Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. XII ZB 350/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8174

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:120717BXIIZB350.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 350/16
vom
12. Juli 2017
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1685 Abs. 1; FamFG § 68 Abs. 3 Satz 2
a)
Gemäß §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG kann im Beschwerdeverfahren auch gegen den Willen eines Beteiligten ohne erneuten Erörterungstermin entschieden wer-den.
b)
Der Umgang der Großeltern mit dem Kind dient regelmäßig nicht seinem Wohl, wenn die

einen solchen Umgang ablehnenden

Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt ge-riete.
c)
Der Erziehungsvorrang ist von [X.] wegen den Eltern zugewiesen. Missachten die Großeltern diesen, lässt dies ein Umgangsrecht nach §
1685 Abs.
1 BGB als nicht kindeswohldienlich erscheinen.
d)
Das [X.] kann einen "Antrag" der Großeltern auf Umgang bei [X.] schlicht zurückweisen, weil es

anders als beim [X.]

nicht um die Ausgestaltung eines bestehenden Um-gangsrechts geht, sondern bereits die Voraussetzungen für ein Umgangsrecht fehlen.
[X.], Beschluss vom 12. Juli 2017 -
XII ZB 350/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 12.
Juli 2017 durch [X.], [X.], Dr.
Günter und [X.] und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16.
Zivilsenats

Familiensenat

des [X.] vom 16.
Juni 2016 wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen.
Wert: 3.000

Gründe:
A.
Die Antragsteller begehren Umgang mit ihren beiden Enkeln.
Sie sind die Großeltern mütterlicherseits der Kinder
K., geboren am 12.
Oktober 2006, und M., geboren am 15.
September 2008. [X.] bei ihren leiblichen Eltern, den [X.], auf. Nach der Geburt [X.]n die Kinder zunächst regelmäßigen Kontakt mit den Großeltern. 2009 kam es zu einem Kontaktabbruch. 2011 wurde der Kontakt wieder aufgenommen. Dem lag unter anderem eine Vereinbarung zu Grunde, die die Eltern und die [X.] geschlossen hatten. Darin verpflichteten sich die Großeltern, den Eltern ein zinsloses Darlehen zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt wurde ihnen hinsichtlich der Kinder ein Umgangsrecht eingeräumt. Das Darlehen soll-1
2
-
3
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te sofort zur Rückzahlung fällig sein, sofern durch die Eltern das Umgangsrecht nicht mehr gewährt würde. Seit Juli 2014 lehnen die Eltern den Umgang ihrer Kinder mit den Großeltern erneut ab. Hintergrund hierfür ist, dass ihnen kurz zuvor ein Schreiben der Großeltern an das zuständige Jugendamt bekannt ge-worden war, in dem diese diverse Vorwürfe und Bedenken in Bezug auf die Er-ziehung der Kinder durch die leiblichen Eltern, überschrieben mit den Worten "", vorbringen.
Das Amtsgericht hat den Antrag der Großeltern auf Einräumung eines Umgangsrechts zurückgewiesen, nachdem es den Kindern einen [X.] bestellt, ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten ein-geholt und die Eltern, die Großeltern sowie die Kinder persönlich angehört [X.]. Das [X.] hat die Beschwerde der Großeltern zurückgewiesen, ohne die Beteiligten erneut anzuhören. Hiergegen wenden sich die Großeltern mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

I.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§
70 Abs.
1 FamFG). Der Senat ist an die Zulassung gebunden.
Die Rechtsbeschwerde ist auch uneingeschränkt zugelassen, obgleich das [X.] ersichtlich allein die Verfahrensfrage beantwortet wissen 3
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will, ob gemäß §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG auch gegen den Willen eines Betei-ligten im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann. Aus der vom [X.] angeführten Verfahrensfrage kann sich indes keine Beschränkung der Rechtsbeschwerde ergeben. Denn die Beschränkung der Rechtsbeschwerde oder Revision muss sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen, der Gegenstand einer Teilentscheidung sein oder auf den der Rechtsmittelführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte. Eine Beschränkung der Zulassung auf [X.] Rechtsfragen ist nicht zulässig (Senatsbeschluss vom 15.
März 2017

XII
ZB
109/16

FamRZ 2017, 884 Rn.
14 mwN).
Die vom [X.] für die Zulassung angeführte [X.] betrifft demgegenüber das gesamte Umgangsrechtsverfahren. Sie dürfte ohnedies nur das Motiv der Zulassung wiedergeben, nicht aber die Absicht, diese zu beschränken.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Eine Entscheidung sei ohne erneute Durchführung einer mündlichen Verhand-lung gemäß §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG zulässig. Das Amtsgericht habe bereits wiederholt mit den Beteiligten die Sach-
und Rechtslage erörtert und sowohl die Eltern als auch die Großeltern sowie die betroffenen Kinder und deren Verfah-rensbeistand persönlich angehört. Weiterhin habe
es ein umfangreiches Sach-verständigengutachten eingeholt, zu dem die Beteiligten ebenfalls angehört worden seien. Von einer erneuten mündlichen Verhandlung und persönlichen 7
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-
Anhörung der Beteiligten wären keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten. Dies ergebe sich auch aus der Stellungnahme der Antragsteller zu dem [X.], in der sie eine Entscheidung ohne erneute mündliche Verhandlung ablehnten.
Das Umgangsrecht der in §
1685 BGB genannten Personen finde seine Grenze, wenn die Kinder aufgrund eines [X.] zwischen Eltern und Großeltern einem erheblichen Loyalitätskonflikt ausgesetzt würden. Dann be-wirke der Umgang nicht eine Förderung der Kinder, sondern schlage in eine Belastung um. Das Amtsgericht sei zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die Einräumung eines Umgangsrechts für die Antragsteller die aufgrund der bishe-rigen Spannungen ohnehin betroffenen Kinder zusätzlich belasten würde. Die Sachverständige sei mit überzeugender und nachvollziehbarer Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kinder eine gute Beziehung zu ihren leibli-chen Eltern aufgebaut hätten. Die Kritik der Großeltern an der Erziehung der Eltern habe sich insoweit nicht bestätigt. Weiterhin habe die Sachverständige ebenfalls mit überzeugender Begründung festgestellt, dass ein erzwungener Kontakt zwischen den Kindern und den Großeltern gegen den Widerstand der Eltern zu weiteren erheblichen Belastungen und einem massiven [X.] führen würde. Auf dieser Grundlage sei die Sachverständige nicht nur zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Kontakt zwischen den Kindern und den Großeltern dem Wohl der Kinder nicht diene, sondern darüber hinaus, dass ein erzwungener Kontakt zwischen Enkelkindern und Großeltern aus psy-chologischer Sicht mit den [X.] nicht vereinbar sei.
Ein weiterer gewichtiger Gesichtspunkt, der gegen die Gewährung von Umgang für die Großeltern spreche, sei es, wenn die Enkelkinder selbst den Umgang mit den Großeltern ablehnen. Bereits bei ihrer Anhörung durch die Sachverständige hätten beide Kinder angegeben, dass sie einen Kontakt mit 10
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den Großeltern nur wünschten, wenn der Streit zu Ende sei. Einen [X.] Wunsch hätten die Kinder auch gegenüber dem Verfahrensbeistand geäußert. Ihm gegenüber und gegenüber dem Gericht hätten beide Kinder Kon-takte mit den Großeltern abgelehnt. Sie hätten auf den Streit zwischen den [X.] und den Großeltern verwiesen. Unabhängig davon, inwieweit dies dem Kindeswillen oder auch den antizipierten (gegebenenfalls auch vermeintlichen) Erwartungen der Eltern entspreche, bleibe jedenfalls festzuhalten, dass sich die Kinder gegen einen Umgang mit den Großeltern ausgesprochen hätten.
Schließlich widerspreche die Gewährung eines Umgangsrechts dem Wohl der Kinder, weil die Großeltern das Erziehungsprimat der Eltern nicht un-eingeschränkt anerkennten. Die Großeltern hätten mehrfach gezeigt, grund-sätzlich nicht bereit zu sein, die primäre Verantwortung der leiblichen Eltern für das Wohl ihrer Enkelkinder zu respektieren. Hierfür spreche bereits das [X.] der Großeltern an das Jugendamt, in dem sie zum Ausdruck gebracht [X.], dass die familiäre Situation bei den leiblichen Eltern instabil sei und die Kinder dort "seelisch misshandelt"
würden. Aber auch in der [X.] hätten sich die Großeltern in Bezug auf die Situation der Kinder bei ihren leiblichen Eltern kritisch geäußert. In einem persönlichen Schreiben the-matisierten sie die Sorge, dass sich die Situation der Kinder, zu denen sie seit Oktober 2014 keinerlei persönlichen Kontakt mehr gehabt hätten, immer weiter verschlimmere. Das Interesse an dem Umgang begründeten sie mit dem Wunsch, sich durch die Umgangskontakte vom Wohlergehen und der Entwick-lung ihrer Enkel überzeugen zu können. Immer wieder sprächen sie von einer besorgniserregenden Entwicklung auf Seiten der Kinder.
Schließlich sei eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens nicht veranlasst. Dieses beruhe auf der Annahme, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Großeltern nachhaltig zerrüttet sei. Den im Beschwerde-12
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-
verfahren gewechselten Schriftsätzen ließen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich an diesem Befund etwas zum Positiven gewendet haben könnte.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Es ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesge-richt entgegen dem Willen der Großeltern keinen erneuten Erörterungstermin durchgeführt hat. Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Ober-landesgericht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht die Voraussetzungen für ein Umgangsrecht der Großeltern als (derzeit) nicht gegeben erachtet hat. Dabei durfte es sich schließlich mit der schlichten Zurückweisung des [X.] begnügen, anstatt das Umgangsrecht (gegebenenfalls für einen bestimmten Zeitraum) auszuschließen.
a) Die Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde, wonach das [X.] nicht im schriftlichen Verfahren hätte entscheiden dürfen, geht fehl.
aa) Gemäß §
68 Abs.
3 Satz
1 FamFG bestimmt sich das Beschwerde-verfahren (im Übrigen) nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Nach §
155 Abs.
2 Satz
1 FamFG erörtert das Gericht in [X.] die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Das [X.] kann jedoch gemäß §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshand-lungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen [X.] und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu er-warten sind. Diese Regelung ist mit Art.
6 EMRK
vereinbar. Die [X.] enthält zwar den Grundsatz der mündlichen Verhandlung für alle streitigen Zivilverfahren, worunter auch Ehesachen, Kindschaftssachen und Unterbringungssachen fallen. Für [X.] gilt dabei jedoch, dass
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eine zweite mündliche Verhandlung bei Tatsachenentscheidungen entbehrlich ist, wenn ohne eigene Tatsachenermittlungen aufgrund der Aktenlage entschie-den werden kann (BT-Drucks. 16/6308 S.
207).
Danach liegt es allein im Ermessen des [X.],
ob es mit den Beteiligten einen erneuten Erörterungstermin durchführt; weil es sich beim Umgangsrechtsverfahren nicht um eine Familienstreitsache handelt, bedarf es hierzu nicht einmal eines Hinweises nach §
117 Abs.
3 FamFG ([X.] FamRZ 2009, 465, 478).
Eine Regelung, wonach von einem einzelnen Verfahrensschritt im Sinne von §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG gegen den Willen eines Beteiligten nicht abgesehen werden darf, besteht
demgegenüber nicht. §
128 Abs.
2 ZPO, demzufolge das Gericht nur
mit Zustimmung der Parteien eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen darf, ist im Umgangsrechtsverfahren nicht anwendbar. Im Übrigen kann das Beschwerdegericht selbst in einer Ehe-
oder Familienstreitsache, in der gemäß §§
128 Abs.
1 ZPO, 113 Abs.
1 FamFG grundsätzlich eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, gemäß §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen nach Erteilung
des Hinweises gemäß §
117 Abs.
3 FamFG von einer Wiederholung absehen und im schriftlichen Verfahren
entscheiden (MünchKommFamFG/A.
Fischer 2.
Aufl. §
68 Rn.
28; [X.]/[X.] FamFG 19.
Aufl. §
117 Rn.
63).
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats in Betreuungs-
und Unterbringungsverfahren, dass das Beschwerdegericht
nach §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschluss vom 7.
Dezem-ber 2016

XII
ZB
136/16

FamRZ 2017, 478 Rn.
4 mwN). Weitere Vorausset-zung ist, dass die Anhörung bereits im ersten Rechtszug ohne Verletzung von zwingenden Verfahrensvorschriften vorgenommen worden ist. Nach Erlass der 18
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-
9
-
erstinstanzlichen Entscheidung vorgetragene Tatsachen oder eine Änderung der Sachlage erfordern nur dann
keine erneute Anhörung, wenn diese Tatsa-chen oder die Änderung offensichtlich für die Entscheidung unerheblich sind. Zieht das Beschwerdegericht für seine Entscheidung mit einem neuen oder er-gänzenden Sachverständigengutachten eine neue Tatsachengrundlage
heran, die nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datiert, so ist eine erneute Anhö-rung des Betroffenen dagegen geboten (Senatsbeschluss vom 7.
Dezember 2016

XII
ZB
32/16

FamRZ 2017, 477 Rn.
6).
Die vom Senat zu Anhörungen in Betreuungs-
und Unterbringungsver-fahren aufgestellten Grundsätze sind auch auf den Erörterungstermin in [X.] übertragbar, da diese Verfahrenshandlung vom Regelungsbe-reich des §
68 FamFG gleichermaßen erfasst wird (vgl. auch [X.] FamRZ 2016, 1917, 1921
und noch zu §
50
a [X.] Senatsbeschlüsse vom 11.
Juli 1984

IVb
ZB
73/83

FamRZ 1985, 169, 171
f. und [X.]Z 185, 272 =
FamRZ 2010, 1060 Rn.
40).
bb) Gemessen hieran ist das [X.] zutreffend davon aus-gegangen, dass es keine erneute Erörterung durchführen musste.
Das Amtsgericht hat umfangreiche Ermittlungen durchgeführt und die Sache mit den Beteiligten erörtert. Es hat die Kinder, denen es einen Verfah-rensbeistand bestellt hatte, sowie die übrigen Beteiligten angehört, das [X.] einbezogen und ein Sachverständigengutachten eingeholt.
Dass sich zwischen erster und zweiter Instanz bedeutende Änderungen ergeben hätten, ist weder von der Rechtsbeschwerde dargelegt noch sonst ersichtlich.
Dass das [X.] die Kindesanhörung in einem Maße anders als das Amtsgericht bewertet hat, das eine erneute Anhörung bzw. Erörterung erforderlich gemacht hätte, ist weder von der Rechtsbeschwerde gerügt noch 20
21
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10
-
sonst ersichtlich. Das [X.] hat festgestellt, dass die Kinder unter anderem
bei ihrer gerichtlichen Anhörung einen Umgang mit den Großeltern abgelehnt haben. Dabei hat es offen gelassen, ob die Äußerungen eher ihrem Willen oder den Erwartungen der Eltern entsprochen haben. Dies lässt sich noch mit den Ausführungen des Amtsgerichts in Einklang bringen, wonach es den Eindruck gewonnen hat, dass beide Kinder vor ihrer Anhörung von den [X.] erheblich beeinflusst worden seien. Entscheidend haben schließlich sowohl das Amtsgericht als auch das [X.] auf den Streit zwischen Eltern
und Großeltern und die daraus resultierenden Loyalitätskonflikte für die Kinder abgestellt. Insoweit hat das [X.] im Ergebnis keine anderen Schlüsse aus der Kindesanhörung gezogen als das Amtsgericht.
b) Ebenso wenig ist die Entscheidung des [X.]s zu [X.], soweit es die Voraussetzungen für ein Umgangsrecht der Großeltern verneint hat.
aa) Gemäß §
1685 Abs.
1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.
Für die Frage, was dem Wohl des
Kindes dient, kann §
1626 Abs.
3 Satz
2 BGB als Auslegungshilfe herangezogen werden ([X.] Beschluss
vom 21.
April 2017

6
UF
20/17

juris Rn.
10; [X.]/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1685 Rn.
12; [X.]/[X.] 7.
Aufl.
§
1685 Rn.
12; BT-Drucks. 13/4899 S.
107, 169). Danach gehört der Umgang mit an-deren Personen (als den Eltern), zu denen das Kind Bindungen besitzt, zum Wohl des Kindes, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förder-lich ist.
Der Umgang der Großeltern mit dem Kind dient hingegen regelmäßig nicht seinem Wohl, wenn die

einen solchen Umgang ablehnenden

Eltern 24
25
26
27
-
11
-
und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen
Loyalitätskonflikt geriete ([X.] Beschluss vom 21.
April 2017

6
UF
20/17

juris Rn.
12; [X.] FamRZ 2016, 1092; [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1685 Rn.
12; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6.
Aufl. §
1685 Rn.
5). Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Erziehungsvorrang von [X.] wegen den Eltern zugewiesen
ist. Ist zu befürchten, dass die Großeltern diesen Erziehungsvorrang missach-ten, lässt dies ein Umgangsrecht nach §
1685 Abs.
1 BGB deshalb ebenfalls
als nicht kindeswohldienlich erscheinen ([X.] Beschluss
vom 21.
April 2017

6
UF
20/17

juris Rn.
12; [X.]/[X.]/[X.] Familien-recht 6.
Aufl. §
1685 Rn.
5; [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1685 Rn.
12). Schließlich ist zur Feststellung der [X.] eine um-fassende
Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls durchzuführen ([X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6.
Aufl. §
1685 Rn.
5).
bb) Gemessen hieran ist es [X.] nicht zu [X.], dass das [X.] die Voraussetzungen für einen Großel-ternumgang verneint hat.
Auch wenn man vorliegend tragfähige Bindungen der Kinder zu den Großeltern unterstellt, kann daraus keine positive Vermutung der [X.] hergeleitet werden. Denn weitere Voraussetzung für eine solche Vermutung wäre, dass die Aufrechterhaltung der Bindungen für die Entwicklung der Kinder förderlich ist. Hiervon kann den Feststellungen des [X.] zufolge indes nicht ausgegangen werden.
Danach bestehen erhebliche Zerwürfnisse zwischen Eltern und Großel-tern. Letztere sind ersichtlich nicht bereit, den Erziehungsvorrang der Eltern zu respektieren. Im Gegenteil: Sie stellen deren Erziehungskompetenz auch ge-28
29
30
-
12
-
genüber Dritten, namentlich dem Jugendamt, deutlich in Frage, indem sie die Eltern der seelischen Misshandlung der
Kinder bezichtigen, was sich nach den tatrichterlichen Feststellungen indes nicht bestätigt hat. Im Falle der [X.] wäre ein Loyalitätskonflikt für die Kinder unausweichlich. [X.] kann dahinstehen, ob die Ursachen hierfür eher bei den Eltern (so wohl das Amtsgericht) oder bei den Großeltern (so wohl das [X.]) liegen. Allein der Umstand, dass die Eltern im [X.] nur bereit waren, einen weite-ren Umgang zuzulassen, wenn die Großeltern ihnen ein zinsloses Darlehen gewähren und die Beteiligten hierüber sogar eine schriftliche Vereinbarung ab-geschlossen haben, zeigt, wie desolat das Verhältnis zwischen ihnen ist.
c) Schließlich ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberlan-desgericht die schlichte Zurückweisung des Umgangsrechtsantrags durch das Amtsgericht gebilligt hat.
aa) Allerdings ist streitig, ob im Rahmen des §
1685 BGB die Zurückwei-sung eines Umgangsrechtsantrags der Großeltern genügt, oder ob das Um-gangsrecht im Falle einer negativen Entscheidung (gegebenenfalls für einen bestimmten Zeitraum) auszuschließen ist.
Nach einer Auffassung ist der Antrag der Großeltern nicht [X.], sondern deren Umgangsrecht in dem hierfür von §
1684 Abs.
4 Satz
1 und
2 BGB vorgegebenen Rahmen konkret auszuschließen ([X.] Beschluss vom
21.
April 2017

6
UF
20/17

juris Rn.
14 mwN; [X.] Beschluss vom 19.
März 2013

4
UF
261/12

juris Rn.
9; BeckOGK BGB/[X.] [Stand:
1.
April 2017]
§
1685 Rn.
167). Demgegenüber lässt die Ge-genmeinung eine bloße Zurückweisung des Antrags ausreichen, weil es

[X.] als beim Umgangsrecht der Eltern

nicht um die Ausgestaltung eines be-31
32
33
-
13
-
stehenden Umgangsrechts gehe (OLG
Celle NJW-RR 2011, 1512, 1513; [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1685 Rn.
15).
bb) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. Zwischen dem [X.] und der Großeltern bestehen Unterschiede von solchem Gewicht, dass eine unterschiedliche Tenorierung gerechtfertigt ist.
Eine bloße Zurückweisung des Umgangsrechtsantrags eines Elternteils lässt sich nicht mit dem Elternrecht aus Art.
6 Abs.
2 Satz
1 GG vereinbaren ([X.] FamRZ 2006, 1005, 1006; 2005, 1815, 1816). Denn durch die Zurück-weisung des Antrags auf gerichtliche Regelung des Umgangsrechts tritt ein Zu-stand ein, der dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz nicht gerecht wird, unter dem das Umgangsrecht des jeweiligen Elternteils steht. Eine Ent-scheidung, durch die das Umgangsrecht weder versagt noch in irgendeiner Weise eingeschränkt wird, die aber eine gerichtliche Hilfe zur tatsächlichen Ausgestaltung verweigert, lässt das Umgangsrecht nur scheinbar unberührt. Der grundsätzlich umgangsberechtigte Elternteil weiß dann nämlich nicht, in welcher Weise er das Recht tatsächlich wahrnehmen darf und in welchem [X.] Abstand er einen neuen Antrag auf gerichtliche Regelung zu stellen [X.] ist. Demgemäß hat das zur Umgangsregelung angerufene [X.] entweder Umfang und Ausübung der Umgangsbefugnis konkret zu regeln oder, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, die Umgangsbefugnis ebenso konkret einzuschränken oder auszuschließen; es darf sich aber [X.] im Regelfall nicht auf die Ablehnung einer gerichtlichen Regelung be-schränken (Senatsbeschluss vom 13.
April 2016

XII
ZB
238/15

FamRZ 2016, 1058 Rn.
17 mwN).
Etwas anderes gilt indes beim Umgangsrecht der Großeltern. Dieses folgt nicht unmittelbar aus einer eigenen Grundrechtsposition. Es wurde mit 34
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36
-
14
-
dem im Jahr 1998 in [X.] getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetz einge-führt. Der Gesetzgeber wollte damit der Tatsache Rechnung tragen, dass [X.] nicht selten auch von anderen Personen, namentlich ihren Großeltern, [X.] werden und hierbei Bindungen entwickeln, weshalb ein plötzlicher Wegfall aller Kontakte für das Kind schädlich sein könnte (BT-Drucks. 13/4899 S.
46
f.). Dabei stand für den Gesetzgeber im Vordergrund, dass andere Personen als die Eltern nur dann ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben sollen, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient
(BT-Drucks. 13/4899 S.
68). Zu Recht ver-weist das [X.] Celle (NJW-RR 2011, 1512, 1513)
deshalb darauf, dass die Großeltern gemäß §
1685 Abs.
1 BGB ein Umgangsrecht nur dann haben, wenn ein Umgang dem Wohl des Kindes dient. Während beim [X.] nach §
1684 BGB grundsätzlich nur die konkrete Ausge-staltung des Umgangs zu regeln ist und lediglich bei einer sonst konkret [X.] Kindeswohlgefährdung ein Umgangsausschluss in Betracht kommt, ist Voraussetzung für die gerichtliche Anordnung eines Umgangs mit den Großel-tern, dass positiv die [X.] festgestellt wird. Im letzteren Fall ist es daher auch nicht erforderlich, förmlich einen ausdrücklichen [X.] auszusprechen. Denn auch die Zurückweisung des [X.] stellt entgegen der Auffassung des [X.]s Frankfurt

-
15
-

(Beschluss vom 19.
März 2013

4
UF
261/12

juris Rn.
9) eine Sachentschei-dung mit dem Inhalt dar, dass der [X.] (derzeit) kein Recht auf Um-gang hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich beim [X.]

sei es nach §
1684 BGB oder nach §
1685 BGB

um ein Amtsverfahren handelt, der "Antrag"
also lediglich eine Anregung iSd §
24 Abs.
1 FamFG darstellt. Denn Aufgabe des Tenors ist es, das materielle Recht zu konkretisieren. Besteht indes kein Umgangsrecht, bedarf es insoweit auch keines Ausschlusses.

Dose

Schilling

Günter

[X.]

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.12.2015 -
2 F 724/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.06.2016 -
16 UF 134/16 -

Meta

XII ZB 350/16

12.07.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. XII ZB 350/16 (REWIS RS 2017, 8174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8174

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XII ZB 350/16

2 F 724/14

16 UF 134/16

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