Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. VII ZB 2/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8275

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 2/12

vom

7. Februar 2013

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 288 Abs. 2
Der in einem Urteil enthaltene Zinsausspruch "8
% Zinsen über dem Basiszinssatz" ist vom Gerichtsvollzieher regelmäßig dahingehend auszulegen, dass Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz tituliert sind.
[X.], Beschluss vom 7. Februar 2013 -
VII ZB 2/12 -
LG [X.] ([X.])

AG [X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
7. Februar 2013
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richterin [X.], den
Richter Halfmeier, den Richter [X.] und den Richter Prof. Dr.
Jurgeleit

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden der Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] [X.] ([X.]) vom 20.
Dezember 2011 aufgehoben und der Beschluss des Amtsge-richts [X.]

Vollstreckungsgericht
vom 4.
Juli 2011 abgeän-dert.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Durchführung des [X.] des Gläubigers vom 20. April
2011 nicht aus den bisherigen Gründen abzulehnen.
Die Kosten des
Verfahrens trägt die Schuldnerin.

Gründe:
I.
Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil des [X.]
vom 21.
Dezember
2009, dessen Urteilsformel in Ziffer
1 und 2 wie folgt lautet:
1
-
3
-
"1.
Die Beklagte [= Schuldnerin] wird verurteilt, an den Klä-ger [= Gläubiger] ab 01.12.2009 bis zu seinem Tod eine monatliche Altersrente von jeweils weiteren , [X.] zum 1. eines jeden Monats, nebst 8
% Zinsen über dem
Basiszinssatz seit 25.06.2009 zu bezahlen.

2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

nebst 8
% Zinsen über dem
Basiszinssatz seit 25.06.2009 zu bezahlen."

Der Gläubiger erteilte dem Gerichtsvollzieher einen Vollstreckungsauf-trag, wobei er die Formulierung "8
% Zinsen über dem
Basiszinssatz" als "Zin-sen in Höhe von acht Prozentpunkten
über dem
Basiszinssatz"
verstanden wis-sen wollte.
Der Gerichtsvollzieher lehnte es ab, diesen Vollstreckungsauftrag durchzuführen, da ihm die Bezeichnung der Höhe der Zinsen nicht richtig er-schien.
Der Gläubiger stellte daraufhin beim [X.]
den Antrag, den Urteils-tenor dahingehend zu berichtigen, dass in Ziffer 1 und 2 die Formulierung "nebst 8
% Zinsen über dem Basiszinssatz"
durch die Formulierung
"nebst
8
%
Punkten über dem Basiszinssatz"
ersetzt wird. Diesen Antrag hat
das [X.]
zurückgewiesen.
In der Folge erteilte der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher
erneut den ge-nannten Vollstreckungsauftrag.
Der Gerichtsvollzieher legte die Sache dem Amtsgericht

Voll-streckungsgericht
-
vor. Dieses
hat die Erinnerung des Gläubigers gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers, den [X.] mit
der Maßgabe zu vollstrecken, dass Zinsen in Höhe von acht
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz eingestellt werden, als unbegründet zurückgewiesen. Die 2
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4
5
-
4
-
dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblie-ben.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt der Gläubiger sein Begehren weiter. Die Schuldnerin beantragt, die Rechtsbeschwerde des Gläubigers zurückzuweisen.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2, §
575 ZPO statthaf-te und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung und zur Anweisung an den [X.], die Durchführung des
[X.]
nicht aus den bisherigen Gründen abzulehnen.
1.
Das Beschwerdegericht führt aus, das Urteil des [X.] sei dem Antrag des [X.] entsprechend klar und eindeutig abgefasst. Gemäß §
308
Abs.
1 ZPO sei das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt sei. Dass §
288 Abs.
2 BGB dem Gläubiger bei [X.], an denen kein Verbraucher beteiligt ist, einen Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von acht
Prozentpunkten
über dem
Basiszinssatz gebe, bedeute nicht automatisch, dass dieser Anspruch auch in seiner ganzen Höhe durch den Gläubiger geltend gemacht werde.
Die vom Gläubiger angeführte Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 5.
April 2005
21
U
149/04, NJW 2005, 2238) betreffe einen anders gelagerten Sachverhalt. Dort sei es um die Auslegung eines gerichtli-chen Vergleichs gegangen. Im Streitfall sei das Urteil im Rahmen eines [X.] Rechtsstreits ergangen. Hier bedürfe es aufgrund der unterschied-6
7
8
9
-
5
-
lichen Wertigkeiten der jeweiligen Anträge (Prozente
oder Prozentpunkte) der Berücksichtigung des Grundsatzes, wonach jeder nur so viel zugesprochen be-kommen dürfe, wie von diesem beantragt worden sei. Die Antragsfassung sei eindeutig und einer abweichenden Auslegung nicht zugänglich.
2.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der im Urteil des [X.] vom 21.
Dezember
2009
enthaltene Zinsausspruch ist vom [X.] dahingehend auszulegen, dass Zinsen in Höhe von acht
Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz tituliert
sind.
a) Ein Vollstreckungstitel muss den im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers ausweisen und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnen
(vgl. [X.], Urteil vom 6.
November
1985

IVb
ZR
73/84, NJW 1986, 1440).
Bei einem Zahlungstitel muss der zu voll-streckende Zahlungsanspruch betragsmäßig festgelegt sein oder sich [X.] ohne Weiteres aus dem Titel errechnen lassen (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
September
2007 -
XII
ZB
177/04, [X.], 153 Rn. 22; Urteil vom
7.
Dezember
2005 -
XII
ZR
94/03, [X.]Z 165, 223, 228
m.w.N.). Ist der Inhalt des Titels zweifelhaft, hat das Vollstreckungsorgan diesen Inhalt gegebenen-falls
durch Auslegung festzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
September
2007 -
XII
ZB
177/04, [X.], 153 Rn.
22; Urteil vom 7.
Dezember
2005 -
XII
ZR
94/03, [X.]Z 165, 223, 228;
Urteil vom 6.
November
1985 -
IVb
ZR
73/84, NJW 1986, 1440;
Stein/[X.], ZPO, 22.
Aufl., vor §
704 Rn.
26).
b) Entsprechend diesen Grundsätzen obliegt es dem Gerichtsvollzieher,
den Titel hinsichtlich des Zinsausspruchs auszulegen. Die Formulierung "8
% Zinsen über dem Basiszinssatz"
ist mehrdeutig. In Betracht kommt das [X.], dass (lediglich) Zinsen in Höhe von 108
% des -
gemäß § 247 BGB 10
11
12
-
6
-
variablen
-
Basiszinssatzes ausgeurteilt wurden
(vgl.
Hartmann, NJW 2004, 1358, 1359 Fn.
19; zur Gesetzesgeschichte variabler Zinssätze vgl. [X.], NJW 2012, 3329, 3331
f.). Die Formulierung
kann aber auch so zu verstehen sein, dass -
entsprechend der Zinsregelung in § 288 Abs.
2 BGB, die an den [X.] gemäß §
247 BGB als variable
Bezugsgröße anknüpft
-
Zinsen in [X.] von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ausgeurteilt wurden. Die Auslegung des Titels ergibt, dass Letzteres zutrifft. Die Formulierung "5
% Zin-sen über dem Basiszinssatz"
wird in der prozessualen Praxis unbeschadet sprachlicher Ungenauigkeit ganz überwiegend
gleichbedeutend mit der
sich an
der Zinsregelung in §
288 Abs.
1 Satz
2 BGB orientierenden Formulierung "Zin-sen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz"
verwandt und verstanden (vgl. [X.], NJW 2005, 2238, 2239; Weidlich, [X.] 2004, 820, 823; Führ, [X.], 1095, 1096; [X.], [X.] 2005, 492; offengelassen
von [X.], [X.], 852, 858).
Für die Formulierung "8
% Zin-sen über dem Basiszinssatz"
gilt im Hinblick auf die Zinsregelung in §
288 Abs.
2 BGB Entsprechendes.
So ist dementsprechend auch der
Zinsausspruch des [X.] zu verstehen.
Der Beschluss des [X.], mit dem der [X.] des Gläubigers zurückgewiesen worden ist, ändert an der Auslegung des Zinsaus-spruchs dahingehend, dass Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz tituliert sind, nichts. Das [X.] hat in den Gründen dieses Beschlusses ausgeführt, dass es dem Klageantrag stattgeben wollte und das verkündet hat, was verkündet werden sollte.
Auch der Klageantrag war nicht anders zu verstehen, als dass Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.

13
-
7
-
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
91 Abs.
1 ZPO.

[X.]
[X.]
Halfmeier

Kartzke
Jurgeleit
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 04.07.2011 -
3 M 1872/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 20.12.2011 -
42 [X.] -

14

Meta

VII ZB 2/12

07.02.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. VII ZB 2/12 (REWIS RS 2013, 8275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8275

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 2/12

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