ÄndG vom 23. Dezember 2014 ([X.] I S. 2475) anzuwenden. Nach dieser Vorschrift wird Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, unter näher genannten Voraussetzungen Ausbildungsförderung für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte geleistet. Bereits an einer solchen Ausbildungsstätte fehlt es hier.

8

Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass der [X.] nach [X.] Recht nicht als z.B. eine Hochschule im Sinne der mit ihr vergleichbaren [X.] Rechtsform anerkannt ist. Eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] liegt aber nur vor, wenn die Einrichtung geographisch im Ausland gelegen ist und die dort vermittelte Ausbildung dieser Einrichtung förderungsrechtlich zuzurechnen ist, sodass diese sich insoweit als selbstständig erweist. Für eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte ist also eine Selbstständigkeit im förderungsrechtlichen Sinne erforderlich, aber auch ausreichend. Ob eine solche gegeben ist, ist anhand einer materiellen, auf die Ausbildungsinhalte bezogenen Betrachtungsweise zu ermitteln. Maßgeblich ist danach, dass die Ausbildung der ausländischen Einrichtung nach ausbildungsförderungsrechtlichen Kriterien zuzurechnen ist. Das ist insbesondere zu bejahen, wenn diese die Ausbildungsinhalte im Wesentlichen selber bestimmt und verantwortet. Hingegen reicht es nicht aus, wenn die Ausbildungseinrichtung nur einzelne Ausbildungsabschnitte einer anderenorts absolvierten Ausbildung durchführt.

9

Das Erfordernis der förderungsrechtlichen Selbstständigkeit ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.]. Der in dieser Vorschrift angeordnete institutionelle Vergleich (BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2012 - 5 C 14.11 - BVerwGE 143, 314 Rn. 18) setzt zwingend voraus, dass der im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte die dort vermittelte Ausbildung selber zuzurechnen ist. Andernfalls wäre die Prüfung, ob der Besuch der ausländischen Ausbildungsstätte dem Besuch einer im Inland gelegenen Ausbildungsstätte der in § 5 Abs. 4 [X.] genannten Art gleichwertig ist, nicht möglich. Das war unausgesprochen schon in der bisherigen Rechtsprechung des [X.] anerkannt. Die so zu verstehende Selbstständigkeit brauchte in den bisherigen Entscheidungen des [X.] lediglich deshalb nicht eigens hervorgehoben zu werden, weil in allen bislang entschiedenen Fällen die betreffenden Auszubildenden eine im Ausland für dort ansässige Auszubildende ohnehin nach dortigem Recht eingerichtete Ausbildungsstätte besuchten, der die dort vermittelte Ausbildung ohne jeden Zweifel förderungsrechtlich zuzurechnen war (BVerwG, Urteile vom 29. April 1982 - 5 C 78.80 - [X.] 436.36 § 5 [X.] Nr. 2, vom 4. Dezember 1997 - 5 C 3.96 - BVerwGE 106, 1, vom 5. Dezember 2000 - 5 C 25.00 - BVerwGE 112, 248 und vom 12. Juli 2012 - 5 C 14.11 - BVerwGE 143, 314; Beschluss vom 28. Juli 1982 - 5 B 83.81 - [X.] 436.36 § 5 [X.] Nr. 3). Mit der hier in Rede stehenden Fallkonstellation einer unter maßgeblicher Beteiligung einer [X.] [X.] gegründeten Einrichtung, zu der im Ausland ansässige Auszubildende keinen Zugang haben, hatte sich das [X.] bislang noch nicht zu befassen.

Gemessen an den dargelegten rechtlichen Anforderungen ist der [X.] keine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte. Ihm fehlt die Selbstständigkeit im vorbezeichneten Sinn. Die am [X.] gelehrten Ausbildungsinhalte sind ausbildungsförderungsrechtlich nicht diesem, sondern der [X.] Flensburg zuzurechnen, die insoweit die Federführung hat. Der [X.] ist zwar eine nach [X.] Recht gegründete Stiftung und hochschulrechtlich als An-Institut der [X.] Flensburg nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen und das [X.]sklinikum Schleswig-Holstein in der Fassung vom 5. Februar 2016 (GVOBl. Schl.-H. 2016, 40) eigenständig. Auch unterliegt er keinen Weisungen der [X.] Flensburg und erhält von dort keine finanziellen Zuwendungen. Gleichwohl ist er ausbildungsförderungsrechtlich lediglich Teil eben dieser [X.]. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), handelt es sich um eine "Zweigstelle" der [X.] Flensburg, mit der diese das Ziel verfolgt, jenseits ihres eigentlichen Standortes Studierenden aus [X.] die Absolvierung eines Auslandssemesters zu ermöglichen.

Die ausbildungsförderungsrechtliche Unselbstständigkeit des [X.] beruht insbesondere darauf, dass die am [X.] angebotenen Studienmodule keine staatliche [X.] Akkreditierung aufweisen, sondern in die Akkreditierung des Studiengangs International Management an der [X.] Flensburg einbezogen sind und ihre Inhalte den akkreditierten Studienmodulen dieses Studiengangs entsprechen. Da sie somit Teil der Akkreditierung dieses Studiengangs der [X.] Flensburg und inhaltlich hierauf abgestimmt sind, erscheinen die einsemestrigen Studienmodule des [X.] (lediglich) als integrale Bestandteile dieses Studiengangs. Dies kommt auch durch das Fehlen einer eigenen Studienordnung des [X.], durch die die Rahmenbedingungen und Regelungen für ein ordnungsgemäßes Studium festgelegt werden, zum Ausdruck. In dieses Bild fügt sich ein, dass die von dem [X.] betreuten Abschlussarbeiten solche der [X.] Flensburg oder einer anderen Kooperationsuniversität sind. Davon abgesehen zeigt sich der Charakter einer "Zweigstelle" auch dadurch, dass alle dort Studierenden, einschließlich derer, die zuvor an einer anderen [X.] studierten, während des Auslandssemesters an der [X.] Flensburg eingeschrieben sind, und damit den an der [X.] Flensburg geltenden Regelungen unterliegen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

Meta

5 C 8/17

17.10.2018

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 25. April 2017, Az: 12 S 699/16, Urteil

§ 5 Abs 2 BAföG, § 5 Abs 4 BAföG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.10.2018, Az. 5 C 8/17 (REWIS RS 2018, 2776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2776

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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