Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2011, Az. IX ZR 118/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 350

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 118/11

Verkündet am:

15. Dezember 2011

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] §§ 54, 129 Abs. 1, §§ 130, 142

Die Vereinnahmung der Vergütung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter in einem nicht zur Eröffnung gelangten Verfahren kann in einem
später eröffneten Insolvenzverfahren als kongruente Deckung anfechtbar sein.

[X.], Urteil vom 15. Dezember 2011 -
IX ZR 118/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
15. Dezember 2011 durch den Richter [X.] als Vorsitzenden, [X.], die
Richterin [X.] und [X.]
[X.] und Dr. Pape

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel
der Klägerin werden das Urteil des 7.
Zivilse-nats des [X.] vom 9.
Februar 2011 und das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 15.
April 2010 aufgehoben.

Der [X.] wird verurteilt, an die Klägerin 5.220,95

Zin-sen hieraus in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 16.
November 2006 zu zahlen.

Der [X.] hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Verwalterin in dem auf Antrag des Finanzamts vom 25.
Juli 2006 am 16.
November 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der V.

M.

(im Folgenden: Schuldnerin). Sie begehrt von dem [X.]n Rückgewähr der Vergütung in Höhe 5.220,95

seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter in einem früheren Insol-venzeröffnungsverfahren erhalten hat.
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3
-

Der [X.] war in dem auf Antrag einer gesetzlichen Krankenkasse eingeleiteten Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der [X.] zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt [X.]. Er wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Nach Befriedigung der Antragstellerin erklärte diese ihren Eröffnungsantrag für erle-digt. Mit Beschluss vom 9.
Juni 2006 hob das Insolvenzgericht die vorläufige Insolvenzverwaltung auf und setzte die Vergütung des [X.]n für seine Tä-tigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf dessen Antrag mit Beschluss vom 28.
Juli 2006 auf 5.520,95

i-nem Sonderkonto, das er im Rahmen der vorläufigen Verwaltung eingerichtet hatte, auf ein eigenes Konto. Das auf dem Sonderkonto befindliche Guthaben hatte er als vorläufiger Insolvenzverwalter für die Schuldnerin vereinnahmt.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat Erfolg. Der [X.] ist antragsgemäß zu verurteilen.

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3
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4
-
I.

Das Berufungsgericht hat gemeint, die Voraussetzungen eines Anfech-tungstatbestandes,
insbesondere des §
130 Abs.
1 [X.], lägen nicht vor, weil der [X.] nicht Insolvenzgläubiger der Schuldnerin sei. Sein [X.] ergebe sich aus §
25 Abs.
2 Satz
1 [X.]. Zwar sei die Verfügungsbe-fugnis über das Vermögen der Schuldnerin nicht auf den [X.]n übergegan-gen gewesen. Die Vorschrift sei aber jedenfalls dann analog anzuwenden, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter wie hier nach Anordnung des Insol-venzgerichts Vermögensbestandteile des Schuldners in Besitz zu nehmen [X.] habe.
Der [X.] habe entsprechend dieser Ermächtigung Erlöse der Schuldnerin auf dem von ihm eingerichteten [X.] entgegengenommen. Zu den von ihm zu berichtigenden Kosten hätte auch die vom Insolvenzgericht festgesetzte Vergütung gehört. Das folge aus §
54 Nr.
2 [X.], wonach die [X.] des vorläufigen Insolvenzverwalters zu den Verfahrenskosten gehöre. Dementsprechend gehöre die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters in Fällen der Nichteröffnung zu den nach §
25 Abs.
2 [X.] zu berichtigenden Kos-ten. Andernfalls liefe der Vergütungsanspruch des [X.] im Falle der Rücknahme des [X.] ins Leere.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

Die Klägerin kann von dem [X.]n die Rückgewähr der Vergütung gemäß §
130 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, §
143 Abs.
1 [X.] verlangen.

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5
-

1. [X.] Rechtshandlung des [X.]n ist die Überweisung der festgesetzten Vergütung von dem von ihm für Zwecke des Insolvenzeröff-nungsverfahrens geführten [X.] auf sein eigenes Konto am 9.
August 2006. Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen. Rechtshandlung ist jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verän-dern kann ([X.], Urteil vom 9.
Juli 2009 -
IX ZR 86/08, [X.], 1674 Rn.
21 mwN). Diese Voraussetzungen sind hier offensichtlich gegeben.

2. Der [X.] war in dem am 16.
November 2006 eröffneten Insol-venzverfahren über das Vermögen der
Schuldnerin Insolvenzgläubiger. [X.] im Sinne des §
130 [X.] sind solche Gläubiger, die ohne die [X.] Deckung in dem anschließenden Insolvenzverfahren in Bezug auf die befriedigte Forderung nur im Rang der §§
38, 39 [X.] teilgenommen hätten ([X.], Urteil vom 6.
April 2006 -
IX
ZR 185/04, [X.], 1009 Rn.
12; HK-[X.]/Kreft, 6.
Aufl., §
130 Rn.
10).

Entgegen der Auffassung der Vordergerichte und der Revisionserwide-rung sind die Vergütungsansprüche des [X.]n in dem eröffneten Verfahren keine Massekosten. Die §§
53, 54 Nr.
2 [X.] betreffen nur die Kosten des er-öffneten und durchgeführten Verfahrens ([X.], Urteil vom 13.
Dezember 2007
-
IX
ZR 196/06, [X.]Z 175, 48 Rn.
10), nicht die Kosten anderer Insolvenzver-fahren, auch nicht die Kosten vorausgegangener Eröffnungsverfahren, die nicht zur Eröffnung geführt haben und nach wirksam für erledigt erklärtem [X.] auch nicht mehr zur Eröffnung führen konnten
([X.], Urteil vom 20.
November 2001 -
IX
ZR 48/01, [X.]Z 149, 178, 181). Wäre es anders, dürf-ten Insolvenzverfahren gemäß §
26 [X.] nicht mehr eröffnet werden, wenn mit der Masse nicht auch die noch offenen Kosten früherer Verfahren gedeckt wä-8
9
10
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6
-
ren. Die Kosten früherer Verfahren müssten im Falle der Verfahrenskosten-stundung von der Staatskasse getragen werden, soweit die Insolvenzmasse dafür nicht ausreicht, §
63 Abs.
2 [X.]. Bei Masseunzulänglichkeit müssten zunächst auch die Kosten früherer Verfahren gedeckt werden, §
209 Abs.
1 Nr.
1 [X.]. Dass dies nicht gemeint sein kann,
ist offensichtlich. Gedeckt sein müssen nur die Kosten des konkret durchgeführten Verfahrens.

Der [X.] wäre deshalb ohne die erlangte Befriedigung im eröffneten Verfahren Insolvenzgläubiger ([X.], Beschluss vom 20.
September 2007
-
IX
ZB 239/06,
nv; vgl. auch [X.], Z[X.] 2007, 1048).

Etwas anderes gilt
auch dann
nicht,
wenn, wie die Revisionserwiderung meint, eine einheitliche materielle Insolvenz vorlag, also schon in dem früheren Eröffnungsverfahren ein Eröffnungsgrund vorlag und dieses Verfahren lediglich mangels zulässigen Gläubigerantrags nicht zur Eröffnung gelangte. Ob dies entsprechend dem Rechtsgedanken des §
139 Abs.
2 [X.] (vgl. dazu [X.], Urteil vom 2.
April 2009
-
IX
ZR 145/08, [X.], 921 Rn.
10
f;
aber auch Urteil vom 20.
November 2001, aaO S.
181) bejaht werden könnte, wenn mehrere zulässige und begründete [X.] vorlagen, von denen einer zur Eröffnung führte, weshalb die anderen aus verfahrensrechtlichen Gründen
für erledigt erklärt
werden
mussten, kann dahinstehen. In einem
sol-chen Fall hätten auch die für erledigt erklärten Anträge zur Eröffnung geführt.
Deshalb könnte es naheliegen, dort angefallene Vergütungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters dem eröffneten und durchzuführenden Verfahren zuzu-rechnen. Der hier wegen Bezahlung des antragstellenden Gläubigers wirksam für erledigt erklärte Insolvenzantrag konnte
jedoch nicht mehr zur Eröffnung führen ([X.], Urteil vom 20.
November 2001,
aaO S.
181).
Allerdings hätte der 11
12
-
7
-
[X.] durch Verweigerung seiner Zustimmung die Erfüllung der [X.] durch den Schuldner verhindern können.

3. Ob der [X.] eine kongruente oder inkongruente Deckung seines Vergütungsanspruchs erlangt hat, kann dahinstehen, weil jedenfalls schon die Voraussetzungen der Anfechtung nach §
130 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 [X.] vorlie-gen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Vergütung überhaupt vom Insol-venzgericht festgesetzt werden konnte, ob der Beschluss wirksam ist und ob der [X.] berechtigt war, die Vergütung trotz der zwischenzeitlich
bereits erfolgten
Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen in ausdehnender Anwendung des §
25 Abs.
2 [X.] auch noch nach Aufhebung seiner Bestellung aus dem von ihm verwalteten Vermögen des Schuldners zu entnehmen. Die Entnahme wurde
jedenfalls
nach dem Antrag vorgenommen, der in dem
neu eingeleiteten Verfahren zur Eröffnung führte. Dem [X.]n war, wie er auch in der Revision geltend macht, zu diesem [X.]punkt die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bekannt. Er hatte sie in seinem weitgehend fertig gestellten und beim Insol-venzgericht eingereichten Gutachten festgestellt.

4. Die nach §
129 Abs.
1 [X.] stets erforderliche objektive Gläubigerbe-nachteiligung ist gegeben. Sie liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshand-lung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die
Aktivmasse verkürzt hat ([X.], Urteil vom 9.
Juli 2009 -
IX
ZR 86/08, [X.], 1674 Rn.
25
mwN), wenn sich also die Befriedigungsmöglichkeiten der
Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten
([X.], Urteil vom 9.
Juli 2009, aaO, mwN). Dies war hier durch die Entnahme des Geldes vom [X.] und die Überführung in das Eigenvermögen des [X.]n gegeben. Die übrigen Insolvenzgläubiger der Schuldnerin konnten hierauf nicht mehr zugreifen.
13
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-
8
-

a) Hieran ändert sich nichts durch den Umstand, dass der [X.] für die Vereinnahmung der Gelder der Schuldnerin das Sonderkonto als echtes [X.] angelegt hatte. Daraus ergibt sich entgegen der Auffassung des [X.]n nicht, dass die Entnahme das Vermögen der Schuldnerin nicht be-troffen hätte.

Der [X.] war zwar als Vollrechtsinhaber des von ihm eingerichteten [X.]s allein der Bank gegenüber berechtigt und verpflichtet ([X.], Urteil vom 18.
Dezember 2008 -
IX ZR 192/07, [X.], 531 Rn.
7; vom 12.
Mai 2011 -
IX ZR 133/10, [X.], 1220 Rn.
9). Auf das von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichtete [X.] eingehende Gelder gehören nicht zur Insolvenzmasse im Sinne des §
35 [X.]. Nach dieser Vorschrift [X.] das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Zahlungen, die auf einem [X.] des [X.] eingehen, fallen weder in die Masse noch in
das [X.] ([X.], aaO).

Anderkonten sind jedoch offene Vollrechtstreuhandkonten ([X.], Urteil vom 12.
Mai 2011 aaO). Die darauf eingegangenen Gelder sind Treugut des Insolvenzschuldners (MünchKomm-[X.]/Ganter, 2.
Aufl. §
47 Rn.
396). Bei Be-endigung des [X.] sind sie an den Treugeber herauszuge-ben, §
667 BGB.

Das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerbenachteiligung in §
129 Abs.
1
[X.] ist im Hinblick auf den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung in einem umfassenden Sinne zu verstehen und daher auch bei Rechtshandlungen gege-15
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-
9
-
ben, die lediglich mittelbar eine Gläubigerbenachteiligung bewirken ([X.], Be-schluss
vom 27.
März 2008 -
IX
ZR 210/07, [X.], 747 Rn.
4 mwN). Für die Anfechtung nach §
130 [X.] ist eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung aus-reichend ([X.], Urteil vom 29.
November 2007 -
IX
ZR 165/05, [X.], 372 Rn.
27). Diese trat hier jedenfalls dadurch ein, dass der [X.] das zuvor auf dem [X.] befindliche Geld, das er durch die Überweisung auf ein eige-nes Konto für sich selbst vereinnahmt hatte, nicht mehr an die Schuldnerin oder die Klägerin auskehren konnte. Die Frage, ob in der Entnahme des Geldes [X.] eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung lag, kann dahinstehen.

Soweit
der [X.] gegen den
entsprechenden Auszahlungsanspruch aufgerechnet hat, ist
die Aufrechnung nach §
96 Abs.
1 Nr.
3, §
130 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 [X.] unwirksam.

b) Die Anfechtung ist nicht nach §
142 [X.] unter dem Gesichtspunkt des [X.] ausgeschlossen.

Als Bargeschäft werden Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt ist. Auch Dienstleistungen von Rechtsanwälten und Steuerberatern können [X.] sein ([X.], Urteil vom 13.
April 2006
-
IX
ZR 158/05, [X.]Z 167, 190 Rn.
32; vom 6.
Dezember 2007 -
IX
ZR 113/06, [X.], 232 Rn.
20). Die Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist dem vergleichbar.

aa) Der Senat hat allerdings angenommen, dass ein Bargeschäft nur vorliegt, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfech-tungsgegner eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat ([X.], Urteil vom 29.
November 2007 -
IX
ZR 30/07, [X.]Z 174, 297 Rn.
41; vom 21.
Januar 19
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10
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2010 -
IX
ZR
65/09, [X.]Z 184, 101 Rn.
13). Dem Tätigwerden des vorläufigen Insolvenzverwalters liegt nicht ein Vertrag mit dem Schuldner zugrunde, son-dern die Bestellung durch das Insolvenzgericht nach §
21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 [X.]. §
142 [X.] stellt jedoch nach seinem Wortlaut lediglich darauf
ab, ob für die Leistungen des Schuldners unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt ist.
Insoweit erscheint [X.], auch dem vorläu-figen Insolvenzverwalter für seine Vergütung im nicht eröffneten Verfahren die Privilegierung des [X.] zu gewähren.

[X.]) Auch die Annahme einer gleichwertigen Gegenleistung erscheint möglich. Denn der vorläufige Insolvenzverwalter
hat wegen seiner Tätigkeit bei nicht eröffnetem Verfahren einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Vergütung und Auslagenersatz gegen den Schuldner ([X.], Urteil vom 13.
Dezember 2007 -
IX
ZR 196/06, [X.]Z 175, 48 Rn.
16
ff; 28
ff, 35 mwN; vgl. künftig §
26a [X.] in der Fassung des [X.] der Sanierung von Unternehmen, [X.]. 679/11).

cc) Die Voraussetzungen des [X.] lagen hier aber jedenfalls deshalb nicht vor, weil es an der Unmittelbarkeit des [X.] fehlte.

Für das anwaltliche Mandatsverhältnis hat der Senat die Annahme eines [X.] ausgeschlossen, wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung der Gegenleistung mehr als 30
Tage liegen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche [X.]-ausnahme nur dann anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen
Vorschüs-se eingefordert werden, die in etwa dem Wert der inzwischen entfalteten oder in den nächsten 30
Tagen noch zu erbringenden Rechtsanwaltstätigkeit entspre-23
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-
11
-
chen. Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende [X.]en zu erbringen ([X.], Urteil vom 13.
April 2006, aaO, Rn.
35
ff; vom 6.
Dezember 2007, aaO, Rn.
20
ff; Beschluss vom 18.
September 2008 -
IX
ZR 134/05, Rn.
2).

Der [X.] hat seine Leistungen mit seiner Bestellung am 31.
März 2006 begonnen. Seine Vergütung
hat er jedoch der Schuldnerin erst am 8.
August 2006 in Rechnung gestellt, nachdem er zuvor am 16.
Juni 2006
seine Tätigkeit dem Amtsgericht gegenüber abgerechnet hatte. Die Entnahme erfolg-te am 9.
August 2006.
Zwischen Beginn der Tätigkeit und Zahlung lagen mehr als vier Monate. Selbst wenn man für die Frage der Unmittelbarkeit auf
die erstmalige Geltendmachung des Vergütungsanspruchs gegenüber dem Insol-venzgericht abstellen würde, weil der [X.]
davon ausging, vor der Festset-zung der Vergütung diese nicht beanspruchen zu können, wäre die 30-Tagefrist seit Beginn der Tätigkeit nicht gewahrt.
An dieser Frist muss zur Vermeidung einer unangemessenen Ausdehnung des [X.] festgehalten werden.

c) Eine Gläubigerbenachteiligung im eröffneten Verfahren kann schließ-lich nicht mit dem Argument verneint werden, der vorläufige Insolvenzverwalter sei letztlich im Interesse der Gläubiger tätig geworden, weshalb diese nicht be-nachteiligt sein könnten. Dies würde in unzulässiger Weise einen abstrakten Gläubigerbegriff
zugrunde legen. Die Insolvenzgläubiger in einem später eröff-neten Verfahren können andere sein als die Gläubiger zur [X.] eines früher durchgeführten Eröffnungsverfahrens. Sie können deshalb durch eine Tätigkeit für frühere Gläubiger benachteiligt werden.

Schließlich ist der Anspruch auf Vergütung des vorläufigen Verwalters im nicht eröffneten Verfahren gegen den Schuldner gerichtet, nicht gegen die 26
27
28
-
12
-
Gläubiger. Hiermit stünde die Ablehnung der Benachteiligung der Insolvenz-gläubiger im eröffneten Verfahren im Widerspruch.

III.

Da die Aufhebung des Berufungsurteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§
563 Abs.
3 ZPO).

Der Klage ist aus den angeführten Gründen stattzugeben. Der [X.] besteht ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 16.
November 2006 ([X.], Urteil vom 1.
Februar 2007 -
IX
ZR 96/04, [X.]Z 171, 38 Rn.
14
ff).

[X.]
Raebel

[X.]

[X.]
Pape

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.04.2010 -
3 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.02.2011 -
7 [X.] -

29
30

Meta

IX ZR 118/11

15.12.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2011, Az. IX ZR 118/11 (REWIS RS 2011, 350)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 350

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 118/11

IX ZR 133/10

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