Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.02.2013, Az. VI ZR 374/12

6. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7859

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Gegenstand

Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist: Zuständiges Gericht bei Antragstellung nach Zurückweisung der Berufung als unbegründet und Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde


Leitsatz

Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat grundsätzlich das Berufungsgericht zu entscheiden. Das gilt auch dann, wenn die Berufung schon als unbegründet zurückgewiesen und der Antrag nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gestellt worden ist.

Tenor

Über den Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat das Berufungsgericht zu entscheiden.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das [X.] hat die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2012 abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des [X.] am 29. Februar 2012 zugestellt worden. Mit einem am 22. März 2012 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25. März 2012 hat er beantragt, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 31. Mai 2012 zu verlängern. Durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 25. April 2012 ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. Mai 2012 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 30. Mai 2012 bei Gericht eingegangen. Das [X.] hat die Berufung durch Beschluss vom 11. Juli 2012 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese fristgerecht begründet. Auf gerichtlichen Hinweis, dass nach Aktenlage die Berufungsbegründungsfrist versäumt sei, hat der Kläger sowohl beim [X.] als auch beim [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Fristversäumung beruhe auf einem Büroversehen einer Büromitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten. Der Senatsvorsitzende des Berufungsgerichts hat den Parteien durch Verfügung vom 16. Januar 2013 mitgeteilt, dass eine Entscheidung über die Wiedereinsetzung "derzeit nicht erfolgen" könne; durch eine Wiedereinsetzung käme der hier verfahrensbeendende Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht in Wegfall, da er auf einer anderen Grundlage beruhe als auf einer Fristversäumung. Im Hinblick auf diese Verfügung bittet der Kläger den [X.], über sein Wiedereinsetzungsgesuch zu befinden.

II.

2

1. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat gemäß § 237 ZPO das Gericht zu entscheiden, dem die Entscheidung über die nachgeholte [X.] zusteht, bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist also das Berufungsgericht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag nach Beendigung der betreffenden Instanz zu entscheiden ist (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juni 1987 - [X.], [X.]Z 101, 134, 141; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - [X.], [X.], 95, 96), mithin auch in dem Fall, dass das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Etwas anders gilt - aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - zwar dann, wenn nach dem Akteninhalt Wiedereinsetzung ohne Weiteres zu gewähren ist. In einem solchen Fall ist das mit der Sache befasste [X.] ausnahmsweise befugt, selbst zu entscheiden und dem für den [X.] gestellten Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben (vgl. Senatsbeschluss vom 22. September 1992 - [X.], [X.], 500, 501 mwN; [X.], Beschluss vom 19. Juni 1996 - [X.], [X.], 2581; [X.] ZPO/Wendtland, § 237 Rn. 6 [Stand: 30. Oktober 2012]; HK-ZPO/[X.], 5. Aufl., § 237 Rn. 3 mwN). Die Voraussetzungen hierfür sind vorliegend aber nicht gegeben.

3

2. Der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen, dass die Berufung inzwischen als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Da die Zulässigkeit der Berufung eine Prozessvoraussetzung ist, von der das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung, mithin auch das Verfahren der Revisionsinstanz, in seiner Rechtswirksamkeit abhängt, ist sie vom [X.] von Amts wegen zu prüfen ([X.], Urteile vom 31. Januar 1952 - [X.], [X.]Z 4, 389, 395; vom 4. November 1981 - [X.], [X.], 187, 188 und vom 10. Februar 2011 - [X.], NJW 2011, 926 Rn. 7 mwN). Sollte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt werden, wäre seine Berufung zulässig. Über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisenden Beschluss wäre sachlich zu entscheiden. Hätte der Wiedereinsetzungsantrag keinen Erfolg, wäre die Berufung unzulässig und das landgerichtliche Urteil wäre rechtskräftig. In diesem Fall wäre das [X.] gehindert, über die Nichtzulassungsbeschwerde in der Sache zu entscheiden. Die Nichtzulassungsbeschwerde müsste vielmehr mit der Maßgabe zurückgewiesen werden, dass die Berufung gegen das Urteil des [X.]s als unzulässig verworfen wird.

Galke                       Zoll                            [X.]

              Pauge                    von [X.]

Meta

VI ZR 374/12

26.02.2013

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 11. Juli 2012, Az: 32 U 1162/12

§ 237 ZPO, § 520 ZPO, § 522 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.02.2013, Az. VI ZR 374/12 (REWIS RS 2013, 7859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7859

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