Zivil- (Beschwerde-) Kammer | REWIS RS 2023, 761
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Die Beschwerde der Betroffenen vom ##.09.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gronau vom 22.09.2021, durch den der Antrag auf Aufhebung der Betreuung abgelehnt wurde, wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Betroffenen vom ##.10.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gronau vom 22.09.2021, durch den der Antrag auf einen Betreuerwechsel abgelehnt wurde, wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom ##.10.2021 gegen die zuvor genannten Beschlüsse wird zurückgewiesen.
Von einer Kostenentscheidung sieht die Kammer ab mit der Folge, dass Gerichtskosten nicht erhoben werden, § 25 Abs. 2 Satz 1 GNotKG.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt,
I.
Die Betroffene ist seit vielen Jahren an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt. Darüber hinaus leidet sie an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und an einer chronischen Schmerzstörung. Sie ist mit dem Beteiligten zu 2) verheiratet.
Mit Beschluss vom 27.02.2019 ordnete das Amtsgericht für die Betroffene nach einer Anregung ihres Bruders eine rechtliche Betreuung an, welche die Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über Unterbringungen, Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen, Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern und Wohnungsangelegenheiten umfasste. Zur Betreuerin wurde die Beteiligte zu 3) bestellt.
Dem Betreuungsbeschluss lag ein Gutachten des sachverständigen Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Herrn V vom ##.02.2019 zugrunde, wonach die Betroffene an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit paranoidem wahnhaften Beziehungserleben leide und sich zum Zeitpunkt der Begutachtung nahezu vollständig von sich selbst entfremdet hatte, existenzielle Bedürfnisse wie Essen, Trinken und Körperhygiene nicht mehr habe wahrnehmen können und nicht mehr dazu in der Lage gewesen sei, mit ihrer sozialen Umwelt zu kommunizieren und angebotene Unterstützung und Hilfe zu erkennen. Diese Feststellungen wurden und werden durch die Betroffene zumindest nicht ausdrücklich infrage gestellt.
Die Betroffene wurde in der Folgezeit mehrfach auf Antrag der Beteiligten zu 3) geschlossen untergebracht. Sie war nach wie vor sehr krank, was sich insbesondere nach den jeweiligen Entlassungen wieder zeigte. Nach einer Entlassung im ## 2020 äußerte sie wahnhafte Gedanken, insbesondere Vergiftungsideen durch den Beteiligten zu 2) oder eine Nachbarin. Aufgrund von erheblichen Wutausbrüchen der Betroffenen und von ihr ausgehendem lauten nächtlichen Schreien kam es mehrfach zu Polizeieinsätzen. Mit Beschluss vom 23.09.2020 genehmigte das Amtsgericht Gronau die geschlossene Unterbringung der Betroffenen im B-Krankenhaus in Y oder einer anderen geschlossenen vollstationären Einrichtung längstens bis zum ##.09.2022. Zugrunde lag ein entsprechendes Sachverständigengutachten des Sachverständigen V vom ##.08.2020. Nach einer Beschwerde der Betroffenen änderte die Kammer den Unterbringungszeitraum durch Beschluss vom 29.10.2020 um ein Jahr ab und genehmigte die Unterbringung bis längstens zum ##.09.2021. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen (Bl. 412-417R d. A.).
Am 16.12.2020 zog die Betroffene in den stationär geschlossenen Wohnbereich des Klinikums C in F, wo sie auch zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung lebt. Hier fand sie sich zunächst schnell und gut ein. Im Frühjahr 2021 teilte der Beteiligte zu 2) der Beteiligten zu 3) mit, dass die Betroffene seines Erachtens in der Einrichtung nicht gut behandelt werde. Ihr würden notwendige Ortstermine verwehrt, ebenso notwendige Medikamente. Die Betroffene rufe ihn seit einiger Zeit auch sehr oft nachts an und bitte um Hilfe, weil sie Luftnot habe und Angst zu ersticken. Auf der Station seien nachts keine Betreuer anwesend, die ihr helfen könnten. Ferner sei sie durch ihre Aufgaben in der Küche oft gezwungen, mit Mitbewohnern in Kontakt zu treten, die mit Corona infiziert seien. Es würden außerdem keinerlei Coronatests stattfinden. Der Beteiligte zu 2) zeigte dies beim örtlichen Gesundheitsamt und bei weiteren Stellen an. Die Beteiligte zu 3) nahm daraufhin Kontakt mit der Heimleitung auf, die angab, dass die Betroffene regelmäßig fachärztlich angebunden sei und Medikamente zur Behandlung der COPD Erkrankung erhalte. Die Betroffene habe nie über Luftnot geklagt oder die Angst geäußert zu ersticken. Coronatests der Mitarbeiter der Klinik fänden jeden zweiten Tag statt, die Bewohner würden nach Bedarf getestet und nach längerer Abwesenheit aus der Einrichtung. Mit Schreiben vom ##.05.2021 äußerte die Betroffene selbst, dass sie die Einrichtung gerne verlassen wolle, weil es ihr psychisch mittlerweile sehr gut gehe, sie zu dem Beteiligten zu 2) zurück wolle und sich in der Einrichtung nicht mehr wohlfühle. Sie beantragte einen Betreuerwechsel, der Beteiligte zu 2) sollte das Amt von der Beteiligten zu 3) übernehmen. Das Amtsgericht bat daraufhin die Klinikleitung um Stellungnahme zu der Frage, ob die geschlossene Unterbringung fortgeführt werden müsse oder vorzeitig aufgehoben werden könne.
Die behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau A teilte daraufhin mit Schreiben von ##.06.2021 mit, dass aufgrund einer näher dargelegten psychischen Instabilität sowie wiederholter schwerster psychiatrischer Dekompensationen in den letzten drei Jahren mit zum Teil vitalen Bedrohungen empfohlen werde, die geschlossene Unterbringung für ein weiteres Jahr fortzuführen. Die Betroffene habe in der Vergangenheit nach stationärer Behandlung eigenständig wiederholt die Medikation abgesetzt, was schnell zu einer erneuten Dekompensation mit psychotischen Symptomen geführt habe. Infolgedessen habe sie sich wiederholt antriebslos gezeigt und ihre Körperpflege vernachlässigt. Sie habe die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme aufgrund der psychotischen Fehlwahrnehmungen verweigert, da sie unter anderem Angst gehabt habe, vergiftet zu werden. Bei Aufnahme in den Heimbereich der Klinik sei die Betroffene noch davon überzeugt gewesen, von ihrer Nachbarin umgebracht zu werden, habe dies aufgrund der bestehenden großen räumlichen Entfernung zu der Nachbarin auch kommunizieren können. Die Betroffene könne derzeit ihre Fähigkeiten und ihre Lebenssituation nicht realistisch einschätzen, sie sei nicht in der Lage dazu, ihren Alltag alleine zu strukturieren oder selbstständig für sich zu sorgen. Bei einer zu frühen Rückkehr in das häusliche Umfeld würde aufgrund der bisherigen Erfahrungen sehr schnell eine erneute psychotische Dekompensation drohen. Die Betroffene könne aufgrund der kognitiven Defizite die eigenen Wünsche, Handlungen und deren Folgen zurzeit kaum einschätzen und sei deutlich selbstüberschätzend. Auch ihr Ehemann erscheine wenig hilfreich und überfordert; er sei in der Vergangenheit wiederholt in ihr wahnhaftes Erleben einbezogen worden.
Die Betroffene nahm mit Schreiben vom ##.06.2021 dahingehend Stellung, dass aus ihrer Sicht eine Beendigung des Aufenthalts in der Klinik dringlich sei und führte zur Begründung an:
- mangelnde Corona-Schutzmaßnahmen vor dem Hintergrund ihrer COPD-Erkrankung,
- Mängel bei der Versorgung mit Schmerzmitteln,
- eine schlechte ärztliche Versorgung nach dem sie von einem Mitpatienten mit einem halben Liter heißen Kaffee verbrüht worden sei und
- eine schlechte Erreichbarkeit der Pflegekräfte in der Nacht.
Nach Erhalt der Stellungnahme der die Betroffene behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie beantragte die Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom ##.07.2021 die Verlängerung der geschlossenen Unterbringung der Betroffenen um ein Jahr. Zwar wirke die Betroffene in der Einrichtung größtenteils kooperativ mit und nehme weiterhin zuverlässig ihre Medikamente. Im Alltag zeigten sich jedoch auch erhebliche Defizite. Die Betroffene sei sehr unselbstständig und müsse durch die Betreuer in der Einrichtung unterstützt werden. Sie könne zwar ihre körperlichen Beschwerden äußern, sei dann aber nicht in der Lage, einen Arzttermin zu vereinbaren und selbstständig wahrzunehmen. Auch werde immer wieder auffällig, dass sie sich selbst in ihren Schilderungen widerspreche und Sachverhalte unterschiedlich darstelle. Es sei auffällig, dass sie ganze Sachverhalte oder Geschehnisse vergesse. Eine Krankheitseinsicht sei weiterhin nicht vorhanden.
Mit Beschluss vom 12.07.2021 holte das Amtsgericht Gronau ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob und wie lange eine weitere geschlossene Unterbringung der Betroffenen zu genehmigen sei oder ob die Voraussetzungen für die Unterbringung überhaupt noch vorlägen und eine vorzeitige Aufhebung vor dem ##.09.2021 veranlasst sei. Mit Gutachten vom ##.08.2021 gelangte der Sachverständige Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie W zu dem Ergebnis, dass eine Entlassung in das häusliche Umfeld derzeit verfrüht und sorgfältig vorzubereiten wäre. Der bereits genehmigte Unterbringungszeitraum sei voraussichtlich nicht ausreichend, um die vorbereitenden Schritte durchzuführen, so dass die weitere Unterbringung der Betroffenen für die Dauer von längstens sechs Monaten über den bereits genehmigten Zeitraum hinaus aus gutachterlicher Sicht für erforderlich gehalten werde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten verwiesen (Bl. 548-560 d. A.).
Mit Schriftsatz vom ##.08.2021 teilte der zwischenzeitlich durch die Betroffene beauftragte Verfahrensbevollmächtigte mit, dass die Betroffene am gleichen Tage eine umfassende Vorsorgevollmacht auf den Beteiligten zu 2) ausgestellt habe und die Betreuung daher aufzuheben sei. Die Vorsorgevollmacht verhält sich auch zu den Bereichen Gesundheitssorge/ Pflegebedürftigkeit sowie Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten (Bl. 562-564 d. A.). Mit Verfügung vom ##.08.2021 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Sachverständige W aufgrund bekannter Konflikte mit dem Beteiligten zu 2) ausdrücklich eine Fortführung der Betreuung durch einen Berufsbetreuer für erforderlich halte und dass bei dieser Sachlage nicht ersichtlich sei, dass der Beteiligte zu 2) die Angelegenheiten der Betroffenen gemäß § 1896 Abs. 2 BGB ebenso gut besorgen könne wie ein Berufsbetreuer.
Mit Schreiben vom ##.08.2021 trat der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen diesem Hinweis und dem Sachverständigengutachten mit näherer Begründung entgegen (Bl. 570-572 d. A.). Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte zu 2) ungeeignet sei, die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen, seien nicht ersichtlich. Es sei nicht die Aufgabe des Sachverständigen gewesen, darüber zu urteilen, ob die Bestellung eines Berufsbetreuers erforderlich sei. Eine wirksame Vorsorgevollmacht stehe nach der Rechtsprechung des BGH der Betreuerbestellung entgegen. Konflikte habe es allenfalls in der Vergangenheit gegeben, als es zu der krankheitsbedingten Unterbringung der Betroffenen gekommen sei. Ursache sei gewesen, dass der Beteiligte zu 2) sich um die Gesundheit der Betroffenen gesorgt und darauf bestanden habe, dass sie ihre Medikamente wieder einnehme und sich in ein Krankenhaus begebe. Er habe sich an die Institutsambulanz und den sozialpsychiatrischen Dienst gewandt, um der Betroffenen zu helfen und ihre Gesundheit zu schützen.
Die Beteiligte zu 3) nahm mit Schreiben vom ##.08.2021 dahingehend Stellung, dass sie eine geschützte Unterbringung der Betroffenen für ein weiteres Jahr für dringend erforderlich halte. Vorliegend bestehe die Gefahr eines erneuten kurzfristigen Rückfalls in eine schwere wahnhafte Psychose und eines erneuten mutistischen Rückzugs. Die Betroffene verleugne weiterhin ihre psychische Erkrankung, was befürchten lasse, dass sie die Medikation nach der Entlassung wieder schnell absetzen werde. Sie sei nach wie vor sehr unselbstständig und tue sich schwer damit, eigene Wünsche und Erwartungen zu formulieren. Es sei häufig zu bemerken, dass sie sich in ihrem Alltag und in ihren Planungen auf ihren Ehemann oder die betreute Einrichtung verlasse.
Am ##.09.2021 fand mit dem Beteiligten zu 2) ein Anhörungstermin vor dem Amtsgericht statt. Er teilte mit, dass er wisse, was die Vorsorgevollmacht bedeute und dass er sich darüber schlau gemacht habe. Im Übrigen erläuterte er dem Gericht seine Bedenken hinsichtlich des Umgangs der Klinik mit den Corona-Maßnahmen, insbesondere vor dem Hintergrund der COPD Erkrankung der Betroffenen. Er bestätigte, dass die Betroffene vor Einrichtung der Betreuung an Wahnvorstellungen gelitten und auch geglaubt habe, dass die Nachbarin von oben oder er sie vergiften wollten. In diesem Zusammenhang erwähnte er erstmals, dass die Vorstellung seiner Frau aber auch ihren und Ursprung darin gehabt habe, dass er und seine Frau teilweise sehr laut gestritten hätten und die Nachbarin eine entsprechende Bemerkung gemacht habe. Irgendwann habe die Nachbarin dann wohl auch mal im Flur gesagt "Man müsste sie vergiften". Dies habe die Betroffene dann auch wohl gehört. Die Betreuung seiner Frau habe er nicht beantragt, weil die Betroffene dies nicht gewollt habe. Außerdem erläuterte der Beteiligte zu 2), dass sich die Beteiligte zu 3) seines Erachtens nicht genug die Betroffene gekümmert habe. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte er, dass er versuchen wolle, dass die Betroffene zum Ende der Zeit raus komme. Dieser Zeitpunkt sei der ##.09.2021. Es sei geplant, dass auf jeden Fall die Depotspritzen fortgesetzt würden. Die Betroffene solle auch in die weitere psychologische Behandlung gehen. Letztendlich sei jedoch entscheidend, was am Donnerstag bei einem CT der Lunge herauskomme, zumal der Verdacht auf Lungenkrebs im Raum stehe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den umfangreichen Anhörungsvermerk vom ##.09.2021 sowie das ergänzende Schreiben des Beteiligten zu 2) vom ##.09.2021 verwiesen (Bl. 598-601, 604-606 d. A.).
Mit Schreiben vom ##.09.2021 teilte die behandelnde Klinik der Betroffenen mit, dass sich an dem psychopathologischen Befund vom ##.06.2021 nichts Wesentliches verändert habe und dass man seitens der Klinik davon ausgehe, dass die Unterbringung bis zum ##.09.2022 andauere. Zwar glaube die Betroffene, sie sei in der Lage, ihren Haushalt sofort alleine erledigen zu können. Aktivitäten im Wohnheimbereich oder auch in der hiesigen Arbeitstherapie lehne sie jedoch vehement ab und begründe dies damit, dass sie berentet sei. Trotz mehrerer Gespräche könne sie die Möglichkeit zur Verbesserung ihrer alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten nicht sehen und lehne jede Auseinandersetzung damit ab. Sie zeige sich im Wohnheimbereich überwiegend passiv, die einzige Aktivität sei die Nutzung des Ausgangs und die abendliche "Selbstversorgergruppe", die Vorbereitung und Teilnahme an Abendessen in einer kleinen Gruppe von vier Personen.
Seit dem 03.08.2021 sei die neuroleptische Medikation auf eine Depotmedikation umgestellt worden. Die Betroffene sei ausführlich darüber informiert worden, dass die Depotgaben regelmäßig alle vier Wochen stattfinden würden, trotzdem habe sie eine geplante Depotabgabe am 08.09.2021 verpasst und sei erst nach Aufforderung einen Tag später erschienen. Eine Krankheitseinsicht bestehe bei der Betroffenen nicht. Im Übrigen wird auf das Schreiben verwiesen (Bl. 632-633 d. A.).
Der Beteiligte zu 4) teilte mit Schreiben vom ##.09.2021 mit, dass er die Betroffene und den Beteiligten zu 3) nacheinander angehört habe. Im Rahmen der Gespräche habe der Beteiligte zu 2) angegeben, dass die psychische Erkrankung der Betroffenen letztendlich nur auf eine orthopädische Erkrankung zurückzuführen sei, die falsch behandelt worden sei. Im Rahmen des Gesprächs habe der Beteiligte zu 4) den Beteiligten zu 2) mit der Möglichkeit konfrontiert, dass die Betroffene zukünftig eine Behandlung ablehnen könne. Dies erscheine nicht unwahrscheinlich, da die Betroffene in der Vergangenheit bereits mehrfach die medikamentöse Behandlung unterbrochen und Arztbesuche abgelehnt habe. Auf die Nachfrage des Beteiligten zu 4), wie der Beteiligte zu 2) hierauf reagieren würde, habe dieser erklärt: „Das würden Sie denn dann mit ihrer Frau machen?" Es sei deutlich geworden, dass der Beteiligte zu 2) völlig handlungsunsicher sei und dass eine Einweisung der Betroffenen in ein Krankenhaus mithilfe eines amtsgerichtlichen Beschlusses für ihn ausscheide. Der Beteiligte zu 2) habe hierzu erklärt, dass die Betroffene ihn dann als Feind betrachten würde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom ##.09.2021 verwiesen (Bl. 638-641 d. A.). Zu diesem Schreiben nahm der Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom ##.09.2021 erneut Stellung (Bl. 646-653 d. A.).
Am ##.09.2021 fand zu der beantragten Genehmigung der weiteren Unterbringung sowie zu den Anträgen auf Aufhebung der Betreuung und Betreuerwechsel ein Anhörungstermin vor dem Amtsgericht Gronau statt, an dem die Betroffene sowie der Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) teilnahmen. Auf den Anhörungsvermerk wird insoweit verwiesen (Bl. 667a-667e d. A.). Die Betroffene äußerte unter anderem, dass zu der Beteiligten zu 3) kein Vertrauensverhältnis mehr bestehe, unter anderem, da diese zu dem Beteiligten zu 2) gesagt habe "Ach, nehmen Sie das alles nicht so ernst. Sie macht alles, um hier herauszukommen." Der Beteiligte zu 2) betonte, dass sich die Lungenkrankheit der Betroffenen deutlich verschlechtert habe, da sie in der Klinik nicht angemessen behandelt werde. Die Betroffene solle nunmehr dringend in G in der K behandelt werden. Im Hinblick auf die Einhaltung der Coronaschutzvorschriften in der Klinik und auch die angestrebte Impfung der Betroffenen habe lediglich er sich gekümmert. Die Beteiligte zu 3) habe sich letztendlich nicht um die Interessen der Betroffenen gekümmert. Die Betroffene erklärte unter näherer Darlegung, dass sie eigentlich gar keine Betreuung benötige und ihre Angelegenheiten selbst regeln könne. Die weitere Unterbringung sei nicht notwendig, sie sei gefestigt. In der Klinik sei bis auf ein psychiatrisches Gespräch wöchentlich oder ein Gespräch beim Hausarzt nichts zu tun. Auf Vorhalt des ärztlichen Attestes vom ##.09.2021, wonach die Betroffene an diversen Tätigkeiten nicht teilnehmen wolle, erklärte die Betroffene, sie könne nicht arbeiten, zumal sie in der Küche schlecht Luft bekommen habe. Sie frage sich, warum sie überhaupt in der Einrichtung sei. Auf Vorhalt, dass sie an einer paranoiden Schizophrenie und an Wahnvorstellungen leide, stellte die Betroffene dies in Abrede. Auch stellte sie in Abrede, dass sie vor der Langzeitunterbringung bereits fünf bis sechs Mal kurzfristiger untergebracht gewesen sei. Die Depotspritzen müsse sie jedenfalls nicht gegen Wahnvorstellungen nehmen. Der Beteiligte zu 2) stellte im Rahmen der Anhörung dar, der gerichtlich beauftragte Sachverständige habe gesagt, dass die Betroffene eine Woche in der Klinik sein würde und eine andere Woche dann draußen.
Am 22.09.2021 beschloss das Amtsgericht Gronau mit drei verschiedenen Beschlüssen, dass
- die Betreuung nicht aufgehoben werde,
- ein Betreuerwechsel abgelehnt werde und
- die weitere geschlossene Unterbringung der Betroffenen bis längstens zum ##.03.2022 genehmigt werde.
Die Ablehnung der Aufhebung der Betreuung in Anbetracht der erteilten Vollmacht und die Ablehnung des Betreuerwechsels stützte das Amtsgericht darauf, dass der Beteiligte zu 2) nicht gleich geeignet gem. § 1908b Abs. 3 BGB bzw. gem. § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse verwiesen (Bl. 668-671, 674-679 d. A.).
Der Beschluss, durch den ein Betreuerwechsel abgelehnt wurde, wurde zunächst infolge eines Versehens nicht an den Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen zugestellt, sondern nur an die Betroffene. Auch wurde der Anhörungsvermerk zunächst nicht an die Beteiligten versandt. Mit Schreiben an das Amtsgericht Gronau vom ##.09.2021 legte der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen gegen den Beschluss vom 22.09.2021, der die Betreuung betraf, Beschwerde ein und kündigte an, dass die Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleibe. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage erkundigte er sich nach einer Entscheidung zu dem beantragten Betreuerwechsel. Daraufhin wurde noch am gleichen Tag die Zustellung des Anhörungsprotokolls veranlasst; der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen erhielt es am ##.09.2021. Mit Schriftsatz vom ##.10.2021 legte er auch gegen den Beschluss, durch den der Betreuerwechsel abgelehnt wurde, Beschwerde ein und teilte zur Begründung mit, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Betroffenen und der Beteiligten zu 3) absolut zerstört sei. Es lägen nicht nur Spannungen zwischen der Betroffenen und der Beteiligten zu 3) vor. Die Betroffene habe kein Vertrauen mehr, sodass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Die Beteiligte zu 3) habe sich nicht gekümmert, als sie gebraucht worden sei. Als der Betroffenen von einem Mitpatienten eine Verbrühung zugefügt worden sei, habe dies die Beteiligte zu 3) nicht interessiert. Sie nehme die lebensbedrohliche COPD-Erkrankung der Betroffenen nicht ernst. Die nächtlichen Erstickungsanfälle und die erschreckend niedrigen Sauerstoffwerte im Blut interessierten sie nicht. Als der Beteiligte zu 2) sie diesbezüglich angerufen habe, habe sie ihm erklärt, dass die Betroffene eben alles versuche, um aus der geschlossenen Unterbringung herauszukommen. Die Beteiligte zu 3) habe dem Beteiligten zu 2) mittlerweile untersagt, sie anzurufen. Mit Schreiben vom ##.10.2021 legte auch der Beteiligte zu 2) gegen die beiden Beschlüsse zur Betreuung Beschwerde ein und teilte mit, dass er inhaltlich den Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten der Betroffene folge.
Durch Beschluss vom 07.10.2021 half das Amtsgericht Gronau der Beschwerde der Betroffenen vom ##.09.2021 nicht ab, nachdem zuvor keine Beschwerdebegründung eingegangen war, und legte die Sache der zuständigen Beschwerdekammer beim Landgericht Münster zur Entscheidung vor. Mit Beschluss vom 28.10.2021 hat die Kammer den Beschluss des Amtsgerichts Gronau vom 07.10.2021 aufgehoben und die Sache zur erneuten und erstmaligen Durchführung des Abhilfeverfahrens mit näherer Begründung an das Amtsgericht zurückverwiesen, da das Amtsgericht die angekündigte Beschwerdebegründung nicht abgewartet hatte.
Mit Beschluss vom 11.11.2021 half das Amtsgericht der Beschwerde der Betroffenen vom ##.09.2021 nicht ab und legte die Sache der Kammer erneut zur Entscheidung vor. Dabei übersah das Amtsgericht, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen die Beschwerde vom ##.09.2021 mit Schriftsatz vom ##.10.2021 umfangreich, nämlich auf sechs Seiten, begründet hatte. Es setzte sich lediglich mit der Beschwerdebegründung zur Beschwerde vom ##.10.2021 auseinander.
Mit Beschluss vom 09.12.2021 hob die Kammer den Beschluss des Amtsgerichts vom 11.11.2021 auf und verwies die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht zurück. Eine Nachfrage hatte ergeben, dass die Beschwerdebegründung vom 11.10.2021 dem Amtsgericht bei Abfassen der Entscheidung vom 11.11.2021 aufgrund eines technischen Fehlers nicht vorlag.
Mit Beschluss vom 20.12.2021 half das Amtsgericht der Beschwerde der Betroffenen vom ##.10.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 22.09.2021 hinsichtlich des Betreuerwechsels nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Münster erneut zur Entscheidung über die Beschwerde vor (Bl. 716-718 d. A.). Mit einem weiteren Beschluss vom 20.12.2021 half das Amtsgericht den Beschwerden der Betroffenen vom ##.09.2021 und vom ##.10.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 22.09.2021 hinsichtlich der Aufhebung der Betreuung nicht ab und legte die Sache der Kammer ebenfalls zur Entscheidung vor.
In der Zwischenzeit hatte sich die COPD-Erkrankung der Betroffenen deutlich verschlechtert. Am ##.12.2021 wurde die Betroffene in die Notambulanz der O eingeliefert und dort bis zum ##.12.2021 stationär behandelt, da sie nur noch eine Sauerstoffsättigung von 79 Prozent hatte und kaum Luft bekam. Sie erhielt ein Antibiotikum und konnte nach einer Besserung des Befundes wieder entlassen werden. Hinsichtlich der Lungenerkrankung ist sie unter anderem weiterhin in an der Medizinischen Hochschule in Behandlung und dort sehr zufrieden.
Die Kammer hat den Beteiligten zunächst mehrfach Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben, nämlich mit Verfügung vom ##.12.2021 und vom ##.01.2021. Als sich abzeichnete, dass sich die umfangreichen Stellungnahmen der Beteiligten in der Darstellung stark widersprachen, hat die Kammer einen Anhörungstermin für den ##.04.2021 anberaumt, an dem alle Beteiligten teilgenommen haben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Anhörungsvermerk vom gleichen Tage verwiesen. Die Betroffene plant, nach der Entlassung aus der Klinik… 2022 in der Gegend eine eigene Wohnung anzumieten und ihre COPD-Erkrankung weiterhin vor Ort behandeln zu lassen. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung soll die Anbindung zur behandelnden Klinik erhalten bleiben, dort will sie alle vier Wochen die Depotmedikation erhalten.
II.
Die Beschwerden der Betroffenen und des Beteiligten zu 2) gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Gronau vom 22.09.2021 sind zulässig, bleiben in der Sache jedoch ohne Erfolg. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Betreuerwechsels als auch hinsichtlich der Aufhebung der Betreuung
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht die Anträge der Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung (1.) und Anordnung eines Betreuerwechsels zurückgewiesen (2.) und die Gründe hierfür durch die Nichtabhilfebeschlüsse vom 20.12.2021, auf welche inhaltlich zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls verwiesen wird, vertieft.
Auch die Entwicklungen nach Vorlage der Akten an das Landgericht rechtfertigen keine andere Entscheidung. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Hinsichtlich der Ablehnung der Aufhebung der Betreuung hat das Amtsgericht unter anderem ausgeführt, dass die Bestellung eines Betreuers im Sinne des §§ 1896 Abs. 2 BGB dann nicht erforderlich ist, wenn die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten gem. § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Damit stehe eine wirksam erteilte Vorsorgevollmacht der Bestellung eines Betreuers zwar grundsätzlich entgegen, jedoch dann nicht, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet sei, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen. Das Amtsgericht ist vorliegend mit Blick auf die Vorgeschichte und die Anhörung vom ##.09.2021 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligte zu 2) ungeeignet sei, die Interessen der Betroffenen wahrzunehmen. Es hat dazu folgendes ausgeführt:
"Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers z. B. dann nicht entgegen, wenn die Vollmacht mit dem Ziel erteilt wurde, die ärztliche Behandlung einer psychischen Erkrankung und eine eventuelle zivilrechtliche Unterbringung zu verhindern, und der Bevollmächtigte den geäußerten Willen des Betroffenen ohne Rücksicht auf dessen fehlende Einsichtsfähigkeit und eine konkrete Hilfsbedürftigkeit in jedem Fall über an seinem Wohl auszurichtende Maßnahmen stellt und dabei die Gefahr hinnimmt, dass sich die psychische Krankheit der Betroffenen dadurch weiter verstärkt."
Dies hat das Amtsgericht zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung mit zutreffender Begründung als gegeben angesehen. Es hat zunächst auf die Situation zu Beginn der Einrichtung der Betreuung abgestellt und die seinerzeitige Hilflosigkeit des Beteiligten zu 2) in Bezug auf die Gesamtsituation herausgestellt. Weiterhin hat das Amtsgericht auf die Inhalte des Gesprächs beim Anhörungstermin am ##.09.2021 Bezug genommen und darauf abgestellt, dass der Beteiligte zu 2) dort mitgeteilt hatte, dass er versuche, dass die Betroffene zum Ende der Zeit, also zum ##.09.2021, aus der geschlossenen Unterbringung herauskomme. Das Amtsgericht ist mit näherer Begründung folgerichtig zu dem Schluss gekommen, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beteiligte zu 2) sich wirklich mit dem Umfang der psychischen Erkrankung der Betroffenen, mit der bestehenden Behandlungsnotwendigkeit und den Gefahren bei einer vorzeitigen Entlassung auseinander gesetzt habe. Auch habe er das Thema der Belastungsurlaube falsch verstanden und gegenüber der Betroffenen falsch kommuniziert, denn er gehe von einem wöchentlichen Wechsel - eine Woche zu Hause, eine Woche in der Einrichtung - aus. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Für die Entscheidung durch die Kammer, ob die Betreuung in Anbetracht der erteilten Vorsorgevollmacht aufzuheben ist, ist allerdings der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung maßgeblich. Dafür, dass bei dem Beteiligten zu 2) ein gewisser Lernprozess stattgefunden hat, könnte sprechen, dass er – auch nach Beratung durch seinen Verfahrensbevollmächtigten – zum jetzigen Zeitpunkt ein größeres Verständnis für die Erkrankung der Betroffenen hat und sich eigenen Angaben zufolge nach Rücksprache mit der Betroffenen nunmehr in der Lage sieht, gegebenenfalls notwendige Maßnahmen wie die Beantragung der Genehmigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu veranlassen. So hat er im Rahmen der Anhörung mehrfach mitgeteilt, dass er mit der Betroffenen besprochen habe, dass er dies tun müsse und werde, sollte es erforderlich sein. Für einen solchen Lernprozess könnte auch sprechen, dass die Betroffene und der Beteiligte zu 2) davon abgesehen haben, gegen den Unterbringungsbeschluss vom 22.09.2021, durch den die Unterbringung um sechs Monate verlängert wurde, Beschwerde einzulegen.
Die Frage, ob sich das Verständnis des Beteiligten zu 2) für die Erkrankung der Betroffenen gebessert hat und ob er in Zukunft zuverlässig die erforderlichen Maßnahmen einleiten würde, kann jedoch letztlich dahinstehen, denn der Beteiligte zu 2) ist nach Auffassung der Kammer davon unabhängig aus folgendem Gesichtspunkt nach wie vor ungeeignet, die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen und ihre Interessen diesbezüglich zu wahren: Die Betroffene möchte nach der Entlassung aus der Klinik ihren Lebensmittelpunkt weiterhin in die Gegend um Hannover und Sehnde verlagern. Die Kontakte zwischen dem Beteiligten zu 2) und der Betroffenen finden ausschließlich telefonisch statt. Dies ist aus Sicht der Kammer nicht ausreichend, um eine plötzliche Verschlechterung des psychischen Zustands der Betroffenen zuverlässig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen in den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitssorge zu ergreifen. Zwischen dem Wohnort des Beteiligten zu 2) und der Betroffenen liegt eine Fahrzeit von mehreren Stunden. Aus Sicht der Kammer bedürfte die Betroffene eines Vorsorgebevollmächtigten oder Betreuers vor Ort, gerade auch vor dem Hintergrund, dass ihre alltagspraktischen Fähigkeiten nach den Einschätzungen der Fachärzte nicht besonders gut ausgeprägt sind. Es steht zu befürchten, dass die Betroffene im Fall einer Verschlechterung ihres psychischen Zustands bei einer Betreuung durch eine Bezugsperson auf die Distanz nicht ausreichend versorgt wäre. Hilfestellung für sie ist vor Ort notwendig.
Im Bereich der Bestellung eines Betreuers steht nach der Rechtsprechung zwar der Umstand, dass der sich um das Amt des Betreuers bewerbende Angehörige seinen Wohnsitz in großer räumlicher Entfernung vom Wohnort des Betroffenen hat, seiner Eignung (als Betreuer) nicht grundsätzlich entgegen. Es muss nach den konkreten Umständen des Einzelfalles darauf abgestellt werden, ob ein häufigerer Kontakt zwischen dem Betroffenen und dem Betreuer erforderlich ist oder nicht (OLG Köln, Beschluss vom 06.10.1995, Az. 16 Wx 144/95, juris). Dies ist vorliegend nach Auffassung der Kammer jedoch wie vorstehend begründet der Fall, denn die hier zu regelnden Angelegenheiten - Gesundheitssorge und in diesem Zusammenhang die Aufenthaltsbestimmung - bedürfen nach Auffassung der Kammer im besonderen Maße eines persönlichen Kontakts, unter anderem auch, um Verschlechterungen im Zustandsbild der Betroffenen frühzeitig wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Betroffene, die nun seit knapp 1,5 Jahren stationär untergebracht war und von den dortigen Strukturen profitiert hat, eigenständig und allein in einer eigenen Wohnung leben will.
2. Aus den gleichen Gründen war auch die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Betreuerwechsels zurückzuweisen. Auch hier ist der Beteiligte zu 3) nicht gleich geeignet im Sinne des § 1908b Abs. 3 BGB, so dass eine Umbestellung ausscheidet. Davon zu trennen ist die Frage, ob das Amtsgericht in Anbetracht des langfristigen Wohnungswechsels der Betroffenen das Betreuungsverfahren von Amts wegen an das zuständige örtliche Amtsgericht abgeben könnte und das dortige Gericht wie die Beteiligte zu 3) mehrfach selbst angeregt hat einen Betreuer oder eine Betreuerin vor Ort bestellt.
III.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist hinsichtlich der Beschwerde gegen die Aufhebung der Betreuung gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG die Rechtsbeschwerde statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und 2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit ihr soll eine Ausfertigung und beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.
Meta
10.05.2023
Landgericht Münster Zivil- (Beschwerde-) Kammer
Beschluss
Sachgebiet: T
Vorgehend: Amtsgericht Gronau, 23 XVII 6/19
Zitiervorschlag: Landgericht Münster, Beschluss vom 10.05.2023, Az. 5 T 1668/21 u. 05 T 1678/21 (REWIS RS 2023, 761)
Papierfundstellen: REWIS RS 2023, 761
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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