Bundessozialgericht, Urteil vom 08.02.2012, Az. B 6 KA 14/11 R

6. Senat | REWIS RS 2012, 9364

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Gegenstand

Kassenärztliche Vereinigung Hessen - kein Verstoß einheitlicher Fallpunktzahlen für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit


Leitsatz

Die Festlegung einheitlicher Fallpunktzahlen im Rahmen von Regelleistungsvolumina für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ist mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des [X.] vom 2. Februar 2011 sowie der Gerichtsbescheid des [X.] vom 13. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung zum [X.] ([X.]) für die [X.] und [X.]/2006 sowie die [X.] bis [X.]/2007.

2

Die Klägerin ist seit dem [X.] als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (KJP) zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in [X.] zugelassen. Sie gehört der [X.] 2.25 des [X.] ([X.]) der beklagten [X.] ([X.]) an, in der Psychologische Psychotherapeuten ([X.]), (ausschließlich) psychotherapeutisch tätige Ärzte ([X.]) und KJP zusammengefasst sind. In den streitigen Quartalen überschritt sie ihr praxisbezogenes [X.] um jeweils 299 694,2 Punkte im Quartal III/2006, 145 776,6 Punkte im Quartal [X.]/2006, 48 333,8 Punkte im Quartal II/2007, 76 979,6 Punkte im Quartal III/2007 und 33 133,2 Punkte im Quartal [X.]/2007.

3

Die Klägerin beantragte im Juli 2006, "innerhalb der [X.] mein [X.] auszusetzen". Die von ihr übernommene Praxis habe zuvor Erwachsene behandelt, sie hingegen habe nur Kinder und Jugendliche als Patienten. Die [X.] umfasse pro Patient ca 13 000 Punkte. Würden ihr lediglich 1000 Punkte mit einem Punktwert von 2,8 Cent zugewiesen, bedeute das bei 30 Patienten ein Quartalseinkommen von ca 840 Euro bei einer Vollzeittätigkeit. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Erhöhung des [X.] ab. Für ihre Fachgruppe seien folgende [X.] vorgesehen: Bei den [X.] für die Altersgruppe 0 bis 5 1050 Punkte, bei der Altersgruppe 6 bis 59 sowie bei der Altersgruppe 60+ 1054 Punkte; für die Ersatzkassen in der Altersgruppe 0 bis 5 956 Punkte, in der Altersklasse 6 bis 59 1166 Punkte und für die Altersgruppe 60+ 1065 Punkte. Eine Ausnahme vom [X.] aus Gründen der Sicherstellung komme angesichts der bedarfsplanungsrechtlichen Überversorgung im Planungsbereich [X.] nicht in Betracht. Eine gesonderte Berücksichtigung des in der Anfangsphase deutlich höheren Aufwandes an nicht genehmigungspflichtigen Leistungen sei nicht möglich. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück. Die Verfahren über die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale ruhen derzeit.

4

Das [X.] hat mit Gerichtsbescheid vom [X.] die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verurteilt, die Klägerin erneut zu bescheiden. Im Hinblick auf die signifikanten Unterschiede zwischen den KJP einerseits und den [X.] und [X.] andererseits hätten die Vertragsparteien des [X.] keine einheitlichen Fallpunktzahlen festlegen dürfen. Die vom [X.] erfasste [X.] betrage für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten 120 Punkte für alle Altersklassen, für KJP 510 Punkte für alle Altersklassen. Die mit 1495 Punkten bewertete probatorische Sitzung falle bei ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten nach den von der [X.] vorgelegten Daten durchschnittlich 0,62-mal, bei den KJP durchschnittlich 0,84-mal pro Behandlungsfall im Quartal an. Daraus ergebe sich, dass die Gruppe der KJP das [X.] statistisch immer um mindestens 48 bis 82 % überschreite. Die Festlegung einheitlicher Fallpunktzahlen sei eine nicht hinnehmbare ungerechtfertigte Gleichbehandlung und führe insbesondere zur Nichtbeachtung der vom Bewertungsausschuss ([X.]) festgelegten Höherbewertung des [X.] für die KJP. Eine Rechtfertigung der Gleichbehandlung folge nicht daraus, dass von den 1390 [X.] eine Doppelzulassung als [X.] und als KJP hätten und 183 [X.] auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen besäßen. Auch der Umstand, dass wegen der Herausnahme der genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen aus den [X.] nur ein geringer Teil der Honorarforderung betroffen sei, ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der Gleichbehandlung. Schließlich sei für die ersten Quartale der Neuzulassung einer KJP ein Ausnahmefall anzunehmen, der ein Abweichen vom [X.] rechtfertige.

5

Das L[X.] hat die Berufung der [X.] mit Urteil vom [X.] mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte über den Antrag der Klägerin unter Beachtung seiner - vom [X.] teilweise abweichenden - Rechtsauffassung erneut zu entscheiden hat. Das [X.] habe überzeugend dargelegt, dass der [X.] der [X.] in einer den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verletzenden Weise Ungleiches gleich behandle. Infolge der höher bewerteten [X.] und der durchschnittlich höheren Anzahl an probatorischen Sitzungen komme es bei den KJP regelhaft zu deutlichen Überschreitungen des [X.]. Soweit auf die Überschneidungen der Tätigkeiten im Fall von Doppelzulassungen oder der Genehmigung der nach der [X.] zugelassenen Behandlung von Kindern und Jugendlichen durch [X.] hingewiesen werde, handle es sich um Ausnahmefälle. [X.] sei die Differenzierung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, weil sie schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht vereinbar sei. Eine Verpflichtung der [X.] zur Neubescheidung im Rahmen der Ausnahmeregelung nach Ziffer 6.3 [X.] aus Gründen der Sicherstellung bestehe entgegen der Auffassung des [X.] hingegen nicht. Auch ein Härtefall liege nicht vor.

6

Mit ihrer Revision trägt die Beklagte vor, das L[X.] habe sich bereits über den Streitgegenstand hinweggesetzt. Der Antrag der Klägerin sei hier nicht umfassend auf eine Besserstellung gerichtet gewesen, sondern auf eine Aussetzung des [X.] für die erste Zeit ihrer Niederlassung, sodass eine umfassende inzidente Prüfung der [X.]keit der Regelungen des [X.] nicht in Betracht komme. Die Bildung der einheitlichen Fallpunktzahlen für KJP, [X.] und [X.] entspreche dem Beschluss des [X.] vom 29.10.2004, wonach für die dort aufgeführten Arztgruppen Arztgruppentöpfe und [X.] zu berechnen seien, wobei im [X.] weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen vereinbart werden könnten. Maßgeblich für die Zusammenfassung sei einerseits der Umstand gewesen, dass eine Vielzahl [X.] eine Doppelzulassung als KJP besitze, andererseits auch die Tatsache, dass [X.] oftmals über eine Genehmigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügten. Die höhere Bewertung des [X.] der KJP ergebe sich aus dem im Vergleich zum [X.] der [X.] weitergehenden fakultativen Leistungsinhalt. [X.] ein [X.] eine entsprechende Leistung, werde er eine weitere [X.] abrechnen, sodass beide Berufsgruppen für ein vergleichbar intensives Gespräch ähnlich hohe Punktzahlen anfordern würden. KJP rechneten im Übrigen ebenso wie [X.] aus dem Kapitel 23 des [X.] für ärztliche Leistungen ([X.]) 2005 ab. Das [X.] und damit auch der Leistungsbedarf pro Kopf seien vergleichbar. Das [X.] betreffe nur einen geringen Teil der Honorarforderung. Es habe auch nicht zu einer unzureichenden Vergütung der Klägerin geführt, die vielmehr bereits ab dem Quartal III/2006 ein überdurchschnittliches Honorar erzielt habe. Schließlich sei die Höhe der [X.] auch unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung nicht zu beanstanden.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen L[X.] vom [X.] und den Gerichtsbescheid des [X.] Marburg vom [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen seien für eine sachgerechte Versorgung viel zu niedrig. Insbesondere der Höherbewertung des [X.] der KJP werde nicht Rechnung getragen. Noch weniger haltbar erscheine die Situation im Hinblick auf die Berufsanfänger. Aufgrund der Anzahl der probatorischen Sitzungen sei in den ersten 3 - 4 Quartalen infolge der [X.]-Begrenzung nur ein minimaler Umsatz zu erzielen. Nach der Rechtsprechung des B[X.] müssten die probatorischen Sitzungen so vergütet werden, dass jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwertes von 2,56 Cent für solche Leistungen nicht unterschritten werde.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat ebenso wie das [X.] zu Unrecht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt.

1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag der Klägerin nicht nur auf eine ausnahmsweise Erweiterung der [X.], sondern lediglich zeitlich begrenzt auf eine umfassende Besserstellung bei der Honorierung ihrer vertragsärztlichen Leistungen gerichtet war. Der [X.] hat bereits entschieden, dass in diesem Rahmen Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Regelungen im [X.] überprüft werden dürfen und müssen. Haben Vorfragen Auswirkungen für mehrere Quartale, können sie in einem eigenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren geklärt werden, sofern die den streitigen [X.]raum betreffenden Honorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (B[X.]E 105, 236 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 11 f mwN). Das ist hier der Fall. Gegen die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale hat die Klägerin jeweils Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsverfahren ruhen bis zum Abschluss des hier anhängigen Rechtsstreits.

2. Die in den streitbefangenen Quartalen geltenden [X.] (Vereinbarung vom [X.] und [X.] idF der Entscheidung des Landesschiedsamts vom 1.11.2007 für die [X.] vom [X.] bis 31.12.2007) entsprachen mit der Bildung von [X.] den Vorgaben des [X.], die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz [X.]B V (Abs 4a aufgehoben durch Art 1 [X.] Buchst g durch Gesetz vom 22.12.2011, [X.] 2983, mWv 1.1.2012) übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die [X.] ab 1.1.2005 beschlossen hatte ([X.] 2004, [X.]). Gemäß Teil [X.] [X.] dieses Beschlusses waren die [X.] verpflichtet, in der Honorarverteilung [X.] in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche [X.] vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte.

3. Dabei haben die Vertragspartner der [X.] auch in zulässiger Weise für KJP, [X.] und [X.] [X.] in gleicher Höhe festgesetzt. In der Anlage 1 zum Teil III des Beschlusses des [X.] vom 29.10.2004 waren tabellarisch die erfassten Arztgruppen aufgeführt, für die Arztgruppentöpfe und [X.] zu berechnen waren. Hierzu zählten auch die KJP. Nach Satz 2 der Anlage 1 zum Teil III des Beschlusses - Benennung der Arztgruppen - konnten weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der genannten Arztgruppen vereinbart werden. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen konnte eine Zusammenfassung der KJP mit den [X.] und den [X.] für die Festlegung von [X.] hierauf gestützt werden. Der [X.] billigt in ständiger Rechtsprechung den Vertragspartnern des [X.] einen weiten Gestaltungsspielraum zu. Der Gestaltungsspielraum der Normgeber der [X.] findet seine Grenze in den vertraglichen und gesetzlichen Vorgaben (vgl etwa B[X.] [X.]-2500 § 85 [X.] Rd[X.] 24; zur Normenhierarchie vgl B[X.]E 105, 236 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 24 mwN). Diese Grenzen haben die Vertragspartner hier bei ihrer Entscheidung, [X.], [X.] und KJP für die Ermittlung und Festlegung der [X.] als einheitliche Gruppe zu behandeln, nicht überschritten.

a) Für eine Zusammenführung der KJP mit den ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten sprach hier schon der Umstand, dass von den insgesamt 1390 im Bezirk der [X.] zugelassenen [X.] 80 über eine Doppelzulassung auch als KJP und 183 über eine Genehmigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügen, mithin nicht unerhebliche Überschneidungen der Fachgebiete gegeben sind. Von insgesamt 292 KJP verbleibt damit noch eine Gruppe von 212 KJP, die ausschließlich nach den für KJP geltenden [X.] abrechnen. Die Vertragspartner waren nicht verpflichtet, für diese Gruppe gesonderte [X.] festzusetzen.

b) Die einheitlichen [X.] standen nicht im Widerspruch zu dem aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Danach dürfen zwei Gruppen, die sich in verschiedener Lage befinden, nur beim Vorliegen zureichender Gründe gleichbehandelt werden (vgl grundlegend B[X.]E 83, 205, 212 = [X.]-2500 § 85 [X.] mwN). Eine solche Konstellation haben die Vorinstanzen zu Unrecht verneint. Zwischen den KJP einerseits und den [X.] und den [X.] andererseits bestehen keine Unterschiede von solchem Gewicht, dass unterschiedliche [X.] geboten sind. Vergleichbar ist zunächst die Struktur der erbrachten Leistungen und des damit erzielten Honorars. Beide Gruppen sind auf die Erbringung und Abrechnung weniger Leistungspositionen des [X.] beschränkt. Es dominieren die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, die von vornherein nicht Bestandteil der [X.] sind. Dieses Verhältnis spiegelt sich in der Vergütungsstruktur wider. Nach den von der [X.] übermittelten Daten lag in den streitbefangenen Quartalen der Anteil der psychotherapeutischen Leistungen der KJP innerhalb des [X.] - bezogen auf das Gesamthonorar dieser Gruppe von Leistungserbringern - zwischen 7,51 % im Quartal III/2006 und 5,93 % im Quartal II/2007. Die Gruppe der [X.] generierte in demselben [X.]raum Anteile zwischen 8,29 % und 7,34 % aus den dem [X.] unterliegenden psychotherapeutischen Leistungen. Die von der Klägerin vorgelegte Übersicht für die gesamte [X.] über den Leistungsbedarf in Punkten für genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen einerseits und probatorische Sitzungen andererseits bis zum Quartal IV/2006 könnte allenfalls einen geringfügig höheren Anteil von Leistungen innerhalb des [X.] nahelegen.

Wie sich aus der von der [X.] erstellten Übersicht ergibt, bestanden dementsprechend weder in den streitbefangenen Quartalen noch insgesamt in den [X.] bis 4/2008 signifikante Unterschiede in den [X.]en der [X.] und der KJP. Zwar unterschritt das [X.] der KJP dasjenige der [X.] in einzelnen Quartalen, in anderen zeigten sich aber auch geringfügige Überschreitungen. Im Mittel bewegten sich die Differenzen deutlich unter 10 %, sodass im Wesentlichen von einer parallelen Entwicklung der [X.]e ausgegangen werden kann. Dass sich die Gruppe der KJP von der Gruppe der [X.] weder bei den Einnahmen aus vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit noch bei den Praxiskosten in einer Weise unterscheiden, die getrennte [X.] gebietet, belegen auch statistische Daten zur Kostenstruktur der Praxen von [X.] für das Jahr 2007 ([X.], Unternehmen und Arbeitsstätten, Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen, Praxen von psychologischen Psychotherapeuten sowie Tierarztpraxen, Fachserie 2 Reihe 1.6.1, erschienen am [X.], korrigiert am [X.], [X.] ff). Danach betrugen die durchschnittlichen Aufwendungen insgesamt bei den KJP 34 300 Euro, bei den [X.] 32 200 Euro bei [X.] von 65 700 Euro (KJP) und 67 800 Euro ([X.]). Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag der [X.] plausibel, dass eine Probeberechnung keine Auswirkungen auf den Punktwert gezeigt habe, wenn für die KJP eine eigene Honoraruntergruppe gebildet worden wäre.

c) Das Gebot einer Differenzierung ergibt sich nicht aus der unterschiedlich hohen Bewertung des [X.], der einmal im Quartal pro Behandlungsfall anfällt. Zwar konnten die KJP in den streitbefangenen Quartalen nach dem [X.] 2005 einen mit 510 Punkten bewerteten Komplex abrechnen ([X.] 23214 [X.] aF), während der Komplex bei den [X.] nur mit 120 Punkten bewertet war ([X.] 23210 bis 23212 [X.] aF). Auch in dem seit dem 1.1.2008 geltenden [X.] ist die Grundpauschale der KJP nach [X.] 23214 höher bewertet (810 Punkte) als die Grundpauschale für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten nach den Nummern 23210, 23211 und 23212 (230 bis 340 Punkte). Nach der Rechtsprechung des [X.]s erzwingt die Höherbewertung einer Leistung im [X.] aber nicht notwendig eine entsprechende Honorarregelung im [X.]. So hat der [X.] im Zusammenhang mit den Praxisbudgets in der vom Quartal II/1997 bis II/2003 geltenden Fassung entschieden, dass die Erhöhung der Ordinationsgebühr für Ärzte mit dem Schwerpunkt Rheumatologie keine Pflicht zur Anhebung des Praxisbudgets nach sich zieht (B[X.] [X.]-2500 § 87 [X.] 17 Rd[X.] 24 ff). Ebenso wenig hat der [X.] eine Pflicht zur Erhöhung des Honorarkontingents der Kinderärzte gesehen, nachdem Leistungen der Vorsorge- und Früherkennung höher bewertet worden waren (B[X.]E 86, 16, 28 f = [X.]-2500 § 87 [X.] 23 S 127 ff). Die Höherbewertung bestimmter ärztlicher Leistungen im [X.], die in ihren Auswirkungen auf Verteilungsaspekte innerhalb einer einzelnen Arztgruppe beschränkt bleibt, ist kein zwingender Grund für Korrekturen im System der Honorarverteilung, weil andernfalls die [X.] bzw die Vertragspartner des [X.] stets verpflichtet wären, [X.] bei einzelnen Leistungen zum Anlass für Änderungen der [X.] der einzelnen Arztgruppen zu nehmen.

Entsprechendes gilt für die Bildung von [X.] im [X.]. Die Festlegung von [X.] im [X.] der [X.] hat an der Höherbewertung des [X.] für die KJP nichts geändert. In ihren Auswirkungen bleibt die Höherbewertung auf Verteilungsaspekte innerhalb der Arztgruppe beschränkt. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Höherbewertung des [X.] mit einem umfangreicheren Leistungsinhalt (ua "intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, [X.] und beruflichen bzw schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung") einherging, sodass [X.] bei Erbringung einer vergleichbar umfassenden Leistung weitere Gebührenpositionen innerhalb des [X.] abrechnen konnten. Der Umstand, dass KJP mit der Abrechnung des [X.] das [X.] eher ausgeschöpft haben als [X.], hat jedenfalls nicht zu einer strukturellen Benachteiligung dieser Gruppe bei der Honorarverteilung geführt. Wie bereits dargelegt, sind in der Gruppe der KJP, die nur einen geringen Teil ihres Gesamthonorars - und prozentual sogar noch weniger als die Gruppe der [X.] - mit Leistungen innerhalb des [X.] erzielt, signifikante Unterschiede im Gesamthonorar durch die unterschiedliche Bewertung im [X.] nicht entstanden. Die Bewertung des [X.] ist damit erkennbar für den durch das [X.] abzubildenden arztgruppenspezifischen Leistungsbedarf nicht von maßgeblicher Bedeutung gewesen.

d) Auch die erhöhte Abrechnungsfrequenz probatorischer Sitzungen gebietet keine Erhöhung der [X.] für KJP. Es kann offenbleiben, ob die medizinische Notwendigkeit besteht, dass KJP eine größere Anzahl an probatorischen Sitzungen im Vergleich zu [X.] durchführen. Nach den Erhebungen der [X.] betrug im Quartal II/2005 statistisch die durchschnittliche Anzahl probatorischer Sitzungen pro Fall bei den KJP 0,84 gegenüber 0,62 bei den [X.]. Im [X.] ([X.] 35150) und der [X.] (§ 23a) sind einheitlich eine Zahl von maximal 5 probatorischen Sitzungen vorgesehen, eine Erhöhung kommt nur für die analytische Psychotherapie in Betracht. Umgekehrt ist eine Mindestzahl probatorischer Sitzungen vor Beginn einer genehmigungsbedürftigen Therapie in einem Richtlinienverfahren nicht vorgeschrieben. Da die KJP insgesamt nur in geringem Maße und weniger Leistungen als [X.] innerhalb des [X.] erbringen, könnte eine erhöhte Zahl an probatorischen Sitzungen, insbesondere im Zusammenspiel mit der Höherbewertung des [X.], nur bedeuten, dass andere Leistungen innerhalb des [X.] - zB Kriseninterventionen nach [X.] 23220 [X.] - unterdurchschnittlich abgerechnet werden. Ein insgesamt erhöhter Leistungsbedarf der KJP gegenüber den [X.] für Leistungen aus dem [X.] ist insofern nicht erkennbar.

Die Einbeziehung der probatorischen Sitzungen in die [X.] ist nicht zu beanstanden. Nach Teil III [X.] 4.1 des Beschlusses des [X.] vom 29.10.2004 unterliegen nur die antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen nach den [X.] 35200 bis 35225 [X.] nicht dem [X.]. Der [X.] hat für die Honorierung der probatorischen Sitzungen, die zwar grundsätzlich einer Mengenausweitung zugänglich sind, andererseits aber in engem Zusammenhang mit den genehmigungsbedürftigen Leistungen der Psychotherapie stehen (vgl B[X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 38 Rd[X.] 17-18), entschieden, dass - erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen oä - jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen [X.], mithin 2,56 Cent, nicht unterschritten werden dürfe (B[X.]E 100, 254 = [X.]-2500 § 85 [X.] 42, Rd[X.] 65). Das schließt eine Einbeziehung in die [X.] nicht aus. Vielmehr ist damit klargestellt, dass auch probatorische Sitzungen nicht losgelöst von Honorarbegrenzungsmechanismen zu honorieren sind. Zudem gewährleistet gerade die Einbeziehung in das [X.] die Vergütung mit einem festen Punktwert. Der [X.] durfte nach der Konzeption der [X.] davon ausgehen, dass im Regelfall innerhalb der [X.] eine ausreichende Honorierung der probatorischen Sitzungen gewährleistet ist. Auch die hier maßgeblichen [X.] sahen in Ziffer 6.4 bzw § 2.4 rechnerisch die Bewertung der innerhalb des [X.] liegenden Honoraranforderungen mit einem Punktwert von grundsätzlich 4,0 Cent vor. Der Punktwert unterlag zwar einer Quotierung, soweit der zur Verfügung stehende Anteil am [X.] in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht ausreichte. Diese notwendige Folge begrenzter Gesamtvergütungen stellt die grundsätzliche Privilegierung der dem [X.] unterfallenden Leistungen aber nicht in Frage. Wie im Einzelnen die Vergütung probatorischer Sitzungen unter den Bedingungen der [X.] auszugestalten ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

Im Übrigen lässt die Entwicklung der Abrechnungen der Klägerin erkennen, dass sich bei den probatorischen Sitzungen weniger ein Problem der Festsetzung des [X.] manifestiert als vielmehr typische Verwerfungen einer Anfängerpraxis zutage treten. Ebenso wie die Überschreitungen des [X.] insgesamt zurückgegangen sind, ist auch die Zahl der probatorischen Sitzungen gesunken. Die Klägerin hat im ersten Quartal ihrer Niederlassung bei einer Fallzahl von 42 die [X.] 35150 [X.] 109-mal abgerechnet, im letzten hier streitbefangenen Quartal bei 56 Fällen nur noch 18-mal. Wie das [X.] dargelegt hat, ist es der Klägerin in kurzer [X.] gelungen, einen Patientenstamm aufzubauen, bei dem sie genehmigungspflichtige Psychotherapieleistungen erbringen konnte. Bereits im dritten Quartal nach ihrer Niederlassung hatte sich die Zahl der probatorischen Sitzungen völlig normalisiert und erreichte nicht einmal mehr den Durchschnitt der Fachgruppe.

4. Eine Erhöhung des [X.] unter Sicherstellungsgesichtspunkten hat das [X.] zu Recht abgelehnt. Nach Ziffer 6.3 letzter Absatz [X.] bzw (ab dem [X.]) § 5 Abs 3 Buchst d [X.] war der Vorstand der [X.] ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen [X.] vorzunehmen. Der [X.] hat zu Ziffer 6.3 [X.] bereits entschieden, dass diese Regelung keinen allgemeinen ([X.] enthielt, sondern Anpassungen nur zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung zuließ (Urteile vom 29.6.2011 - [X.] [X.] 17/10 R - [X.]-2500 § 85 [X.] 66 -, [X.] [X.] 18/10 R, [X.] [X.] 19/10 R und [X.] [X.] 20/10 R). Dabei hat der [X.] es als sachgerecht angesehen, für die Auslegung der Ermächtigungsgrundlage des Teil III [X.]1 des Beschlusses des [X.] vom 29.10.2004 sowie der Bestimmungen im [X.] der [X.] die Rechtsprechung des [X.]s zum "besonderen Versorgungsbedarf" als Voraussetzung für eine Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets, die ebenfalls im Grundsatz auf eine arztgruppeneinheitliche Festlegung angelegt waren (vgl B[X.] [X.]-2500 § 87 [X.] 17 Rd[X.] 32), heranzuziehen und weiterzuentwickeln. Danach müssen eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung vorliegen, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im [X.] abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl haben. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genügt es nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen [X.] muss vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden.

Eine solche Situation lag hier nicht vor. Die Klägerin macht nicht geltend, spezielle Leistungen innerhalb ihres [X.] zu erbringen. Die Überschreitung ihres [X.] ergab sich vielmehr ausschließlich daraus, dass sie fachspezifische Leistungen bei zunächst eher geringer Fallzahl besonders häufig erbracht hat. Allein ihr Status als Anfängerin vermittelt der Klägerin keinen Anspruch auf Erhöhung ihres [X.] unter Sicherstellungsgesichtspunkten.

5. Das [X.] hat auch zutreffend entschieden, dass sie einen Anspruch auf Erhöhung ihres [X.] nicht aus der Rechtsprechung des B[X.] zu Anfängerpraxen herleiten kann. Der [X.] fordert insofern lediglich, dass Praxen in der Aufbauphase die Steigerung auf den [X.] und die Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe möglich sein muss (vgl B[X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 50 Rd[X.] 15 mwN). Dies war nach den maßgeblichen [X.] hier der Fall. Ein Anspruch auf Honorar in bestimmter Höhe besteht auch in der Aufbauphase einer Praxis nicht. Im Übrigen bewegte sich nach den Feststellungen des [X.] die Klägerin schon im ersten Quartal ihrer Berufstätigkeit mit einem Honorar von 9569,16 Euro bei 42 Behandlungsfällen in der Nähe des Durchschnitts ihrer Fachgruppe, der nach den von der [X.] mitgeteilten Daten im Quartal III/2006 bei 13 444,10 Euro und 46 Behandlungsfällen lag. Bereits im zweiten Quartal ihrer Tätigkeit IV/2006 lag die Klägerin mit einem Honorar von 26 823,08 Euro weit oberhalb des [X.] von 18 926,99 Euro.

6. Das [X.] hat ferner zu Recht entschieden, dass für die Annahme eines Härtefalles kein Raum ist. Der [X.] hat in seinen Urteilen vom 29.6.2011 ([X.] [X.] 17/10 R - [X.]-2500 § 85 [X.] 66 -, [X.] [X.] 18/10 R, [X.] [X.] 19/10 R und [X.] [X.] 20/10 R) dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalles hier eng zu ziehen waren, weil der [X.] bereits in Ziffer 6.3 und Ziffer 7.5 Regelungen enthielt, mit denen einerseits besondere Versorgungsstrukturen und andererseits existenzbedrohende Honorarminderungen berücksichtigt wurden. Ein Härtefall konnte daher nur noch im seltenen Ausnahmefall in Betracht kommen, wenn trotz dieser Mechanismen im [X.] durch Umstände, die der Vertragsarzt nicht zu vertreten hatte, ein unabweisbarer Stützungsbedarf entstand. Es müssten hier sowohl die wirtschaftliche Existenz der Praxis gefährdet gewesen sein als auch ein spezifischer Sicherstellungsbedarf bestanden haben (vgl B[X.]E 96, 53 = [X.]-2500 § 85 [X.] 23, Rd[X.] 40; B[X.] Beschlüsse vom 28.10.2009 - [X.] [X.] 50/08 B - und vom 8.12.2010 - [X.] [X.] 32/10 B -). Ansonsten hätten allenfalls noch gravierende Verwerfungen der regionalen Versorgungsstruktur zur Anerkennung einer Härte führen können (vgl B[X.]E 94, 50 = [X.]-2500 § 72 [X.] 2, Rd[X.] 148: Einziger auch konventionell arbeitender Radiologe im Landkreis). Keine dieser Situationen war hier gegeben.

7. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin als unterliegende Partei die Kosten (§ 154 Abs 1 VwGO).

Meta

B 6 KA 14/11 R

08.02.2012

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Marburg, 13. Februar 2009, Az: S 12 KA 353/07, Gerichtsbescheid

§ 85 Abs 4 SGB 5, § 85 Abs 4a S 1 SGB 5, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.02.2012, Az. B 6 KA 14/11 R (REWIS RS 2012, 9364)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9364

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