BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MIETWOHNUNG MIET- UND WEG-RECHT KAUTION Hinzufügen
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Wohnraummiete: Verwertung einer Mietsicherheit durch den Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses
Während des laufenden Mietverhältnisses darf der Vermieter eine Mietsicherheit wegen streitiger Forderungen gegen den Mieter nicht verwerten.
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 25. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung des Beklagten. Entsprechend § 7 des am 3. Mai 2009 geschlossenen Mietvertrags entrichtete die Klägerin eine Kaution in Höhe von 1.400 €. Eine Zusatzvereinbarung der Parteien zu § 7 des Mietvertrags bestimmt:
"Der Vermieter kann sich wegen seiner fälligen Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses aus der Kaution befriedigen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, die Kautionssumme wieder auf den ursprünglichen Betrag zu erhöhen. [...]"
Später machte die Klägerin eine Mietminderung geltend. Wegen der streitigen Mietforderung ließ der Beklagte sich am 15. Juni 2012 - während des laufenden Mietverhältnisses - das Kautionsguthaben auszahlen.
Die Klägerin verlangt, den Betrag wieder dem [X.] gutzuschreiben und [X.] anzulegen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe einen Anspruch auf Wiederauffüllung und insolvenzsichere Anlage der Mietkaution aus § 551 Abs. 3 [X.]. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, während des [X.] wegen der hier streitigen Mietforderungen auf die Kaution zuzugreifen. Nach überwiegender Auffassung, der sich die Kammer anschließe, dürfe der Vermieter Befriedigung aus der Kaution während des [X.] grundsätzlich nur dann suchen, wenn seine Forderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sei oder die Verrechnung im Interesse des Mieters liege.
Der Vermieter verwalte während der Mietzeit aufgrund der Sicherungsabrede fremdes Vermögen. Mangels anderer Vereinbarungen der Parteien entspreche das eingeschränkte Befriedigungsrecht des Vermieters der wechselseitigen Interessenlage. Der Mieter werde regelmäßig keine Mietsicherheit hingeben wollen, an der sich der Vermieter während der Mietzeit ungehindert bedienen könne, obwohl der Mieter die vermeintlichen Gegenansprüche in Abrede stelle. Der Mieter müsste auf Wiederauffüllung des [X.] klagen, wobei die Kaution selbst in der Insolvenz des Vermieters entgegen § 551 Abs. 3 [X.] nicht mehr gesichert wäre. Eine solche Auslegung eines zur Verwertung der Kaution während der Mietzeit schweigenden [X.] entspräche nicht den Grundsätzen des § 157 [X.] und führte überdies dazu, dass zahlreiche Prozesse zu erwarten seien, in denen das Bestehen und die vermeintliche Fälligkeit der Forderung des Vermieters inzident geprüft werden müssten.
Auf die Zusatzvereinbarung zu § 7 des [X.] könne sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Es handele sich um eine vom Beklagten gestellte und für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung. Die Klausel sei gemäß § 307 [X.] unwirksam, soweit sie den Vermieter dazu ermächtige, sich auch wegen streitiger und nicht rechtskräftig festgestellter Ansprüche aus der Kaution zu befriedigen. Eine Auslegung der [X.], die dem Vermieter dieses gestatte, verstoße gegen das in § 551 Abs. 3 [X.] postulierte Leitbild der Insolvenzsicherheit der Mietkaution.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Die Klägerin hat gemäß § 280 Abs. 1, § 551 [X.] Anspruch auf Wiedergutschrift der Kaution, weil der Beklagte entgegen § 551 Abs. 1, 3, 4 [X.] und damit zu Unrecht auf die Mietsicherheit zugegriffen hat und deshalb verpflichtet ist, sie dem [X.] wieder gutzuschreiben. Der Beklagte war nicht berechtigt, die Kautionssumme während des laufenden [X.] wegen der von der Klägerin bestrittenen Mietforderungen in Anspruch zu nehmen, denn sein Vorgehen widerspricht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, dem in § 551 Abs. 3 [X.] zum Ausdruck gekommenen Treuhandcharakter der Mietkaution. Auf die Zusatzvereinbarung zu § 7 des Mietvertrags kann der Beklagte sich daher nicht berufen (§ 551 Abs. 4 [X.]).
1. Anders als die Revision meint, dient die Mietkaution nicht dazu, dem Vermieter eine Verwertungsmöglichkeit zum Zwecke schneller Befriedigung behaupteter Ansprüche gegen den Mieter während des laufenden [X.] zu eröffnen. Gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 [X.] hat der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Mit der Pflicht zur treuhänderischen Sonderung der vom Mieter erbrachten Kaution wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter nach Beendigung des [X.] auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen kann, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen ([X.], Urteil vom 20. Dezember 2007 - [X.], [X.], 367 Rn. 8; Senatsurteil vom 13. Oktober 2011 - [X.], NJW 2010, 59 [X.]; jeweils unter Hinweis auf BT-Drucks. 9/2079, [X.] f.). Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden [X.] auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Die davon zum Nachteil des Mieters abweichende Zusatzvereinbarung zu § 7 des Mietvertrags ist deshalb gemäß § 551 Abs. 4 [X.] unwirksam. Dieses Ergebnis entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum ([X.], [X.], 269; [X.] NZM 2004, 298; [X.], [X.], 193; [X.], [X.], 726; [X.], [X.], 685; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. [X.]; [X.], [X.], 737, 741; Derleder, [X.], 601, 607; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2011, § 551 Rn. 27; [X.], Mietrecht, 11. Aufl., § 551 [X.] Rn. 91; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 123; [X.] [X.]/[X.], Stand: 1. Mai 2013, § 551 Rn. 32; anders [X.]/Grün, [X.], 1015, 1016 f., [X.], [X.], 1146, 1153; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 551 Rn. 14).
2. Das Sicherungsbedürfnis des Vermieters wird, anders als die Revision meint, dadurch nicht beeinträchtigt, denn die zu seinen Gunsten vereinbarte Sicherheit bleibt dem Vermieter erhalten. Entgegen der Ansicht der Revision spricht auch das Senatsurteil vom 12. Januar 1972 ([X.], [X.], 335) nicht für die Zulässigkeit eines Zugriffs auf die Kaution im laufenden Mietverhältnis bei streitigen Forderungen. Diese Entscheidung ist schon deshalb nicht einschlägig, weil ihr kein Wohnraummietverhältnis zugrunde lag, sondern ein Mietverhältnis über Geschäftsraum, für das die Vorschrift des § 551 [X.] nicht gilt. Daraus ist für die vorliegende Fallgestaltung nichts herzuleiten.
Es bedarf schließlich keiner Entscheidung, ob - wie die Revision meint - der Vermieter berechtigt ist, die Kaution nach Vertragsende auch wegen einer streitigen Forderung zu verwerten (ablehnend [X.]/[X.], aaO, § 551 Rn. 31; anders [X.]/[X.], aaO), denn eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben.
Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles
Dr. Schneider Kosziol
Meta
07.05.2014
Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend LG Bonn, 25. Juli 2013, Az: 6 S 200/12
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.05.2014, Az. VIII ZR 234/13 (REWIS RS 2014, 5796)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 5796
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
VIII ZR 234/13 (Bundesgerichtshof)
VIII ZR 98/10 (Bundesgerichtshof)
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