Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2019, Az. 1 StR 400/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 2804

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Gegenstand

Ausschluss der Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgrund eines Verzichts durch den Angeklagten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2019 im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhehlerei in acht Fällen, wobei er in sechs Fällen gewerbsmäßig handelte, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Weiter wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 218.240 Euro angeordnet.

2

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

3

Die Einziehungsentscheidung des [X.]s begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken und kann daher keinen Bestand haben.

4

1. Das [X.] hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 218.240 Euro damit begründet, dass der Angeklagte bei den verfahrensgegenständlichen Taten insgesamt 14.080 Stangen unversteuerter Zigaretten erhalten hat, für die er einen vereinbarten Preis von 15,50 Euro pro Stange bezahlt hat. Gleichzeitig stellt das [X.] aber auch fest, dass im Rahmen einer Durchsuchung beim Angeklagten ein Bargeldbetrag von 32.245 Euro beschlagnahmt werden konnte ([X.]). Ebenfalls wurde ein Fahrzeug der Marke [X.] gepfändet. Der Angeklagte hat auf die Rückgabe des Bargeldes sowie des Erlöses aus dem Verkauf des [X.] verzichtet ([X.] 15).

5

2. Rechtsfehlerhaft hat das [X.] einen teilweisen Ausschluss der Einziehung im Hinblick auf den vom Angeklagten erklärten Verzicht nicht erörtert.

6

a) Zwar ist das [X.] zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte aus den verfahrensgegenständlichen Taten die unversteuerten Zigaretten erlangt hat ([X.], Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 [X.] Rn. 15; [X.] in [X.], [X.], 14. Aufl., § 374 Rn. 70). Die insoweit vom [X.] vorgenommene Bestimmung des Wertes des [X.] (§ 73 Abs. 1 StGB) im Wege der Schätzung (§ 73d Abs. 2 StGB) an Hand des Einkaufspreises der Zigaretten weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

7

b) Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen kann aber nicht beurteilt werden, ob und ggf. welche Folgen der Verzicht des Angeklagten auf das beschlagnahmte Bargeld und den Verkaufserlös aus dem gepfändeten PKW auf die Anordnung der Einziehung hat.

8

So lässt sich den Urteilsgründen bereits nicht zweifelsfrei entnehmen, auf welcher Grundlage und in welchem Verfahren die Pfändung der Vermögenswerte erfolgt ist und wem gegenüber ein solcher Verzicht auf die gepfändeten Gegenstände erklärt wurde. Soweit der Angeklagte einen wirksamen Verzicht gegenüber den Justizbehörden erklärt hätte, wäre der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73 Abs. 1, § 73e Abs. 1 StGB in Höhe des entsprechenden Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes von Taterträgen insoweit ausgeschlossen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 4. Juli 2019 - 4 StR 590/18 Rn. 18; vom 11. Dezember 2018 - 5 [X.] Rn. 33 und vom 6. März 2019 - 5 StR 546/18 Rn. 8 mwN); bei Anrechnung auf die verkürzten [X.] käme ein Ausschluss nach § 73e Abs. 1 StGB in Betracht. Für die Berechnung des dann einzuziehenden Wertes von Taterträgen hätte es in diesen Fällen auch ergänzender Feststellungen zum Verkaufserlös des gepfändeten PKW [X.] bedurft.

9

3. Einer Aufhebung der bisherigen Feststellungen des [X.]s zur Entscheidung über die Einziehung bedarf es nicht, da sie durch den aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Es bedarf aber ergänzender Feststellungen durch das neue Tatgericht.

Raum     

        

Cirener     

        

Rin[X.] Dr. Fischer
befindet sich im Urlaub
und ist deshalb an der
Unterschriftsleistung
gehindert.

                                   

Raum   

        

Bär     

        

Leplow     

        

Meta

1 StR 400/19

09.10.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Essen, 28. Mai 2019, Az: 21 KLs 5/18

§ 73 Abs 1 StGB, § 73d Abs 2 StGB, § 73e Abs 1 StGB, § 349 Abs 2 StPO, § 349 Abs 4 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2019, Az. 1 StR 400/19 (REWIS RS 2019, 2804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2804

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