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PDF anzeigen[X.] 415/01vom23. Oktober 2001in der Strafsachegegenwegensexuellen Mißbrauchs von Kindern- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 23. Oktober 2001 gemäߧ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2001 mit den zugehörigen [X.] aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkam-mer des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs vonKindern in 33 Fällen zur Gesamt[X.]eiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs [X.] verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt [X.] sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist begründet. I.Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen mißbrauchte derverheiratete Angeklagte seine 1973 geborene Tochter zwischen dem [X.] bis zu deren 14. Geburtstag am 14. Januar 1987 in wenigstens 33 Fällensexuell. Zeitlich [X.]üher und auch nach dem Tatzeitraum liegende Delikte warenverjährt (wegen der kürzeren Verjährungs[X.]ist für den sexuellen Mißbrauch- 3 -Schutzbefohlener). Mit dem 15. Lebensjahr der Tochter hörte der [X.]. In den folgenden Jahren wies die Tochter in ihrem Freundes- und [X.] auf den sexuellen Miûbrauch durch den Vater hin, bat sich [X.] teilweise ausdrcklich Schweigen aus. Da sie wiederholt Probleme in ih-ren Beziehungen zu [X.] hatte, unterzog sie sich schlieûlich einer Thera-pie. Ende 1999 kam es sodann zur Anzeigeerstattung.Das [X.] lt die nur pauschal bestreitende Einlassung des [X.] im rigen schweigenden Angeklagten [X.] widerlegt. Dabei [X.] essich im wesentlichen auf die [X.] glaubhaft erachtete Aussage der mittlerweile -zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung - 28jrigen Tochter, die es durch [X.] von Zeugen aus dem Freundes- und Verwandtenkreis zu entspre-chenden [X.]ren Äuûerungen der Tochter besttigt sieht. [X.] Urteil lt rechtlicher Nachprfung nicht stand. Die Beweiswrdi-gung des [X.] weist rechtlich erhebliche Ml auf (§ 337 StPO). [X.] ist zwar Sache des Tatrichters und das Revisionsgericht hatsie grundstzlich hinzunehmen. Das gilt aber dann nicht, wenn die Beweiswr-digung in sich widersprchlich, lckenhaft oder unklar ist, oder gegen [X.] oder gesichertes Erfahrungswissen verstöût. Zumal in Fllen, indenen Aussage gegen Aussage steht, bedarf es in besonderem [X.] einerGesamtwrdigung aller [X.] und gegen die [X.](vgl. nur [X.]R StPO § 261 Beweiswrdigung 2, 14, 17; Beweiswrdigung, un-zureichende 1). Diesen Anforderungen wird die Beweiswrdigung des Landge-richts nicht in jeder Hinsicht [X.] 4 -1. Bei der Bewertung der Glaubwrdigkeit der Gescigten und derGlaubhaftigkeit ihrer Angaben wrdigt die [X.] auch die Aussage [X.] des Angeklagten zu einer bedeutsamen Einzelheit, mlich zu [X.] eines Telefonanrufes dieser Zeugin beim Angeklagten am Tage [X.] von dessen Vater. Dieser Anruf sollte den Angeklagten der Aussage [X.] zufolge [X.]nd der Aus[X.]ung einer der Taten erreicht haben.Nach Auffassung der Verteidigung war dies wegen des behaupteten stenZeitpunkts des Anrufs im Verlaufe des Vormittags und des Schulbesuchs [X.] nicht mlich. Die Kammer [X.]t dazu bewertend aus, der ent-sprechende Beweisantrag auf Einvernahme der Zeugin, die im Hinblick auf [X.] Ermittlungsverfahren geltend gemachtes Zeugnisverweigerungsrecht undihre aktenkundige Gebrechlichkeit von der Kammer nicht geladen worden war,sei erst am ursprlich vorgesehenen Ende der Beweisaufnahme gestelltworden, obwohl sich dieser Entlastungsbeweis bereits seit Kenntnis der [X.] habe ([X.], [X.] die [X.] zum Nachteil des Angeklagtenein zulssiges prozessuales Verhalten bercksichtigt hat (vgl. dazu [X.]St 45,367, 369/370; [X.]R StPO § 261 [X.] 13, 21). Das begegnet [X.] rechtlichen Bedenken, weil der Angeklagte die Tat mit einer allgemei-nen Erklrung in Abrede gestellt hatte. Mangels Mitwirkung des Angeklagtenan der Aufklrung des Sachverhalts konnte das nicht als nur teilweisesSchweigen gewertet werden, das einer Wrdigung zlich gewesen [X.](vgl. [X.]R StPO § 261 [X.] 14). Der Angeklagte darf aber nichtnur schweigen, sondern ebenso auf den Antritt eines Entlastungsbeweises ver-zichten, ohne deshalb in Kauf nehmen zu mssen, [X.] dieses Verhalten alsbelastender Umstand bewertet wird und ihm damit zum Nachteil gereicht([X.]R StPO § 261 [X.] 13, Überzeugungsbildung 8). Es ist- 5 -grundstzlich seine Entscheidung, wann er einen Beweisantrag stellt (Rechts-gedanke des § 246 Abs. 1 StPO). Allerdings darf durchaus bei der [X.] solchen, st angetretenen Beweises in Rechnung gestellt werden, [X.]eine etwa entlastende Aussage erst [X.]nd des Verlaufs der Hauptverhand-lung zustande gekommen ist und es dem Zeugen mithin mlich war, seineAussage auf das bisherige Beweisergebnis einzurichten ([X.]R StPO § 261[X.] 21; [X.], [X.]. vom 6. September 2001 - 3 StR 302/01).Selbst wenn der Zeitpunkt einer Beweisantragstellung als solcher einerBeweiswrdigung ausnahmsweise zlich sein sollte (so noch [X.],[X.]R StPO § 261 Überzeugungsbildung 10; differenzierend auch [X.]St 45,367, 369/370), ist eine darauf abstellende Beweis[X.]ung nur dann [X.], wenn naheliegende unverfliche Erklrungsmlichkeiten [X.]den sten Beweisantritt errtert und ausgermt werden. Zu Recht weist [X.] darauf hin, [X.] der Angeklagte hier aus seiner Sicht zchst guteGrkonnte, seiner - wie auch das Urteil erwt ([X.]) - ge-brechlichen Mutter die mit einer Aussage in der Hauptverhandlung gegen ihren[X.] verbundenen Belastungen verschiedener Art zu ersparen (vgl. auch [X.]. 26/27). Zudem hatte die Mutter sich im Ermittlungsverfahren auf ihr [X.] berufen, was letztlich ihre eigene Entschlieûung war.Unter diesen Umstrweist es sich als rechtlicher Mangel der Beweis-wrdigung, [X.] das [X.] - wenn auch nur neben anderen [X.] den erst sten Zeitpunkt der Beweisantragstellung abhebt, ohne nahelie-gende Erklrungsmlichkeiten da[X.] in den Blick zu nehmen.2. Die Urteilsgrlassen darr hinaus nicht hinreichend erkennen,[X.] die [X.] eine Gesamtwrdigung und -abwller [X.] und ge-gen die [X.] sprechenden Indizien vorgenommen [X.] -Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des [X.] darf sichder Tatrichter nicht darauf beschrken, Umst, die gegen die [X.], gesondert und einzeln zu errtern sowiegetrennt voneinander zu prfen, und festzustellen, [X.] sie jeweils nicht geeig-net seien, die Glaubhaftigkeit in Zweifel zu ziehen ([X.]R StPO § 261 Beweis-wrdigung 14; Beweiswrdigung, unzureichende 1). Die [X.] hat [X.] Bekundungen der Zeugin B. B. (Ehe[X.]au des Angeklagten und Mut-ter des [X.]) sowie der [X.](Bruder des Angeklagten)und [X.]([X.] des Angeklagten und Bruder des [X.]) jeweils[X.] sich bewertet; dazrten neben zahlreichen anderen Punkten auch [X.] von Bruder und Mutter der Gescigten, von dem jahrelangen sexu-ellen Miûbrauch (im selben Haushalt) nichts bemerkt zu haben. Es fehlt [X.] und Gesamtabwller Beweise; [X.] diese vorge-nommen worden [X.], [X.] sich dem Urteil nicht entnehmen. Das [X.] indes-sen hier geboten gewesen, weil die Anzeigeerstattung erst viele Jahre nachden in Rede stehenden Taten erfolgt ist und zum Tatgeschehen - beim [X.] - Aussage gegen Aussage steht.3. Ohne [X.] es im Ergebnis noch darauf ankme begegnet die Beweis-wrdigung auch deshalb rechtlichen Bedenken, weil die [X.] zu zweivon der Gescigten angegebenen Einzelheiten eine Bewertung vorgenom-men hat, die jedenfalls als sogenannter [X.] und damit als Verstoû ge-gen die Denkgesetze miûverstanden werden kann. Die Gescigte hatte [X.] ein sogenanntes Epiliergert rgeben, von dem sie bekundet hat, [X.] habe es zu ihrer sexuellen Stimulation verwendet. Das Vorhanden-sein eines solchen Gertes im Haushalt hatte die Mutter in Abrede gestellt und- mit dem Angeklagten - eine Durchsuchung nach entsprechenden [X.] abgelehnt. Weiter hatte die Gescigte zu einer der Taten einen be-- 7 -stimmten zeitlichen Verlauf des Vormittags mit dem Anruf der Mutter des Ange-klagten am Todestag von dessen Vater berichtet (siehe oben). Hinsichtlich bei-der Einzelheiten glaubt die Kammer der Gescigten und [X.]t dazu aus, [X.] einer Falschbezichtigung [X.] die Gescigte von der [X.] Details Abstand genommen haben, weil sie damit einen Ankfungs-punkt [X.] die Prfung des Wahrheitsgehaltes ihrer Aussage geliefert tte ([X.]. 23, 27). Der Revision ist zuzugeben, [X.] dies so verstanden werden kann,als werde allein schon die Behauptung eines Details deshalb als wahr erachtet,weil es eben als Detail behauptet worden ist. Der [X.] ist indessen der [X.], [X.] die [X.] damit bei sinngerechtem Verstis im [X.] lediglich darauf abstellen wollte, [X.] die Gescigte in diesen Punktengrundstzlicrprfbare Einzelheiten angegeben hat, was an sich ein Krite-rium [X.] die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage sein kann.- 8 -4. Die oben (unter [X.] 1. und 2.) aufgezeigten [X.] zwingen zur Aufhebung des Urteils. Der [X.] vermag trotz zahlreicherden Angeklagten belastender Beweismittel nicht sicher auszuschlieûen, [X.]der Tatrichter ohne die bezeichneten Fehler ebenso die Überzeugung von der[X.] gewtte.[X.] [X.] [X.]
Meta
23.10.2001
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2001, Az. 1 StR 415/01 (REWIS RS 2001, 914)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 914
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