Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2017, Az. XII ZB 621/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10825

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:170517BXIIZB621.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 621/15

vom
17.
Mai
2017
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 12 Abs. 1; FamFG § 61 Abs. 2; [X.] § 11 Abs. 2; [X.] § 4 Abs. 1
a)
Der für die Entscheidung über die Rechtspflegererinnerung zuständige [X.] kann die Beschwerde zulassen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 12.
April 2017
XII
ZB
86/16
ur [X.] bestimmt).
b)
Zur Verfassungsmäßigkeit der Betreuervergütung.
[X.], Beschluss vom 17. Mai 2017 -
XII ZB 621/15 -
LG [X.] ([X.])

AG [X.] ([X.])

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 17.
Mai
2017 durch
den Vorsitzenden [X.] Dose und die [X.] Dr.
Klinkhammer, Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.]s [X.] ([X.]) vom 7.
Dezember 2015 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu
1 zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Wert: 85

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1 (Betreuerin) wendet sich gegen die Festsetzung ihrer Betreuervergütung.
Die Betreuerin verfügt über einen Facharbeiterabschluss für Datenverar-beitung und eine Fachhochschulausbildung für Informationsverarbeitung. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat ihre Betreuervergütung für die Zeit vom 23.
Mai
2014 bis 22.
August 2014 nur mit einem Stundensatz von 27

4 Abs.
1 Satz
1 [X.]) bemessen. Der dagegen eingelegten Erinnerung, mit der die Betreuerin einen Stundensatz von 33,50

e-ger nicht abgeholfen und diese dem zuständigen [X.] vorgelegt. Dieser hat 1
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3
-
die Erinnerung zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen, die das [X.] zurückgewiesen hat. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt die Betreuerin ihren Antrag weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die berufliche Qualifikation der Betreuerin keinen erhöhten Stundensatz rechtfertige. Dass sie 1989 den Studiengang Informationsverarbeitung an der [X.] abgeschlossen habe, sei angesichts der technischen Ausrichtung bereits vom Grundsatz her nicht geeignet gewesen, für die [X.] einer Betreuerin förderliche besondere Kenntnisse zu vermitteln, was durch die belegten Fächer bestätigt werde. Die von der Betreuerin abgeschlossene Ausbildung zur Facharbeiterin für Datenverarbeitung sei nicht anders zu beur-teilen.
Die gesetzliche Betreuervergütung mit dem Stundensatz von
27

auch nicht verfassungswidrig. Eine Verletzung der Berufsfreiheit nach Art.
12 Abs.
1 GG liege nicht vor, da auch bei Zugrundelegung dieses Stundensatzes ein auskömmliches Einkommen erzielbar sei.
2. Dies hält
rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die
Erstbeschwerde war trotz der vom Rechtspfleger nicht ausgespro-chenen Zulassung statthaft. Denn der Beschluss unterlag jedenfalls der [X.] Erinnerung nach §
11 Abs.
2 RPflG. Der für die Entscheidung über die Erinnerung zuständige [X.] kann im Fall der Annahme grundsätzlicher Be-3
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deutung seinerseits die Beschwerde zulassen. Denn dem [X.] fällt
in diesem Fall die gesamte erstinstanzliche Entscheidung an
(vgl. Senatsbeschluss vom 12.
April
2017

XII
ZB
86/16

zur [X.] bestimmt; BayObLG
FamRZ 2004, 304; FamRZ 2001, 378; [X.]/Meyer-Holz FamFG
19.
Aufl. Anh.
§
58 Rn.
9). Die im vorliegenden Fall erfolgte Zulassung der Beschwerde war mithin wirksam.
b) Das [X.] ist nach ausführlicher Würdigung der von der Betreu-erin erworbenen Qualifikationen zu dem Ergebnis gelangt, dass diese aufgrund der durchlaufenen Ausbildungsgänge über keine besonderen Kenntnisse ver-fügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind (§
4 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Das steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
c) Dass die gesetzliche Regelung zur Vergütung von Berufsbetreuern in §§
4, 5 [X.] im Hinblick auf die Berufsfreiheit der Betreuerin nach Art.
12 Abs.
1 GG verfassungswidrig sei, ist nicht ersichtlich.
aa) Zwar greift die gesetzliche Reglementierung der Betreuervergütung in die Freiheit der Berufsausübung ein. Dementsprechend muss die Regelung durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und außer-dem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren ([X.] FamRZ 2000, 345, 346
f. [X.]). Davon ist das Bundesverfassungsgericht
in der Vergangen-heit aber wiederholt ausgegangen. Es hat die gesetzliche Regelung sowohl be-züglich der Stundensätze ([X.] FamRZ 2000, 345

zur von 1990 bis 1998 geltenden Gesetzeslage; vgl. auch [X.] FamRZ 2011, 1642) als auch hin-sichtlich der gesetzlich festgelegten Stundenanzahl ([X.] FamRZ 2009, 1899 Rn.
7, 10) als verfassungsgemäß angesehen. Dabei hat es unter anderem auf das zwangsläufige Fehlen einer Leistungsäquivalenz bei Festlegung von 8
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5
-
Vergütungspauschalen auf der Grundlage von Mischkalkulationen hingewiesen ([X.] FamRZ
2011, 1642 Rn.
20; [X.] FamRZ 2007, 622, 625). Ähnlich hat der Senat zur Vergütung des [X.] nach Fallpauschalen entschieden (Senatsbeschlüsse vom 9.
Oktober
2013

XII
ZB
667/12

FamRZ 2013, 1967 und vom 13.
November 2013

XII
ZB
612/12

FamRZ 2014, 191; vgl. auch
Senatsbeschluss [X.]Z 187, 40 =
[X.], 1893). Demnach kann aufgrund einer in bestimmten Fällen möglichen nicht auskömmlichen [X.] noch nicht ohne Weiteres auf eine Verletzung der [X.] durch eine insgesamt unzureichende Vergütung des Betreuers (bzw. [X.]) geschlossen werden.
bb) Dass sich an dieser Beurteilung oder an deren tatsächlichen Grund-lagen durch die zwischenzeitliche Entwicklung entscheidende Änderungen er-geben haben, wird von der Rechtsbeschwerde
nicht aufgezeigt.
Die Rechtsbeschwerde hat der Annahme des [X.]s, nach seinen Erfahrungen betreue ein Betreuer zwischen 50 und 80
Betreute, lediglich ein Schreiben des [X.] entgegengehalten, wonach bei Wahrnehmung aller für den einzelnen Betreuten anfallenden [X.] nur Zeit für 43
Betreute bleibe. Tatsächlich liege der monatliche [X.] für einen Betreuten bei fünf Stunden, so dass die Arbeitszeit eines ab-hängig Beschäftigten schon mit 27,5
Betreuten ausgefüllt werde. Für diese Be-hauptung fehlt es jedoch an nachprüfbaren Angaben. Dass das [X.]
Anlass für eine dahingehende Aufklärung gehabt hätte, wird mit der Rechtsbe-schwerde nicht gerügt (§
74 Abs.
3 Satz
3 FamFG). Ebenfalls bleibt unklar, aus welchen Fällen sich die von der Rechtsbeschwerdeführerin übernommenen Betreuungen zusammensetzen und welche Stundenzahlen sie gemäß §
5 [X.] durchschnittlich abrechnen kann. Mangels konkreter abweichender An-gaben, insbesondere auch zur Anzahl der von der Betreuerin geführten Betreu-11
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ungen und des von ihr erzielten Umsatzes, konnte das [X.] die von ihm geschätzten Angaben in zulässiger Weise zugrunde legen. Ob die vom [X.] zugrunde gelegten Abzugsposten für Kosten und Vorsorgeaufwendungen realitätsnah sind, bedarf demnach
keiner Beurteilung mehr.
Dass die Betreuervergütung nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde hinter derjenigen von Zwangsverwaltern zurückbleibt, vermag schließlich wegen der ungleichen Aufgaben und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine [X.] wegen Verletzung von Art.
12 Abs.
1 GG oder Art.
3 Abs.
1
GG zu begründen.
cc) Da der Senat von der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Rege-lung ausgeht, besteht für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
keine Veranlassung.
Dose

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
AG [X.] ([X.]), Entscheidung vom 13.04.2015 -
70 [X.] 298/14 -

LG [X.] ([X.]), Entscheidung vom 07.12.2015 -
1 T 172/15 -

13
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Meta

XII ZB 621/15

17.05.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2017, Az. XII ZB 621/15 (REWIS RS 2017, 10825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10825

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