Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.2022, Az. B 3 KR 13/20 R

3. Senat | REWIS RS 2022, 1187

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Vergütung von Krankentransportleistungen privater Krankentransportunternehmen - Scheitern der Vergütungsverhandlungen - Wahrung der von den Krankenkassen einzuhaltenden grundrechtlichen Grenzen des Verhandlungsspielraums - kein Anspruch der privaten Krankentransportunternehmen auf eine bestimmte Vergütung


Leitsatz

Sind die von Krankenkassen einzuhaltenden grundrechtlichen Grenzen ihres Verhandlungsspielraums in gescheiterten Vergütungsverhandlungen für qualifizierte Krankentransportleistungen gewahrt, besteht für private Krankentransportunternehmen kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine bestimmte Vergütung.

Tenor

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2019 - L 5 KR 112/16 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten ihres Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

[X.] steht die Vergütung von in der Vergangenheit erbrachten qualifizierten Krankentransportleistungen privater Krankentransportunternehmen.

2

Die Kläger sind ein Verein für Krankentransporte, Behinderten- und Altenhilfe und dessen Tochtergesellschaft. Sie erhielten ab 2009 - der Kläger - bzw im Mai 2017 - die Klägerin - Genehmigungen für die Durchführung von Krankentransporten mit Personen, die während der Fahrt einer medizinisch fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies aufgrund ihres Zustands zu erwarten ist (qualifizierte Krankentransporte), mit zwei Fahrzeugen außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes in [X.] in [X.]. Diese Genehmigung ist landesrechtlich zu erteilen, soweit die zusätzlichen Kapazitäten keine Beeinträchtigung des von den Kreisen und kreisfreien Städten in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft sicherzustellenden Rettungsdienstes und des darin einbezogenen qualifizierten [X.] erwarten lassen (§ 6 iVm § 10, § 11 Abs 3 Rettungsdienstgesetz [X.] in der hier maßgebenden, bis zum [X.] geltenden Fassung). Gemessen daran seien hier zwei weitere Krankentransportfahrzeuge verträglich gewesen. Die Genehmigungen berechtigten und verpflichteten die Kläger dazu, im Betriebsbereich - hier dem Gebiet der Stadt [X.] - während der festgelegten Betriebszeiten - hier täglich von 6:00 bis 18:00 Uhr - mit der genehmigten Anzahl von Fahrzeugen auf Anfrage Krankentransporte durchzuführen und hierfür eine eigene Zentrale vorzuhalten. Der Kläger kam dem bis Ende 2016 nach, die Klägerin von Juni 2017 an; im April 2018 stellte sie den Betrieb ein.

3

[X.]ach Aufnahme von [X.] im [X.]ovember 2009 machten Krankenkassen unter Einschluss der Beklagten dem Kläger im August 2012 ein Angebot, auf dessen Grundlage die Krankentransportleistungen vorläufig vergütet wurden (59 Euro je Einsatz zzgl 1,90 Euro ab dem [X.]). Eine endgültige Entgeltvereinbarung kam nicht zustande wie später ebenfalls nicht mit der Klägerin, deren Leistungen auch nur vorläufig vergütet wurden.

4

Auf die im Juni 2013 erhobene Klage zuletzt mit dem Ziel einer Grundpauschale von 84,42 Euro je Einsatz und einem Besetztkilometerentgelt von 2,01 Euro ab dem [X.] sowie für Infektionsfahrten einem Desinfektionszuschlag von 123,54 Euro je Einsatz hat das [X.] die Beklagte verpflichtet, dem Kläger höhere Entgelte nach ihrem letzten Angebot zu zahlen (63 Euro zzgl 1,95 Euro ab dem [X.]; 64,60 Euro zzgl 2 Euro ab dem [X.] ab dem 1.1.2015; 66,50 Euro zzgl 2,05 Euro ab dem [X.] ab dem 1.1.2016) und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom [X.]). Die Berufung (nur) des Klägers hiergegen und die Klage der erst im Berufungsverfahren beigetretenen Klägerin blieben erfolglos: [X.]ach den in der Rechtsprechung zum Marktmodell entwickelten Maßstäben hätten sie weder Anspruch auf höhere Vergütung für in der Vergangenheit durchgeführte Krankentransporte noch auf Abschluss entsprechender Vereinbarungen (Hinweis auf B[X.] vom 20.11.2008 - B 3 KR 25/07 R - [X.] 4-2500 § 133 [X.]r 3); die für andere ortsnahe private Krankentransportunternehmen vereinbarten Entgelte unterschieden sich nicht wesentlich von den Angeboten der Beklagten hier (Urteil vom 17.10.2019).

5

Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen rügen die Kläger die Verletzung von Art 19 Abs 4, Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG sowie von § 133 [X.]B V. Dessen Regelung verwirkliche kein Marktmodell; sie hätten Anspruch auf leistungsgerechte Entgelte unter Berücksichtigung ihrer plausiblen Kalkulation. Mangels eines außergerichtlichen Streitschlichtungsmechanismus seien diese Entgelte gerichtlich festzusetzen. Zudem erheben die Kläger eine Verfahrensrüge.

6

Die Kläger beantragen,

        

die Urteile des [X.]ischen Landessozialgerichts vom 17. Oktober 2019 - L 5 KR 112/16 - und des Sozialgerichts Lübeck vom 10. Mai 2016 - [X.] KR 313/13 - zu ändern und

        

1. die Beklagte zu verpflichten, mit den Klägern für die in [X.] vom 27. [X.]ovember 2014 bis 14. Dezember 2016 bzw vom 13. Juni 2017 bis 4. April 2018 erbrachten KTW-Einsätze Entgeltvereinbarungen mit einer Grundpauschale pro Einsatz von 82,42 Euro, einem Besetztkilometerentgelt von 2,01 Euro ab dem [X.] und einem Desinfektionszuschlag von 123,54 Euro pro Desinfektionseinsatz zu schließen,

        

2. die Beklagte zu verurteilen, für die für ihre Versicherten in [X.] durchgeführten qualifizierten Krankentransporte vom 27. [X.]ovember 2014 bis 14. Dezember 2016 weitere 20 013,51 Euro dem Kläger und vom 13. Juni 2017 bis 4. April 2018 weitere 2741,06 Euro der Klägerin zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

8

Mangels gesetzlicher Regelung eines Schiedsverfahrens finde nur eine gerichtliche Rechtskontrolle dahin statt, ob die Krankenkassen die Grenzen ihres [X.] überschritten hätten. Daran fehle es hier.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässigen Revisionen der Kläger, über die der [X.] in Abwesenheit der ordnungsgemäß zum Termin geladenen Beklagten verhandeln und entscheiden konnte, sind unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 S[X.]). Zutreffend hat das [X.] die Berufung des Klägers gegen die teilweise Abweisung seiner Klage zurückgewiesen und die Klage der Klägerin abgewiesen. Dass den Klägern von Rechts wegen ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine höhere Vergütung der von ihnen durchgeführten Krankentransporte zustehen könnte, ist nach den Feststellungen des [X.] nicht zu erkennen.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind nach den zuletzt aufrechterhaltenen Begehren die jeweils mit einer bezifferten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 S[X.]) verfolgten Ansprüche auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung und auf Zahlung für in der Vergangenheit durchgeführte qualifizierte Krankentransporte, wobei offenbleiben kann, ob es hier neben der auf Zahlung gerichteten Klage auch der Klage auf [X.] bedurfte. Streitig ist für die vom Kläger erbrachten Krankentransporte der Zeitraum vom 27.11.2014 bis 14.12.2016 und für die von der - vom [X.] sachgerecht in das Verfahren einbezogenen - Klägerin erbrachten Krankentransporte der Zeitraum vom 13.6.2017 bis 4.4.2018.

2. Rechtsgrundlage für die Vergütung von qualifizierten Krankentransporten privater Krankentransportunternehmen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung ist hier § 133 Abs 1 [X.] (in der seither unveränderten Fassung des [X.] - GKV-WSG vom [X.], [X.], die ohne wesentliche Änderungen an die seit dem [X.] vom 22.12.1999, [X.] 2626, unveränderte Fassung anschloss und noch auf die Fassung bei Einführung des [X.] durch das [X.] - [X.] vom 20.12.1988, [X.] 2477, zurückgeht; zur Beschränkung des § 133 Abs 1 [X.] auf Vergütungsregelungen, weil die Inhalte der Leistungserbringung durch Rettungsdienstgesetze der Länder geregelt werden, [X.] vom 29.11.1995 - 3 RK 32/94 - [X.], 119 = [X.]-2500 § 133 [X.], juris Rd[X.] 21).

Sind Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt, schließen nach § 133 Abs 1 Satz 1 [X.] die Krankenkassen oder ihre [X.]verbände Verträge über die Vergütung dieser Leistungen unter Beachtung des § 71 Abs 1 bis 3 [X.] ([X.]) mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen. Diese Vorschrift findet hier Anwendung, weil eine landesrechtliche Bestimmung von Benutzungsentgelten für Kostenträger einschließlich der Krankenkassen nur für Leistungen im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes und nicht für private qualifizierte [X.] vorgesehen ist (§ 8a [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung bzw seither § 7 idF des [X.], GVOBl 256), was der [X.] in Ermangelung entsprechender ausdrücklicher Feststellungen des [X.] den maßgeblichen Vorschriften selbst entnehmen kann (zur nur auf diese Benutzungsentgelte bezogenen Schiedsstellenregelung s § 8b [X.]; vgl zum [X.]recht OVG für das [X.] vom 12.12.2018 - 4 [X.]/17 - juris).

3. Erreichen Krankenkassen und Leistungserbringer keine Verständigung über die Vergütung von [X.], die dem Anwendungsbereich von § 133 Abs 1 [X.] unterfallen, gewährt die Regelung ständiger Rechtsprechung des [X.] zufolge weder ausdrücklich noch mittelbar Anspruch auf eine Entgeltbestimmung im Rahmen oder nach Art eines Schiedsverfahrens. Der [X.] hat demgemäß erst recht die Gerichte grundsätzlich daran gehindert gesehen, das, was ein Leistungserbringer in Verhandlungen mit einer Krankenkasse nicht hat durchsetzen können, nachträglich zum Vertragsinhalt zu machen. Darin hat er einen systemwidrigen Eingriff in eine gesetzliche Konzeption erblickt, die von der Einschätzung getragen wird, die Vertragspartner seien im Stande, ausgewogene und interessengerechte Lösungen zu vereinbaren. Soweit der Gesetzgeber auf ein Schiedsverfahren zur Vergütungsfestsetzung verzichtet hat, hat er nach dieser [X.]srechtsprechung zu erkennen gegeben, dass auch eine gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Vergütung ausscheidet (vgl [X.] vom 20.11.2008 - [X.] KR 25/07 R - [X.] 4-2500 § 133 [X.] Rd[X.]3 mwN; vgl ebenso zur Haushaltshilfe in Abgrenzung zur häuslichen Krankenpflege [X.] vom 17.7.2008 - [X.] KR 23/07 R - [X.]E 101, 142 = [X.] 4-2500 § 69 [X.], Rd[X.] 20; vgl auch zur prozessualen Lage bei einem gescheiterten Schiedsspruch [X.] vom [X.] KR 26/15 R - [X.]E 121, 243 = [X.] 4-2500 § 132a [X.]0, Rd[X.] 21 ff). Daran hält der [X.] nach erneuter Prüfung ausdrücklich fest, nachdem auch der Gesetzgeber diese vom [X.] zugrunde gelegte Konzeption seither aufrechterhalten und an dieser - anders als in anderen leistungserbringungsrechtlichen Bereichen des [X.] oder [X.] - keine Änderungen vorgenommen hat.

4. Dem stehen die vom [X.] zum vom Gesetzgeber normativ anders gestalteten Vergütungsrecht des [X.] entwickelten Grundsätze nicht entgegen (grundlegend zum stationären Bereich [X.] vom [X.] - [X.] P 7/08 R - [X.]E 102, 227 = [X.] 4-3300 § 85 [X.]; zum ambulanten Bereich [X.] vom 17.12.2009 - [X.] P 3/08 R - [X.]E 105, 126 = [X.] 4-3300 § 89 [X.] 2; vgl auch zur häuslichen Krankenpflege [X.] vom 25.11.2010 - [X.] KR 1/10 R - [X.]E 107, 123 = [X.] 4-2500 § 132a [X.] 5). Von der Erstreckung dieses detaillierter durchnormierten [X.] unter Einschluss einer gerichtlich überprüfbaren Schiedsstellenentscheidung auf die Entgeltbestimmung nach § 133 Abs 1 [X.] hat der Bundesgesetzgeber bislang abgesehen (vgl zum nicht umgesetzten Vorschlag des Bundesrats einer Schiedsregelung in § 133 Abs 3 [X.] BT-Drucks 18/4095 S 189 f, 217).

Das erscheint auch nicht systemwidrig. Soweit das Vergütungsrecht des [X.] einschließlich seiner Schiedsstellenregelung im Interesse der Sicherstellung der pflegerischen Versorgung (§ 12 Abs 1 Satz 1 [X.]) auf ausdifferenzierte Vergütungen unter Berücksichtigung von Einrichtungsbesonderheiten zielt (vgl nur für den stationären Bereich [X.] vom [X.] - [X.] P 7/08 R - [X.]E 102, 227 = [X.] 4-3300 § 85 [X.], Rd[X.] 27), muss das auf die bundesrechtlichen Vorgaben zur Vergütung qualifizierter [X.] im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übertragen werden. Die Sicherstellung des Rettungsdienstes und des darin einbezogenen qualifizierten [X.] ist keine Aufgabe der Krankenkassen, sondern obliegt jedenfalls seit der Herauslösung der Krankentransporte zum [X.] aus dem bundesrechtlichen Personenbeförderungsrecht (vgl § 1 Abs 2 [X.] 2 [X.] idF des [X.] vom [X.], [X.] 1547) der ausschließlichen Verantwortung der Länder. Dem entsprechend ist seither dem Gesetzgeber auf [X.] eine erschöpfende Ausgestaltung der Vergütung für private qualifizierte [X.] im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nach Art des mit dem Sicherstellungsauftrag der [X.] verknüpften pflegeversicherungsrechtlichen Vergütungsrechts weder möglich noch kompetenzrechtlich erlaubt. Dass er sich vor diesem Hintergrund auf die Anordnung des Vorrangs landesrechtlicher Vergütungsbestimmungen und dessen Grenzen 133 Abs 1 Satz 1 und 2, Abs 2 [X.]) beschränkt und die Vergütung im Übrigen am Grundsatz der [X.] (§ 133 Abs 1 Satz 1 iVm § 71 Abs 1 bis 3 [X.]) und an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausgerichtet hat (§ 133 Abs 1 Satz 5 [X.], angefügt durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992, [X.] 2266), erscheint vor diesem Hintergrund weder sachwidrig noch sonst unbillig (zu den aus dieser Ausrichtung folgenden Vorgaben vgl letztens mwN [X.], jurisPR-[X.] 2/2022 [X.] 6 zu [X.] vom [X.] - 25 K 5/21 - juris).

5. Dass das [X.] auf dieser Grundlage die von den Klägern verfolgten Ansprüche auf höhere Vergütungen zu Unrecht als unbegründet angesehen hat, ist ebenfalls nicht zu erkennen.

a) Nach dem [X.]rettungsdienstrecht [X.] war die Versorgung mit qualifizierten [X.] im gesamten streitigen Zeitraum und ist sie auch weiterhin weit überwiegend dem öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst zugeordnet. Genehmigungen für die Durchführung von Krankentransporten außerhalb dessen waren und sind demgemäß zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch unter Berücksichtigung insbesondere der bedarfsgerechten Vorhaltung und Auslastung im [X.] das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst beeinträchtigt wird (im Streitzeitraum § 11 Abs 3 [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung). Danach hat die Genehmigungsbehörde für das Gebiet der [X.] im streitigen Zeitraum zusätzlich zum Krankentransport im öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst noch Raum gesehen für den - von den Klägern durchgeführten - privaten Krankentransport mit zwei weiteren Fahrzeugen.

Zutreffend ist das [X.] vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass Maßstab für die "möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten" (§ 133 Abs 1 Satz 5 [X.]) die Entgelte sind, die die Krankenkassen im Einzugsbereich des [X.] im Allgemeinen für private [X.] vereinbart haben; mangels weiterer Anbieter im Gebiet der [X.] können die Kläger weder verlangen, vom landesweiten Kostenvergleich ausgenommen zu werden, noch können sie hier grundsätzlich mit dem Einwand durchdringen, andere Anbieter hätten andere Kostenstrukturen (vgl zur Unbeachtlichkeit einer Qualifikation als Rechtsanwalt für die Vergütung als Berufsbetreuer [X.] vom 15.12.1999 - 1 BvR 1904/95 ua - [X.]E 101, 331, juris Rd[X.] 87 ff).

b) Dass schließlich im Sinne der vom [X.] in seiner Rechtsprechung bereits aufgezeigten Maßstäbe etwas anderes gilt, weil die Beklagte die Grenzen des ihr eingeräumten [X.] missbraucht und den Klägern Konditionen aufgezwungen hätte, die mit ihrer Stellung als öffentlich-rechtlich gebundener Träger unvereinbar sind (vgl [X.] vom 20.11.2008 - [X.] KR 25/07 R - [X.] 4-2500 § 133 [X.] Rd[X.]4 mwN), ist ausgehend von den Feststellungen des [X.] ebenfalls nicht zu erkennen; dafür haben sich über den gesamten Verlauf des Verfahrens keine durchgreifenden Anhaltspunkte ergeben.

Vielmehr steht die den Klägern zugestandene Vergütung in Übereinstimmung mit der dargestellten gesetzlichen Regelungskonzeption, dass ein Versorgungsbedarf mit privaten [X.] außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes im Marktwettbewerb von möglichst preisgünstigen Leistungserbringern gedeckt wird und dadurch Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen werden (vgl [X.] vom 20.11.2008 - [X.] KR 25/07 R - [X.] 4-2500 § 133 [X.] Rd[X.]9). Sie unterschreitet eine nach Maßgabe der von Art 12 Abs 1 [X.] geschützten Berufsausübungsfreiheit zu beachtende unterste, existenzgefährdende Vergütungsgrenze nicht (zu dieser Grenze näher [X.] aaO Rd[X.] 58 f mwN).

Nach den Feststellungen des [X.] erhält kein in [X.] tätiges privates Krankentransportunternehmen eine wesentlich höhere als die den Klägern zugestandene Vergütung; vielmehr übersteigt die von diesen begehrte Vergütung die auf dem Markt übliche und auch ihnen gezahlte Vergütung erheblich: Üblich waren im streitigen Zeitraum in [X.] nach den Feststellungen des [X.] Vergütungen zwischen 63 Euro und 65 Euro je Einsatz sowie zwischen 1,90 Euro und 1,95 Euro ab dem [X.]. [X.] hat das [X.] Euro je Einsatz sowie 1,95 Euro ab dem [X.], ab 1.1.2015 64,60 Euro je Einsatz sowie 2 Euro ab dem [X.] und ab 1.1.2016 66,50 Euro sowie 2,05 Euro ab dem [X.]. Die Kläger begehren zuletzt 82,42 Euro je Einsatz sowie 2,01 Euro ab dem 1. Besetztkilometer.

Es ist nicht ersichtlich geworden, dass ein privates Krankentransportunternehmen bei guter Organisation und wirtschaftlicher Betriebsführung im Allgemeinen mit der üblichen und auch den Klägern zugestandenen Vergütung für qualifizierte [X.] schlechterdings nicht auskommen kann und dass diese eine wirtschaftliche Existenz generell nicht ermöglicht. Hierauf kommt es für die unterste Vergütungsgrenze indes an und nicht auf die Rentabilität im Einzelfall.

Es liegen auch keine die Kläger benachteiligende Unterschiede in der Vergütung von Leistungen, die die Grenze zur Willkür überschreiten, vor. Soweit Unterschiede in der Vergütung zwischen Krankentransportunternehmen bestehen, verletzen diese nicht das Willkürverbot des Art 3 Abs 1 [X.] als äußerste Grenze des den Krankenkassen eingeräumten [X.], das den Krankenkassen eine willkürlich ungleiche Vergütung vergleichbarer Leistungen verbietet (zu dieser Grenze näher [X.] vom 20.11.2008 - [X.] KR 25/07 R - [X.] 4-2500 § 133 [X.] Rd[X.] 60-61 mwN).

Die streitige Vergütung orientiert sich an im Wesentlichen gleichartigen Leistungen und Vergütungen anderer im Wesentlichen gleichartiger Leistungserbringer. Diese für die Prüfung am Maßstab des Willkürverbots maßgebliche Vergleichbarkeit mit den Vergütungen für andere ortsnahe private Krankentransportunternehmen ergibt sich daraus, dass auch diese Unternehmen wie die der Kläger den Regelungen des Rettungsdienstrechts in [X.] für qualifizierte Krankentransporte außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes unterliegen. Der Vergleich zeigt, dass die Höhe der den Klägern zugestandenen Vergütung sich im Rahmen der Vergütung anderer Unternehmen hält, und nicht etwa krasse Unterschiede hierzu aufweist. Erheblich ist vielmehr die diesen Rahmen übersteigende von den Klägern begehrte Vergütung. Auf Unterschiede zwischen den Unternehmen im Detail kommt es für die hier nur vorzunehmende Prüfung der [X.] nicht entscheidend an.

Bundesrechtlich ist schließlich nicht zu beanstanden, dass den Klägern die begehrte Desinfektionspauschale nicht zugestanden worden ist. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass mit der pauschalen Vergütung je Einsatz für sämtliche qualifizierten Krankentransporte auch im Einzelfall höhere Kosten abgegolten sind (vgl auch [X.]isches [X.] vom 6.3.2015 - [X.] 206/14 [X.] - juris Rd[X.]7).

6. Grundrechte der Kläger verletzt die vom [X.] seiner Überprüfung zugrunde gelegte gesetzliche Ausgestaltung der Vergütung privater qualifizierter [X.] nicht; sind - wie hier - die von Krankenkassen einzuhaltenden grundrechtlichen Grenzen ihres [X.] in gescheiterten Vergütungsverhandlungen für qualifizierte [X.] gewahrt, besteht für private Krankentransportunternehmen kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine bestimmte Vergütung.

a) Dass der Gesetzgeber die Vergütung von Leistungserbringern im Interesse der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung am Modell des [X.] ausrichtet, ist von [X.] wegen von ihnen hinzunehmen (vgl [X.] vom 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 ua - [X.]E 106, 275, juris Rd[X.]01 ff: keine berufsregelnde Tendenz der Festbetragsregelung nach § 35 [X.]; vgl zum Verhältnis von Vergütungsbestimmung und Berufsausübungsfreiheit auch zuletzt [X.] vom [X.] - [X.] KR 3/20 R - zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] 4 vorgesehen, Rd[X.] 55 ff mwN). Das gilt auch, soweit der Zugang zum selbständigen Beruf des Rettungsdienstunternehmers - in verfassungsrechtlich zulässiger Weise ([X.] vom [X.] - 1 BvR 2011/07 ua - [X.]E 126, 112, juris Rd[X.] 83 ff) - von den [X.]gesetzgebern bedarfsabhängig ausgestaltet ist und insoweit nur eingeschränkte Marktzutrittschancen bestehen. Auch dann kann ein Interesse der Krankenkassen bestehen, mit Unternehmen außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes Vergütungsvereinbarungen zu Konditionen zu schließen, die mit denen des öffentlichen [X.] konkurrieren können und deshalb eine kostengünstigere Versorgung ihrer Versicherten mit [X.] erlauben. Umgekehrt vermittelt die Berufsfreiheit einem Anbieter von [X.] keinen Anspruch auf eine Vergütung, die sich aus der Sicht der Krankenkassen nicht als wettbewerbsgerecht darstellt. Sehen sich Anbieter dabei einem unzulässigen Preisdiktat ausgesetzt, sind sie davor durch die vom [X.] in der Entscheidung vom 20.11.2008 aufgezeigten Grenzen geschützt ([X.] vom 20.11.2008 - [X.] KR 25/07 R - [X.] 4-2500 § 133 [X.] Rd[X.]4).

Dieser Schutz ist zwischenzeitlich weiter verfahrensrechtlich effektiviert worden - wie auch das vorliegende Verfahren zeigt - durch die Rechtsprechung zum Anspruch auf Auskunft über mit anderen Krankentransportunternehmen geschlossene Vergütungsvereinbarungen (vgl auf der Grundlage des [X.] vom [X.] - 6 A 1732/17.Z - juris und [X.] vom 18.11.2020 - 2 LC 437/18 - juris; vgl zum Auskunftsrecht über mit anderen Leistungserbringern geschlossenen Verträgen nach § 127 Abs 2 Satz 4 [X.] aF = § 127 Abs 1 Satz 8 [X.] nF bereits [X.] vom 22.4.2015 - [X.] KR 2/14 R - [X.] 4-2500 § 127 [X.] 5 Rd[X.]2 ff). Transparenzanforderungen an Krankenkassen, die Krankentransportunternehmen Vergleiche mit und ggf Anpassungen ihres Begehrens an bestehende Vergütungsvereinbarungen anderer Unternehmen ermöglichen, wird hiermit Genüge getan.

b) Weiteres wird auch nicht durch den nach Art 19 Abs 4 Satz 1 [X.] garantierten effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erfordert (zum Inhalt dieser Garantie vgl nur [X.] vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - [X.]E 129, 1, juris Rd[X.] 68 ff; [X.] vom 22.11.2016 - 1 BvL 6/14 ua - [X.]E 143, 216 Rd[X.] 20 f; [X.] vom 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 ua - [X.]E 149, 407 Rd[X.]5 ff; zu den Anforderungen an Prüfungsdichte und Prüfungsumfang vgl näher mwN [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2021, § 22 Rd[X.]5 ff). Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe wird mit der gerichtlichen Überprüfung des Agierens von Krankenkassen anhand der hier formulierten rechtlichen Maßstäbe Rechnung getragen, die die Vertragsfreiheit für Krankenkassen bei der Verhandlung von Vergütungsvereinbarungen für Krankentransportentgelte zum Schutz der Grundrechte von Krankentransportunternehmen nach Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 [X.] beschränken. Aus Art 19 Abs 4 Satz 1 [X.] folgt aber nicht die Pflicht der Gerichte, auch darüber hinaus bei [X.] Zuständen und Fehlen eines gesetzlich geregelten Schiedsverfahrens selbst nach Art von Schiedseinrichtungen für die Verhandlungspartner vertragsersetzend oder -gestaltend tätig zu werden.

7. Die Feststellungen des [X.] seiner Entscheidung zugrunde zu legen war der [X.] nicht durch die Verfahrensrüge der Kläger gehindert. Diese genügt nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 S[X.] an die zulässige Rüge unzureichender Amtsermittlung nach § 103 S[X.] (vgl zu diesen Anforderungen nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], S[X.], 13. Aufl 2020, § 164 Rd[X.]2 f mwN), weil die für die im Termin aufrechterhaltene Rüge in Bezug genommenen Passagen der Revisionsbegründung - "halte an meinen im Revisionsschriftsatz vom 03.11.2020 auf Seiten 23 bis 25 erhobenen Verfahrensrügen insoweit fest, als das [X.]sozialgericht unter Verletzung von § 103 S[X.] meinen Beweisanträgen Ziff. 4 bis 13 (gemäß der Protokolle der mündlichen Verhandlungen vor dem [X.]sozialgericht) nicht nachgekommen ist" - weder die einzelnen Beweisanträge, denen das [X.] nicht nachgekommen ist, genügend konkret bezeichnen, noch genügend erkennen lassen, dass und warum das [X.] sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung diesen Beweisanträgen nachzukommen hätte gedrängt sehen müssen. Hieran ändert es nichts, dass die Kläger die Rechtsauffassung des [X.] für nicht nachvollziehbar halten. Zudem bedurfte es auch aus Sicht des [X.]s hier keiner weiteren Sachverhaltsermittlungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 S[X.] iVm § 154 Abs 2, § 159 Satz 1 VwGO iVm § 100 Abs 2 ZPO.

                Schütze                [X.]

Meta

B 3 KR 13/20 R

17.02.2022

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Lübeck, 10. Mai 2016, Az: S 1 KR 313/13, Urteil

§ 133 Abs 1 S 1 SGB 5, § 133 Abs 1 S 2 SGB 5, § 133 Abs 1 S 5 SGB 5, § 133 Abs 2 SGB 5, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.2022, Az. B 3 KR 13/20 R (REWIS RS 2022, 1187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1187

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1 BvR 857/07

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