Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.10.2012, Az. 5 AZR 473/11

5. Senat | REWIS RS 2012, 2241

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Gegenstand

Vergütung von Pausenzeiten und Rufbereitschaft nach einem Firmentarifvertrag


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 24. Mai 2011 - 3 [X.]/10 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Mai 2011 - 3 [X.]/10 - aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 2.470,50 Euro brutto (Pausenvergütung) nebst Zinsen zu zahlen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Pausen und Rufbereitschaft.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten als Betriebsarbeiter in der [X.] tätig. Gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrags vom 26. August 1992 gelten für das Arbeitsverhältnis, soweit nichts anderes bestimmt ist, die jeweils zwischen der [X.] und dem zuständigen Arbeitgeberverband abgeschlossenen Tarifverträge.

3

In der [X.] wird im [X.] gearbeitet (wöchentlich sieben Tage zu 24 Stunden). Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistung in Früh-, Spät- und Nachtschichten, darüber hinaus wird er nach einem Schichtplan zu Freischichten und „Rufbereitschaftsschichten“ eingeteilt. Die vollkontinuierliche Arbeitszeit wird bei der Beklagten bereits seit 1991 praktiziert.

4

Am 6. April 2005 schloss die damals als [X.] firmierende Beklagte mit der [X.] - Bezirksleitung [X.] - einen Manteltarifvertrag (im Folgenden: [X.] 2005), der auszugsweise Folgendes regelt:

        

„§ 3 Normalarbeitszeit

        

1.    

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt für Vollzeitbeschäftigte 35 Stunden und ist gleichmäßig auf fünf Arbeitstage von Montag bis Freitag zu verteilen.

        

…       

        
        

3.    

Für gesetzlich oder vertraglich zu bezahlende Tage, an denen keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (z.B. Urlaub, Feiertage, Krankheit mit Entgeltfortzahlung, bezahlte Freistellung, Freischichten) werden unabhängig von der tatsächlich im Betrieb geleisteten [X.] mit 7 Stunden der Entgeltabrechnung zu Grunde gelegt und auf die Wochenarbeitszeit angerechnet.

        

…       

        

§ 6 Schichtarbeit

        

I.    

Wechselschicht

                 

(1)     

Wechselschicht liegt vor, wenn in 2 Schichten (z.B. Früh- und Spätschicht), oder in 3 Schichten (z.B. Früh-, Spät- und Nachtschicht) in regelmäßigem Wechsel gearbeitet wird.

                 

(2)     

Die Schichtpausen bei 3-Schichtbetrieb betragen ½ Std. und werden bezahlt.

                 

(3)     

Im übrigen regelt sich die Arbeitszeit nach einem Schichtplan, der zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung vereinbart wird.

        

II.     

Contischicht

                 

(1)     

Im Geltungsbereich der vollkontinuierlichen Arbeitszeit kann die Produktionszeit grundsätzlich 168 Std. pro Woche (7 x 24 Std.) unter Einbeziehung von Sonn- und Feiertagen betragen.

                 

(2)     

[X.]/der Schichtplan einschließlich evtl. zu bezahlender Freischichten für das Folgejahr werden rechtzeitig zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung vereinbart.

        

…       

        

§ 9 Rufbereitschaft

        

Beschäftigte, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen eventuellen Einsatz bereithalten müssen, erhalten für diese [X.] eine Vergütung. Der Personenkreis, der [X.]raum und die Grundsätze der Vergütung sind durch Betriebsvereinbarung zu regeln.

        

…       

        

§ 11 Spät-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

        

…       

        
                 

Die Zuschläge betragen:

                 

(1)     

…       

                 

…       

        
                 

(6)     

Für jede Stunde bei vollkontinuierlicher Arbeitsweise

6 %     

        
        

…“    

                 

5

Am 20. Juli 2006 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Rufbereitschaft (im Folgenden: [X.]), die auszugsweise lautet:

        

„1.     

Der Arbeitsablauf in den einzelnen Produktionsbereichen ist so angelegt, daß von einigen Mitarbeitern immer wieder Rufbereitschaft außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit abgeleistet werden muß.

                 

…       

        

2.    

Rufbereitschaft der Schlosser Instandhaltung für die [X.]

                 

[X.]en für Rufbereitschaft sind an Wochenenden und Feiertagen (24 Std.). Hierfür ist ein Mitarbeiter zur Rufbereitschaft eingeteilt.

        

3.    

Rufbereitschaft der Elektriker für den gesamten Betrieb

                 

[X.]en der Rufbereitschaft sind montags bis freitags von 22:30 Uhr bis 06:00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen (24 Std.). Hierfür ist ein Mitarbeiter zur Rufbereitschaft eingeteilt.

        

4.    

Druckmaschinen [X.]

                 

Herr S, wird nicht in eine regelmäßige Rufbereitschaft eingeteilt, wird aber in Notfällen durch Anruf (Betriebsleiter/Produktionsleiter) bereit sein, die Arbeit aufzunehmen. Dies wird mit einem Betrag von € 170,00 monatlich vergütet. Im übrigen gilt Ziffer 8, Abs. a - c dieser Vereinbarung.

        

5.    

Für die [X.] der Rufbereitschaft wird dem Mitarbeiter ein Handy zur Verfügung gestellt, das er für die [X.] der Rufbereitschaft bei sich zu führen hat, um ständig erreichbar zu sein.

        

6.    

Die Rufbereitschaft wird mit einem Betrag von € 235,00 monatlich vergütet. Voraussetzung ist, dass für mindestens 12 Tage ein Lohnzahlungsanspruch besteht. (Außerhalb der Entgeltfortzahlung wird dieser Betrag nicht gezahlt)

        

…       

        
        

8.    

Die zur [X.] von Rufbereitschaft betroffenen Mitarbeiter sind im Anhang (a) dieser Vereinbarung beigefügt.

                 

Weitergehend werden keine anderen Mitarbeiter zu Arbeitseinsätzen außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit herangezogen.“

6

Der Kläger ist nicht namentlich im Anhang der [X.] aufgeführt.

7

Am 30. November 2006 schloss die Beklagte mit der [X.] - Bezirksleitung [X.] - einen Sanierungstarifvertrag (im Folgenden: [X.]), der für die Jahre 2007 und 2008 eine vom [X.] 2005 abweichende Wochenarbeitszeit bestimmte und die [X.] auf 5 % absenkte. Für die Laufzeit des [X.] vereinbarten die Betriebsparteien am 12. Dezember 2006 eine Arbeitszeitregelung für Mitarbeiter in der [X.] (im Folgenden: [X.]/2006).

8

Bis zum Inkrafttreten des [X.] und der [X.]/2006 vergütete die Beklagte die Pausen des [X.] wie Arbeitszeit.

9

Für die [X.] nach Ablauf des [X.] schlossen die Betriebsparteien am 12. Dezember 2008 eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitregelung für Mitarbeiter in der Produktion (im Folgenden: [X.]), die [X.]. Folgendes bestimmt:

        

„§ 3 Schichtbetrieb

        

…       

        

Weitere Einzelheiten zB Schichteinteilung, Schichtwechsel, Freischichten und [X.] sind in der Betriebsvereinbarung ‚Schichteinteilung für [X.]-System’ zu regeln.

        

§ 4 Sollarbeitszeit

        

Die wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach dem [X.] und beträgt 35 Stunden pro Woche. Die tägliche Sollarbeitszeit beträgt 7 Stunden.

        

Die Differenz von 0,5 Stunden zur tariflichen Arbeitszeit wird dem [X.]konto Gut geschrieben.

        

§ 5 Ruhepausen

        

Die tägliche Pausenzeit richtet sich nach dem [X.] und beträgt 0,5 Stunden. Die Pausen werden nicht vergütet (dies wird rechtlich geklärt).

        

…       

        

§ 7 Mehrarbeit

        

Mehrarbeit im Sinne dieser Vereinbarung ist jede Stunde, die über eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden hinausgeht. Die Vergütung richtet sich nach dem [X.]. Mehrarbeit ist in der Vorwoche vom Vorgesetzten und Betriebsrat zu genehmigen. Die [X.] gehen auf das [X.]konto und werden grundsätzlich abgefeiert. Zuschläge für [X.] werden im Folgemonat ausgezahlt. Die Mitarbeiter erhalten monatlich einen Ausdruck Ihres [X.]kontos. Auf diesem werden die Differenzen zwischen dem persönlich geleisteten Arbeitszeiten und der Sollarbeitszeit von wöchentlich 35 Std. erfasst und saldiert. Das Arbeitszeitkonto darf nicht mehr als 50 Stunden [X.]guthaben oder 22,5 Stunden [X.]schuld betragen.

        

Der Betriebsrat erhält monatlich einen Ausdruck der [X.]salden.

        

Positive [X.] werden zum 31. Dezember des Jahres mit einem Zuschlag von 20 % ausgezahlt.

        

Negative [X.] verfallen zum 31. Dezember des Jahres zu Lasten des Arbeitgebers. Eine Verrechnung mit Urlaub ist nicht zulässig.

        

Werden [X.]guthaben abgefeiert, ist die zeitliche Lage den betrieblichen Notwendigkeiten und berechtigten [X.] gleichrangig zu behandeln.

        

…“    

Ebenfalls am 12. Dezember 2008 regelten die Betriebsparteien für die Schichteinteilung im [X.] (im Folgenden: [X.]) Folgendes:

        

„§ 3 Schichtbetrieb

        

Im [X.]-System sind die Beschäftigten in 5-Schichten q[X.]litativ gleichwertig aufzuteilen. Jede Schicht wird im regelmäßigen Wechsel in einem [X.]raum mit Frühschichten, Spätschichten, Nachtschichten, Freischichten und [X.] eingeteilt.

        

…       

        

§ 7 Variable Arbeitstage/[X.]

        

[X.] sind Ausgleichsschichten an denen die Beschäftigten, zum Erreichen ihrer Wochenarbeitszeit, zu zusätzlichen Früh-, Spät- oder Nachtschichten eingeteilt werden. [X.] sind im [X.] fest eingeplant und können kurz- oder mittelfristig als Ausgleichsschichten eingeplant werden. An Samstagen oder Sonntagen sind die [X.] grundsätzlich Freischichten und werden nicht als Ausgleichsschichten eingeplant.

        

§ 8 Mittelfristige Einteilung der Ausgleichsschichten

        

Ein Schichtplan mit der Schichteinteilung über eine Woche, wird spätestens am Freitag der Vorwoche am [X.] bekannt gemacht.

        

Auf eine gleichmäßige Verteilung der Mitarbeiter/innen auf die [X.] und auf das Kalenderjahr ist zu achten.

        

…       

        

§ 9 Kurzfristige Einteilung zu Ausgleichsschichten

        

Die Mitarbeiter/innen werden wegen Krankheitsvertretung und kurzfristiger Arbeitsverhinderung zum ableisten von Ausgleichsschichten wie folgt informiert:

        

-       

Bei Frühschicht einen Tag zuvor bis 16:00 Uhr.

        

-       

Bei Spätschicht bis spätestens 09:00 Uhr am gleichen Tag.

        

-       

Bei Nachtschicht bis spätestens 14:00 Uhr am gleichen Tag.“

Der Kläger hat für die [X.] vom 1. Jan[X.]r 2009 bis zum 31. März 2010 Vergütung der Pausen und der Rufbereitschaft verlangt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.110,50 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Vergütung der Pausen sei nur für Mitarbeiter in der Wechselschicht, nicht hingegen für die in der [X.] vorgesehen. Nach der Systematik des § 6 [X.] 2005 schlössen sich Wechsel- und [X.] gegenseitig aus. Mitarbeiter in der [X.] erhielten zum Ausgleich eine 6%ige Zulage. Für diese Differenzierung spreche auch die Entstehungsgeschichte des [X.] 2005.

Ein Anspruch auf Vergütung für Rufbereitschaft bestehe nicht. Bei der Einteilung des [X.] zur sog. Ausgleichsschicht handele es sich schon nicht um „spontane“ Rufbereitschaft. Vielmehr diene sie der Erbringung der Jahresarbeitszeit. Auch sei der Geltungsbereich der [X.] für den Kläger nicht eröffnet. Es seien im Wesentlichen Mitarbeiter der Instandhaltung betroffen, die im Zwei-Schicht-System arbeiteten, weswegen durch die [X.] Rufbereitschaftszeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer zur Gewährleistung von notwendigen Instandhaltungsarbeiten geregelt worden seien. Im [X.] gebe es keine [X.]en außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr auf die Berufung des [X.] hinsichtlich der Vergütung der Pausenzeiten stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt die vollständige Zurückweisung der Berufung des [X.]. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Vergütung der Rufbereitschaft weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet, die Revision der [X.] begründet und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

A. Die Revision des [X.] ist unbegründet.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rufbereitschaftsvergütung [X.]. 235,00 Euro gemäß § 9 des zwischen der [X.] und der [X.] abgeschlossenen [X.] 2005.

1. Der [X.] 2005 findet im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Da der Arbeitsvertrag der Parteien vor Inkrafttreten des [X.] abgeschlossen wurde, ist die Bezugnahmeklausel aus Gründen des Vertrauensschutzes nach wie vor als Gleichstellungsabrede auszulegen ([X.] 17. November 2010 - 4 [X.] - Rn. 31 mwN, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifverträge Nr. 85). Die arbeitsvertragliche Verweisung soll lediglich widerspiegeln, was tarifrechtlich gilt und die fehlende Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der tarifschließenden [X.] ersetzen. Die Bezugnahmeklausel erfasst daher über ihren reinen Wortlaut hinaus alle für die Beklagte als Arbeitgeberin fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge (vgl. [X.] 14. Dezember 2005 - 10 [X.] - Rn. 19, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 30).

2. Aus § 9 [X.] 2005 folgt kein Anspruch des [X.]. Diese Tarifnorm sieht zwar vor, dass Beschäftigte, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen evtl. Einsatz bereithalten müssen, für diese [X.] eine Vergütung erhalten, überlässt aber die Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises, des [X.]raums und der Vergütung einer Betriebsvereinbarung. Tarifliche Ansprüche außerhalb dieser Betriebsvereinbarung bestehen deshalb nicht (vgl. [X.] 27. Juni 2012 - 5 [X.] - Rn. 13, 14).

II. Ein Anspruch auf Zahlung der monatlichen Rufbereitschaftspauschale folgt nicht aus der in Umsetzung von § 9 [X.] 2005 abgeschlossenen [X.]/2006. Es kann dahinstehen, ob der Kläger in Fällen eines äußerst kurzfristigen Abrufs innerhalb der von ihm geschuldeten Abrufarbeit Rufbereitschaft im Rechtssinne leistete (zum Begriff vgl. [X.] 23. September 2010 - 6 [X.] - Rn. 14, [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 19; 31. Januar 2002 - 6 [X.]/00 - zu [X.] der Gründe, EzA BGB § 611 Rufbereitschaft Nr. 2). Denn bei den vom Kläger zu leistenden Schichten handelte es sich nicht um Rufbereitschaft iSd. [X.]/2006. Seine Rufbereitschaft wurde nicht außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit bzw. zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit erbracht. Vielmehr dienten seine Einsätze der Erfüllung der von ihm geschuldeten Jahresarbeitszeit. Nur durch Leistung von Ausgleichsschichten erfüllte der Kläger seine regelmäßige Jahresarbeitszeit.

B. Die Revision der [X.] ist begründet. Der Kläger hat zwar Anspruch auf Vergütung der Pausenzeiten an Tagen, an denen er gearbeitet hat. Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] lässt sich die Höhe dieses Anspruchs jedoch nicht abschließend beurteilen. Es bedarf weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das [X.]. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO).

I. Die Klage ist, soweit sie sich auf die Bezahlung der [X.] bezieht, hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn sie ist für den streitbefangenen [X.]raum (Januar 2009 bis März 2010) als abschließende Gesamtklage zu verstehen.

II. Der Kläger kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] 2005 die Vergütung der [X.] für Tage mit tatsächlicher Arbeitsleistung verlangen. Die Auslegung ergibt, dass auch diejenigen Arbeitnehmer, die im [X.] wechselnd in Früh-, Spät- und Nachtschicht arbeiten, einen Anspruch auf [X.] haben. Das hat das zur Auslegung eines Firmentarifvertrags ohne allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung berufene [X.] zutreffend erkannt.

1. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut. Der Kläger arbeitet in Wechselschicht. Denn in der [X.] wird in drei Schichten (Früh-, Spät- und Nachtschicht) in regelmäßigem Wechsel gearbeitet. Soweit die Beklagte meint, der Kläger arbeite nicht in drei, sondern in fünf Schichten, verkennt sie, dass der [X.] 2005 auf die konkret im Betrieb gefahrenen Schichten (Arbeitsschichten) abstellt und nicht darauf, in wie viele verschiedene Blöcke der einzelne Arbeitnehmer im Schichtplan eingeteilt ist. Bei der [X.] und der Rufbereitschaftsschicht handelt es sich schon nicht um Arbeitsschichten. In einer [X.] arbeitet ein Arbeitnehmer naturgemäß nicht. Während Arbeitnehmer, die nicht in einem [X.] arbeiten, sondern in Wechselschicht an den Tagen Montag bis Freitag tätig sind, ihre „[X.]en“ - ohne dass dies im Dienstplan gesondert ausgewiesen werden müsste - regelmäßig samstags und sonntags haben, muss die [X.] bei dem bei der [X.] praktizierten [X.] im Dienstplan gesondert ausgewiesen werden, insbesondere auch, um die [X.]en von den Rufbereitschaftsschichten abzugrenzen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Kläger lediglich in drei und nicht in fünf verschiedenen Arbeitsschichten seine Arbeitsleistung erbringt. Wird der Kläger aus der Rufbereitschaft zur Arbeit herangezogen, leistet er diese in der Früh-, Spät- oder Nachtschicht, also in der [X.].

2. Die Systematik des § 6 [X.] 2005 steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Tatsache, dass der Anspruch auf Bezahlung der Pausen im Abs. 1 für die [X.] ausdrücklich geregelt ist, im Abs. 2 beim Begriff der [X.] hingegen nicht, stünde dem Anspruch systematisch nur dann entgegen, wenn sich Wechsel- und [X.] gegenseitig [X.]. Dies nimmt die Beklagte indes zu Unrecht an.

a) Während der Begriff der Wechselschicht auf die individuelle Lage der Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers abstellt, bringt der Begriff der [X.] zum Ausdruck, dass im Betrieb der [X.] an allen Tagen der Woche zu jeder Tages- und Nachtzeit produziert wird. Die Schichtbezeichnungen in beiden Absätzen des § 6 [X.] 2005 knüpfen deshalb an unterschiedliche Gegebenheiten an. Im Rahmen einer vollkontinuierlichen Arbeitszeit kann die Arbeitsleistung durch den einzelnen Arbeitnehmer sowohl in Wechselschicht als auch im Wege einer gleichbleibenden Lage der Arbeitszeit erbracht werden. Gleiches gilt für eine Tätigkeit in einem Arbeitszeitmodell, bei dem lediglich an den Tagen Montag bis Freitag gearbeitet wird. Es können teilkongruente Schnittmengen bestehen. Aus diesem Grunde hätte es auch systematisch keinen Sinn ergeben, die [X.] „vor [X.] zu ziehen“. Diese soll im Rahmen eines [X.]s nämlich nicht generell, sondern nur denjenigen Arbeitnehmern zustehen, die in [X.] arbeiten.

b) Auch die Tatsache, dass die in der [X.] eingesetzten Arbeitnehmer gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 6 [X.] 2005 eine Zulage [X.]. 6 % erhalten, spricht nicht dagegen, dass diese Mitarbeiter zusätzlich einen Anspruch auf [X.] haben. Während durch die Bezahlung der Pause die besonderen Belastungen der [X.] ausgeglichen werden sollen, dient die Zulage dem Ausgleich der besonderen mit einer [X.] verbundenen Belastungen. Demgemäß gebühren einem Arbeitnehmer, der im Rahmen der vollkontinuierlichen Arbeitszeit in [X.] arbeitet, beide Vorteile. Die Sichtweise der [X.] lässt im Übrigen außer [X.], dass eine Zulage von 6 % des [X.] einen geringeren Geldwert darstellt als die [X.] für 30 Minuten je Schicht.

c) Die Entstehungsgeschichte des [X.] 2005 stützt die vom [X.] gefundene Tarifauslegung.

aa) Zum [X.]punkt des ersten Entwurfs des [X.] vom 30. November 2004 wurde bei der [X.] bereits im [X.] gearbeitet, wobei die Schichtpläne eine Einteilung des einzelnen Arbeitnehmers lediglich in vier und nicht in fünf verschiedenen Schichten vorsahen (Früh-, Spät-, Nacht- und [X.]; eine Rufbereitschaftsschicht gab es noch nicht). Der Entwurf des [X.] sah in § 5 Abs. 2 Nr. 7 vor, dass im [X.]betrieb die [X.] von ½ Stunde Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sein sollte. Darüber hinaus sah der Entwurf des [X.] in § 5 Abs. 1 Satz 2 für die Wechselschicht vor, dass die [X.] bei 3/4 Schichten (dh. [X.] und [X.]) Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sei. Die Tarifvertragsparteien gingen mithin davon aus, dass Wechselschicht auch dann vorliege, wenn der einzelne Arbeitnehmer in vier verschiedene „Schichten“ eingeteilt wird, was zum damaligen [X.]punkt aber nur im [X.] der [X.] der Fall war. Würden sich Wechselschicht und [X.] gegenseitig ausschließen, wäre der [X.] nicht unter dem Oberbegriff Wechselschicht eingeordnet worden.

bb) Dass der Entwurf des [X.] vom 11. Januar 2005 in § 5 Abs. 2 unter der Überschrift „Contischicht“ keine Regelung zur [X.] mehr vorsah, stützt keine abweichende Auslegung. Immerhin könnten die Tarifvertragsparteien erkannt haben, dass die Regelung dann doppelt im [X.] 2005 enthalten und mithin überflüssig wäre.

cc) Für die Auslegung des [X.] spricht schließlich, dass der Verzicht auf die [X.] in der [X.] für die Laufzeit des [X.] in Nr. 3 der [X.] ausdrücklich geregelt war. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn der [X.] 2005 keinen Anspruch auf [X.] enthalten hätte. Im Übrigen sind Hinweise in Betriebsvereinbarungen für die Auslegung von Tarifverträgen ohne rechtliche Bedeutung.

III. Der Anspruch auf [X.] besteht allerdings nur für die Tage, an denen der Kläger gearbeitet hat. § 3 Abs. 3 [X.] 2005 bestimmt hinsichtlich des [X.]faktors zulässigerweise (§ 4 Abs. 4 EFZG, § 13 Abs. 1 [X.]), dass die gesetzlich oder vertraglich zu bezahlenden Tage, an denen keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (zB Urlaub, Feiertage, Krankheit mit Entgeltfortzahlung, bezahlte Freistellung, [X.]en) der Entgeltabrechnung unabhängig von der tatsächlich im Betrieb geleisteten [X.] mit sieben Stunden zugrunde gelegt und auf die Wochenarbeitszeit angerechnet werden (vgl. [X.] 24. März 2004 - 5 [X.] [X.]E 110, 90; 23. Januar 2001 - 9 AZR 4/00 - [X.] § 1 Tarifverträge: Holz Nr. 22 = EzA [X.] § 11 Nr. 49). Das [X.] wird deshalb aufzuklären haben, an welchen Tagen der Kläger tatsächlich gearbeitet hat.

IV. Das [X.] wird ferner zu prüfen haben, ob und inwieweit die Ansprüche des [X.] nach § 21 Abs. 2 [X.] 2005 verfallen sind.

1. Ist die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags - wie im Streitfall - unstreitig, ist die Einhaltung einer darin normierten tariflichen Ausschlussfrist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des behaupteten Anspruchs. Ihre Nichteinhaltung ist eine Einwendung, die zu beachten ist, ohne dass sich der Anspruchsgegner auf die Verfallfrist beruft ([X.] 27. Juni 2012 - 5 [X.] - Rn. 27 mwN).

2. Hinsichtlich des Bestehens und der Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wird das [X.] ferner zu prüfen haben, ob, wann und inwieweit die Pausen zunächst als [X.]gutschrift in ein für den Kläger geführtes Jahresarbeitszeitkonto (vgl. §§ 4, 7 BV 02/2009) einzustellen waren, sowie ob und wann nach Ablauf des [X.] ein Vergütungsanspruch entstanden ist.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    Bürger    

                 

Meta

5 AZR 473/11

17.10.2012

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Ludwigshafen, 6. Mai 2010, Az: 1 Ca 1738/09, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.10.2012, Az. 5 AZR 473/11 (REWIS RS 2012, 2241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2241

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