Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 17.04.2015, Az. 1 BvR 3276/08

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2015, 12458

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT VERFASSUNGSBESCHWERDE STRAFVERFAHREN

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zur Statthaftigkeit der Beschwerde gem § 304 StPO gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen im Strafverfahren gem § 176 GVG - hier: Anordnung der lediglich "verpixelten" Bildberichterstattung über Angeklagten in einem Strafverfahren - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs 2 BVerfGG) - zudem kein Rechtsschutzbedürfnis bzgl des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz


Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin unmittelbar gegen die [X.] Anordnung in einem Strafprozess, mit welcher ihr aufgegeben wurde, vom Angeklagten und dem Nebenkläger nur anonymisierte ("verpixelte") Bilder zu veröffentlichen, und mittelbar gegen die Versagung eines fachgerichtlichen Rechtsbehelfs gegen diese Anordnung durch den Gesetzgeber.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist eine bekannte Verlagsgesellschaft, die unter anderem die Tageszeitungen "[X.]" und "Die Welt" herausgibt. In dem zugrundeliegenden Strafverfahren vor der [X.] wurde dem Angeklagten vorgeworfen, einen Holzklotz von einer Autobahnbrücke auf einen fahrenden Personenkraftwagen geworfen und dadurch die Beifahrerin getötet zu haben. Die Tat und die Strafverfolgung fanden bundesweit ein hohes mediales Interesse.

3

2. Nachdem im Rahmen der Berichterstattung über den ersten Verhandlungstag mindestens eine Zeitung unverpixelte Bilder des Angeklagten veröffentlichte, erließ [X.] die mit der Verfassungsbeschwerde angefochtene, auf die Vorschrift des § 176 [X.] gestützte [X.] Anordnung:

In der [X.] (…)

wegen Mordes

wird darauf hingewiesen, dass Bildaufnahmen des Angeklagten und des [X.] nur im anonymisierten (etwa "verpixelten") Zustand veröffentlicht werden dürfen (…).

Bei dem Angeklagten, für den bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung streitet und der sich nur anonymisiert abbilden lassen will, handelt es sich angesichts des bundesweiten Interesses zwar um eine relative Person der Zeitgeschichte, die Foto- und Filmaufnahmen während des Prozesses von sich dulden muss, jedoch führt dieses im Hinblick auf sein Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild hier nicht dazu, dass er auch die nicht anonymisierte bildliche Darstellung hinnehmen muss.

Auch der Nebenkläger wünscht im Hinblick auf sein Persönlichkeitsrecht nur Abbildungen seiner Person im anonymisierten Zustand.

4

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geltend. Ferner rügt sie eine Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs aus Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, weil es gegen die Verfügung des Vorsitzenden [X.] keinen Rechtsschutz gebe.

5

4. Einen ursprünglich gleichzeitig gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.] hat die Beschwerdeführerin nach dem ablehnenden Beschluss der [X.] des [X.] vom 27. November 2008 in dem Parallelverfahren 1 BvQ 46/08 (veröffentlicht in: [X.], [X.] ff.) zurückgenommen.

6

5. Der [X.] und der Präsidentin des [X.] ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die [X.] hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, weil die Beschwerdeführerin die ihr gesetzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe nicht ergriffen habe. Bereits zum Zeitpunkt der Verfassungsbeschwerde hätten sich die Rechtsauffassungen, ob gegen [X.] Anordnungen Rechtsbehelfe vor den [X.] ergriffen werden können, derart gewandelt, dass die auch vom [X.] vertretene Ansicht, gegen [X.] Maßnahmen gebe es keinen Rechtsbehelf, als überholt angesehen werden müsse und der Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde nicht zugrunde gelegt werden könne. Zwischenzeitlich habe sich vielmehr die Auffassung durchgesetzt, dass jedenfalls dann die Beschwerde nach § 304 Abs. 1 [X.] gegen [X.] Verfügungen statthaft sei, wenn es zumindest möglich erscheine, dass die angefochtene Maßnahme Grundrechte oder andere Positionen der Betroffenen über die Hauptverhandlung hinaus dauerhaft tangiere und beeinträchtige oder dass sie sich nicht in der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung erschöpft, sondern weitergehende Wirkung entfalte. Der Beschwerdeführerin sei danach zumutbar gewesen, sich zunächst mit der Beschwerde gegen die streitgegenständliche [X.] Maßnahme zur Wehr zu setzen, denn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschwerde seien im vorliegenden Fall als erfüllt anzusehen: Die Einschränkung der Berichterstattung erschöpfe sich nicht in der Aufrechterhaltung der [X.], sondern wirke weit über die Hauptverhandlung hinaus und greife in die Pressefreiheit der Beschwerdeführerin ein. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem [X.] vorgelegen.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie unzulässig ist.

8

1. Soweit sie sich gegen die [X.] Anordnung des Vorsitzenden der 5. [X.] am [X.] wendet, hat die Beschwerdeführerin den Rechtsweg gegen die angegriffene Verfügung nicht erschöpft.

9

a) Nach § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist eine Verfassungsbeschwerde grundsätzlich erst nach Erschöpfung des Rechtsweges zulässig. Danach muss ein Beschwerdeführer zunächst die ihm gesetzlich zur Verfügung stehenden, nicht offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelfe ergreifen; namentlich muss er den ihm nach der jeweiligen Verfahrensordnung eröffneten Instanzenzug durchlaufen ([X.] 68, 376 <380>). Durch die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte soll dem [X.] ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und ihm die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte vermittelt werden. Zugleich entspricht es der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen [X.] selbst gewähren und etwaige im Instanzenzug auftretende Fehler durch Selbstkontrolle beheben ([X.] 68, 376 <380> m.w.N.).

Zwar gehören offensichtlich unzulässige Rechtsmittel nicht zum Rechtsweg. Andererseits muss der Beschwerdeführer vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf § 90 Abs. 2 [X.] von einem Rechtsmittel grundsätzlich auch dann Gebrauch machen, wenn zweifelhaft ist, ob es statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann (vgl. [X.] 16, 1 <2 f.>; 91, 93 <106>; vgl. auch [X.] 5, 17 <19>; 107, 299 <309>). In derartigen Fällen ist es grundsätzlich die Aufgabe der Fachgerichte, über streitige oder noch offene Zulässigkeitsfragen nach einfachem Recht unter Berücksichtigung der hierzu vertretenen [X.] zu entscheiden. Der Funktion der Verfassungsbeschwerde würde es zuwiderlaufen, sie anstelle oder gleichsam wahlweise neben einem möglicherweise statthaften Rechtsmittel zuzulassen. Es ist daher geboten und einem Beschwerdeführer auch zumutbar, vor der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die Statthaftigkeit weiterer einfachrechtlicher Rechtsbehelfe sorgfältig zu prüfen und von ihnen auch Gebrauch zu machen, wenn sie nicht offensichtlich unzulässig sind ([X.] 68, 376 <381> m.w.N.; siehe auch [X.], 484 <489>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. Oktober 2009 - 1 BvR 2436/09 -, juris, Rn. 4). Offensichtlich unzulässig ist ein Rechtsmittel nur dann, wenn der Rechtsmittelführer nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre zum maßgebenden Zeitpunkt über dessen Unzulässigkeit nicht im Ungewissen sein konnte (vgl. [X.] 28, 1 <6>; 48, 341 <344>; 49, 252 <255>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. Oktober 2009 - 1 BvR 2436/09 -, juris, Rn. 4).

b) Hier spricht zumindest vieles dafür, dass das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 304 Abs. 1 [X.] gegeben ist. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug erlassenen Beschlüsse und Verfügungen des Vorsitzenden statthaft, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich der Anfechtbarkeit entzieht. Gemäß § 304 Abs. 2 [X.] steht die Beschwerde grundsätzlich auch nicht verfahrensbeteiligten Personen zu, die durch die richterliche Entscheidung betroffen sind (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. Oktober 2009 - 1 BvR 2436/09 -, juris, Rn. 5; ferner [X.], Beschluss vom 18. Januar 2005 - StB 6/04 -, juris, Rn. 4; [X.], in: [X.] Kommentar zur [X.], 7. Aufl. 2013, § 304 Rn. 28). Dass die hier angegriffene Verfügung des Vorsitzenden auf Grundlage des § 176 [X.] kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung einer Anfechtung entzogen wäre, ist nicht ersichtlich. Dies gilt sowohl mit Blick auf § 305 Satz 1 [X.] als auch hinsichtlich § 181 Abs. 1 [X.]. Denn § 305 Satz 2 [X.] nimmt alle Entscheidungen vom Ausschluss der Beschwerde aus, durch die dritte, nicht verfahrensbeteiligte Personen betroffen werden, und § 181 Abs. 1 [X.] enthält seinem Wortlaut nach ebenfalls keinen ausdrücklichen Ausschluss der Anfechtung [X.]r Anordnungen im Sinne des § 176 [X.].

Es ist nicht dargelegt, dass Rechtsprechung und Lehre in einer keine ernstlichen Zweifel mehr zulassenden Weise entsprechende Beschwerden regelmäßig als unstatthaft oder als aus anderen Gründen unzulässig ansehen. Zwar lehnte insbesondere die ältere fachgerichtliche Rechtsprechung eine Beschwerde gegen Verfügungen des Vorsitzenden nach § 176 [X.] ab (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Mai 1963 - 2 W 63-65/63 -, NJW 1963, [X.] 1508 <1508>; [X.], Beschluss vom 28. November 1968 - [X.] -, [X.] 1969, [X.] 600 <600>; [X.], Beschluss vom 1. Februar 1972 - 3 Ws 27/72 -, NJW 1972, [X.] 1246 <1247>; [X.], Beschluss vom 26. März 1987 - 1 Ws 139-142/87 -, NStZ 1987, [X.] 477 <477>; [X.], Beschluss vom 10. Juni 1976 - 3 Ws 18/76 -, NJW 1976, [X.] 1987 <1987>; Beschluss vom 10. April 1992 - [X.] -, NStZ 1992, [X.] 509 <509>) und folgt ein Teil der Literatur bis heute dieser Auffassung (vgl. [X.], in: [X.], [X.], 2. Aufl. 2012, [X.] § 181 Rn. 1; Kaehne, [X.] [X.]r Maßnahmen, 2000, [X.] ff.; [X.], [X.], [X.] 389 <392>; Lehr, NStZ 2001, [X.]>). Der [X.] hat die Frage einer Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 [X.] gegen [X.] Maßnahmen bislang ausdrücklich offengelassen (vgl. [X.]St 44, 23 <25>). Doch sprach sich ein nicht unerheblicher Teil der neueren fachgerichtlichen Rechtsprechung bereits im Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde für die Statthaftigkeit der Beschwerde aus (vgl. [X.], Beschluss vom 25. August 1976 - 2 Ws 143/76 -, NJW 1977, [X.] 309 <309 f.>; [X.], Beschluss vom 14. Juli 2006 - 2 Ws 679/06 u.a. -, NJW 2006, [X.] 3079 <3079>; [X.], Beschluss vom 27. Januar 2007 - 2 [X.]/07 -, NStZ-RR 2007, [X.] 348 <348 f.>; [X.], Beschluss vom 29. September 2008 - 16 Ta 333/08 -, juris, Rn. 8). Voraussetzung sei, dass der [X.]n Anordnung eine über die Dauer der Hauptverhandlung oder sogar über die Rechtskraft des Urteils hinausgehende Wirkung zukommt und insbesondere Grundrechte oder andere Rechtspositionen des von einer [X.]n Maßnahme Betroffenen dauerhaft tangiert und beeinträchtigt werden. Auch die Kommentarliteratur hatte sich - bezogen auf den Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde - bereits dieser neuen obergerichtlichen Rechtsprechungslinie angeschlossen (vgl. [X.], [X.], 51. Aufl. 2008, [X.] § 176 Rn. 16; [X.], in: [X.] Kommentar zur [X.], 6. Aufl. 2008, [X.] § 176 Rn. 7; noch weitergehend jetzt [X.], in: [X.], SK-[X.], 4. Aufl. 2013, Band [X.], [X.] § 176 Rn. 17). Dieser Ansicht folgen mittlerweile weitere Gerichte (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 [X.]/08 -, [X.], [X.] 1094 ff.; KG, Beschluss vom 27. Mai 2010 - 4 Ws 61/10 -, NStZ 2011, [X.]>; [X.], Beschluss vom 29. Juni 2011 - 4 Ws 136/11 -, NJW 2011, [X.] 2899 <2899>; [X.], Beschluss vom 24. November 2011 - 3 Ws 370/11 -, NStZ-RR 2012, [X.] 118 <118 f.>).

Nach den fachgerichtlich entwickelten Kriterien wäre eine Beschwerde gegen die streitgegenständliche [X.] Verfügung nicht offensichtlich unzulässig gewesen. Dass auch das [X.] in der Vergangenheit und zuletzt im Jahr 2007 angenommen hat, ein Rechtsweg gegen [X.] Maßnahmen nach § 176 [X.] sei nicht eröffnet (vgl. [X.] 87, 334 <338 f.>; 91, 125 <133>; 103, 44 <58>; 119, 309 <317>), steht dem nicht entgegen. Denn im Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde war nach der weitgehenden Änderung der Auffassung in fachgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur ein Rechtsmittel nach § 304 Abs. 1 [X.] nicht mehr offensichtlich unzulässig. Die Verpixelungsanordnung reicht über die Dauer der Hauptverhandlung und sogar über die Rechtskraft des Urteils hinaus, denn sie untersagt das Veröffentlichen nicht anonymisierter Aufnahmen des Angeklagten sowie des [X.] vor und nach den Sitzungen der [X.] zeitlich unbeschränkt. Auch dient die Anordnung nicht lediglich der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, sondern vielmehr dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Angeklagtem und Nebenkläger. Sie war darauf gerichtet, die Wirkungen einer nicht anonymisierten Abbildung gerade des Angeklagten außerhalb des Verfahrens einzuschränken, um dem rechtsstaatlichen Gebot der Unschuldsvermutung gerecht zu werden. Schließlich reicht die [X.] Verfügung auch insoweit über den Gang der Hauptverhandlung hinaus, als sie nicht nur prozessuale Rechte der nicht verfahrensbeteiligten Beschwerdeführerin tangiert, sondern darüber hinaus in ihre Pressefreiheit eingreift.

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung eines fachgerichtlichen Rechtsbehelfs gegen [X.] Maßnahmen nach § 176 [X.] durch den Gesetzgeber richtet, ist sie wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das Prozessrecht hält mit §§ 304, 306 [X.] ein Rechtsmittel bereit, dessen Anwendungsbereich von den [X.] - jedenfalls heute - in grundrechtsfreundlicher, der Garantie effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung tragender Auslegung so weit gezogen wird, dass er die streitgegenständliche [X.] Anordnung bereits erfasst.

Dass § 304 Abs. 4 [X.] Beschlüsse und Verfügungen des [X.] sowie eines [X.] - mithin auch [X.] Anordnungen, die [X.] am [X.] im ersten Rechtszuge trifft - von der Anfechtung ausnimmt, lässt mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes zwar weiterhin Fragen offen, braucht im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden zu werden. Auch hier ist im Übrigen eine Auslegung nicht ausgeschlossen, wonach die Aufzählung in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] grundrechtskonform um Verfügungen des Vorsitzenden [X.] am [X.] zu erweitern ist, die über die Hauptverhandlung hinausgehen und Grundrechte des Betreffenden beeinträchtigen. Bereits in der Vergangenheit hat der [X.] eine Analogie in Fallgestaltungen zugelassen, die besonders nachteilig in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreifen (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 1999 - StB 1/99 -, NJW 2000, [X.] 1427 <1428> m.w.N.).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 3276/08

17.04.2015

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BVerfG, 27. November 2008, Az: 1 BvQ 46/08, Ablehnung einstweilige Anordnung

Art 5 Abs 1 S 2 GG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 176 GVG, § 181 Abs 1 GVG, § 304 Abs 1 StPO, § 304 Abs 2 StPO, § 304 Abs 4 S 2 Halbs 2 StPO, § 305 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 17.04.2015, Az. 1 BvR 3276/08 (REWIS RS 2015, 12458)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2175 REWIS RS 2015, 12458

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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