Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2011, Az. VI ZR 154/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6144

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

31. Mai 2011

Holmes,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.]-Übk I Art. 13 Abs. 1 Nr. 3
a) Für die Begründung des [X.] gemäß Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist es nicht erforderlich,
dass die Initiative zur Unterbreitung ei-nes Angebots vom Unternehmer ausgegangen ist. Die Bestimmung lässt es genügen, dass dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss ein Angebot unterbreitet worden ist, ohne danach zu differenzieren, auf wessen Veran-lassung dies geschehen ist.
b) Das auf Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten gestützte Schadensersatzbegehren kann als Klage "aus" einem Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 [X.] zu qualifizieren sein, sofern es zu einem Vertragsabschluss zwischen den Parteien gekommen ist.

[X.], Urteil vom 31. Mai 2011 -
VI [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I
-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
31. Mai 2011
durch den Vorsitzenden [X.],
[X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 5.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 28.
Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die in [X.] wohnhafte Klägerin nimmt die [X.], Gesellschaften mit Sitz in [X.], im Zusammenhang mit dem Abschluss von Vermögensver-waltungsverträgen und einem Hedgefondsgeschäft auf Schadensersatz in [X.].
Die [X.] zu 1 und die Rechtsvorgängerin der [X.] zu 2 (nach-folgend: [X.] zu 2) boten die Verwaltung fremder Vermögen gegen Entgelt an. Die [X.] zu 3 legte den Fonds "[X.] Hedge 125%"
(nachfolgend: 1
2
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3

-

Focus Fonds) auf, dessen Laufzeitende auf Dezember 2013 bestimmt ist. Mit [X.] beauftragte sie die [X.] zu 1 mit dem [X.] ihrer Produkte. Die [X.] zu 4 ist eine [X.] Bank. Keine der [X.] verfügte über eine Erlaubnis nach §
32 Kreditwesengesetz.
Die Klägerin war von ihrem langjährigen Vermögensberater S. auf die von der [X.] zu 1 angebotene Vermögensverwaltung und den von der [X.] zu 3 aufgelegten Fonds hingewiesen worden. Am 4.
März 2004 be-vollmächtigte sie die [X.] zu 1, sie gegenüber der [X.] zu 4 bei der Verwaltung ihrer "dort deponierten Vermögenswerte"
zu vertreten. Zugleich un-terzeichnete
sie einen "[X.]", in dem sie "unwiderruflich"
"Focus No-tes 125%"
"zeichnete", den zur Investition überwiesenen Betrag mit 155.000

angab, die [X.] zu 1 zur Investion gemäß ihrer gewählten Strategie beauf-tragte und ihr die "aktive Vermögensverwaltung"
übertrug. Außerdem wies sie die [X.] zu 1 an, die Versendung der für eine Kontoeröffnung bei der [X.] zu 4 erforderlichen
Unterlagen an sie zu veranlassen. Die [X.] zu 4 übersandte der Klägerin daraufhin per Post einen Konto-
und Depotführungs-
sowie einen Kreditrahmenvertrag, die die Klägerin am 22. März 2004 in [X.] unterschrieb und an die [X.] zu 4 zurücksandte.
Die [X.] zu 1 zeichnete in der Folge für die Klägerin Beteiligungen an dem genannten Fonds, nachdem
diese insgesamt 142.673,71

in [X.] von 5.034,49

am 30. April 2004, 30.962,51

am 7. Mai 2004 und 106.676,71

am 10. Mai 2004 auf ihr Konto bei der [X.] zu 4 eingezahlt hatte. Zusätzlich gewährte die [X.] zu 4 der Klägerin Kredite in Höhe von 121.000

, 310.000

und 272.000

zum Erwerb weiterer Fondsanteile.
Im November 2005 kündigte die Klägerin den [X.] mit der [X.] zu 1. Sie übertrug der [X.] zu 2 die Verwaltung 3
4
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4

-

ihres Depots bei der [X.] zu 4 und bevollmächtigte sie entsprechend. Die hierfür notwendigen Formulare hatte die [X.] zu 2 der Klägerin per Post nach [X.] übersandt, wo die Klägerin sie am 28. November 2005 unter-zeichnete; die [X.] zu 2 zeichnete am 16.
Januar 2006 in der [X.] ge-gen.
Die Verträge mit der [X.] zu 1, zu 2 und zu 4 enthielten jeweils Klauseln, wonach alle Rechtsbeziehungen mit der Klägerin dem [X.] Recht unterstehen und Erfüllungsort ebenso wie ausschließlicher Gerichtsstand [X.] sein sollten.
Am 5. Juli 2007 kündigte die Klägerin ihre Beteiligung. Ihr wurde ein Be-trag in Höhe von 53.160,10

ausgezahlt. Mit ihrer auf Verstöße gegen das Kreditwesengesetz, verschwiegene Rückvergütungen und Prospekthaftung ge-stützten Klage macht sie die Differenz zum Anlagebetrag in Höhe von 142.673,71

, d.h. 89.513,61

, nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskos-ten geltend.
Das [X.] hat die [X.] zu 1 im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt, die Klage gegen die [X.] zu 2 als unzulässig und die Klage ge-gen die [X.] zu 3 und 4 als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Ur-teil haben sowohl die Klägerin als auch die [X.] zu 1 Berufung eingelegt. Nachdem über das Vermögen der [X.] zu 1 das Konkursverfahren eröff-net worden ist, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin durch [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegen die [X.] zu 2 bis 4 weiter.
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5

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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 1463 veröffentlicht ist, hält die Klagen gegen die [X.] zu 2 bis 4 für nicht zulässig, weil die inter-nationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nicht gegeben sei. Die Klagen seien -
ihre Zulässigkeit unterstellt -
aber auch unbegründet.
1. Für die Klage gegen die [X.] zu 2 könne sich die Klägerin nicht auf einen deliktischen Gerichtsstand nach Art.
5 Nr. 3
des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entschei-dungen in Zivil-
und Handelssachen, geschlossen in [X.] am 16.
September 1988 ([X.]) berufen. Dieser Gerichtsstand setze voraus, dass das schädi-gende Ereignis in [X.] eingetreten sei oder dort einzutreten drohe. Bei Abschluss des Vertrags mit der [X.] zu 2 habe sich das angeblich ge-schädigte Vermögen jedoch bereits bei der [X.] zu 4 in der [X.] be-funden. Jedenfalls aber sei der deliktische Gerichtsstand wirksam derogiert. Der Wirksamkeit der zwischen den Parteien geschlossenen [X.] stehe das [X.] in Verbrauchersachen gemäß Art.
15 [X.] nicht entgegen. Dem Vertragsschluss sei keine Werbung und kein aus-drückliches Angebot im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] vorausgegangen. Die Zusendung des [X.] sei lediglich als Aufforderung zur [X.] eines Vertragsangebots anzusehen, was für die Annahme von Werbemaß-nahmen im Sinne der genannten Bestimmung nicht genüge. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass der Vermögensberater der Klägerin, der ihrem Lager zuzurechnen sei, aktiv nach einem neuen Vermögensverwalter gesucht und sich zu diesem Zweck an die [X.] zu 2 gewandt habe. Jedenfalls aber 9
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gelte das [X.] des Art.
15 [X.] nicht für die auf deliktische [X.]sgrundlagen gestützte Klage gegen die [X.]
zu 2.
Die Klage gegen die [X.] zu 2 sei auch unbegründet. Die Klägerin habe nicht schlüssig vorgetragen, weshalb die [X.] zu 2 für eine vor ihrem Eintreten getroffene Anlageentscheidung haften solle.
2. Für die Klage gegen die [X.] zu 3 sei die internationale Zustän-digkeit der [X.] Gerichte ebenfalls nicht gegeben. Der deliktische Ge-richtsstand des Art.
5 Nr.
3 [X.] komme nicht in Betracht, da der Schadens-ort in der [X.] gelegen sei. Die Klage wäre auch unbegründet. Die [X.] zu 3 habe einer Erlaubnis nach §
32 KWG nicht bedurft, da sie keine Tätigkeit in [X.] entfaltet habe. Für etwaige Prospekthaftungsansprüche, die als vertragliche Ansprüche anzusehen seien, fehle ein [X.] Gerichtsstand, weil der Vermögensberater
der Klägerin in die [X.] gereist sei und ihm der Prospekt dort hätte übergeben werden müssen. Ansprüche aus [X.] habe die Klägerin auch erst in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz geltend gemacht, so dass ihr Vorbringen gemäß §
296a ZPO nicht zu berück-sichtigen sei. Etwaige vertragliche Aufklärungspflichten seien in der [X.] zu erfüllen gewesen, so dass für diesbezügliche Schadensersatzansprüche die dortigen Gerichte zuständig seien. Abgesehen davon sei das Vorbringen der Klägerin durch
die Einwendung der [X.] zu 4 entkräftet worden, bei den Zahlungen an die [X.] zu 1 habe es sich nicht um Rückvergütungen son-dern
um
das Entgelt für deren Verwaltungstätigkeit gehandelt. Ansprüche we-gen sittenwidriger Schädigung durch Verschweigen
der aus der Fremdfinanzie-rung des Anteilserwerbs resultierenden Risiken bestünden ebenfalls nicht, weil die Klägerin den Nachweis schuldig geblieben sei, dass die [X.] zu 3 von dieser Gestaltung gewusst habe.
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3. Auch für die Klage gegen die [X.] zu 4 sei die internationale [X.] der [X.] Gerichte nicht gegeben. Der Wirksamkeit der ge-schlossenen Gerichtsstandsvereinbarung stehe das [X.] des Art.
15 [X.] nicht entgegen, da es gegenüber deliktischen Ansprüchen nicht gelte. Abgesehen davon würden Verträge zur Finanzierung von Wertpapierkäu-fen von Art.
13 [X.] nicht erfasst. Aus Art.
5 Nr.
3 [X.] könne eine Zustän-digkeit nicht hergeleitet werden, da es an einem Schadensort in [X.] fehle.
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die [X.] zu 4 habe [X.] eigenen Aufklärungspflichten verletzt. Umstände, die ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht des Kreditgebers über die Risiken aus der geplanten Kredit-verwendung nach sich zögen, lägen nicht vor. Eine Verpflichtung zur Aufklä-rung über [X.] habe ihr nicht oblegen. Jedenfalls sei das Vorbrin-gen der Klägerin durch die Einwendung der [X.] zu 4 entkräftet worden, bei den Zahlungen an die [X.] zu 1 habe es sich nicht um [X.] sondern um das Entgelt für deren Verwaltungstätigkeit gehandelt. Die Tä-tigkeit der [X.] zu 4 sei auch nicht nach §
32 KWG erlaubnispflichtig ge-wesen; die bloße Versendung der Vertragsunterlagen genüge hierfür nicht.

II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die [X.] Ge-richte für die gegen die [X.] zu 2 bis 4 erhobenen Klagen international zuständig.
13
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8

-

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte, die auch unter der Geltung des §
545 Abs.
2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. [X.]surteile vom 2. März 2010 -
VI
ZR 23/09, [X.]Z 184, 313 Rn.
7; vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, [X.], 2163 Rn.
8), nach dem Überein-kommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen -
geschlossen in [X.] am 16.
September 1988
-
([X.]) bestimmt. Dieses ist in [X.] am 1.
März 1995 und in der [X.] am 1.
Januar 1992 in [X.] getreten ([X.] II 1995 S.
221) und findet gemäß Art.
54b Abs.
2 Buchst. a [X.] mit Vorrang vor dem nationalen Prozessrecht Anwendung (vgl. [X.]surteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO
Rn.
9; [X.], Urteil vom 21.
November 1996 -
IX
ZR 264/95, [X.]Z 134, 127, 133; [X.]/[X.], ZPO, 7.
Aufl., Vorb. [X.], Rn.
13). Die Regeln über die internationale Zuständigkeit im Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 30.
Oktober 2007 ([X.]I) sind im Streitfall noch nicht anwendbar, da die [X.] erhoben wurde, bevor dieses Übereinkommen am 1.
Januar 2010 für die Europäische
Gemeinschaft in [X.] trat ([X.] [X.] S.
2862; Art.
63 Abs.
1 [X.]I).
Die Auslegung des [X.] Übereinkommens I obliegt den [X.] Gerichten. Eine Auslegungszuständigkeit des [X.] [X.] nicht (vgl. [X.], Urteile vom 27.
Mai 2008 -
VI
ZR 69/07, [X.]Z 176, 342 Rn.
9; vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, [X.], 2163 Rn.
10; [X.], Gutachten vom 7.
Februar 2006 -
[X.]-1/03 -
[X.]. [X.], 1145, Rn.
19).
Es gelten im Wesentlichen dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die [X.] gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 16
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9

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27.
September 1968 (EuGVÜ), da sich die Unterzeichnerstaaten zu einer mög-lichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen beider Abkommen verpflichtet haben (vgl. Präambel und Art.
1 des Protokolls Nr.
2 über die einheitliche [X.]; [X.]surteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO; [X.], Gutachten vom 7.
Februar 2006 -
[X.]-1/03 -
aaO; [X.], Ur-teil vom 20.
August 2003 -
5
AZR 45/03, [X.], 58, 61). Dabei ist zu be-achten, dass die im Übereinkommen verwendeten Begriffe grundsätzlich auto-nom, d.h. ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae auszulegen sind, [X.] in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (vgl. [X.], Urteile vom 27.
Mai 2008 -
VI
ZR 69/07, aaO, Rn.
11; vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
13; vgl. zum EuGVÜ: [X.], Urteile vom 11.
Juli 2002 -
[X.]. [X.]/00, [X.]. 2002 S.
I-6367, [X.], Rn.
37; vom 20.
Januar 2005 -
[X.]. [X.]/02, [X.]. 2005 S. [X.], [X.], Rn.
33).
2. Für das von der Klägerin in der Revisionsinstanz gegen
die [X.] zu 2 allein weiterverfolgte Schadensersatzbegehren aus §
823 Abs.
2 BGB, §
32 KWG ergibt sich die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte aus Art.
13 Abs.
1 Nr.
3, Art.
14 Abs.
1 [X.]. [X.] (Zuständigkeit für [X.]sachen).
a) Der Anwendung dieser Bestimmungen steht nicht entgegen, dass die Parteien in dem zwischen ihnen zustande gekommenen Vermögensverwal-tungsvertrag als ausschließlichen Gerichtsstand [X.] vereinbart haben. Denn gemäß Art.
15 [X.] kann von den Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur dann abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, dem Verbraucher lediglich zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnet oder die Gerichte 18
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-

des Staates für zuständig erklärt, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des [X.] ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
b) Nach Art.
13 Abs.
1 Nr.
3, Art.
14 Abs.
1 [X.]. [X.] kann ein [X.] eine Klage aus einem Vertrag über die Erbringung einer Dienstleis-tung vor den Gerichten des Vertragsstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, sofern dem Vertragsabschluss in diesem Staat ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a)
und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. b). Unter einem Verbraucher ist dabei gemäß Art.
13 Abs.
1 [X.] eine Person zu verstehen, die zu einem Zweck tätig wird, der nicht ihrer beruf-lichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
c) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
aa) Die Klägerin hat den Vermögensverwaltungsvertrag mit der [X.] zu 2 als Verbraucherin im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] abge-schlossen. Der Vertrag diente der Anlage und Verwaltung ihres privaten [X.] und kann deshalb nicht ihrer gewerblichen oder
beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden.
[X.]) Der Vermögensverwaltungsvertrag ist als Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 [X.] zu qualifizieren. Art.
13 Abs.
1 [X.] erfasst nur solche Verträge, in denen die Parteien synallagmatische Verpflichtungen eingegangen sind (vgl. [X.]surteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
14; Gei-mer in [X.]/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3.
Aufl., Art.
15 Rn.
25
zur inhaltsgleichen Vorschrift des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 EuGVÜ: [X.], Urteile vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
49; vom 20.
Januar 2005, aaO, 20
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11

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[X.], Rn.
34). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da sich die Klägerin zur Zahlung eines Entgelts für die von der [X.] zu 2 zu erbringenden Leis-tungen verpflichtet hat.
cc) Der Vertrag war auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet. Der Begriff der "Erbringung einer Dienstleistung"
in Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist in Anlehnung an Art.
5 des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.
Juni 1980 ([X.] II 1986 S.
810, nachfolgend: [X.]) weit auszulegen (vgl. [X.]isches BG, [X.] 295 Ziffer 8.1; [X.], Urteil vom 26.
Oktober 1993 -
XI
ZR 42/93, [X.]Z 123, 380, 385; [X.], Urteil vom 11.
Juli 2002 -
[X.]. [X.]/00 -
aaO, [X.], Rn.
42; [X.] in [X.]/Schütze, aaO. Rn.
45; [X.], Wer ist Verbraucher im in-ternationalen Zivilprozess?, 2001,
S.
258). Er schließt Dienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind, Werk-
und Werklieferungsverträge sowie Geschäftsbe-sorgungsverhältnisse ein und erfasst damit alle Verträge, in denen dem [X.] -
wie im Streitfall
-
eine tätigkeitsbezogene Leistung versprochen wird (vgl. [X.], Urteile vom 26.
Oktober 1993 -
XI
ZR 42/93, [X.]Z 123, 380, 385; vom 19.
März 1997 -
VIII
ZR 316/96, [X.]Z 135, 124, 130 f.; vom 13.
Dezember 2005 -
XI
ZR 82/05, [X.]Z 165, 248, 253).
[X.]) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die Vo-raussetzungen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a
und b [X.] erfüllt.

(1) Die beiden spezifischen Voraussetzungen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a
und b
[X.] sollen gewährleisten, dass eine enge Verbindung zwi-schen dem fraglichen Vertrag und dem Staat besteht, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Sie erfassen die Fälle, in denen der Un-ternehmer in Form von Werbung oder Angeboten Schritte unternommen hat, um seine beweglichen Sachen oder Dienstleistungen in dem Land zu verkau-24
25
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12

-

fen, in dem sich der Verbraucher aufhält (vgl. zu Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 EuGVÜ: [X.], Urteil vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.

41
ff.).

(2) Der Begriff "Werbung"
im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a [X.] umfasst alle Formen der Werbung in dem Vertragsstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, unabhängig davon, ob sie allgemein verbrei-tet oder unmittelbar an den Empfänger gerichtet wird (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
14; vgl. zu Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 EuG-VÜ: [X.], Urteil vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
44). Der Begriff "aus-drückliches Angebot" ist nicht im rechtstechnischen Sinne zu verstehen. Er setzt kein Vertragsangebot gemäß §
145 BGB voraus, sondern erfasst auch eine invitatio ad offerendum (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
17; [X.] in [X.]/Schütze, aaO, Rn.
51; [X.], [X.] Zuständigkeit bei [X.], 2003, S.
36; [X.], [X.] [X.] und europä-ischen Zivilprozessrecht, 2007, S.
153, jeweils mwN; vgl. zu Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 EuGVÜ: vgl. [X.], Urteile vom
11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
52; vom 20.
Januar 2005, aaO, [X.], Rn.
36).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass die Initiative zur Unterbreitung eines Angebots vom Unternehmer [X.] ist. Eine solche Voraussetzung sieht Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] nicht vor. Die Bestimmung lässt es genügen, dass dem Verbraucher vor dem Ver-tragsabschluss ein Angebot unterbreitet worden ist,
ohne danach zu differen-zieren, auf wessen Veranlassung dies geschehen ist. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] über den Wortlaut hinaus auf die Fälle, in denen der Unternehmer dem Verbraucher von sich aus ein [X.] übermittelt hat, stände im Widerspruch zu dem mit der Vorschrift verfolg-ten Ziel, dem Verbraucher als dem gegenüber seinem beruflich oder gewerblich 27
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13

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handelnden Kontrahenten wirtschaftlich schwächeren und rechtlich weniger erfahrenen Vertragspartner einen angemessenen Schutz zu sichern (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts [X.]
vom 27.
Oktober 1992, [X.]. [X.]/91, [X.]. 1993 [X.], [X.], Rn.
83 ff.; [X.], Urteile vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
39; vom 20.
Januar 2005, aaO, [X.], Rn.
39). Der enge Inlandsbezug zwischen dem abgeschlossenen Vertrag und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers, den die Voraussetzungen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a und b [X.] gewährleisten sollen, ist auch dann gege-ben, wenn dem im Wohnsitzstaat des Verbrauchers abgegebenen Angebot des Unternehmers eine Kontaktaufnahme durch den Verbraucher vorausgegangen ist. Im Interesse eines effizienten Verbraucherschutzes erfasst Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] deshalb auch die Fälle, in denen der Verbraucher die Initiative er-griffen und den Unternehmer um Übersendung eines Angebots oder von [X.] gebeten hat (vgl. [X.]
in Schütze/[X.], aaO, A I Art.
15 Rn.
55; [X.], 2.
Aufl., Art.
13 EuGVÜ Rn.
10; Schlosser, FS Steindorff (1990), S.
1379, 1385
f.; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., [X.].
I §
40 Art.
13, Rn.
18).
(3) Mit "zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen"
im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. b [X.] ist jede schriftliche Rechts-handlung und jeder andere Schritt des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat gemeint, in denen sein Wille, der Aufforderung des Gewerbetreibenden Folge zu leisten, zum Ausdruck kommt (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
14; vgl. zu Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 EuGVÜ: [X.], Urteil vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
45).
(4)
Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a
und b [X.] zu bejahen. Durch die Übersendung der Vertragsunterlagen nach [X.] hat die [X.] zu 2 der Klägerin in deren 29
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-

14

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Wohnsitzstaat ein ausdrückliches Angebot im Sinne der genannten Bestim-mung unterbreitet. Dieser Beurteilung steht -
wie unter [X.]) (2) ausgeführt
-
nicht entgegen, dass der Kontakt zwischen der Klägerin und der [X.] zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf die Initiative der Klägerin, näm-lich deren aktive Suche nach einem geeigneten Vermögensberater, zurückzu-führen ist. Mit der Unterzeichnung eines Angebots zum Abschluss des [X.] [X.] hat die Klägerin auch in ihrem Wohnsitz-staat die von ihrer Seite "zum
Abschluss des [X.]" vorgenommen.
ee) Das von der Klägerin in der Revisionsinstanz allein weiterverfolgte Begehren aus §
823 Abs.
2 BGB, §
32 KWG ist auch als Klage "aus"
einem Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 [X.] zu qualifizieren (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
24 ff.). Die vom Berufungsge-richt vorgenommene Einordnung als deliktischer Anspruch im Sinne des Art.
5 Nr.
3 [X.] berücksichtigt nicht, dass die im Übereinkommen verwendeten Begriffe autonom auszulegen sind (vgl. [X.], Urteile vom 27.
Mai 2008 -
VI
ZR 69/07, aaO, Rn.
11; vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
13, 24; vgl. zum EuGVÜ: [X.], Urteile vom 11.
Juli 2002 -
[X.]. [X.]/00, [X.]. 2002 S.
I-6367, [X.], Rn.
37; vom 20.
Januar 2005 -
[X.]. [X.]/02, [X.]. 2005 S.
[X.], [X.], Rn.
33).
(1) Für die Begründung des [X.] gemäß Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist nicht die Geltendmachung eines vertraglichen [X.]s im engeren Sinne erforderlich. Vielmehr genügt es, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. [X.], Ur-teil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
23; [X.], Urteile vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
38, 56; vom 14.
Mai 2009 -
[X.]. [X.]/06 -
[X.]. 31
32
-

15

-

2009 [X.], [X.], Rn.
44, 52, 56). Diese Beurteilung wird durch die [X.] und [X.] Sprachfassung des Art.
13 [X.] bestätigt, die wesent-lich umfassender formuliert sind als die [X.] Fassung und in denen es statt "Klagen aus einem Vertrag"
"in proceedings concerning a contract"
bzw. "en matière de contrat"
heißt. Dies entspricht auch dem Zweck der Bestim-mung, wonach der Verbraucher als der wirtschaftlich
schwächere und rechtlich weniger erfahrene Vertragspartner geschützt werden soll und ihm der Ent-schluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat (vgl. zum [X.] [X.], Urteil vom 19.
Januar 1993 -
[X.]. 89/91 -
[X.]. 1993 S.
139, [X.], Rn.
18). Dagegen bezieht sich Art.
5 Nr.
3 LügU I nur auf alle nicht an einen Vertrag anknüpfenden Klagen, mit denen eine Scha-denshaftung des [X.] geltend gemacht wird (vgl. [X.], Urteile vom 27.
Oktober 1998 -
[X.]. [X.]/97, [X.]. 1998 [X.], [X.] européenne, Rn.
22; vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
33; vom 20.
Januar 2005, [X.], Rn.
29; [X.] in [X.]/[X.], Kommentar zum [X.] -
Über-einkommen ([X.]), 2008, Art.
5 Rn.
19 f.; [X.]/Leible, Europäisches Zivil-prozessrecht
(Bearb.
2011)
Art.
5 Brüssel I-VO, Rn.
78).
(2) Im Streitfall weist der geltend gemachte Anspruch aus §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
32 KWG die für die Bejahung des [X.] er-forderliche enge Verbindung zu dem mit der [X.] zu 2 abgeschlossenen Vertrag auf. Die Klägerin nimmt ihren Vertragspartner mit der Begründung auf Ersatz des ihr infolge der vereinbarten Verwaltungstätigkeit angeblich entstan-denen Vermögensschadens in Anspruch, dass jener den [X.] gegen ihn gerichteten gesetzlichen Verbots nicht habe abschließen dürfen. Das Klagebegehren kann vom Vertrag nicht getrennt werden.
33
-

16

-

3. Für die gegen die [X.] zu 3 erhobene Klage ergibt sich die inter-nationale Zuständigkeit [X.] Gerichte jedenfalls aus Art.
18 Satz
1 [X.].
a) Nach Art.
18 [X.] wird ein Gericht eines Vertragsstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften des Übereinkommens zuständig ist, zuständig, wenn sich der [X.] vor ihm auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit zu [X.], und keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet ist. Von einer Einlassung auf das Verfahren ist auszu-gehen, wenn der [X.] die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stel-lungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des Art.
18 EuGVÜ: [X.], Urteil vom 18.
September 2001 -
IX
ZB 75/99, NJW-RR 2002, 1357, 1358; [X.], Urteil vom 24.
Juni 1981 -
[X.]. [X.]/80 -
[X.]. 1981 S. I 01671, Elefanten [X.], Rn.
15
f.; [X.], [X.] 1991, 243, 244; [X.], [X.] 2000, 525; [X.], [X.] 1999, 540; [X.] in [X.]/Schütze, aaO, A1 Art.
24 Rn.
50 mwN). Vor den [X.] Zivilgerichten ist danach im Gegensatz zu §
39 ZPO keine Einlassung zur Hauptsache erforderlich; zuständigkeitsbegrün-dend ist bereits eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung ([X.], [X.] 1991, 243, 244; [X.], [X.] 2000, 525; [X.], [X.] 1999, 540; [X.], [X.], 271, 272
f.; [X.]/[X.], ZPO, 8.
Aufl., VO ([X.]) 44/2001 Art.
24 Rn.
3; [X.], 3.
Aufl., Art.
24 [X.] Rn.
7; [X.]/[X.], ZPO, 28.
Aufl.
Art.
24 [X.]-VO Rn.
5; [X.]/von [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, Kommentar zum [X.], 9.
Aufl., Art.
24 [X.] Rn.
7, 15).
b) Nach diesen Grundsätzen sind die [X.] Gerichte jedenfalls mit Eingang der Klageerwiderung der [X.] zu 3 zuständig geworden. In [X.] hat die [X.] zu 3 Einwendungen in der Sache erhoben, ohne die inter-34
35
36
-

17

-

nationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu beanstanden. Eine an-derweitige ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art.
16 [X.] besteht nicht. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erhobene Rüge vermochte die bereits begründete Zuständigkeit nicht zu beseitigen.
4. Für das von der
Klägerin in der Revisionsinstanz gegen die [X.] zu 4 weiterverfolgte Schadensersatzbegehren aus Verschulden bei Vertrags-schluss und aus §
823 Abs.
2 BGB, §
32 KWG ergibt sich die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte aus Art.
13 Abs.
1 Nr.
3, Art.
14 Abs.
1 2.
Alt.
[X.]. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin und die [X.] zu 4 in den zwischen ihnen zustande gekommenen [X.]
als ausschließlichen Gerichtsstand [X.] vereinbart haben. Denn die Voraussetzungen für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung in Verbrauchersachen gemäß Art.
15 [X.] sind nicht gegeben (vgl. dazu die Ausführungen unter Ziff. 2. a).
a) Die Klägerin hat sowohl den Konto-
und Depotführungsvertrag als auch den Kreditvertrag als Verbraucherin abgeschlossen. Sie handelte aus-schließlich zu privaten Zwecken. Die Verträge dienten der Anlage und Verwal-tung ihres privaten Vermögens und können deshalb nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden. Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung der [X.] zu 4 nicht deshalb geboten, weil die Klägerin in [X.] investiert hat und dadurch Gewinn erzielen [X.]. Denn nach der Definition des Verbrauchers in Art.
13 Abs.
1 [X.] gilt die Bestimmung für alle Verträge, die eine Person ohne Bezug zu einer gegenwär-tigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen abschließt (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Juni 1978 -
[X.]. [X.]/77, [X.]. 1978 [X.], [X.], Rn.
16; Urteil vom 3.
Juli 1997 -
[X.]. [X.], [X.]. 1997 [X.], [X.], Rn.
18). Auf das [X.] oder Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es nicht an (vgl. 37
38
-

18

-

Schlussanträge des Generalanwalts [X.], [X.]. [X.]/91, [X.]. 1993 [X.], [X.], Rn.
77; [X.], aaO, S.
259
f.).
b) Die zwischen der Klägerin und der [X.] zu 4 abgeschlossenen Verträge sind auch als Verträge im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] zu qualifizieren. Sie enthalten synallagmatische Verpflichtungen und sind auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet. Sowohl in dem auf die Einrichtung und Führung eines Kontos abzielenden Zahlungsdienstrahmenvertrag als auch in dem auf die Verwahrung und Verwaltung der Fondsanteile gerichteten De-potvertrag (vgl. [X.], Bank-
und Kapitalmarktrecht, 2.
Aufl., §
9 Rn.
7) hat die [X.] zu 4 der Klägerin tätigkeitsbezogene Leistungen gegen Entgelt ver-sprochen. Es kann dahinstehen, ob auch Kreditverträge als Verträge über die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] anzu-sehen sind (verneinend: der Bericht der [X.] zu Art.
13 EuGVÜ, [X.]. [X.]
vom 5.
März 1979, Nr.
[X.] 59 Nr. 157; [X.], Der [X.] im internationalen Privatrecht, 2006, S.
122;
[X.] in
Reith-mann/[X.], Internationales Vertragsrecht, 6.
Aufl., Rn.
808 jeweils mwN; be-jahend: [X.]/Primaczenko, [X.], 189, 190
f.; [X.], [X.] 2006, 321, 322 ff.; [X.], [X.] 2001, S.
143,
146; [X.]/von [X.],
aaO Art.
15 Rn.
20; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3.
Aufl., Art.
15 EuGVVO Rn.
7; MünchKomm-
ZPO/[X.], 2.
Aufl., Art.
13 EuGVÜ Rn.
7; [X.]our d´appel de [X.]olmar, [X.], 1209, 1210 mit Anmerkung [X.]; [X.]our d´appel de Versailles, [X.] 1999,
884). Denn
Kreditverträge fallen jedenfalls dann unter Art.
13 Abs. 1 Nr.
3 [X.], wenn sie zu anderen auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichteten [X.] in engem Zusammenhang stehen und die Dienstleistungen insge-samt nicht nur als untergeordnete Nebenleistungen anzusehen sind (vgl. [X.]isches [X.], [X.] 295 Ziffer 8.1; vgl. auch [X.], Urteile vom 19.
März 1997 -
VIII
ZR 316/96, aaO und vom 13.
Dezember 2005 39
-

19

-

-
XI
ZR 82/05, aaO, jeweils zu dem auf Art.
5 [X.] zurückgehenden Art.
29 [X.]BGB). So verhält es sich im Streitfall. Der zwischen der Klägerin und der [X.] zu 4 zustande gekommene Kreditvertrag war eng mit dem Konto-
und Depotführungsvertrag verknüpft, über den die Darlehensgewährung, die Verwendung der [X.] und die Verwaltung der Fondsanteile abgewi-ckelt wurde. Die [X.] zu 4 hatte der Klägerin ein "Leistungspaket"
zur [X.] gestellt, in dem dienstvertragliche Pflichten erhebliches Gewicht hatten.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert eine [X.] des Kontoführungs-
und Depotvertrags und des Kreditvertrags als Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3
[X.] auch nicht daran, dass es sich bei den mit den [X.] erworbenen Fondsanteilen um Wertpapiere handelte (vgl. zur Rechtsnatur verbriefter Fondsanteile: [X.]isches [X.], BGE 132 III 186 S.
193). Das Berufungsgericht übersieht, dass vorliegend nicht die Anwendung des Art.
13 Abs.
1 Nr.
1 oder 2 [X.], sondern die des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] in Frage steht. Die
Bestimmungen in Art.
13 Abs.
1 Nr.
1 oder 2 [X.] knüpfen an den Kauf beweglicher Sachen an und erfassen des-halb den (kreditfinanzierten) Kauf von Wertpapieren nicht (vgl.
Kroppholler/von [X.], aaO, Art.
15 [X.] Rn.
17; Nagel/[X.], Internationales Zivilprozess-recht, 6.
Aufl., §
3 Rn.
116; vgl. zu Art.
5 [X.]: Bericht von [X.]/[X.] BT-Drucks 10/503 S.
55). Dies steht jedoch einer Qualifikation des abgeschlos-senen Kontoführungs-
und Depotvertrags und des
damit in engem Zusammen-hang stehenden Kreditvertrags als Vertrag über die Erbringung einer Dienstleis-tung mit besonderem Inlandsbezug im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] nicht entgegen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts [X.] [X.]. [X.]/91, aaO, [X.], Rn.
75
ff.; Kroppholler/von [X.], aaO Art.
15
[X.]
Rn.
20).
40
-

20

-

c) Auch die Voraussetzungen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a) und b) [X.] sind erfüllt. Durch die Übersendung der Vertragsunterlagen nach [X.] hat die [X.] zu 4 der Klägerin in deren Wohnsitzstaat ein ausdrückli-ches Angebot im Sinne der genannten Bestimmung unterbreitet. Mit der Unter-zeichnung der Vertragsunterlagen
in [X.] hat die Klägerin in ihrem Wohn-sitzstaat die von ihrer Seite zum Abschluss der Verträge erforderlichen Rechts-handlungen vorgenommen.
d) Sowohl das auf Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten als auch das auf einen Verstoß gegen das Kreditwesengesetz gestützte Schadensersatzbegehren sind als Klage "aus"
einem Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 [X.] zu qualifizieren.
aa) Wie unter 2. c) ee) ausgeführt, genügt es für die Begründung des [X.] gemäß Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.], dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung
zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, aaO Rn.
23; [X.], Urteile vom 11.
Juli 2002, aaO, [X.], Rn.
38, 56; vom 14.
Mai 2009 -
[X.]. [X.]/06 -
[X.]. 2009 [X.], [X.], Rn.
44, 52, 56). Diese Voraussetzung wird in Fällen, in denen es zu einem Vertragsabschluss zwischen den Parteien gekommen ist und der Kläger Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklä-rungspflichten begehrt, regelmäßig zu bejahen sein (vgl. zu Art.
5 EuG-VÜ/EuGVVO: [X.], Urteile vom 14.
Mai 2009 -
[X.]. [X.]/06 -
[X.]. 2009
S.
[X.], [X.], Rn.
44, 52, 56; vom 17.
September 2002 -
[X.]-334/00, [X.], [X.]. 2002,
S.
I-7357 Rn.
22; [X.], [X.] 2003, 127, 133 ff.; [X.]/von [X.], aaO, Art.
5 Rn.
18; [X.]/Leible, Europäisches Zivilpro-zessrecht (Bearb. 2001) Art.
5 Brüssel I -
VO Rn.
27; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3.
Aufl., [X.]. I §
40 Art.
5 EuGVVO Rn.
5; [X.], Europäi-41
42
43
-

21

-

sches Zivilprozessrecht 2004, Rn.
84; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., Art.
5 EuGVÜ Rn.
8; [X.], FS [X.] 2002, S.
641, 653 f.). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die Klägerin nimmt ihre Vertragspartnerin mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch, dass diese ihr vor Abschluss der Verträge zusätzliche Informationen hätte erteilen müssen, um die mit
den Ver-trägen verbundenen Risiken und Belastungen besser einschätzen und den [X.] der Verträge überdenken zu können. Dieses Begehren kann von den [X.] nicht getrennt werden.
[X.]) Nichts anderes gilt für den Schadensersatzanspruch wegen [X.] gegen das Kreditwesengesetz. Auch er kann von den zwischen der Kläge-rin und der [X.] zu 4 geschlossenen [X.] nicht getrennt werden. Die Klägerin nimmt ihre Vertragspartnerin auf Ersatz des an sie transferierten und zum Fondanteilskauf verwendeten Geldbetrages in Anspruch, weil diese
die Verträge aufgrund eines gegen sie gerichteten gesetzlichen Verbots nicht habe abschließen dürfen.

III.
Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Der [X.] kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß §
563 Abs.
3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die vom Berufungsgericht hilfsweise gemachten Ausführungen zur Begründet-heit der Klage gelten als nicht geschrieben und sind vom Revisionsgericht nicht zu beachten ([X.], Urteile vom 10.
Dezember 1953 -
IV
ZR 48/53, [X.]Z 11, 222, 224; vom 25.
November 1966 -
V
ZR 30/64, [X.]Z 46, 281, 284
f.; vom 7.
Juni 1990 -
III
ZR 216/89, NJW 1990, 2125, 2126; [X.]/Ball, ZPO, 8.
Aufl., §
563 Rn.
23, jeweils mwN). [X.] das Berufungsgericht die Zuläs-44
45
-

22

-

sigkeit der Klage, so darf das Revisionsgericht auf die Begründetheit der Klage nur dann eingehen, wenn das Berufungsurteil im Übrigen einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundla-ge bietet, und bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich [X.]. Diese Voraussetzung ist z.B. erfüllt, wenn der Klagevortrag in jeder Richtung unschlüssig ist und auch durch weiteres Parteivorbringen nicht schlüssig gemacht werden kann ([X.]surteil vom 14. März 1978 -
VI [X.], NJW 1978, 2031;
[X.], Urteile vom 10. Oktober 1991 -
IX ZR 38/91,
VersR 1992, 762, 763;
vom 29.
September 1993 -
VIII
ZR 107/93, NJW-RR 1994, 175, 176; [X.]/Ball, ZPO, 8.
Aufl., §
563 Rn.
23).
Eine derartige Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Das [X.] hat schon nicht geklärt, welches Recht auf die zwischen den [X.] bestehenden Rechtsverhältnisse Anwendung findet. Hierzu bestand schon deshalb Anlass, weil die [X.] ausländische Unternehmen sind und die Klägerin ihre Ersatzansprüche auf den Erwerb einer Beteiligung an dem von der [X.] zu 3 in der [X.] aufgelegten Fonds stützt. Zwar wäre -
wie das Berufungsgericht ohne die Frage zu erörtern
angenommen hat -
[X.]s Recht anwendbar, wenn die Parteien im Laufe
des Rechtsstreits nachträglich eine entsprechende stillschweigende und wirksame Rechtswahlvereinbarung gemäß Art.
27 Abs.
2 Satz
1, Art.
42 [X.]BGB in der bis 16.
Dezember 2009 geltenden Fassung getroffen hätten. Feststellungen hierzu hat das Berufungs-gericht aber nicht getroffen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass die Parteien und die Vorinstanzen übereinstimmend von der Anwendbarkeit [X.] Rechts ausgehen, den Anforderungen an eine nachträgliche Rechtswahl nicht ohne weiteres genügt (vgl. [X.], Urteile vom
19.
Januar 2000 -
VIII
ZR 275/98, [X.], 1002; vom 30.
Oktober 2008 -
I
ZR 12/06, [X.], 1205 46
47
-

23

-

Rn.
19 mwN). Zwar kann es für die Annahme einer nachträglichen konkluden-ten Rechtswahl ausreichen, wenn die Vertragsparteien im Prozess deutlich auf eine bestimmte Rechtsordnung Bezug nehmen oder diese ihren rechtlichen Ausführungen zugrunde legen. Zumindest für eine die ursprünglich geltende Rechtsordnung abändernde Rechtswahl bedarf es aber eines dahingehenden beiderseitigen Gestaltungswillens (vgl. [X.], Urteil
vom
12.
Dezember 1990 -
VIII
ZR 332/89, NJW 1991, 1292, 1293; vom 30.
Oktober 2008
-
I
ZR 12/06, aaO).
Bei der neuen Verhandlung wird
das Berufungsgericht Gelegenheit
ha-ben, sich mit den in den Rechtsmittelschriften vorgebrachten Einwendungen gegen seine Beurteilung der Begründetheit der Klagen auseinanderzusetzen.
Galke
Zoll
[X.]

Pauge
von Pentz

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 31.07.2009 -
28 O 8800/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.05.2010 -
5 U 4254/09 -

48

Meta

VI ZR 154/10

31.05.2011

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2011, Az. VI ZR 154/10 (REWIS RS 2011, 6144)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6144

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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