Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2004, Az. X ZR 117/02

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4632

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:10. Februar 2004PotschJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: ja[X.] §§ 528 Abs. 1, 822Ist die Verpflichtung des Beschenkten zur Herausgabe des Geschenks ausge-schlossen, weil er damit eine Sache erworben und diese seinerseits unentgelt-lich einem [X.] zugewendet hat, so haftet der Dritte nicht auf Herausgabe [X.] zugewendeten Sache, sondern auf Wertersatz, kann sich jedoch [X.] der Sache befreien.[X.], [X.]. v. 10. Februar 2004 - [X.]/02 - [X.] -Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 16. Dezember 2003 durch [X.] Melullis,[X.], die Richterin [X.]ens und [X.] Meier-Beck und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des [X.] vom 22. März 2002 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht [X.] zur Herausgabe verurteilt und die Zahlungsklage ab-gewiesen hat.Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu anderweiterVerhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revi-sion, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der klagende Kreis ist Träger der Sozialhilfe; er macht gegen den [X.] aus übergeleitetem Recht Rückforderungsansprüche wegen [X.] Eheleute [X.]geltend. Diese hatten der Mutter des [X.]n im [X.] ein Sparguthaben schenkweise übertragen. Die zugewandten Mittel setztedie Mutter des [X.]n unter anderem ein, um einen Pkw [X.] und diesen ihrerseits am 28. April 1995 dem [X.]n zu [X.] 3 -In der Folgezeit wurden die Eheleute [X.]pflegebedürftig; für einen Teil [X.] kam ab dem 1. Juli 1996 der Kläger auf. Beide Eheleute[X.]verstarben im Laufe des Jahres 1998. Mit am 12. März 1999 zuge-gangenen Schreiben leitete der Kläger die [X.] der Eheleute[X.]gegen den [X.]n auf sich über.Das [X.] hat der vom Kläger erhobenen Zahlungsklage in [X.] 33.945,-- DM stattgegeben, allerdings dem [X.]n die Befugnis einge-räumt, sich in Höhe von 16.700,-- DM durch die Herausgabe des Pkw zu be-freien. Gegen diese Entscheidung hat der [X.] Berufung mit dem Ziel derKlageabweisung eingelegt. Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten;hilfsweise hat er beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daßder [X.] zur Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt werde. Das Berufungs-gericht hat den [X.]n zur Herausgabe des Fahrzeugs sowie zur Zahlungeines Betrages in Höhe von 10.213,50 DM nebst Zinsen verurteilt. Mit der- zugelassenen - Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des land-gerichtlichen [X.]eils.Der [X.] tritt dem Rechtsmittel entgegen.Entscheidungsgründe:Die zulässige Revision ist begründet und führt im Umfang der Anfech-tung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung [X.] an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über [X.] des Revisionsverfahrens zu übertragen [X.] -1. [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß ein Rück-forderungsanspruch der [X.] entstanden ist, der die [X.], soweit sich nicht aus den nach § 528 Abs. 1 Satz 1 [X.] anwendbarenbereicherungsrechtlichen Vorschriften ein geringerer geschuldeter Betrag er-gibt.2. [X.] ist ferner zutreffend davon ausgegangen, daßder Tod der [X.] dem Fortbestand des Rückforderungsanspruchs und sei-ner Überleitung auf den Kläger nicht entgegenstand (vgl. [X.], [X.]. v.14.6.1995 - [X.], NJW 1995, 2287, 2288; [X.]., [X.]Z 147, 288, 292)und daß § 822 [X.] auf einen solchen Rückforderungsanspruch anwendbar ist([X.]Z 106, 354, 357 f.; 142, 300, 302).3. Als nach § 822 [X.] vom [X.]n herauszugebende [X.] das Berufungsgericht das ihm von seiner Mutter geschenkte Fahrzeug an-gesehen. Seine Mutter sei in Höhe der Klageforderung entreichert, denn es seidavon auszugehen, daß sie das Fahrzeug nicht gekauft und dem [X.] hätte, wenn ihr das Sparguthaben nicht geschenkt worden wäre.Obwohl sie selbst nach dem Kauf des Fahrzeugs nicht die Herausgabe dieses"commodum ex negatione", sondern Wertersatz geschuldet hätte, sei der [X.] zur Herausgabe verpflichtet. Der Zweitbeschenkte trete nicht an [X.] des Erstbeschenkten; § 822 [X.] knüpfe vielmehr an das an, was [X.] erlangt habe.Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Der [X.] schuldetdem Kläger Wertersatz, wobei er sich jedoch, wie bereits das [X.] zu-treffend angenommen hat, in Höhe eines dem verbliebenen Wert des [X.] -zeugs entsprechenden Betrages durch die Herausgabe des Fahrzeugs befreienkann.a) Wendet der Empfänger das Erlangte unentgeltlich einem [X.] zu, soist, soweit infolgedessen die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe [X.] ausgeschlossen ist, der Dritte nach § 822 [X.] zur Herausgabeverpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne [X.] erhalten hätte. § 822 [X.] knüpft damit - primär - nicht an das an, wasder Dritte (bei zwei aufeinanderfolgenden Schenkungen der Zweitbeschenkte)erlangt hat, sondern zunächst an das, was der Empfänger der ursprünglichenLeistung (der Erstbeschenkte) erlangt hat. In der Literatur wird zu Recht- soweit ersichtlich einhellig - angenommen, daß als "erlangt" in diesem [X.] des ursprünglich [X.] im Sinne des § 818Abs. 1 [X.] anzusehen sind oder die Vorschrift auf solche Nutzungen und [X.] jedenfalls entsprechend anzuwenden ist (so [X.]/[X.],[X.], § 822 Rdn. 6; [X.], [X.], 10. Aufl., § 822 Rdn. 3; [X.] in [X.] z. [X.], 12. Aufl., § 822 Rdn. 6; [X.] in MünchKomm z.[X.], 3. Aufl., § 822 Rdn. 7; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 822 Rdn. 3;[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 822 [X.]. 2 bt-fertigte Bereicherung, S. 369; Soergel/[X.], [X.], 11. Aufl., § 822 Rdn. [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 1999, § 822 Rdn. 6; s. auch [X.], [X.]. v.3.12.1998 - [X.], NJW 1999, 1026, 1027). Denn hat der [X.] ein Surrogat für das Geschenk erlangt, so ist die Interessenlage im"Dreiecksverhältnis" zwischen [X.], [X.] und Zweitbe-schenktem keine andere als im Grundfall des § 822 [X.].b) Grundsätzlich kann nichts anderes gelten, soweit der [X.] § 818 Abs. 2 [X.] (nur noch) Wertersatz schuldete, weil er zur [X.] 6 -be des [X.] außerstande war (Heimann-Trosien aaO, § 822 Rdn. 6; [X.]aaO, § 822 Rdn. 7; [X.]/[X.] aaO, § 822 Rdn. 3; [X.]/[X.] aaO,§ 822 [X.]. 2 b 369 f.). Soweit hiergegen [X.] worden sind ([X.], Recht 1902 Nr. 1998; Soergel/[X.]aaO, § 822 Rdn. 2 unter unzutreffender Berufung auf [X.], [X.]. v. [X.], NJW 1969, 605), gründen sie sich offenbar auf die Schwierig-keiten, die es im Einzelfall bereiten kann, die Zuwendung des Wertes i.S.d.§ 818 Abs. 2 [X.] von einer Zuwendung aus dem übrigen Vermögen des [X.] zu unterscheiden. Sie sind jedoch kein hinreichender Anlaß, einewertungsmäßig dem Regelungsbereich der Norm unterfallende Fallkonstellationvon vornherein aus deren Anwendungsbereich auszunehmen.c) Wird das Surrogat oder der Wert einem [X.] zugewandt, so ist die-ser daher zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn er das Surrogat oder den ent-sprechenden Wert von dem Bereicherungsgläubiger erlangt hätte. Dabei [X.], ob § 822 [X.] eine eigenständige bereicherungsrechtliche An-spruchsgrundlage darstellt oder den gegen den ursprünglichen Schuldner ge-richteten Bereicherungsanspruch auf den [X.] erstreckt (so [X.], [X.], 2504). Denn jedenfalls schuldet der Dritte grundsätzlich das, was [X.] geschuldet hat, insofern und insoweit dessen Verpflichtung ausge-schlossen ist, weil er das Geschuldete unentgeltlich dem [X.] zugewandt hat.Die Gegenleistung aus einem Austauschgeschäft mit dem [X.] ist [X.] der Rechtsprechung des [X.] kein Surrogat im Sinne des§ 818 Abs. 1 [X.] ([X.]Z 24, 106, 110 f.; 75, 203, 206; 112, 288, 294 f.; a.A.etwa [X.] aaO, § 818 Rdn. 26, § 822 Rdn. 7). Daher besteht, soweit die Ge-genleistung, wie im Streitfall, unentgeltlich einem [X.] zugewandt wird, [X.] gegenüber im Ausgangspunkt ein Wertersatzanspruch.- 7 -d) Andererseits darf es jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, wenn dem[X.] der Wert nicht als Geldbetrag, sondern in Form einer Sache oder einesRechts zugewendet worden ist. Denn wenn auch der Anspruch aus § 822 [X.]im Ausgangspunkt an das anknüpft, was der Empfänger erlangt hat, so bestehter doch nur insoweit, als das Erlangte oder sein Wert an den [X.] weiterge-geben worden ist. Es darf daher nicht zu Lasten des [X.] gehen, wenn er zurLeistung des Wertersatzes zunächst den ihm zugewendeten Gegenstand ver-werten muß. Ihm ist daher, wie es das [X.] getan hat, das Recht zuzu-billigen, sich durch Herausgabe dieses Gegenstandes zu befreien. Damit wirdzugleich erreicht, daß der Gläubiger keinen Anspruch auf Herausgabe einesGegenstandes erhält, den der Empfänger nicht von ihm erlangt hat, währendder Dritte nicht über dasjenige hinaus verpflichtet wird, was ihm tatsächlich zu-geflossen ist.4. [X.] hat weiterhin angenommen, der [X.] [X.] § 818 Abs. 1 [X.] zudem verpflichtet, die Nutzungen herauszugeben, dieer in Gestalt der Gebrauchsvorteile aus dem Pkw gezogen habe. Die Pflicht zurHerausgabe von Nutzungen entstehe allerdings frühestens zusammen mit [X.]. Da die Mutter des [X.]n aus dem Sparguthaben,soweit es nicht für den Kauf des Pkw verwendet worden sei, zunächst für [X.] Unterhalt der Eheleute [X.]aufgekommen sei, sei auf den [X.] abzustellen, als das Sparguthaben aufgebraucht gewesen und der [X.] Sozialhilfe gewährt habe. Auch das hat keinen Bestand.Ein Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen, wie ihn das Berufungsge-richt dem Kläger zugebilligt hat, steht dem Kläger nicht zu. Denn die Herausga-bepflicht nach § 818 Abs. 1 [X.] beschränkt sich auf die Nutzungen, die [X.] aus dem ohne Rechtsgrund erlangten Gegenstand oder aus einem- 8 -Surrogat i.S.d. § 818 Abs. 1 [X.] gezogen hat; eine analoge Anwendung aufdie Nutzungen aus Gegenständen, die durch Rechtsgeschäft als Gegenwert fürdas Erlangte in das Vermögen des [X.] gelangt sind, kommt nicht [X.] ([X.], [X.]. v. 18.11.1982 - [X.], NJW 1983, 868, 870). [X.] kann gelten, wenn der nach § 822 [X.] Haftende Wertersatz schuldet.Die Nutzungen bzw. die Nutzungsmöglichkeit sind jedoch bei der [X.] des [X.]n in Ansatz zu bringen. Denn insoweit ist,wie die Revision zu Recht geltend macht, eine Gesamtsaldierung aller mit [X.] verbundenen Vor- und Nachteile vorzunehmen ([X.]Z118, 383, 386 ff.; [X.], [X.]. v. 21.3.1996 - III ZR 245/94, [X.], 3409,3412 f.). Daher ist einerseits bei der Entreicherung der Wertverlust zu berück-sichtigen, den das Fahrzeug während der Nutzungsdauer erlitten hat. [X.] steht diesem Wertverlust die geldwerte Nutzungsmöglichkeit gegenüber,die dem [X.]n während dieses Zeitraums zur Verfügung gestanden hat. Im(Zwischen-) Ergebnis wird sich hierdurch die Höhe des zu ersetzenden Wertesnicht verändern, denn der Wert der Gebrauchsvorteile ist nach der zeitanteili-gen linearen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauchund voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer ("Wertverzehr") zu ermitteln ([X.],[X.]. [X.], [X.], 250, 252) und entspricht damitdem Wertverlust.5. Allerdings kann der [X.], wie das Berufungsgericht zutreffend an-genommen hat, bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile bis zum [X.] mit Zugang der Überleitungsanzeige am 12. März 1999 gemäß §§ 818Abs. 4, 819 Abs. 1 [X.] verschärften Haftung auch geltend machen, daß [X.] die Schenkung nur ein preisgünstigeres, seinen finanziellen Verhältnissenentsprechendes Fahrzeug unterhalten hätte. [X.] hat ange-- 9 -nommen, daß der [X.] in diesem Fall einen Gebrauchtwagen beschaffthätte, und hat hierfür einen Anschaffungspreis von 20.000,-- DM für einen älte-ren Mittelklassewagen und einen Nutzungswert von 0,5 % pro 1.000 km zug-rundegelegt. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Soweit die Revisionmeint, das Berufungsgericht gehe von unzutreffenden tatsächlichen Vorausset-zungen aus, weil es meine, der [X.] hätte "wiederum" nur ein preisgünsti-ges Gebrauchtfahrzeug angeschafft, obwohl nicht festgestellt und vom [X.] ausdrücklich bestritten worden sei, daß dieser vor dem [X.] einen Ge-brauchtwagen gefahren habe, [X.] die Revision das Berufungsurteil.[X.] hat lediglich angenommen, daß der [X.] in [X.] seiner beengten finanziellen Situation für sein Altfahrzeug mit einemRestwert von 1.200,-- DM wiederum ein preisgünstiges Fahrzeug beschaffthätte; diese tatrichterliche Beurteilung muß die Revision [X.] 10 -6. Da das Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus zu Recht, [X.] als das [X.] keine Feststellungen zum Restwert des Fahrzeugsgetroffen hat, ist dem [X.]at eine abschließende Ermittlung der [X.] möglich und der Rechtsstreit hierzu an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Dieses wird bei seiner anderweiten Entscheidung zu beachten ha-ben, daß der [X.] im Hinblick auf das vom Kläger nicht angefochtene [X.]eildes [X.]s zu keinem Betrag verurteilt werden darf, der nach Abzug [X.], in dessen Höhe sich der [X.] durch Herausgabe des Fahrzeugsbefreien kann, 8.817,23 (*),+Melullis[X.][X.]ensMeier-BeckAsendorf

Meta

X ZR 117/02

10.02.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2004, Az. X ZR 117/02 (REWIS RS 2004, 4632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4632

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

29 U 8/01 (Oberlandesgericht Hamm)


X ZR 78/98 (Bundesgerichtshof)


X ZR 144/00 (Bundesgerichtshof)


X ZR 115/98 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 54/13 (Bundesgerichtshof)

Erbvertrag: Herausgabeanspruch des Vertragserben gegen einen Dritten bei beeinträchtigender Schenkung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.