Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2010, Az. VI ZR 23/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8826

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 2. März 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] § 32; BGB §§ 823 Abs. 1 [X.], 1004 Abs. 1 Satz 2 a) Die [X.] Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persön-lichkeitsbeeinträchtigungen durch im [X.] abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des [X.] an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines [X.]auftritts und an einer Berichterstattung ande-rerseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. b) Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstande-ten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines [X.]s durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde. [X.], Urteil vom 2. März 2010 - [X.] - [X.] - 2 -
Der V[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2010 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.] und [X.] und die Richterin von [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 30. Dezember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf ein Verbot des Bereithaltens der beanstandeten Äußerungen zum Abruf im [X.] gerichtete Unterlassungsklage des [X.] als unzulässig ab-gewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der in [X.] wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszei-tung "[X.]" sowie den in [X.] ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichten und am selben Tag in den [X.]auftritt der Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" 1 - 3 - zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem all-gemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch. Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt [X.] eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen [X.] und das von ihm beherrschte Unternehmen [X.] wegen Bestechung [X.] Regierungsangestellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich erwähnt und als Goldschmuggler und Täter einer Unterschlagung bezeichnet, dessen Unternehmen in [X.] nach Berichten der [X.] und [X.] Ermittlungsbehörden Teil der [X.] organisierten Kriminalität sei. Es wird behauptet, der Kläger [X.] zum organisierten Verbrechen in [X.] und ihm sei die Einreise in die [X.] untersagt. 2 Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begeh-ren weiter, soweit es darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, die [X.] Äußerungen im [X.] zum Abruf bereit zu halten. 3 - 4 -
Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in [X.], 159 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nach § 32 ZPO verneint, weil die vom Kläger behauptete Verletzung seines Persönlichkeits-rechts durch den beanstandeten Artikel nicht in [X.] begangen worden sei. Die Printausgabe der "[X.] Times" vom 12. Juni 2001 sei nicht im re-gelmäßigen Geschäftsverkehr nach [X.] ausgeliefert worden, weshalb es an einer zuständigkeitsbegründenden Verbreitung im Inland fehle. 4 Auch die Veröffentlichung des Artikels im [X.] begründe keinen [X.]sstand in [X.]. Der Artikel weise nicht den erforderlichen Inlands-bezug auf. Er richte sich nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß an [X.]nut-zer in [X.]. Für diese Beurteilung sei insbesondere maßgebend, dass der Artikel lediglich im Lokalteil der "[X.] Times" abrufbar und deshalb von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf das [X.], insbesondere das Publikum im Raum [X.], abgestimmt sei. Die Sachlage sei insoweit vergleichbar mit der Online-Ausgabe einer lokalen oder regionalen Tageszei-tung mit vornehmlich lokalen Inhalten, die typischerweise objektiv auf die ent-sprechende Region ausgerichtet seien. Es sei deshalb anzunehmen, dass der Artikel im Ausland kaum auf nennenswertes Interesse stoße. Dass [X.] in der Online-Ausgabe der "[X.] Times" als "country of residence" genannt werde, führe ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie die Tatsache, dass 14.484 Leser im Juni 2001 im Wege der Selbstauskunft [X.] als Wohnsitz angegeben hätten; denn dies entspreche lediglich einem Anteil von etwa einem halben Prozent der gesamten registrierten [X.] der 5 - 5 - "[X.] Times" und bedeute unter Spürbarkeitsgesichtspunkten eine zu ver-nachlässigende Auswirkung im inländischen Marktbereich. Unerheblich sei, ob der beanstandete Artikel gerade auch in [X.] Aufsehen erregt habe und dort von der [X.] Presse zitiert worden sei. Dass der Kläger in [X.] einen Wohnsitz habe und in dem Artikel im Zusammenhang mit Straftaten genannt werde, begründe den erforderlichen Inlandsbezug ebenfalls nicht. I[X.] Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte gegeben. 6 Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. [X.] 153, 82, 84 ff.; [X.], Urteil vom 20. November 2008 - [X.]/06 - [X.] 2009, 26 [X.]. 17 = [X.], 807 m.w.N; vom 22. Oktober 2009 - [X.] - [X.] 2009, 479), nach § 32 ZPO bestimmt. Denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit [X.] und ausländischer Gerichte (vgl. Senats-urteil vom 3. Mai 1977 - [X.] - NJW 1977, 1590; [X.], Urteil vom 22. November 1994 - [X.] - NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.[X.]). 7 1. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das [X.] zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt 8 - 6 - (vgl. [X.] 124, 237, 241; 132, 105, 110 f., jeweils m.w.[X.]). Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die [X.] begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut einge-griffen wurde (vgl. [X.] 132, 105, 110 f.). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. [X.], Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91 - [X.], 288, 290; [X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23). § 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist. Es ge-nügt, wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende Klagen in den An-wendungsbereich dieser Bestimmung fallen. 2. In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Anknüp-fungskriterien für die Bestimmung und Abgrenzung des Ortes, an dem in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. an dem ein solcher Eingriff droht, maßgeblich sind, wenn die behauptete Rechtsgutsverletzung durch den Abruf von auf einer [X.]-Website eingestellten Inhalten eintritt oder einzutre-ten droht. 9 a) Zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ehrverletzende Äußerun-gen in einem Druckerzeugnis hat der erkennende Senat entschieden, dass die Rechtsgutsverletzung u.a. an dem Ort "begangen" werde, an dem das Presse-erzeugnis verbreitet werde (Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - [X.] - [X.]O, S. 1590 f.). Von einem Verbreiten könne allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Inhalt des [X.] dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht werde. Es könne nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangten, das von der Betriebsorganisation des Verlegers oder [X.] - 7 - ausgebers nicht erfasst und in das das Druckerzeugnis nicht regelmäßig gelie-fert werde (ebenda). b) Die genannte Entscheidung kann auf [X.]delikte allerdings nicht ohne weiteres übertragen werden. [X.]inhalte werden regelmäßig nicht "verbreitet", sondern zum Abruf bereit gehalten (vgl. [X.] in [X.][X.], Handbuch Multimedia-Recht, Stand Juni 2009, [X.]. 25 Rn. 210; vgl. auch die Formulierung in § 7 Abs. 1 TMG: Informationen, die Diensteanbieter "zur [X.] bereit halten"). Im Gegensatz zu Druckerzeugnissen lässt sich im [X.] auch ein räumlich abgegrenztes Verbreitungsgebiet einer Website nur schwer bestimmen (vgl. [X.], Die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im [X.], [X.] f.). Dementsprechend ist die Übertragbarkeit der vom Senat entwickelten Einschränkung auf Delikte im [X.] ebenso umstritten wie im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines Er-fordernisses der bestimmungsgemäßen "Verbreitung" dessen Konkretisierung (vgl. zum Meinungsstand [X.], [X.]O, [X.] ff.). 11 [X.]) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur hält im Hinblick auf den [X.]arakter des [X.] die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte im Inland ohne weiteres für zuständigkeitsbegründend (vgl. Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 831; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 67. Aufl. Art. 5 [X.] Rn. 23; [X.], [X.] 1998, 179, 184; Coester-Waltjen, Festschrift für Schütze, 1999, [X.], 184; [X.], ZUM 1996, 533, 562; [X.] MMR 2000, 135, 138 f.; zum Kennzeichenrecht: [X.], [X.], 814, 815; [X.], [X.], 822, 823; [X.], [X.] 2004, 125, 126; zum Namensrecht: [X.], [X.], 166, 167; zum [X.]: [X.], 258, 259). 12 - 8 - [X.]) Andere nehmen einen Erfolgsort bei [X.]delikten im Inland so-wohl im Rahmen des § 32 ZPO als auch im Rahmen der - § 32 ZPO im [X.] gleichgelagerten - Bestimmung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/[X.] nur dann an, wenn der beanstandete [X.]auftritt gemäß der zielgerichteten Be-stimmung des Betreibers im Inland abrufbar ist (vgl. [X.] in [X.][X.], [X.]O, Rn. 207 ff. m.w.[X.]). So hält der [X.] Zivilsenat des [X.] die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bei [X.] nur dann für gegeben, wenn sich der beanstan-dete [X.]auftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll bzw. sich [X.] auch an [X.] [X.]nutzer richtet (vgl. [X.] 167, 91, 98 f.). Diese Grundsätze haben verschiedene Instanzgerichte zur Vermeidung einer uferlosen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten auf Urheberrechtsverletzun-gen ([X.], [X.], 71), [X.] (KG, NJW 1997, 3321), [X.] ([X.], NJW-RR 1998, 979, 980), Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ([X.], [X.], 99, 100) und auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen ([X.], [X.], 47; O[X.], [X.], 159; [X.], [X.], 254, 255) übertragen. 13 cc) Das [X.] hält im Anwendungsbe-reich des Art. 5 Nr. 3 [X.] die Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsst[X.]t für ein maßgebliches Abgrenzungskriterium (vgl. Or-donnance du Juge de la Mise en Etat, [X.] 2009, 17. [X.]. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 sowie [X.], [X.] Juillet 2009, 17. [X.]. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 = Vorabentschei-dungsersuchen in der Rechtssache [X.]/09 - Verfahren erledigt durch die [X.] feststellenden Beschluss des [X.] vom 20. November 2009, [X.]. [X.] vom 30. Januar 2010). 14 - 9 - [X.]) Für [X.] neigt der [X.] Zivilsenat des Bundesge-richtshofs im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 [X.] zu einer Begren-zung der Gerichtsstände auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann ([X.], Urteil vom 13. Oktober 2004 - [X.] - NJW 2005, 1435, 1436; ähnlich [X.], [X.]O, S. 276 ff.; von [X.], Persönlichkeitsrechtsverletzungen im [X.], [X.] ff., 88). Ähnliche Erwägungen liegen der Entscheidung des 1. Strafsenats des [X.] vom 12. Dezember 2000 ([X.]St 46, 212) zugrunde. [X.] tritt dann, wenn ein Ausländer von ihm verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, auf einem ausländischen Server in das [X.] einstellt, der [X.]nutzern in [X.] zugänglich ist, ein zum Tatbestand gehörender Erfolg im Inland ein, wenn die Äußerungen konkret zur [X.] im Inland geeignet sind (ebenda). 15 c) Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch [X.]veröffent-lichungen ist die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte entspre-chend der zuletzt genannten Auffassung zu bestimmen. 16 [X.]) Die Ansicht, die die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte für zuständigkeitsbegründend hält, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO. Die in dieser Bestimmung geregelte [X.] stellt eine Aus-nahme von dem Grundsatz dar, dass die Klage am Gerichtsstand des [X.] zu erheben ist (actor sequitur forum rei, vgl. [X.] 115, 90, 92; [X.] in [X.][X.], [X.]O, Rn. 9 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in der durch den [X.] oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der Streitigkeit zum Forum (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - [X.] - [X.]O; [X.] in Hoe-ren/[X.], [X.]O, Rn. 180, 195; [X.], [X.]O, [X.]; [X.], [X.]O, S. 276; [X.]-Vollkommer, [X.]O, § 32 Rn. 1). Eine besondere Beziehung zu einem be-stimmten Forum wird durch die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden [X.] - 10 - te allein jedoch nicht begründet. Denn die Abrufbarkeit einer Website ist infolge der technischen Rahmenbedingungen in jedem St[X.]t gegeben. Ließe man die bloße Abrufbarkeit genügen, so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzi-pien der Vermeidung beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung kon-kurrierender Zuständigkeiten und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steu-erbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe (vgl. [X.] in [X.][X.], [X.]O, Rn. 198). [X.]) Um das zu vermeiden, ist ein über die bloße Abrufbarkeit der rechts-verletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug erforderlich (vgl. Senatsbe-schluss vom 10. November 2009 - [X.]/08 - [X.], 226 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein derartiger Bezug bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber nicht voraussetzen, dass sich die bean-standete Website "gezielt" oder "bestimmungsgemäß" auch an [X.] [X.]nutzer richten soll. Dieses Einschränkungskriterium, das bei marktbezoge-nen Delikten wie [X.] seine Berechtigung hat, ist für die erforderliche Begrenzung der ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichts-ständen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht geeignet. Eine [X.]sverletzung setzt keine Marktbeeinflussung voraus, sondern tritt un-abhängig von den Intentionen des Verletzers mit der Kenntnisnahme des rechtsverletzenden Inhalts durch Dritte ein (vgl. [X.] in [X.][X.], [X.]O, Rn. 229, 251; von [X.], [X.]O, [X.]). 18 cc) Der Senat misst auch der Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsst[X.]t aus jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen keine über ein bloßes Indiz hinausgehende Bedeutung für die Bestimmung des erfor-derlichen Inlandsbezugs zu. Denn zum einen ist die Anzahl der erfolgten Abrufe nicht immer zuverlässig feststellbar; zum anderen ist sie dem insoweit darle-19 - 11 - gungs- und beweisbelasteten Kläger schon aus Datenschutzgründen nicht un-eingeschränkt zugänglich (vgl. [X.], [X.]O., [X.] ff.). Abgesehen davon ist der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet und setzt keine bereits eingetre-tene Rechtsgutsverletzung voraus. [X.]) Entscheidend ist vielmehr, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des [X.] an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines [X.]auftritts und an einer Berichterstattung ande-rerseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - [X.]/08 - [X.]O, Rn. 21; [X.], Urteil vom 13. Oktober 2004 - [X.] - [X.]O; [X.], in: [X.][X.] [X.]O, [X.]. 25 Rn. 210; Lütcke, Persönlichkeitsrechts-verletzungen im [X.], 2000, [X.], 137; [X.] [X.]O, S. 276 f.; ähnlich High Court of Australia, Urteil vom 10. Dezember 2002 - [X.] [2002] HCA 56; 210 [X.] 575; 194 [X.] 433; 77 [X.] 255, ab-rufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/cases/cth/HCA/2002/56.html). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. [X.] [X.]O, [X.] ff.) und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines [X.] durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland ein-treten würde (vgl. [X.], [X.] 1998, 179, 185; [X.] in [X.][X.], [X.]O, Rn. 251; [X.] [X.]O, [X.] ff.). 20 - 12 - 3. Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit der deut-schen Gerichte zur Entscheidung über den in der Revisionsinstanz noch an-hängigen Unterlassungsanspruch gemäß § 32 ZPO zu bejahen. Die angegriffe-nen Äußerungen weisen schon inhaltlich einen deutlichen Inlandsbezug auf, der ein erhebliches Interesse [X.] [X.]nutzer an ihrer Kenntnisnahme na-he legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in [X.] wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte [X.] Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur [X.] Mafia nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in [X.] sei ausweislich der Berichte deut-scher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des internationalen or-ganisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die [X.] untersagt. 21 Es liegt nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder wird. Bei der "[X.] Times" handelt es sich um ein international aner-kanntes Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die Online-Ausgabe der Zeitung auch in [X.] abrufbar. [X.] ist im Registrierungsbereich des [X.] ausdrücklich als "country of resi-dence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des [X.] 14.484 [X.]nutzer registriert, die [X.] als Wohnsitz angegeben hatten. 22 Durch die angegriffenen Äußerungen wird die Achtung, die der in [X.] wohnhafte und geschäftlich tätige Kläger in seinem Lebenskreis in [X.] genießt, jedenfalls auch in [X.] gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Se-natsurteil vom 3. Mai 1977 - [X.] - [X.]O). 23 - 13 - Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Artikel der er-forderliche Inlandsbezug nicht deshalb abzusprechen, weil er im Lokalteil des [X.]auftritts, dem sogenannten "[X.]", zum Abruf bereit gehal-ten wird. Er kann insbesondere nicht einer Meldung in der Onlineausgabe einer lokalen Tageszeitung oder einem Stadtmagazin mit vornehmlich lokalen Inhal-ten gleichgesetzt werden, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet ist. Ausweislich des Artikels wurde er in [X.]; er befasst sich offensichtlich nicht mit einem lokalen Ereignis, sondern mit Vorgängen von erheblichem internationalen Interesse, nämlich der Bestechung ost[X.] Beamter zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen. Ab-gesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Leser einer Online-Ausgabe anders als der herkömmliche Zeitungsleser die Möglichkeit hat, ihn interessie-rende Inhalte mit der Suchfunktion - beispielsweise durch Eingabe des Wortes "Germany" in das Suchfeld - zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht [X.], der angegriffene Artikel habe im Inland zu vernachlässigende Auswir-kungen, weil ihn lediglich 14.484 Personen zur Kenntnis hätten nehmen [X.], übersieht es zum einen, dass es zur Begründung der internationalen [X.] bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht auf Spürbarkeitsge-sichtspunkte ankommt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - [X.] - [X.]O, S. 1591). Zum anderen berücksichtigt es nicht hinreichend, dass der [X.] Geltungsanspruch des [X.] bereits dann erheblich tangiert sein kann, wenn auch nur eine Person aus seinem Lebenskreis die für ihn abträglichen Behaup-tungen zur Kenntnis nimmt. 24 4. Das Berufungsurteil war gemäß § 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuhe-ben und die Sache im Umfang der Aufhebung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Eine Zurückverweisung an das [X.] im Wege eigener Sach-entscheidung des Senats nach §§ 563 Abs. 3, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO 25 - 14 - kam schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt [X.] ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 2003 - [X.]/02 - [X.], 375; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 3, 23). Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch den in der Revisionser-widerung vorgebrachten Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags Rechnung zu tragen haben. [X.] [X.] [X.] von [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.01.2008 - 12 O 393/02 - O[X.], Entscheidung vom 30.12.2008 - [X.]/08 -

Meta

VI ZR 23/09

02.03.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2010, Az. VI ZR 23/09 (REWIS RS 2010, 8826)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8826

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I-15 U 17/08 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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