Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2015, Az. V ZR 133/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14729

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

V [X.]
Verkündet am:

27. Februar 2015

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 438 Abs. 1 Nr.
1 Buchstabe b
a)
Ansprüche nach §§ 440, 326 BGB a. F. wegen Rechtsmängeln der verkauften Sache verjähren nach dem 1. Januar 2002 gemäß § 438 Abs. 1 und 2 BGB.
b)
Die Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b BGB gilt entsprechend, wenn der Rechtsmangel in einem sonstigen dinglichen Recht besteht, das ohne Eintragung in das Grundbuch entstanden und (vorübergehend) gegen einen gutgläubig [X.] Erwerb geschützt ist.
[X.], Urteil vom 27. Februar 2015 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar
2015
durch die Vorsitzende Richterin
Dr.
[X.], die Richterinnen
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und
Dr. Brückner
und die
Richter Dr.
Kazele und Dr. Göbel
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 14. Mai 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariellem Vertrag vom 28. April 1997 kaufte die Klägerin von der [X.] mehrere mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke in [X.]. Nach gehinderten Besitz-
und Eigentums-übergang sowie für Freiheit von allen Lasten und Beschränkungen, soweit die-
Besitz, Nutzun-gen und Lasten gingen im
Jahr 1997 auf die Klägerin
über. Am 5.
Dezember
2011 erhielt die Klägerin von dem Grundbuchamt eine Eintra-gungsnachricht, der zufolge in die Grundbücher der erworbenen Grundstücke ein Abwasserleitungsrecht nebst Schutzstreifen
in Form einer beschränkten 1
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persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des örtlichen Zweckverbands für [X.] und Abwasserbehandlung nach § 9 GBBerG eingetragen [X.] sei. Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich zur Abtretung der [X.] nach § 9 Abs. 3 GBBerG auf und verlangt von ihr
mit der am 4.
März
2013 eingegangenen Klage die Abtretung der Entschädigungs-ansprüche
und Ersatz vorgerichtlicher Kosten sowie hilfsweise Auskunft über die Höhe der erhaltenen Ausgleichszahlung und Schadensersatz.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision strebt die Klägerin weiterhin die [X.] der [X.] an. Diese beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Klägerin Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 440, 326 BGB a.F. und aus §
281 BGB a.F. zustehen, weil die verkauften Grundstücke
mit dem [X.] zugunsten des Zweckverbands belastet sind. Diese Ansprüche seien aber verjährt. Sie unterlägen ab
dem 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199
BGB. Diese Frist ende gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB spätestens nach zehn Jahren, also am 31. Dezember 2011,
und sei bei Klageerhebung abgelaufen gewesen. Anders als die Klägerin meine, sei auf den Anspruch nicht die Verjährungsfrist von 30
Jahren nach § 438
Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b BGB anzuwenden. Diese [X.] betreffe nur dingliche Rechte, die bei Gefahrübergang im
Grundbuch 2
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eingetragen seien. Dazu gehöre das Abwasserleitungsrecht, um das es hier gehe, nicht.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Im Ergebnis zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.]. Nach den im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden [X.] kann die Klägerin zwar weder Abtretung des [X.]
gemäß § 9 Abs. 3 GBBerG noch Auskunft über etwaige Zahlungen
des Zweck-verbands auf diesen Anspruch, wohl aber Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen.

a)
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 440
Abs.
1, § 326 BGB a.F. Die Klägerin hat die Grundstücke nach dem Vertrag lastenfrei erworben. Sie waren aber mit dem auf Grund von § 9 Abs. 1 und 9
GBBerG, § 1 [X.] kraft Gesetzes entstandenen Abwasserleitungsrecht des Zweckverbands belastet. Eine solche Belastung ist ein Rechtsmangel (vgl. Senat, Urteil vom 19. November 1999 -
V [X.], [X.], 803 f.). Den dadurch entstandenen Schaden hat die Beklagte der Klägerin zu ersetzen.

b) Die Beklagte
ist aber nicht verpflichtet, der Klägerin den [X.] nach § 9 Abs. 3 GBBerG abzutreten.

aa) Sie ist allerdings
Inhaberin
dieses Anspruchs. Dieser steht nach §
9 Abs. 3 Satz 1 GBBerG dem Eigentümer des belasteten Grundstücks zu. Das ist derjenige, dem das Grundstück bei Entstehen der Dienstbarkeit gehört (dazu 4
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Senat, Urteil vom 7. November 2014 -
V [X.], [X.] 2015, 107 Rn. 9
ff.). Entstanden ist das Abwasserleitungsrecht des Zweckverbands am 11.
Januar
1995 (vgl. § 9 Abs. 1 und 9 GBBerG, §§ 1, 14 [X.]). Eigen-tümerin war seinerzeit
die Beklagte.

[X.]) Der Anspruch muss jedoch
nicht an die Klägerin abgetreten werden.

(1) Eine Verpflichtung zur Abtretung des Anspruchs nach § 9 Abs. 3 GBBerG kann sich im Wege der ergänzenden Auslegung des Kaufvertrags
oder seiner Anpassung infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB ergeben (Senat, Urteil vom 7. November 2014
-
V [X.], [X.] 2015, 107 Rn. 18). Das setzt indes
voraus, dass der [X.] ohne eine solche Abtretung lückenhaft wäre. Daran fehlt
es, wenn dem Käufer

wie hier

wegen der Dienstbarkeiten ohnehin vertragliche Ansprüche zustehen.

(2) Aus § 281 BGB a.F. lässt sich, was die Beklagte zu Recht einwendet, ein Abtretungsanspruch ebenfalls nicht
ableiten. Diese Vorschrift ist
nicht an-wendbar, wenn

wie hier -
ein Rechtsmangel bei Abschluss des Kaufvertrags besteht und es nicht gelingt, ihn im Rahmen der Erfüllung des [X.] (Senat, Urteil vom 13. Februar 2004

[X.], [X.], 1873, 1874).

(3) Auch der Schadensersatzanspruch scheidet als Grundlage eines [X.]s auf Abtretung des [X.] aus. Der Schaden, den die Beklagte der Klägerin zu ersetzen hat, besteht in der Belastung der gekauf-ten Grundstücke mit dem Abwasserleitungsrecht, nicht in der Vorenthaltung des [X.]. Daran ändert es nichts, dass der Entschädigungs-9
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anspruch gemäß
§ 9 Abs. 3 GBBerG nach der Beeinträchtigung des Grund-stücks zu bemessen ist. Diese Übereinstimmung in der Berechnung führt nicht dazu, dass der eingetretene Schaden durch die Abtretung des Anspruchs nach § 249 BGB in Natur ausgeglichen werden könnte. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass die Fälligkeit des [X.] nach § 9 Abs. 3 Satz 3 GBBerG weit hinausgeschoben war, was bei der Berechnung des durch die Belastung der Grundstücke mit dem [X.] entstandenen Schadens nicht zu berücksichtigen ist.

c) Aus den vorgenannten Gründen
kann die Klägerin von der [X.] auch nicht Auskunft über die auf den Entschädigungsanspruch geleisteten [X.] verlangen. Diese Zahlungen können zwar -
wegen der Ausrichtung der Entschädigung an der Beeinträchtigung des Eigentums -
tatsächliche Anhalts-punkte dafür geben, wie der Schaden zu berechnen ist, der der Klägerin ent-standen ist. Für die Berechnung des Schadens kommt es aber nicht darauf an, was der Zweckverband der [X.] auf Grund von §
9 GBBerG gezahlt, son-dern darauf, welche Einbuße die Klägerin durch die Dienstbarkeiten erlitten hat.
Diese bestimmt sich nach dem Umfang des entstandenen Rechts, nicht nach einer hierüber etwa erteilten Anlagen-
und Leitungsbescheinigung gemäß § 7 [X.] (Senat, Urteil vom 9. Mai 2014

[X.], NJW 2014, 2959 Rn. 8).

2. Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht verjährt.

a) Der Anspruch verjährt in einer Frist von 30 Jahren.

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aa) Er unterlag bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 der regelmäßi-gen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. von seinerzeit 30 Jahren. Seit dem 1. Januar 2002 verjährt er gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der Frist, welche das geltende Recht für Ansprüche vorsieht, die inhaltlich dem altrechtli-chen Anspruch entsprechen. Das ist weder die regelmäßige noch die [X.] des § 196 BGB für Ansprüche auf Verschaffung oder Aufhebung ding-licher Rechte an einem Grundstück und auf die
Gegenleistung, sondern die in §
438 Abs. 1 BGB bestimmte Verjährungsfrist für die Mängelansprüche nach §
437 Nr. 1 und 3 BGB. Die Vorschrift des § 440 Abs. 1 BGB a.F. regelt, soweit hier von Interesse,
die Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung auf Grund von Rechtsmängeln. Solche Ansprüche unterliegen nach geltendem Recht weder der für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch vorgesehenen Verjährungsfrist gemäß §
196 BGB noch der Verjährungsfrist, die für den dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung entsprechenden [X.] auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB gilt (je nach Gegenstand §§ 195, 199 BGB oder § 196 BGB). Sie unterlie-gen ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung, in den sich der Erfüllungsan-spruch mit der mangelhaften Lieferung umwandelt, der Verjährungsfrist des §
438 Abs. 1 BGB. Dass die Vorschrift des § 440 Abs. 1 BGB a.F. auf bestimm-te Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, nämlich die Vorschrif-ten der §§ 320 bis 327 BGB a.F., verweist, ändert daran
entgegen der von der [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht nichts. Das ist nämlich bei dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen eines Rechtsmangels nach geltendem Recht nicht anders (vgl. § 437 Nr. 3 BGB).

[X.]) Die Verjährungsfrist für Ansprüche wegen eines Rechtsmangels be-trägt nach § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b BGB 30 Jahre, wenn der Mangel in 16
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stigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, bestehtDiese Frist
gilt für den Schadensersatzanspruch der Klägerin.

(1) Unmittelbar anwendbar ist sie allerdings nicht. Sie erfasst nach ihrem Wortlaut Mängelansprüche
nur, wenn der Mangel in einem sonstigen Recht besteht, das bei Verjährungsbeginn im Grundbuch eingetragen ist. Daran fehlt es hier. Zu dem nach § 438 Abs. 2 BGB für den Verjährungsbeginn maßgebli-chen [X.]punkt der Übergabe des Grundstücks war das Recht zwar entstanden, aber nicht im Grundbuch eingetragen.

(2) Auf solche Rechte ist die Vorschrift indessen entsprechend anzuwen-den. Sie weist eine planwidrige Lücke auf, die plangemäß nur durch die ent-sprechende Anwendung der Vorschrift auf außerhalb des Grundbuchs entstan-dene,
gegen den gutgläubig [X.] Erwerb geschützte dingliche Rechte zu schließen ist.

(a) Die Anordnung einer Verjährungsfrist von 30 Jahren in §
438 Abs. 1 Nr. 1 BGB soll sicherstellen, dass der Käufer bei einem vollständigen oder teil-weisen [X.] auf Grund von Rechtsmängeln bei dem Verkäufer Rück-griff nehmen kann. Das ist mit der in § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB für den
Regelfall vorgesehenen
Verjährungsfrist für Mängelrechte von zwei Jahren nicht zu errei-chen. Der Käufer müsste nämlich 30 Jahre lang mit dem Verlust der [X.] an einen Dritten rechnen, der aufgrund eines dinglichen Rechts die Herausgabe der [X.] verlangen kann. Denn dessen Herausgabeanspruch verjährt nach §
197 Abs. 1 Nr. 2
BGB in dieser Frist. Er selbst könnte demgegenüber aber ohne die Regelung in §
438 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur für die Dauer von zwei Jahren ab Übergabe Rückgriff nehmen. Um diese sog. Eviktionsfalle zu [X.], war schon in dem Gesetzentwurf eine dem heutigen § 438 Abs. 1 Nr. 1 18
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Buchstabe a BGB entsprechende Sonderregelung vorgesehen (Entwurfsbe-gründung in BT-Drucks.
14/6040 [X.]). Im weiteren Verlauf des [X.] hat der Gesetzgeber e-n
bestehen kann. Gedacht hat er an den eher seltenen Fall, dass zwischen der Beurkundung des Kaufvertrags und der Übergabe des Grundstücks ein Recht an dem Grundstück zur Eintragung gelangt, etwa weil ein schwebender Eintragungsantrag bei der Einsicht in das Verzeichnis unerledigter Anträge (sog. Markentabelle) überse-hen oder weil nach der Beurkundung ein neuer Eintragungsantrag gestellt [X.].
In solchen Fällen rechtfertigt der Gesetzgeber die Anwendung der [X.] von 30
Jahren damit, dass diese Rechte den Käufer genauso beein-trächtigten wie auf Herausgabe gerichtete dingliche Rechte,
dass der Käufer von dem Entstehen solcher Rechte nicht unterrichtet werde und dass er später oft lange [X.] nichts von dem Recht erfahre
(vgl. Beschlussempfehlung in BT-Drucks. 14/7052 S.
196).

(b) Übersehen hat der Gesetzgeber, dass das gleiche Problem bei au-ßerhalb des Grundbuchs entstandenen nicht eingetragenen Rechten
besteht, die gegen einen gutgläubig [X.] Erwerb geschützt sind. Ihr Vorhanden-sein kann der Käufer in aller Regel
noch weniger erkennen als Rechte, die nach der Beurkundung des Kaufvertrags zur Eintragung gelangen. Ein effektiver
Rückgriff des Käufers gegenüber dem Verkäufer wäre
bei dem Eintritt eines teilweisen [X.]s auf Grund solcher Rechte genauso wenig sicherge-stellt wie bei den eingetragenen Rechten, wenn für seine Mängelansprüche die kurze Verjährungsfrist von zwei Jahren nach §
438 Abs. 1 Nr. 3 BGB gälte. Ein sachlicher Grund, dem Käufer einen effektiven Rückgriff gegen den Verkäufer bei solchen Rechten zu versagen, ist nicht erkennbar.

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(c) Die Regelung führte ohne eine entsprechende Anwendung auf solche Rechte auch zu vom Zufall bestimmten,
widersprüchlichen Ergebnissen. Nicht eingetragene dingliche Rechte können jederzeit in das Grundbuch eingetragen werden. Das gilt für dingliche Rechte aus der [X.] vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 1. Januar 1900 und seinem Wiederinkrafttreten in den neuen Bundesländern
am 3. Oktober 1990 ebenso wie für die mit § 9 Abs. 1, 9 und 11 GBBerG, §§
11, 14 [X.] gesetzlich begründeten Dienstbarkeiten
(vgl. Art. 187 Abs. 1 Satz 2, Art. 233 § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3, § 5 Abs. 3 Satz 1 EGBGB einerseits und § 9 Abs. 5 GBBerG, §§ 8, 9 [X.]
andererseits). Weshalb dem Käufer der Rückgriff nur erhalten werden soll, wenn diese zufällig zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und der
Über-gabe des Grundstücks an den Käufer zur Eintragung gelangen, bei späterer Eintragung aber nicht, erschließt sich nicht. Diese Unterscheidung wäre
umso unverständlicher, als die Vorschrift nach ihrem Wortlaut Mängelansprüche des Käufers auch erfasst, wenn der Mangel in dem Fortbestand eines schon bei Abschluss des Kaufvertrags eingetragenen sonstigen dinglichen Rechts be-steht, das der Verkäufer nach dem Vertrag zur Löschung bringen sollte, aber bis zur Übergabe nicht zur Löschung hat bringen können. In solchen Fällen be-dürfte der Käufer des Schutzes der Verjährungsfrist von 30 Jahren nicht, den er aber dennoch genießt. Er könnte sich gegen einen [X.] besser [X.] als bei dinglichen Rechten, die -
wie hier -
außerhalb des Grundbuchs ent-standen, nicht eingetragen und (vorübergehend) gegen einen gutgläubig lasten-freien Erwerb geschützt sind
und bei denen er auf den Schutz einer langen [X.]sfrist tatsächlich angewiesen ist.

(d) Das mit § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB verfolgte [X.] lässt sich nur erreichen, wenn Mängelansprüche auch dann in 30 Jahren verjähren, wenn der Mangel in einem außerhalb des Grundbuchs entstandenen,
nicht eingetragenen 22
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und gegen einen gutgläubig [X.] Erwerb geschützten dinglichen Recht besteht.

b) Diese Frist begann, weil sie nicht kürzer ist als die bisherige, gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EGBGB, § 198 Satz 1 BGB a.F. mit dem Entstehen des Schadensersatzanspruchs. Das ist hier der [X.]punkt, in dem feststand, dass die Beklagte den Rechtsmangel nicht mehr würde beseitigen können und deshalb eine Fristsetzung entbehrlich wurde
(vgl. Senat, Urteil vom 19. November 1999 -
V [X.], [X.], 803, 804). Dieser [X.]punkt ist hier nicht festgestellt, muss aber auch nicht festgestellt werden. Denn die [X.] konnte nicht vor dem Abschluss des Vertrags am 28. April 1997 begin-nen und war bei Einreichung der vorliegenden Klage am 4. März 2013 noch nicht abgelaufen.

3. Die Klageabweisung ist entgegen der Ansicht der [X.] nach den
für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Feststellungen auch nicht aus einem anderen Grund gerechtfertigt.

a) Die Parteien haben zwar vereinbart, dass die Beklagte nicht für das en hat. Mit diesem [X.] hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Er könnte im Re-visionsverfahren deshalb nur berücksichtigt werden, wenn die Vertragsurkunde eindeutig wäre und eine weitere Sachaufklärung die Feststellung zusätzlicher für die Auslegung relevanter Umstände nicht erwarten ließe (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2012

[X.], [X.]Z 193, 326 Rn. 12). Daran fehlt es hier. Dass die Haftung der [X.] für das Nichtbestehen von Dienstbarkeiten wie derjenigen zugunsten des Zweckverbands mit der genannten Regelung ausge-24
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schlossen werden sollte, ist zweifelhaft. Nach dem Text der Urkunde und dem bislang erkennbar gewordenen Zweck der Regelung ist das nicht der Fall.

b) Ein Haftungsausschluss, der von der gesetzlichen Regelung
abweicht, die die beiderseitigen Interessen angemessen gewichtet, ist
im Zweifel eng auszulegen
(Senat, Urteile vom 24. Januar 2003 -
V [X.], NJW 2003, 1316, 1317 und vom 5. November 2010 -
V [X.], NJW 2011, 1217 Rn.
17). Danach erfasst die
angeführte
Regelung
Dienstbarkeiten nach §
9 GBBerG und § 1 [X.] nicht.

aa) [X.] ist eine Dienstbarkeit nach dem Wortsinn, wenn sie nach diesen alten Rechten
gehören
die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen
Ge-setzbuchs am 1. Januar 1900 geltenden Partikularrechte und das bis zum 2.
Oktober 1990 geltende Recht der [X.]. Nach geltendem Recht entstandene Dienstbarkeiten sind dagegen
keine altrechtlichen Dienstbarkeiten.
Das gilt ins-besondere für die am 11. Januar 1995 und damit nur etwas mehr als
zwei Jahre vor dem Abschluss des Kaufvertrags entstandenen Dienstbarkeiten für was-serwirtschaftliche Leitungen und Anlagen, um die es hier geht.

[X.]) Daran ändert der Umstand, dass sie durch Gesetz begründet worden und nicht eingetragen sind, nichts. Das Motiv der Parteien für den Ausschluss der Rechtsmängelhaftung für altrechtliche Dienstbarkeiten mag der Umstand sein, dass diese Rechte oft nicht im Grundbuch eingetragen sind
und -
vorbe-haltlich abweichender landesrechtlicher Regelung -
gegen einen gutgläubig las-tenfreien Erwerb geschützt sind (vgl. Art. 187 Abs. 1 EGBGB). Die Parteien ha-ben aber gerade nicht auf die fehlende Eintragung, sondern auf die Bestellung unter einem
nicht mehr geltenden Recht abgestellt.
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cc) Solchen Rechten können die mit § 9 Abs. 1, 9 und 11 GBBerG, §§
1, 14 [X.] begründeten Dienstbarkeiten auch nicht gleich gestellt werden. Sie sichern zwar eine Mitbenutzung fremder Grundstücke
nachträglich ab, die vor dem 3. Oktober 1990 in der [X.] bestanden hat. Sie sind aber gerade [X.] begründet worden, weil die bei dem Wirksamwerden des Beitritts am 3.
Oktober 1990 vorübergehend aufrechterhaltenen Mitbenutzungsrechte bis zu ihrem Wegfall wegen der
Vielzahl der Fälle nicht auf rechtsgeschäftlichem
We-ge durch Dienstbarkeiten würden ersetzt werden können und weil sehr viele Leitungen und Anlagen gar nicht durch Mitbenutzungsrechte abgesichert waren (Begründung der Regelung in BT-Drucks. 12/6228 [X.] f.). An den ehemals volkseigenen Grundstücken
war eine solche Absicherung rechtlich auch nicht möglich (Senat, Urteile
vom 14. November 2003 -
V [X.], [X.], 1394, 1395 f. und vom 23.
Januar 2015 -
V [X.], juris Rn. 31). Hinzu
kommt, dass mit den Dienstbarkeiten gleichzeitig ein Entschädigungsanspruch
begrün-det wurde, der demjenigen zusteht, dem das Grundstück bei deren Entstehen gehört (Senat, Urteil vom 7. November 2014 -
V [X.], [X.] 2015, 107 Rn.
9). Ein schlichter Haftungsausschluss ohne Regelung zu dem [X.] liegt deshalb, anders als bei altrechtlichen Dienstbarkeiten,
eher fern.

III.

Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben. Die Sache ist mangels der erforderlichen Feststellungen nicht entscheidungsreif. Sie
ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Dafür weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

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1. a) Ein Anspruch auf Schadensersatz bestünde nach § 439 BGB a.F.
nicht, wenn die Klägerin den Rechtsmangel gekannt haben sollte. Kenntnis [X.] positive Gewissheit. Anders als nach dem geltenden § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt (grob)
fahrlässige Unkenntnis nicht. Die Kenntnis der Klägerin kann deshalb nicht damit begründet werden, dass Käufer von Grundstücken im Beitrittsgebiet allgemein mit dem Vorhandensein nicht eingetragener dinglicher Rechte rechnen mussten. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der [X.] auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 7. November 2014 (V [X.], [X.]
2015,
107 Rn. 18). Mit dem angeführten
Argument hat der Senat darin
nicht die Kenntnis des Käufers von einem konkreten Recht begründet, sondern lediglich die Zuordnung des [X.] nach § 9 Abs. 3 GBBerG an denjenigen gerechtfertigt, der bei Begründung der Dienstbarkeit Eigentümer des belasteten Grundstücks war.

b) Kenntnis ist ferner nicht schon gegeben, wenn der Käufer Kenntnis von Anknüpfungstatsachen -
hier etwa dem Vorhandensein von [X.] oder Anlagen, die auf Abwasserleitungen hindeuten -
hatte. Es muss vielmehr hinzukommen, dass er auch die rechtlichen
Folgen
solcher ihm bekannter [X.] kennt
([X.],
Urteil vom 29. Mai 1954

[X.], [X.]Z 13, 341, 345). Dabei wäre hier zu berücksichtigen, dass die Dienstbarkeiten nicht schon durch §
9 GBBerG begründet worden sind, sondern erst mit dem Inkrafttreten von § 1 Satz 1 [X.], durch den § 9 GBBerG auf die in §
9 Abs. 9 Nr. 1 GBBerG bezeichneten Abwasserentsorgungsleitungen und -anlagen erstreckt wurde. Mit dieser Erstreckung
sind Dienstbarkeiten nicht zur Absicherung jeder Abwasserleitung, sondern nur für Abwasserleitungen und Anlagen zur Fortlei-tung von Abwasser begründet worden, die zur öffentlichen [X.] gehören. Keineswegs eindeutig sind schließlich Lage und Umfang solcher 32
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Rechte (vgl. zum Schutzstreifen bei Wasserleitungen: Senat, Urteil vom 9.
Mai
2014
-
[X.], NJW 2014, 2959 Rn. 13).

2. Für die Auslegung des Haftungsausschlusses kann zwar auf außer-halb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2002 -
V [X.], [X.], 3164 f.). An dem aufgezeigten Grundsatz, dass ein Haftungsausschluss im Zweifel eng auszulegen ist, ändert das aber nichts.

[X.]

Schmidt-Räntsch

Brückner

Kazele

Göbel
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.12.2013 -
3 C 83/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 14.05.2014 -
3 S 5/14 (3) -

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Meta

V ZR 133/14

27.02.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2015, Az. V ZR 133/14 (REWIS RS 2015, 14729)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14729

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